Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Druck: Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. D, Nr. 4, S. 78–81 1.

Was am 24. Maji der Gerhardus secretarius mit uns und wir mit im geredt haben.

Gerhardi redde.

1. Das wir vleis in der religion anwenden. Der keiser wolt uns dargegen ehr und gut thun.
2. Wolt er unser sachen ufs papir stellen und uns dero verstendigen.
3. Der herr von Brad hett im gesagt, der keiser wölt erstet in unser sachen alles thun, ehr dann di religion beschlossen wurde.
4. Der keiser wolt’s land zu Geldern nit verlassen, und solt er gleich daruber alle sein konigreich und vermugen ufsetzen.
5. Das wir wolten Cleve und Sachsen adhortiren, das land zu Geldern faren zu lassen. Dargegen wurd sich der keiser mit inen abfinden.
6. Bei unsern stenden zu bevleißen, dem keiser die sach mit Geldern zu pillichen. So wurd der keiser inen sovil mehr gewogener.
7. hat er angezeigt, das der handel mit Meiland zwuschen dem kaiser und Franzosen ubel stehe, und begert, das man wolt ein geschrei anrichten, als ob’s reich Meiland wolte beschirmen. Das auch deshalb ein punct generaliter
in hiigen abschid gesetzt wurde, gleich als ob’s reich Meiland beschirmen wolt, damit sovil weniger teutsches krigsvolk dem Franzosen zulife.
8. Wann dasjenig, so im buch verleibt ist, als durch des keisers auctoritet erhalten und von uns, disem teil, darnach bewilligt wurde, so wurde der keiser wider Brunschwig und alle andere dises teils widerige hendel zu thun geneigt sein.

Unser antwort.

1. Uf den ersten artikel, vleis in der religion zu haben etc., haben wir gesagt: wir hetten vleis gethan, sovil uns muglich gewesen, das clein gesprech gefördert; wer sonstet wol nit gescheen, wan wir nit hie weren gewesen. Was wir auch mit Gott und gutem gewissen thun konten, das wolten wir gern thun, diese sach aber stehe an uns allein nit, sondern an Gott, wie der den andern leuten einen synn gibet.
2. Uf den 2. artikel, unser sach betreffen, wollen wir anhoren und vernemen, was er stellen will.
3. Uf den 3. art[ikel], das der keiser erst in unser sach alles wolt thun etc., das möchten wir leiden.
4. Uf den 4. art[ikel], Geldern nit verlassen, das horeten wir nit gern; hetten gehofft, unser furgeschlagene mittel solten ezwas bei der k. mt. gewesen sein.
5. Uf den 5. articul, Cleve und Sachsen zu adhortiren etc. – solchs wolten wir fuglich thun, funden wir bei inen was dinstlichs, in Gottes namen.
Uf  den 6. art[ikel] di sach mit Geldern zu pillichen etc., haben wir gesagt: solchs stehe bei uns nit allein, sondern es sei daran vil gelegen, das der keiser seine grunde also anpring, das darus zu verstehen, das er fug und recht habe.
Uf  den 7. art[ikel] Meilands halben, haben wir respondirt: es werde an dem, wi der keiser alle stend an sich pringen und zihen möge, vil gelegen sein. Sei nit gut, das man Trier mit dem dorf fur’n kopf stosse. Was wir guts konten dazu thun, das wolten wir gern thun. Es sollte auch gut sein, das man mit Ecken handele, ob man im auch schon gelt gebe, damit der keiser jene partei auch hab. Dann es jener partei wol eher dan diser zuwider sein möcht.
Uf  den 8. art[ikel], belangende das buch etc., haben wir geantwortet: wir funden etlich articul drin, die wir wol in unserm verstand ufnemen möchten, di doch andere leut nit also verstehen konten. Etlich articul aber seien also geschaffen, das wir selbst sie fur recht nit halten konten. Derwegen hab er zu bedenken, das wir wider unser gewissen nit thun konten. Gleuben, er wurd’s auch nit thun. Darzu so bedechten wir, das wir alle sterblich; legen uns di spruch im kopf: ‚wer mich bekennt vor den menschen, den will ich fur’n englen [so] Gottes bekennen‘, item: ‚was hulf’s den menschen, die welt zu
haben und doch schaden an der sele zu leiden‘. Solten wir nun ezwas thun, das wider unser gewissen were, kont er denken, wie es uns zu thun were. Was wir aber mit Gott und gutem gewissen thun konten, da solt an uns hinfuro, wi bis anher, nichts erwinden.

Unser particularsach belangende – stehe di darof: werd di religion vertragen, wolt sich dan der keiser mit uns einlassen, so hab’s seinen weg. Werd die religion nit vertragen, so seien wir dannost geneigt, uns mit dem keiser in verstand zu geben, dergestalt, das wir wolten, sovil uns muglich, verhinderen, das sich die evangelisch puntnus mit Frankreich oder Geldern nit verpunde. Wolten nit allein dises, sondern auch weiter verhindern:

1. das wir und andere chur- und fursten [sich] nit particulariter mit disen beiden verbunden;
2. das wir, sovil uns muglich, uf den reichstagen dasjenig, so dem keiser und seinen landen zu gutem komen möcht, beförderen wolten.
3. Wolten den lauf der knecht zum Franzosen wider den keiser verhinderen, sovil uns muglich.
4. Wo der keiser nach dem willen des Almechtigen todes verfure, so wolten wir kunig Ferdinanden fur’n romischen kunig erkennen.

Dargegen solt sich der keiser verpflichten: in allen particularsachen nichts wider uns zu handlen, unser gnedigster herr zu sein und sich gegen uns zu keinen ungnaden, in was sachen das auch were, bewegen zu lassen. Wir möchten aber auch wol leiden, wo di religion nit vertragen, das er di ausnehme, also das er particulariter wider uns nit handlen wölte. Wann er aber in gemein wider unser ganze puntnus und anhenger handlen wölte, so must kraut mit kolen gehen. Dargegen wolten wir aber alle unser puntnus in teutscher nation ausnehmen, und di religion bevorab.

Dieses setzen wir nun der keis. mt. heim. Sei’s ir gelegen, so mög si mit uns handlen. Wo nit, so begerten wir’s auch nit hoch; wolten doch wider die keis. m. nit thun, sondern ir untertheniger furst sein; doch das er auch wider uns nit handele.

Anmerkungen

1
 Die von Lenz benutzte Vorlage, Marburg PA 575, ist durch Wasserschäden völlig verderbt und nicht mehr rekonstruierbar. Deshalb kann das Stück nur in der Transkription von Lenz ediert werden.