Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Wien HHStA, MEA RTA 7 Konv. II, fol. 169r–161v [sic!, irrtümliche Foliierung] (Kop.) 1.

B  koll. Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Konz.); AV: Paenultime Junij 1541. Festo Petri et Pauli [1541 Juni 29].

C  koll. München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 88r–90v (Kop.); AV fol. 88r: Den lesten Junij.

D  koll. Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2271, fol. 344r–346r (Kop.); AV fol. 344r: Vorgehalten am letsten Junij 1541.

E  koll. Weimar HStA, EGA, Reg. E 137, fol. 199r–201v (Kop.); DV auf unfol. Blatt: Ksl. Mt. antwort, den stenden des reichs der turckenhulf halben gegeben, 1541. Gelesen, den 30. Junij zu Regennspurg2.

Die röm. ksl. Mt., unser allergnedigister her, hat baide antwordt, so in beysein der röm. kgl. Mt., ihres freuntlichen, lieben bruedern, die Kff., Ff. und gemaine reichsstende und der abwesenden botschaften und gesandten a auf irer Mt. begeren–a, belangendt die hilf zu errettung des kunigreichs Hungern und zu widerstandt des Turkhen, b mundtlich und in schriften–b [Nr. 182] gethan haben, c freuntlich und–c gnedigclich angehört und vernomen und nimbt den underthenigen, gueten, genaigten willen, d den sy hierin ertzaigen–d, zu freuntlichem gnedigen danckh an3.

Und dieweil ir Mt. baide antwordt, soviel die e bewilligung der–e hilf belangt, vast gleichmessig befindt und nit gemaint ist, gemaine stende weitter zu beladen, dann soviel f mit irem gueten willen erhalten mag werden–f, so ist ir ksl. Mt. gnedigclich zufriden, das die bewilligtg eylendt hilf allainh auf 10.000 man zu fueß und 2.000 pferdt vier monat lang, i darin der an- und abzug begriffen sein soll–i, oder auf ain so kurtze zeit, wie die hohe augenscheinlichj, unvermeidenlich notdurft solchs erleidenk mag, angeschlagen und volnzogenl werde, und sol hierin gemainer stende guetwillig erpieten und begeren m der pillichait nach–m bedacht werden.

Sovil dann die angehaft bedingung und condition des gemainen fridens und rechtens belangt, welches die stende zugleich begeren und darauf die bewilligung setzen und grunden, stellt die ksl. Mt. in kainen zweyvel, Kff., Ff. und gemaine stende wissen sich wol zu erinnern, das ir Mt. furnemlich diser ursachen halben sich auf disen reichstag verfuegt und bißhere allen muglichen vleyss furgewendt hat n und noch, der ungezweyvelten–n zuversicht, die sach mit o verleihung des almechtigen–o, auch rath und zuthun der Kff., Ff. und stende dermassenp zu furdern, das diser punct auf disem reichstag furgenomen, beratschlagt und beschlossen werden solle.

Dieweil aber die q hohe not–q vor augen ist und gemeine stende leichtlich zu ermessen haben, was beschwerlichenr, unwiderbringlichen nachtails die verweylung s der hilf–s geperen möchte, so ist hierauf irer ksl. Mt. freuntlich, gnedig und vleissig synnen und begeren, die stende wellen t die angeregt–t condition und bedingung fallen lassen und u sich des friedens, so hievor bewilligt, die zeit auß benuegen, auch dem–u allenthalben nachkomen v und mittlerzeit–v ainer gegen dem andern kaine thattliche handlung oder neuerung furnemen, sondern alle ding in ruhe stellenw, biß so lang das von disem puncten des friedens und rechtens im hl. reiche ferrer handlung auf disem reichstag furgenomen und beschlossen wirdet.

Und dieweil dise hilf in allerx eyl beschehen mueß, so ist irer Mt. freuntlich gnedig begeren, das gemaine stende wellen die augenscheinlichen noth hierin bedenckhen und, damit die hilf desto furderlicher und stattlicher beschehen, das kriegsvolckh zu rechter zeit bestellt und in anzug gebracht und an der zeit der zwayer monaten, soviel immer muglich, erspart und gewonnen werden möge, y so wellen gemaine stende fursehung thuen und verordnen, das diese–y bewilligte hilf an gelt erlegt und, sovil immer muglich, gefurdert, auch mittlerzeit mit etlichen stetten und kaufleuthen gehandelt werde, solch gelt zu erlegen, in ansehung, das ir ksl. Mt. nhun ein guete zeit here z mit vielfeltigen, ferren und schweren–z raisen und andern merckhlichen außgaben dermassen beladen gewest und noch, das irer Mt., solch darleihen ze thuen oder zu erstatten (wie gern es ir Mt. thuen wolte), diser zeit gantz ungelegen und nit wol muglich ist. Zudem, so muesste ir Mt. fur sich selbs ain ansehenliche rustung zu wasser und zu landt an den grenitzen in Sicilia und Neapoles aa gegen dem gemainen vheindt unsers christenlichen namens und glaubens, dem Turcken, one underloß underhalten, welcher vheindt (als ir Mt. yetzo durch glaubwirdige kundtschaft aigentlich bericht) ab gegen gemainer christenhait in merckhlicher rustung steet, nit allain zu landt, sonder auch zu wasser. Derhalben irer Mt. ac vonnötten sein will, demselben zu widerstandt und abbruch sich auch ad mit stattlicher gegenrustung ae auf dem mör gefasst zu machen, welche gegenrustung gleichwol gemainer christenhait gegen dem erbfeindt, so dardurch umb sovil desto mer dises orts geschwecht und abgewendt wurde, nit weniger zu guetem komen und erschiessen.

Ir ksl. Mt. begert auch ferrer, das Kff., Ff. und gemaine stende sich aines öbersten veldthaubtmans und anderer bevelchhaber vergleichen wellen oder, wo sie sich des nit vermainten zu verainigen, das sy alsdann solches irer Mt. haimstellen wollen. So ist ir Mt. urputtig, hierin notdurftig fursehung ze thuen und sich dermassen zu erzaigen, das gemaine stende af billich ursach haben sollen, sich daran benuegen zu lassen. ag Und begert auch ferrer, das auch dise eylendeah hilf angeschlagen und ai völligclich one allen abgang gelaist und erstatt werde, inmassen die jungst bewilligt turckenhilf angeschlagen worden ist, doch den stenden, so sich hierin beschwerdt zu sein vermainen, in ander wege unnachtailig und unvergriffenlich.

Dann soviel die andern artickel, so hochgedachte röm. kgl. Mt. betreffendt, ist irer ksl. Mt. freuntlichs, gnedigs begern, das Kff., Ff. und gemaine stende und der abwesenden botschaften und gesandten wellen die antwordt, so die kgl. Mt. in sonderhait gethan, fur die handt nemen und hierin betrachten, das sich (irer ksl. Mt. ermessens) die hochgedacht kgl. Mt. aller gepur und billichait erzaigt und beweist zusambt dem hohen, beschwerlichenaj last, den ir kgl. Mt. nhun ein lange zeit here getragen und noch zu tragen hat.

ak Ir ksl. Mt. lassen ir auch gnedigclich gefallen, das von dem verschienen raittung geschehe, doch dergestalt, das derhalben die angeregt hilf in kain verweylung getzogen werde. Auch wellen baide röm. ksl. und kgl. Mtt. ires thails nit underlassen (wie dann bißhere auch geschehen ist), alle billich, leidlich wege und mittel zu suechen und furzunemen, dardurch das kunigreich Hungern aus krieg und unruhe in frid und ainigkait gesetzt werde. Und dem allem nach begert ir ksl. Mt. an Kff., Ff. und gemaine stende und der abwesenden rethe und botschaften, die wellen sich in disem allem entlich und furderlich entschliessen und volgendts die beharrlich hilf irem erpieten nach, deßgleichen die religion und ander sachen an die handt nemen, wie dann ir ksl. Mt. hievor und jungstlich auch begert hat. Des alles wil ir Mt. sich zu Kff., Ff. und stenden also versehen und solchs mit freuntlichem willen und in allen gnaden erkhennen–ak, 4.

Anmerkungen

1
 In Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. findet sich ein Reinkonzept für die ksl. Erklärung zur Türkenhilfe, das hier außer acht bleibt, weil es inhaltlich mit A vollständig übereinstimmt und nur in der Formulierung variiert. Es handelt sich ganz offenbar um eine Ausarbeitung, auf die man bei der Erstellung des endgültigen Textes nicht mehr zurückgegriffen hat.
2
 Die Überlieferungen des Aktenstückes Karlsruhe GLA, 50/53, unfol. und Straßburg AD, 15 J 15, unfol. sind ebenfalls auf den 30. Juni 1541 datiert.
a
–a In B nachgetr.
b
–b In B nachgetr.
c
–c In B nachgetr.
d
–d In B nachgetr.
3
 Möglicherweise diente folgende Notiz zur Vorbereitung der obigen Resolution des Kaisers, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.): L’empereur aiant esté adverti des responces faites par les estatz d’ung costel et d’autre accepte la bonne volunté, que toutes deux parties démonstrent et déclarent avoir d’entendre parensemble à l’ayde contre le Turcq tant hastive que durable. Et suivant ce mect en avant pour expédient que tous lesdits estatz entendent à la résolution desdites aydes et mesmes que pour l’urgente nécessité l’on pourvoie prestement à celle, qui est hastive et ne se peult différer sans inconvénient. Et que pendant icelle il y aye asseurance entre lesdits estatz. Et ausurplus entend sadite Mté de regarder et pourveoir prestement avec lesdits estatz de establir bonne, seure et durable paix et justice. Et requiert sadite M. l’une et l’autre partie de déclarer tous moyens, [qu’ils] verront ad ce estre convenables et raisonables. Die Aufforderung, Vorschläge für eine Friedensregelung zu machen, findet sich in der ksl. Resolution zur Religionsfrage vom 7. Juli 1541 [Nr. 129].
e
–e In B nachgetr.
f
–f In B nachgetr.
g
 In B nachgetr.
h
 In B korr. aus: nit hoch.
i
–i In B nachgetr.
j
 In B nachgetr.
k
 In B korr. aus: eraischt und leiden.
l
 In B korr. aus: erstatt.
m
–m In B nachgetr.
n
–n In B korr. aus: der gnedigen.
o
–o In B nachgetr.
p
 In B korr. aus: dahin.
q
–q In B korr. aus: hochst notturft.
r
 In B korr. aus: merklichen unraths daraus deme.
s
–s In B nachgetr.
t
–t In B nachgetr.
u
–u In B korr. aus: samptlich den friden zu allen teilen fur bewilligt halten.
v
–v In B korr. aus: und gelob halten und.
w
 In B danach gestr.: und warten und gedult tragen.
x
 In B nachgetr.
y
–y In B nachgetr.
z
–z In B korr. aus: in stettem.
aa
–aa In B korr. aus: dem Turcken zu widerstandt.
ab
–ab In B nachgetr.
ac
–ac In B nachgetr.
ad
–ad In B nachgetr.
ae
–ae In B nachgetr.
af
–af In B korr. aus: kain ursach heben sollen, sich des zu beschweren.
ag
–ag In B nachgetr.
ah
 In B korr. aus: bewilligt.
ai
–ai In B korr. aus: volnzogen.
aj
 In B nachgetr.
ak
–ak Fehlt in B. Das Konzept zu diesem Passus findet sich in Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. Es weist nur eine Korrektur auf. Am Ende des ersten Satzes hieß es ursprünglich: dardurch nit verhindert werde.
4
 Vgl. die Aufzeichnung zur ksl. Resolution zur Türkenhilfe vom 30. Juni 1541, [Regensburg], o. Datum Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 78, fol. 45r–45v: Ksl. Mt. jegenbericht de turkenhulfe belangen: Fride und recht im reich uffzurichten. Den artikel itzet in ruwe zu stellen. Mith stethen ader kaufleuten zu handeln, domidt das geldt erlecht werde. Dan dey ksl. Mt. will das und kans nicht darleggen. Ein obersthen feldtheubtmans und anderer befelchhaber zu vorgleygen und zu welen ader das irer ksl. Mt. heimstellen. Das disse ilende hulfe an allen abgangk geleist und erstateth werden, inmassen wie de jungste turkenhulfe angeslagen ist, doch de stenden in andere wege unnachteilig und unvergrifflich. De ksl. Mt. wirdt ir anliggen und eyner anderen [scrift?]anzeigen, wölhes auch zu bedancken. Das von der vorscheynen hulfen rettunge [lies:reittunge] und rechnunge zu thun, doch daße hulfe unverhindert. Will auch flys vorwenden, domidt das konigreig Ungern in friden gesteldt in der guthe. Das de stende sich der ilenden hulfe forderlich enschlissen und de beharliche hulfe und de religionsache vor de handt nemen. [...].