Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Ausf.).

B  koll. Marburg StA, PA 2593, fol. 48r–52v (Konz.).

Johann Friedrichs Schreiben vom 26. Januar 1541 über den Besuch des Reichstages hat er mit vernerm euerer L. bedencken gleitszur Kenntnis genommen. Und konnden uns wol erinnern, wo euere L. und wir den reichstag sollten besuchen und dannocht nichtzitdesterweniger die reutter und knecht gen Bronschweig muessen verordent werden der statt Bronschweig und Goßlar zu trost, das es eben in denen beschwerden steen und walten wollt, wie euerer L. schreiben davon zu erkennen gibt. Euere L. haben aber von uns uß dem nehern unserm schreiben, wölchs sie nun mehr zuversichtlich entpfangen, verstanden, mit was ernst und vleiss wir bey dem H. Granuella anrögung haben thun lassen, domit vor dem reichstag die sachen Goßlar und Bronschweig halb eben durch abschaffung und verordnung der ksl. Mt. in den stand biß nach endung des reichstags komen und gepracht wurd, dohin es die verordent hilf, zur Naumburg geschlossen, hett sollen helfen furdern und pringen.

Daruff ist uns nun von bemeltem H. Granuell durch unsern cantzlern dis antwurt gesagt worden, das die röm. ksl. Mt. der suspension gesprochner achturtel und proceß halb mit dem cammergericht vil tag handeln lassen und, dieweil sich das camergericht darinnen etwas schwer gemacht, verwilligung oder stillstand zu thun, so wöll doch ir Mt., wölchs er unserm cantzler in grosser geheim also im pösten zu versteen gegeben, nit ablassen, sonder, domit sollichs dester stattlicher geschehen möge, zu einem schein gemelter sachen etliche chur- und fursten als namblich von wegen des pfaltzgraven Hg. Friderich von Beiern, den Bf. von Speir, den Bf. von Wormbs und, wen ir Mt. in der nehin gehaben möcht, zu sich furderlich vordern und beruffen, mit deren wissen und zuthun die willfahrung in vorgemelten sachen ervolgen, und namblich die, goßlarisch acht suspendiert, auch die öffnung der strassen, steg und weg und der guetter, auch erlödigung der gefangen inmassen, wie euerer L. nechermals angezeigt ist, beschehen sollt, und versicht sich unser cantzler, es werd ksl. Mt. eintweders in gleiten oder aber in besondern schriften darvon meldung thun, daruff er auch abgeritten und Crafftenn euerer L. und einen seinen diennern zu entpfahung sollicher gleit oder, was man inen weitter zustöllen würdet, hinder sich gelassen, a wiewol bemelter euerer L. dienner Crafft das sonderlich gleit neben dem gemainen glait, das uff alle stendt laut [Nr. 4d], nit annemen wöllen, dieweil er des von euerer L. kein bevelch gehapt–a.

Als uns nun gedachter unser cantzler von dem allem zu unser ankunft vorgehörtermassen relation und bericht gethon, haben wir nichtsdesterweniger nit wöllen ablassen, sonder sein eben in zukomung jetzigs euerer L. schreibens in dem werck und der arbeit gestanden, dem H. Granuella derhalben weitter zu schreiben, wie wir des euerer L. hiemit ein coppi [Nr. 461] zuschicken. Und wöllen uns also versehen, der von Goßlar und Bronschweig sachen sollen nach unserm anhalten gehörtermassen würcklich und gewißlich in den begerten stand komen und also solcher beger willfahrung beschehen, domit euerer L. und uns die besuchung des reichstags eigner person dester unbeschwerlicher sey.

Wo dann die sachen Goßlar und Bronschweig halb in solchen standt, wie vorgehört und das gemelt unser schreiben an den Granuella derhalben nach leng ußgefuert, gericht und zu demselben auch euerer L. neben dem gemeinen mit einem sondern gleit aller gestalt und massen, wie wir des vertröst und, dasselb also zu entpfahen, vertröstung entpfangen, versichert, namblich das euere L. zu irer gelegenheit und notturft, wann es derselben gelegen, von sollichem reichstag abtziehen und desselben ires abtziehens halb auch sicherheit und gleit haben sollten, als wir dann, umb ein sollich gleit antzuhalten und dasselbig sonderlich neben dem gemeinen gleit zu nemen und zu erlangen, euerer L. diener Crafftenn eillend und furderlich zugeschriben1, in hoffnung, es soll daran nicht mangeln b und, ob er aber abgeritten, so soll uns doch der H. Granuella sollich gleit zuschicken–b, so hetten wir dofur, do dise condition gehörter weiß erlangt, das euerer L. nicht ußzubleiben, sonder eigner person uff dem reichstag antzukomen und zu erscheinen sein wolt und das uß sollicher euerer L. und unser personlicher ankunft vil nutzlichs volgen, es auch den sachen allenthalben zu guttem raichen und komen möcht2.

Dann wir versteen uß unsers cantzlers relation und bericht die sachen dohin, das die ksl. Mt. uff ein endtliche vergleichung oder uffs wenigst, wo sie nicht gar gefunden, in etlichen sonderlichen puncten furdern und verhelfen und den uberigen bis zu einer andern zeit anstand geben, auch mittlerzeit einen gemeinen friden uffrichten, schliessen und machen möcht, also daß bey sollichem allem euerer L. und unser gegenwurtigkeit seer tröstlich und gut sein möcht. Und were euerer L. dester mehr zu thun, das sie sich eigner person zu dem reichstag begeben, sonderlich (wie uns dann etlichermassen auch verwonung geschehen ist), wo euere L. uns zwischen der ksl. Mt. und euerer L. in den schwebenden irrungen der walsachen zu underhendler leiden möchten, das ein underhandlung derowegen furgenomen werden könnt. Dann wir des freuntlichen erpietens sein, uns desselben euerer L. zu sonderm wolgefallen angezeigter vertröstung nach zu undernemen und, was wir darinnen guts thun könndten, nicht zu underlassen, in hoffnung, es sollten die sachen entlich durch angewendten vleiß dohin gereichen, das sie villeicht euerer L. nit unangenem sein solten.

Was aber Hg. Heinrichs ußschreiben und libell famos belangt, des er, uff kunftigem reichstag wider euere L., uns und die statt Bronschweig ußgeen zu lassen, gespart und angestöllt hat, werden euere L. auch uß der schrift an Granuella vernemen, wölchermassen wir denselben puncten errögt und angezeigt haben, also das wir hoffnung sein, wir wöllen sollich unser beger auch erhalten, dann uß den ursachen, in solcher schrift an den Granuell gestöllt, wurd es die sachen vil verhindern.

Im falh, do wir unsere gestöllte petition der goßlarisch und bronschweigisch sachen halb nit könnten erhalten und also dodurch die reutter und knecht in Bronschweig verordent werden muessen, so würt doch in allweg gut sein, das sich euere L. uff das wenigst gen Nurmberg eigner person verfuegen, domit euere L. in der nehin wern. So mueßt dannocht Hg. Heinrich und der gegentheil das sorgen, das euere L. als abwesendt der sachen zusehen und kein vergwaltigung uns und den unsern zu nachteil gedulden und gestatten, sonder wurden sich dogegen auch uff weg schicken, wie sich gepurt. So sein wir auch des freuntlichen erpietens, uns jederzeit, wann es die gelegenheit und notturft ervordert, zu euerer L. uß Regennspurg gen Nurmberg zu verfuegen und also von und zu derselben abtzureitten [...] 3. Datum Marpurg, Mittwochs, den andern Februarij anno etc. 41.

Anmerkungen

a
–a In B marg. nachgetr.
1
  Lgf. Philipp von Hessen an den kursächsischen Kanzleischreiber Kraft und Wilhelm Räuber, Marburg, 1541 Februar 2, Marburg StA, PA 2593, fol. 53r–53v (Konz.).
b
–b In B marg. nachgetr.
2
 Vgl. auch Lgf. Philipp von Hessen an Martin Bucer, Lenz, Briefwechsel, Bd. II, Nr. 116, S. 8.
3
  Kf. Johann Friedrich ließ sich durch die Ausführungen des Landgrafen nicht überzeugen. Einen Erfolg der hessischen Bemühungen um die Suspension der Acht gegen Goslar und im braunschweigischen Konflikt hielt er für gantz weitleuftigk, zweifelhaftigk und ungewiß, weil es an den Höfen weniger an guten Worten als an wirklicher Vollziehung mangele. Die Mitteilung, dass der Kaiser in seinen Verhandlungen mit dem Kammergericht auf Schwierigkeiten gestoßen sei und einige Fürsten als Vermittler einschalten wolle, erregte sein Misstrauen. Er befürchtete, dass der Kaiser die beiden Probleme voneinander trennen, in der braunschweigischen Frage den hessischen Forderungen entgegenkommen, Goslar aber bis auf spätere Entscheidung der Reichsstände auf dem Reichstag in der Acht belassen wolle. Dadurch würde Goslar jeder Hilfe beraubt, so dass Hg. Heinrich von Braunschweig gegenüber der Stadt leichtes Spiel hätte und dann gegen die Stadt Braunschweig ebenfalls vorgehen könnte. Er war deshalb nach wie vor der Meinung, dass die für Braunschweig beschlossene Hilfe umgehend und pünktlich zu leisten sei, und plädierte für entsprechende Vorkehrungen zur Werbung von Reitern und Knechten. Er erwartete, dass der Naumburger Beschluss unverzüglich vollzogen und der Landgraf mit ihm ane weiter disputation eynigk sein werde. Sollte der Kaiser wider Erwarten den hessischen Gesuchen stattgeben, so ließen sich die Ausgaben durchaus verkraften. Er bat darum, ihn über die Antwort Granvelles zu informieren. Was aber di besuchung des reichstags betrifft, will euerer L. und uns wol zu bedenken stehen, das keyserliche gleit werde gleich erlangt, wie man es gesucht, ob euere L. und wir semptlich den reichstagk personlich besuchen ader nit. Und dieweil Hg. Heinrichs von Braunschweigk ertichte schmäheschrieft wider euere L. und uns albereit ausgangen, so will unser beider hohe notturft sein, unser gegenverantwortung hinwider zu thun, auch dieselbige dermassen zu vorfertigen, das sie muge ausgehen, ehe wir unß uff den reichstagk vorfugten. Es müsste zudem sichergestellt werden, dass er, wenn er auf dem Reichstag anwesend wäre, nicht zusammen mit Hg. Heinrich von Braunschweig in Ausschüssen sitzen müsste. Wir wollen aber ksl. Mt. gleits und antwort gewertigk sein. Und uns solichs zukomet, alsdan dasselbige zu erwegen, auch den dingen sunsten weiter nochtzudenken und uns gegen euerer L. unsers gemuts zu vornhemen lassen wissen. Aber der koniglichen walhsachen halben vormerken wir euerer L. erbieten uff di beschene vorwenung ganz frundlich. Dieweil aber in solicher sachen hivor mher dan ainß statlich gehandelt, auch vortrege uffgerichtet worden und doran nit wenigk, sonder viel gelegen, so will unser notturft sein, solichem nochzugedenken, ob uns, auch welichergestalt und maß doruber in ferrere handelunge zu schreiten, will gelegen sein. Der Landgraf soll sich ohne vorherige Rückfrage in dieser Sache nicht einlassen. Datum Torgau, Dornstags, den 10. Februarij 1541, vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Lgf. Philipp von Hessen, Torgau, 1541 Februar 10, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Reinkonz.).