Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ersuchen um Fortsetzung der Beratungen über das geplante 50 000-Mann-Heer; [2.] Erneuerung der Augsburger Regimentsordnung von 1500 als mögliche Alternative zum 50 000-Mann-Heer; [3.] Notwendige Abstellung von drei Mängeln der Regimentsordnung: fehlende Mitwirkungsmöglichkeit des Ks. beim Reichsregiment, Unzulänglichkeit des Hauptmanns sowie zu geringe Höhe des Gemeinen Pfennigs; [4.] Wunsch nach zusätzlicher Bewilligung des hundertsten Mannes; [5.] Beauftragung ksl. Räte im Streitfall Ambrosius Dietrich gegen Johann Storch; [6.] Bereitschaft, beim fiskalischen Verfahren gegen Köln dem Vorschlag der Stände zu folgen.

Trier, 1. Mai 1512

Kop.: A) Nürnberg, StA, Ft. Brandenburg-Ansbach, RTA Nr. 9, fol. 120a-124a (Überschrift: Ksl. Mt. widerantwort uf der stende bit und begeren [Nr. 987], sambstag nach dem sontag misericordias domini [1.5.12]); B) Bamberg, StA, Hst. Bamberg, Geheime Kanzlei Nr. 8, fol. 12a-14b; Nürnberg, StA, Ft. Brandenburg-Ansbach, RTA Nr. 9, fol. 237b-239b (Überschrift: Sampstags nach misericordia domini); Ebd., RTA Nr. ad 9 Sonderfasz., o. Fol. (Überschrift: Anzeigung ksl. Mt., den stenden der hilf halb bescheen sambstags Philip et Jacobi Ao. etc. duodecimo [1.5.12]; Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 31, fol. 16b-18a; Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Fasz. 12, o. Fol. (Überschrift: Am sambstag Philipp und Jacobi); Köln, Historisches A., Köln und das Reich Nr. 39, fol. 19a-22a; Ebd., Köln und das Reich Nr. 40, fol. 11a-12b ([5.], [6.] fehlen); München, HStA, KÄA 3138, fol. 130a-131b (Überschrift: Der ksl. Mt. antwurt, uf sontag jubilate [2.5.12] den stenden zu Trier übersandt; [5.], [6.] fehlen); Straßburg, AM, AA 337, fol. 10a-11a; Stuttgart, HStA, A 262 Bd. 8, fol. 147a-149a (Überschrift: Des Ks. antwurt uf der stend jungst begern; [5.], [6.] fehlen; Datum am Schluß: Actum sambstags nach dem sonntag misericordia domini); Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 15b-18a.

Druck: Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Nr. 1073.

[1.] Die ksl. Mt., unser allergnst. H., hat der Kff., Ff. und anderer stende antwort, irer Mt. am letzsten tage des monats Aprilis ubergeben [Nr. 987], gnediglich vernomen. Und als die stende in derselben antwort ir ksl. Mt. irer obligen notdurft und unvermogligkeit erinnern und dorauf unterteyniglich ersuchen und biten, das ir ksl. Mt. inen gnediglich anzeygen und zu erkennen geben wolle, wie und durch welchen weg irer Mt. und dem hl. Reych in disen obligenden beswerungen zu unterhaltung friede und rechtes und handhabung derselben geholfen und furgenomen werden moge, so das di stende vernomen haben, wollen sie sich dorauf der notdurft bedenken und weiter in unterteyniger antwort vernemen lassen. Dorauf gibt die ksl. Mt. den stenden gn. meynung zu erkennen, das uf vil gehalten reychstagen durch ksl. Mt., auch die stende des Reychs, wie friede und recht in dem hl. Reyche gehalten werden solle, treffenlich gehandelt, dorin gut ordenung furgenomen. Und sonderlich ist uf jungstgehaltem reychstage zu Augsburg abermals durch ksl. Mt. und die stende von handhabung fridens und rechtens, auch zu widerstand der anfechter des hl. Reychs von einer ordenung der 50 000 manne und einer hyelf wider die Venediger geret und gehandelt und einhelliglich durch ksl. Mt. und die stende des Reychs beslossen, auch in abschyede gestellt, wie auf einem kunftigen reychstage weiter davon gehandelt werden sollt [Nr. 125 [13.]], mit eynem guten trost, ir Mt. personlich in irer Mt. abschyede geton, wie dan das alles den stenden wissen und ingedenke. Dorauf ist ksl. Mt. gn. begeren, das die stende angezeygtem abschyede nach in solcher handlung volnfaren.

[2.] Dieweyl aber die ksl. Mt. gedenkt und abnemen mag, das sich vylleicht di stende auf den berürten abschyede nicht fursehen noch der 50 000 mann halber mit iren landschaften und untertanen gehandelt noch icht erlangt haben mochten, und dan die stende auf ir obligen gebrechen und unvermoglichkeit, wie obstet, begeren, inen anzuzeygen, wie und was gestalt irer Mt. und dem Reyche geholfen werden moge, so hat ir ksl. Mt. noch auf ein mittel, das auch, wue solchs durch di stende bewilliget und volzogen würde, dem hl. Reyche und gemeyner cristenheyt zu sovil eren, nutze und wolfart als mit den 50 000 mannen dyenen und gedeyhen moge, gnediglich gedacht, doch dem abschyede zu Augsburg, des sich ir ksl. Mt. domit nit begeben haben will, in alwege unvergriffenlich. Und nemlich also, das der abschyede von dem reychstage zu Augsburg, der negst vor dem jüngsten reychstage doselbst gehalten worden ist,1 mit allen artikeln erneuert [und] aufgericht und sonderlich mit des Reychs regiment und dem gemeynen pfennig.

[3.] Doch sein in demselben drey mengel und gebrechen gewesen, derhalb dieselb ordenung nit bestand gehapt hat, sondern zugrund gangen und dodurch die cristenheyt und das Reyche in note und abfal komen, wie nun meniglich wissend ist. Solch mengel und gebrechen müssten in der erneuerung auch gewendt und erstat werden.

Von erst ist die ksl. Mt. in der gedachten ordnung von des Reychs regiment geschyeden gewest. Dodurch ir ksl. Mt. das regiment noch das regiment ir Mt. der cristenheyt und des Reychs obligen nit alzeyt erinnern noch einander rats pflegen noch rüggen halten mochten, dan ir ksl. Mt. sollt nach vermogen derselben ordenung dem regiment gehorsam gewest sein und hett keyn stymb im regiment, dan das ir Mt. volgen müsst.

Zum andern, das in derselben ordenung ein heuptman furgenomen und gemacht, der nit geschickt was, sich mit ksl. Mt. in irer Mt., der cristenheyt und des hl. Reychs grossen obligen und gescheften zu vergleichen noch ir Mt. zu volgen.

Zum dritten, so was der gemeyn pfennig zu cleyn und geringe, solchen mechtigen veynden, als der cristenheyt und dem Reyche begegent und obgelegen sein, widerstand zu tun, und was domit furgenomen und unterstanden worden, were ksl. Mt. und dem Reyche mere zu schympf und schaden dan zu ere und wolfart komen.

[4.] Dorumb meynt ksl. Mt., fruchtbar und not sein, das zu dem gemeynen pfennig noch der hundertst man bewilliget und unterhalten, denselben zu gebrauchen, wan ir ksl. Mt. und die vom regiment semptlich note und gut ansehen würde, nemlich mit solchem hundertsten man den sieg wider die veynde zu erlangen und dan mit dem gemeynen pfennig solchen erlangten syeg zu behalten und unterhalten, auch ander ordinari ausgabe dovon zu tun, als auf artalarey [= Artillerie], gebeue und dergleychen, domit auch das Reyche alweg ein vorsteend ligend gelt het, mit dem uber ein zeyt der hunderst man wol erspart werden mocht.

[5.] Antreffenta die irrung zwischen Johan Storchen und Ambrosien Dietrichen will die ksl. Mt. ir Mt. rete dorzu verordenen und mit Ambrosien Dietrichen handeln lassen.2

[6.] Weiter die stat Collen berurend will sich die ksl. Mt. der stende ratschlag und anzeigen nach gemess halten und furderlich dorin handeln.

Anmerkungen

1
 Abschied des Reichstags 1500. Druck: Schmauss/Senckenberg, Sammlung, S. 63-91.
a
 B Überschrift zu den folgenden Abschnitten: Antwort ksl. Mt. Ambrosius Dietrichen betreffent eadem die [und] antreffent die von Colen.
2
 Als Ergebnis dieser Verhandlungen traf der Ks. am 14. Mai 1512 mit Ambrosius Dietrich folgende Vereinbarung: Dietrich wird am Reichskammergericht mit der Examinierung und Approbation der neuen Notare beauftragt. Darüber hinaus erhält er aufgrund seiner Ansprüche gegenüber Johann Storch 1000 fl. sowie 400 fl. als Sold. Damit sind alle seine Forderungen an Storch abgegolten. Am 26. Juni 1512 kassierte der Ks. das in dieser Angelegenheit ergangene Urteil des Reichskammergerichts. Wunderlich, Protokollbuch, S. 996.