Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 2, fol. 280r–282r (Kop.).

Druck: D. Martin Luthers Werke, Briefwechsel, Bd. 9, Nr. 4280 , S. 309–312; Walch, Bd. 17, Nr. 1375, Sp. 676–678.

Articuli concordati: 1. De peccato originali; 2. De iustificatione; 3. De libero arbitrio; 4. De fide et operibus

Articuli controversi: 1. De authoritate ecclesiae, 2. De transubstantiatione sacramenti et eius perpetua permanentia usque ad sumptionem et de adoratione eiusdem; 3. De penitentia, quod necessaria sit peccatorum enumeratio; 4. De satisfactione castigatoria; 5. De ordine hierarchico; 6. De invocatione sanctorum; 7. De canone myssae; 8. De missa sinea communicantibus; 9. De communicatione sub altera vel utraque spetie; 10. De caelibatu sacerdotum.

Durch F. Johans von Anhalt sampt andern an Dr. Martin Luther zu tragen: Erstlich, das der Kf. von Brandenburgk und Mgf. Jorge F. Johansen von Regenspurg sampt den andern zu dem hern doctor mit credentz und mundtlicher werbung abgefertigt, auch bevohlen, F. Jorgen, thumprobst, mitzenehmen, welchs er nicht hat konnen abschlahen1.

1. Nach ubergebung der credentz der hochgedachten chur- und fursten gruß und gnedigs erbieten dem hern doctor antzutzeigen.

2. Ferner, das ksl. Mt. den reichstag auß gnedigster, veterlichen meinung außgeschrieben, nemlich von wegen der irrungen in der heiligen religion, die zu christlicher vergleichung ze bringen, auch des Turcken halben und deutzscher nation als dem durftigen vaterlandt zu friede, ruhe, heil und trost.

3. Datzue auf erforderung hochgedachte chur- und fursten erschienen, ksl. Mt. geneigtes gemuet und vleyß gespueret.

4. Und ire ksl. Mt. schiedliche leuth verordent zu christlichem, freiem gesprech, bevehl gethan, christlich und frei ze reden, Gottes ehr und warheit seins göttlichen worts allein zu suchen.

5. Alß dann der streyt der religion auf der lahr und eusserlichem gebrauch gestanden, so ist von den furnembsten artickeln der lahr, nemlich de iustificatione und anhangendem auf maß underrede geschehen. Von etzlichen artickeln aber ist der religionverwanthen, da man mit den bäbstischen noch irrig, meinung ubergeben, welcher artickel capita in der zedel vertzeichent, davon der doctor an zweivel gueten bericht hat.

6. Weil dann der doctor durch göttliche gnade und erleuchtung am ersten diese lahr wieder an tag gebracht, so ersuchen inen auch fur alle andere hochgedachte chur- und fursten mit gnedigem begern, wolle helfen vorfordern, das darinne mochten christliche, leidliche mittel getroffen werden, damit diese heilsame lahr auch weyttergebracht und weniger geirret werde. Denn zu verhoffen, do die lehre vom hauptartickel weyttergebracht, mussen alßdann die andern mißbreuche auch fallen.

7. Und zu besorgen, so nicht ainikeyt gemacht, das daraus viel unheils ervolgen mochte.

8. Das man dem Turcken kein wiederstandt thuen köndt, mit erzellung seines grausamen furnehmens und clage der armen leuthen, welche ksl. Mt. gerne retten und bei dem christlichen glauben behalten wolte. Und so solchs nicht geschehe, hetten wir dergleichen zu besorgen, das er, die christliche religion bey uns ze tilgen, auch furnehmen wurde.

9. So nuhn in diesem allem nicht endtliche vergleichung geschehen könde, das doch mit der maß, was muglich, toleriert wurde der liebe ze guet, damit nicht ergers ervolge. Das der christlichen liebe nichts furtzesetzen. Das man jhe mit den, so noch nicht gnugsam underricht, gedult tragen musse, exempel im alten und neuen testament, welchs nicht not zu ertzelen. Es were auch ksl. Mt. selbst, das, alles alßbald abetzuschaffen, unmuglich und bei den sein [sic!], da es nicht gelert, selbst fehrlich.

10. So hat man bey ksl. Mt. vermarckt, so der sachen maß getroffen, das alle öffentliche mißbreuche, da es ksl. Mt. ze thuen, soln abgeschaft werden; das die Venediger des entscheids warten etc.; das hiedurch göttlich wort mehr außgebreittet.

11. Und dieweil sich der doctor hat vernehmen lassen, so die lehre frei und rein gelassen und geduldet, auch das volck die communion erlangete, were in andern artickeln wieder gedult ze haben, so zweivelten hochgedachte chur- und fursten nicht, der doctor werde hirinne nichts erwinden lassen und neben ime [sic!], die es hertzlich meinen, das beste fordern. Und do es jhe zu endtlicher vergleichung nicht mocht kohmen, das gleichwol die verglichene artickel blieben und die andern mit einer bequemen maß aufgeschoben.

12. Denn so der reichstag ane ainiche frucht zergehen solt, wolt viel leuth erschrecken und hernacher zerruttung aller policey, auch unter den unsern schismata zu besorgen sein.

13. Bitten derwegen schließlich, der herr doctor wolde selber guete mittel und wege antzeigen, die bemelte chur- und fursten mit vleyß verfordern wollen, domit die streittigen artickel gentzlich mochten abgeschnitten oder jhe den guete maß mochte getroffen werden.

Doch suchen sie in dem nichts anders, dann das ane abbruch göttlichs worts und ergerniß wol beschehen mochte, mit bitte, solchs im besten und auß treuer wolmeinung zu vermercken2.

Anmerkungen

a
 In der Vorlage irrtümlich: seu.
1
 Im Folgenden sind die Einteilung der Abschnitte und deren Nummerierung aus der Druckvorlage übernommen.
2
 Vgl. dazu Dr. Martin Luther an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, [Wittenberg], 1541 Juni 6, D. Martin Luthers Werke, Briefwechsel, Bd. 9, Nr. 3628, S. 433–436.