Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 137, fol. 220r–225v (Kop.); AV v. a. Hd. fol. 220r: Uberantwort der ksl. Mt. Sontags, den 3. Julij 1541; DV fol. 225v: Der augspurgischen confession und religion verwanten stende weitere antwort, der ksl. Mt. der turckenhulf halben gegeben. 1541 Regenspurg. Gelesen den 3. Julij.

B  koll. Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 10183/04, Regenspurgischen Reichstags, Religion und andere Händel vermöge einer hierbey [...] Anno 1539–1547, fol. 270r–275r (Kop.).

C  koll. Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20III, fol. 515r–520v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 520v: Der Kff., Ff. und stende der augspurgischen confession anderweit antwort uff die turkenhielf, der ksl. und kgl. Mt. ubergeben 3. Iulij.

Alß die röm. ksl. Mt. etc., unser allergnedigster her, in irer nehern antwort, den letzten Junij vergangen diesen stenden der augspurgischen confession und religion der turckenhulf halb gegeben, under anderm gnediglichst begern, daß die stende zue beden seithen die angeregten condition fallen lassen und sich des friden, so hietzuvor bewilligt, die zeit auß benugen, dem allenthalben nachkhomen, mitlerzeit eyner gegen dem andern kein thetliche handlung oder neuerung furnehmen, sonder alle sach in ruhe stellen wolten, bißsolang daß von diesem puncten des fridens und rechtenß im hl. reich ferner handlung uf diesem reichstagk furgenohmen und beschlossen wurde.

Dorauf mögen ir fstl. Gn. und die gesanthen der ksl. Mt. in aller underthenigkeit nicht verhalten, daß ire fstl. Gn. und der abwesenden chur- und fursten, auch hern und obern on allen zweiffel ksl. und kgl. Mt., dartzu gemeiner christenheit noturft, alles dasjhene, daß in irem vermugen were, in underthenigkeit zu thun und zu leisten, willig weren. Aber diese eilende hulf one condition, daß ist one bestendigen, satten frid und gleichmessig recht in deutzscher nation zu leisten und dergleichen von eyner beharlichen hulf zu reden, das achten die gegenwertigen fursten und der abwesenden chur- und fursten, hern und stende potschaften nach gelegenheit aller sachen zum allerhöchsten beschwerlich, haben auch, dasselbig dermassen zu bewilligen, nicht in irem bevelh. Daß es aber zum hochsten beschwerlich sein wurde, erscheint dorauß, op gleichwol ir ksl. Mt. sich bißher in vergangnen zeiten gantz gnediglich ertzeigt, a zu Nurmberg einen fridlichen anstandt in religionsachen biß uf eyn kunftig concilium oder reichstagk und deßhalben bevelh an das keyserlich camergericht, in allen und jeden glaubens- und religionsachen stilzustehen, gnediglichst gegeben cum clausula irritante, daß alles dasjhenige, daß durch das camergericht oder andere darwider gesprochen oder gehandelt wurde, nichtig und unbundig sein solte–a, auch auß Italienn b auf ansuchen dieser stende derwegen secundam jussionem gethann und fur und fur gnedigst–b geschrieben, dergleichen bevelh, jussion und c declaration die röm. kgl. in namen irer ksl. Mt. auß Cadenn, Wienn und andern orthen an das keyserlich camergericht auch gnediglichst ausgehen lassen, so hat doch das itz gemelt–c camergericht dorauf nichts gegeben, sonder, unangesehen aller keyserlichen und königlichen bevelch, heissung und vertreg, in religion- und dorauß flissenden sachen jederzeit furgefaren, sich angemast, hören und vernehmen lassen, daß sie irer ksl. und kgl. Mt. in dem vhal zu gehorsamen nicht schuldig d weren, dann gleich wie ihne der gerichtszwang des keiserlichen camergerichts nicht allein von ksl. Mt., sonder auch von allen andern stenden des reichs bevolhen were, also muste auch ihnen nicht allein von irer ksl. Mt. oder kgl. Mt., sonder auch von allen stenden der stilstant bevohlen werden. Dieweil dann der abschiedt zue Speier anno 29 und der zue Augspurg anno 30 ihnen uflegen, wie sie auf das wormisch edict, anno 21 ausgangen, und dorauf gefolgten abschiede handeln und procedirn solten, so könten sie auf anruffen der clagenden partheien nicht inhalten, sondern musten sie uf den gemelten augspurgischenn abschiedt aller religionsachen, ceremonien, kirchenbreuch und anders halben procedirn und furfaren.

Haben also nicht allein mer dan–d eynen standt in peen und acht gesprochen, sondern noch viel dieses theilß stende vorhanden, welche sie von stund an, wann sie darzu bequemlichkeit haben mugen, in acht und andere grosse peen sprechen mögen. Daneben findet man mancherley beschwerlicher urtheil, so auch in sachen, welcher anfang prophan gewesen seyn, gesprochen, also daß diesen stenden die hochste, untreglichen beschwerungen deßhalben obligt. Op nuhn gleich die ksl. Mt. zum höchsten geneigt were, alß dieser theil nicht anders befindet, daß ir ksl. Mt. gnediglichst geneigt gewesen und noch sey und diesem theil vor [= zuvor] angehabener und kunftiger proceß halben gnedigsten stilstand e verordnen, auch in obgemelten und geurtheilten sachen der keyserlichen acht und peen suspension mit anhangenden trauungen der peenen zue wolfart gemeines fridens deutzscher nationn geben und gebithen wurde, so erscheint doch offentlich, daß solch keyserlich camergericht dorauf nichts gibt und achtet, sonder procedirt fur und fur wieder solchen gegebenen stilstant, suspension und dergleichen keiserlich rescript, declarirn und becleiden die keyserliche und konigliche handlung und meynungen damit, daß solcher anstandt, jussion und rescript allein in religions- und nicht in zeitlichen sachen stadthaben möchten, das ist, daß niemant umb das, was er in seinem gewissen glaubt, mit gericht furgenohmen werden möge, aber umb eusserlicher ding alß verenderte ceremonien, breuch, ministeria der kirchen, auch guter, dartzue gehorig, hetten die keyserlichen und koniglichen handlungen nicht stadt, wurden davon auch nicht verstanden, uber das, daß solche sachen, so sich umb verenderte ceremonien, kirchendinst, breuch und guter erhalten und zur zeit uffgerichten friedenß am keiserlichen camergericht geschwebt haben, in den handlungen specificirt, benent und vertzeichent ubergeben worden sein, auch uber das, daß wiederwertige lehren, ceremonien, gotsdinst und breuch bey einiches theilß glauben nicht stehen mögen. Und mussen also die geechtigten, unangesehen aller keyserlichen anstände, frides, suspension, rescript, declaration oder verträg, der execution und die andern in vermeint recht getzogene stende gleicher acht und verfolgung teglich erwarthen, wie wil dann iren kfl., fstl. Gn., Gn. und G., wieder den Turckenn oder zue anderer des reichs noturft hulf zu thun und anheymisch in so grossen sorglichen penen, gefharen und furstehenden leibs- und gutsverlusts zu stehen, muglich seyn.

Nhun hetten–e die chur- und fursten, auch hern, obern und derselben gesanthen dieses theilß sich verhoft, es solte der almechtige Goth gnad und seinen heiligen geist verliehen haben, dadurch der streit der religion hette nach der warheit und gotlicher schrift zu seligemf ende und vergleichung bracht werden mugen, dadurch solcher mißverstandt in der religion, auch mißtraue, forcht und sorg under den stenden derwegen möchte hingenohmen werden. Dieweil man aber noch zur zeit nicht wissen mag, op der almechtig Goth solche gnad der vergleichung verleihen und op also ksl. Mt. vermittelst gotlicher hulf das ende solcher christenlichen vergleichung zu erlangen sein wil, so hat dasselb diß theilß chur- und fursten, auch hern, obern und stende nothtrenglich verursacht, daß sie auf einen bestendigen friden und gleichmessig recht in mangel solcher christlichen vergleichung zum underthenigsten anhalten und bitten, auch iren gesanthen, solchs also zu thun, bevolhen, dermassen und keiner andern gestalt. So erfordert nach der gegenwertigen fursten, stend und gesanthen dieses theilß höchste noturft, darumb nochmalß zum underthenigsten anzuhalten und zu bitten, alß sie dann semptlich und sunderlich hiemit gethann haben wollen. Dann opgleich ir ksl. Mt. solchen frid, der hievor bewilligt, zum gnedigsten furschlecht, den auch one zweiffel gerne sehe, so findet sich doch hieoben, wie solcher fried von dem camergericht und villeicht auch von etlichen des andern theilß stenden verstanden und gehalten wirdet, und daß solcher furgeschlagener frid one weiter declaration, extension und ausgedruckte maß und zeit nichts nutzen mag und wirdet.

Op dann gleich gesagt werden wölte, daß solcher frid geferlich begert were und noch wurde alß andern zue nachteil, so wöllen die gegenwertigen fursten und gesanthen sich zue Goth, ksl. und kgl. Mt. und allen christglaubigen, ehrliebenden mentzschen verhoffen, sie werden erkennen, daß dieses theilß begern des vorgemelten fridens, wie auch solchs uf etzlichen reichstägen von gemeynen stenden begert worden, auch in dem, daß der christlich, gemein nutz und alle stende zue christlicher, gotseliger, ehrlicher reformation gefurdert und das wort des hern mit seinen heiligen sacramenten christlich und rein gebredigt und gereicht möchten werden, ehrlich, christlich und von hohen nöten gewesen sey und deshalben sie nicht verdencken der ursachen, so sie dartzu bewegt haben.

Dieweil dann die gesanthen der chur- und fursten, grafen, hern und stete diß theilß in iren instructionen andern bevelh, auch sich dessen, daß ihnen solch zimlich begeren vertzogen werden solte, nicht versehen haben, so werden die gesanthen verursacht, nochmalß zum underthenigsten darumb antzuhalten, uf daß irer gnedigsten und gnedigen hern und obern bewilligung, willige hulf und beistandt zue diesem notwendigen werck des Turckenn wiederstandts auch khomen und geleistet muge werden, also daß, solche condition fallen zu lassen, dißmal in des mehrer theiln gewalt und macht gar nicht ist. Op dann die ksl. und kgl. Mt. je vermeinten, daß die gesanthen weiterschreiten solthen, so wolte doch solchs one hindersichbrengen an ire gnedigst, gnedig und gunstig herschaft irem bevelh nach ihnen nicht geburen.

Im vhal aber, do die ksl. und kgl. Mt. hierin auch bedencken haben wurden, daß diese sach kein vertzugk leiden könthe, so ist der gegenwertigen fursten und stende und der abwesenden gesanthen underthenigst bedencken, in hoffnung, solchs bey iren kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. zu erheben, daß ire ksl. Mt. g bey den stenden des andern theilß einen gemeynen, fridlichen anstandt uf sechs oder acht jhar gnediglichst abreden und erhalten wölten, in solchen religion-, auch dorauß fliessenden–g und andern sachen und hendeln bestendigen friden mit noturftigen clauseln zu halten, also daß beiderseitz Kff., Ff., stende und stette nicht allein zue irer ksl. und kgl. Mt. sich gewisses fridens zu versehen und zu getrösten, alß man doch one das kein ander zuversicht zu beiden iren Mtt. tregt, sonder auch die stende h zwischen ihnen selbst von beiden theiln fridlich sein und pleiben möchten und daß mitlerzeit in obgemelten sachen, auch in ceremonien, ministerien und guter der kirchen ein reichstandt gegen dem andern mit der that allenthalben stilstunde, daß auch bede in angefangnen und auch in kunftigen hendeln das wormisch edict und augspurgischen abschiedt mitlerweil suspendirt oder angestelt und die vorgemelte gnedigste suspension der gesprochnen keyserlichen acht und kamergerichtsprocessen die zeit weren und von allen theilen und partheien dermassen gehalten werden möchte, daß auch die von wegen der religion angefangen proceß uffgeschurtzt wurden, dartzu die geechtigten in kraft derselben suspension sich und ire furderung, sachen und hendel active und passive beschirmen, auch anfangen und ausfuren und also nicht minder dann andere personen in oder ausserhalb rechts stehen und sich aller anderer wolthat der recht erfrauen mochten, dergleichen, daß alle mandaten, wieder diese stende der religion und dorauß fliessender sachen halben ausgangen, suspendirt seyn und sie domit nit beschwert werden solten, auch gleichwol das camergericht reformirt wurde, damit die personn one verpflichtung, den augspurgischen abschit, sovil die religion und ir anhangende sachen antrift, und das wormisch edict zu halten, angenohmen werden und diejhenige, so deßhalben pflicht gethann, derselben erledigt, auch hinfuro personn one underschiedt, welches theilß religion die weren, angenohmen wurden und also nicht allein in religion-, sonder auch in prophansachen i diesem theil alß wol alß dem andern gleichmessig seyn. Dann die itzigen personen nicht allein in religion-, sonder auch prophansachen–i diesen stenden zum höchsten verdechtig, wie dann auch bißher etlich personen, so von dieses theilß churfursten und verwanthen stende kreissen an das camergericht verordnet und presentirt, mermalß on einiche bestendige ursach verworfen, allein dorumb, damit sie zue irem vortheil personen bekohmen und annehmen möchten. Also möchte die eilende hulf furderlich one fhar von beden theiln geleistet und volnbracht werden und kunthe ir ksl. Mt. sampt des hl. reichs stenden mitlerzeit solchs fridlichen anstandts von weiter der religion vergleichung, von einem bestendigen, werigen fride und beharlichen, tapfern hulf bedechtiglich und noturftiglich handeln und also eines mit dem andern oder je zum wenigsten bestendigen frid, gleichmessig recht und beharliche hulf wieder den Turcken unverscheidenlich zu einem ehrlichen, guten ende furen und brengen–h. Dann je die warheit ist, so die ding alß religion oder bestendiger fried, gleichmessig recht und beharlich hilf lenger ufgetzogen werden, so die deutzsch nation in grossern fharen sitzen pleibt und mehr und mehr schadens und inbruchs leidet.

Das haben die fursten, stende und gesanthen der augspurgischen confessionn alß die, so die ehr Gottes, wiederstandt des Turcken, achtung ksl. und kgl. Mt., frid, eynigkeit und recht in deutzscher nation gern sehen, irer ksl. Mt. und kgl. Mt. in aller underthenigkeit nicht wöllen verhalten, ufs underthenigstes bittend, es wöllen ire ksl. und kgl. Mt. solchs nicht anders dann inmassen alß obgemelt und alß von getreuen fursten und underthanen gnediglichst vermercken. Das werden one zweiffel chur- und fursten, auch grafen, hern, stedt und stende der augspurgischen confession in aller underthenigkeit verdienen. Bevehlen sich damit derselbigen.

Und wo dieser artickel sein erledigung hat, werden sich dieses theilß stende mit der röm. ksl. Mt. und den andern stenden in den andern puncten leichtlich vergleichen.

Anmerkungen

a
–a Angestr.; zur ersten angestr. Zeile marg. v. a. Hd.: Beschwehrung ubers cammergerichte. 1.
b
–b Angestr., dazu marg.: 2.
c
–c Angestr., dazu marg.: 3.
d
–d Angestr.
e
–e Angestr.
f
 In B: solchem.
g
–g Angestr., dazu marg. Notiz v. a. Hd.: Anstandt in religionssachen uf 6 oder 8 jahr.
h
–h Angestr.
i
–i Fehlt in B.