Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA; Reg. E 136, fol. 254r–259v (Ausf.); DV v. a. Hd.: Unsere gnedigst und gnedig herren geben antwort auf die funfte post. Einkomen zu Regenspurg, Mitwoch nach Quasimodogenitj, den 27. Aprilis anno etc. 41.

Eur L. und euer schreiben am datum Regensburg, Dornstag nach Palmarum [1541 April 14] [Nr. 569] haben wir Montags nach Ostern [1541 April 18] sambt den copeien der weitter ergangnen handlungen entpfangen und alles inhalts gelesen. Und das unser vetter und bruder, der landgrave, auch die a andern confessionverwanten sich so leichtlich auf ksl. Mt. ubergebenen duplica [Nr. 85] von der antwurt [Nr. 84], so man einhelliglichen gedachter ksl. Mt. –a auf ir erstes furtragen der religion halben zuvor gegeben, solten begeben haben, hetten wir uns gleichwoll nicht vorsehen, sondern vorhofft, sein L. und sie wurden gleich eurer L., euch und den wirtenbergischen gesanten auf gemelter ersten antwurt beruhet haben. Dann wiewol b die nehre antwurt und triplica [Nr. 87], domit man ksl. –b Mt. furschlag statgegeben, uns allen dises tails bei irer Mt. etwas glimpf mag geberen, so wisset ir doch alle woll, was gefherungen hinder solchem glimpf hievor oft gesteckt. Zudeme, das auch leichtlich wirdet furfallen konnen, wo der ander tail dergleichen einreumen auch wurde thun, das man letzlich vil mer unglimpfs wirdet dovon tragen mussen, dan diser glimpf zu achten ist.

c Zudeme, das nu auch der landgrave leichtlicher zu solchem entweichen kommen kan, des wir uns hievor besorget, auch nachmals nicht geringlich befharen, dan ob sich gleich sein L. solcher wort auf dem haus und auch gegen Mag. Philippum Melanchton sol haben vornemen lassen, wie euer L. und ir weitter vormelden, so kan auch sein L. alle wege sagen, ire [sic!] entweichen sei der confession und negsten schmalkaldischen handlung nicht zuwider nach [= noch] auch wider die gewissen und sei mer umb wort dann umb die substantz zu thun. Und besorgen uns nu des vilmer dan hievor, dieweil der Kf. zu Branndenburg auch ankommen ist–c, der ane zweivelh der hendler ainer wirdet sein und mit dem landgraven vill underbauens treiben, desselben underhandlung wider uns auch dises tails nicht geringen unglimpf geberen, d dan sein L. geben nicht sonders achtung auf dieser sachen groswichtikait und, das sich dorinnen nicht zu- nach absetzen lest als in prophannhendeln–d. Und dieweil dan gleichwoll sein L. Gottes wort auch anhangen will, wirdet man sagen wollen, wo wir nicht vorfolgen, das wir uns auch unser aigen confessionvorwanten furschlege nicht wollen gefallen lassen.

Aber dieweil euer L. und ir sambt den wirttenbergischen die sachen in der ersten bahn nicht haben erhalten mugen und wir dann wissen, was unser instruction in dem falh weitter vormarck, so mus man nu gewertig sein, wie es Got ferner schicken will, der ane zweivel dieser sachen zu seinem lob maister sein und bleiben wirdet. In sonderhait aber bitten wir euer L. freuntlich und begern an euch andere, ir wollet in alle wege auf des Kf. zu Brandenburgs und landgraven sunderliche handlungen, deren sich gewislich vil zutragen werden, guthe und vleissige achtung haben lassen und, do die religionsachen durch bewilligung des andern tails zu der furgeschlagenen underhandlung geraichen wurde, e doran sein, domit man auf unserm tail von berurter augsburgischenn confession und der schmalckaldischen negsten vorgleichung1, zufurderst ane unser sunderlich vorwissen, weder in worten nach sinnen weichen, wie wir dann eurer L., auch euer der andern gemutt dohin fur sich selbst gantz gnaigt wissen, dan es weiche odder falle von den andern abe, wer do wolle, so seint wir doch bedacht, durch götliche vorleihung bei der ainmalh erkanten warhait gentzlich zu bleiben–e.

Domit auch der landgrave in deme unsers entlichen gemuts zum uberflus were erinnert worden, hetten wir woll leiden mugen, auch nicht fur ungut geachtet, das seiner L. die antzaigung, wie wir eurer L. und euch negst zu erkennen gegeben, unverzuglich auch beschen were, dann wir sehen wol und lassen uns vorduncken, das seiner L. gemut sehr dohin gericht sei, bei ksl. Mt. vill dancks und glimpf zu erlangen, es sei gleich, mit welchen sachen das es wolle. Aber dieweil der ander tailh ane zweivelh nuhmer ksl. Mt. auch wirdet antwurt gegeben haben, wu nu zu der handlung gegriffen oder freilich gegriffen wirdet werden und f euer L. und ir wurden vormercken, das sein L. mittel wolt furbringen, die der confession und schmalckaldischen handlung nicht gemes, so wollen euer L. und ir alsdan nicht underlassen, mit seiner L. die maynung nachmals ane vorzug zu reden und ir mit dem besten glimpf, wie ir werdet zu bedencken wissen, dieselbig und, sovil nach gelegenhait dinstlich, anzuzaigen–f.

Wir möchten auch wol nichts liebers vornemen, dan das sich die handlung des andern tails halben zurschlagen het, g domit wir der beisorg, so wir des landgraven, auch des Putzers halben furnemlich tragen, möchten entladen sein. Dann ob sich woll gemelter landgrave, wie euer L. und ir schreiben, hab vornemen lassen, das seiner L. gemut nicht sei, der gaistlichen gutter halben dermassen zu entweichen, das daßjhenige, so zu underhaltung der schulen, ministration und dergleichen vorordent, widerumb zurruttet werden solten etc., so konnen aber wir nicht bedencken, was dann sein L. mit dem entweichen der closter und gaistlichen gutter hievor wolle gemaint haben, dieweil sonst kain entweichen von seiner L. wurde beschen konnen, das ksl. Mt. und der gegentail von ir zur gnuge wurde annemen, dann das man mönche, nonnen und pfaffen widderumb solte einkommen lassen.

Wo aber der gegentail ksl. Mt. furschlag der religionhandlung halben nicht wurde willigen, so glauben wir und haltens woll dorfur, das dismals nicht vil anders nach mer dann von ainem concilio wirdet wollen gehandelt werden, dann das gesprech vormuge des wormischen abschits widerumb an die hand zu nehmen, dorzu wirdet der gegentail vill weniger gnaigt sein. Aber dieweil der gegentail auf ain bebstlich, parteyisch concilium wirdet handeln und die sachen in des babsts hande bringen wollen, welchs wir dieses tails nicht konnen nach mugen einreumen, ungeacht, ob woll ksl. Mt. im fürtrag dises reichstags uns die vorhinderung dergleichen hievor angesatzten bebstlichen concilii, wie doraus woll zu vormercken, tut zumessen, so bedencken wir, das der wormische abschit nicht leichtlich aus der hand zu lassen sein solle, ab man die handlung des concilii domit möcht vorschieben und aufhalten, also das dismals derwegen nichts geschlossen möcht werden, zudem, das sich auch ane das solche vorgleichung leichtlich stossen wirdet, dieweil jhener tail ain bebstisch und wir ain unparteysch, cristlich concilium werden haben wollen. So ubersenden wir auch eurer L. und euch hiebei etzliche ratschlege, so hievor ains rechtschaffen, cristlichen concilii halben gestelt sein worden. Die wollet Dr. Creutziger und Mag. Philippum zustellen zu lesen und zu bewegen, ob etwas doraus zu nemen, das dan zu solcher disputation des concilii halben dinstlich sein mocht–g.

Nachdeme aber im falh obberurts abschlags des gegentails, es werde von ainem rechtschaffen concilio gehandelt und geschlossen oder nicht, die notturft erhaischen will, das von h aufrichtung ains gemainen frieden im reich dorzwuschen und sunderlich, wo ain turckenhulf solt gewilligt und gehandelt werden, und aber solche handlung auch nicht so schleunig, wie zu besorgen, von statten gehen wirdet, domit dan gleichwoll vom widerstand des Turcken furderlich geratschlagt, ksl. Mt. auch dises tails gehorsamen, gnaigten willen dester mer vorstehen möcht, bedechten wir woll, das euer L. und ir dem landgraven, auch den andern dises tails stenden solchs hettet furgeschlagen und, wo sein L. und sie des auch mit ainick, das es dann ksl. Mt. underthenigst auf volgende weise ungeverlich wurde zu vorstehen gegeben–h.

Nemlich, dieweil alle kuntschaften dohin lauten teten, das der Turck in grosser rustung und im antzug auf Ungarn und teutzsche nation sein solt und aber die sachen, dorumb ksl. Mt. den reichstag ausgeschrieben, villeicht nicht so bald wurden mugen erledigt werden, so wurde von den stenden dises tails bedacht, das nicht ungut solte sein, ksl. Mt. hette den artickel, den widerstand des Turckenn betreffend, neben andern sachen furderlich an die hand lassen nemen, wie man dises tails mit volgender bedingung an derselben handlung nicht wolte mangel sein lassen, nemlich das es ain unvorgreifliche handlung solt sein, dorinnen dises tails nichts solt gewilliget sein nach gewilligt werden, dann do zuvor ain gemainer, satter und bestendiger fried im reich aufgericht und beschlossen, auch die ungleichait am camergericht sambt dises tails beschwerungen abgetan und abgeschafft wurden, ane welche abschafung ain gemainer frid nicht bestehen nach sein konnte. Dann man bedechte auf disem tail, solte dieser artickel nicht furderlich zu beratschlahung an die hand genommen, sondern bis zum beschlus der andern artickel gespart werden und der Turck zeugt also mit gewalt doher, so wurd man dornach nicht so bald zum widerstand konnen vorfast werden, do sich aber itzt ain ider stand dest zeitlicher dornach ungeverlich konnte achten. Worauf auch die beschwerungen und ungleichhaiten des camergerichts halben ruhen undt welchergestalt die anzutzaigen sein wollen, werden euer L. und ir mit dem landgraven und den andern woll zu erwegen wissen, zudeme, das wir in unser itzigen vorantwurtung wider den von Braunschweig von derselben ungleichhait und beschwerung auch etwas meldung gethan haben.

Belangend die schrift, so der von Braunschwig und Goslar halben ubergeben, derwegen sich der Granuelh hat vornemen lassen, wie das die ksl. Mt. ainen unvordechtigen comissarien der ende vorordent, sich umb die gelegenhait der beschwerungen mit vleis zu erkunden und ksl. Mt. nach befindung gruntlichen bericht zu thun etc., solchs haben wir gern gehört und sunderlich auch, das ire Mt. gedachten Hg. Hainrichen ire maynung mit solchem ernst hat antzaigen lassen, wie eurer L. und eur schreiben meldet. Was sich auch weitter derhalben zutragen wirdet, werden uns euer L. und ir wol zu berichten wissen, dergleichen, was ksl. [Mt.] der weittern resolution halben unserer beschwerungen nuhmer wirdet zu antwurt gegeben haben.

Dieweil auch euer L. und ir andern zum tail sich zu erinnern wissen, was jungst zur Naumburg des mortbrennens halben bedacht und vorabschidet und nemlich, das unser vetter Hg. Hainrich zu Sachssenn etc. und wir dieselbige beschwerungen durch etzliche unsere vortrauete rechtsvorstendige solten beratschlahen lassen, so haben sich etzliche seiner L. und unsere gelerten ains ratschlags derselben sachen halben auf seiner L. und unsern bevelh mitainander vorglichen, den euer L. und ir hiebei under iren aufgedruckten petschaften gesigelt befinden werden. Den werden euer L. und ir wol zu lesen und weitter zu bewegen wissen. Aber dornach wollen euer L. und ir unserm vettern und brudern, dem landgrafen, auch den andern stenden und steten und derselben potschaften unser vorwantnus dovon bericht thun, dan uns bedunckt, wan die sachen dermassen furgewant und auf diesem reichstag erregt wurden, das man ergrundet und uns dises tails nichts zu vorweis möcht aufgelegt werden. So schicken wir Dr. Melchior Klingen itzo auch gegen Regensburg, unsers ohemen und schwagers, des Hg. von Julichs rethen in der gellerischen sachen beistendig zu sein. Und dieweil dann gedachter doctor angetzaigten ratschlag hat helfen vorfertigen, so wirdet er der gestelten bedencken halben wol weittern beschait und bericht zu geben und zu thun wissen2.

Datum Torgau, Freitags nachm hailigen Ostertag anno etc. 41.

Anmerkungen

a
–a Angestr.
b
–b Angestr.
c
–c Angestr.
d
–d Angestr. Dazu marg. v. 3. Hd.: Nota.
e
–e Angestr.
1
 Vgl. den Beschluss des Bundestages zu Schmalkalden im Frühjahr 1540 über Möglichkeiten und Grenzen protestantischer Konzessionen im Rahmen eines Religionskolloquiums, Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 219–221. Mit diesem Beschluss übernahmen die Verbündeten ohne Modifikation das Gutachten der Theologen vom 18. Januar 1540, vgl. MBW.T 9, Nr. 2352, S. 65–84.
f
–f Angestr. Dazu marg. gezeichnete Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger.
g
–g Angestr. Zu Beginn der angestr. Passage marg. Notiz v. 3. Hd.: Landtgraff und Bucerus seind verdechtig. Weiter unten marg. Notiz v. 3. Hd.: Nota.: ein großer unterscheid unter einem päbstischen und einem unpartheyschen, christlichen concilio.
h
–h Angestr.
2
 Zu diesem Schreiben gehört offenbar folgender undatierter, an anderer Stelle abgelegter Zettel, Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 280r: Soviel belanget die antzaige, so euer L. und ir unserm vedtern und brudern, dem Lgf. zu Hessen etc., von unsernwegen hettet thun sollen, hetten wir, wie in diesem unserm schreiben angeregt, wol leiden mugen, das es bescheen were. Dieweil wir aber nit allein bedenken, sunder unser nodturft sein will, das dem landgraven soliche antzaige nachmals furderlich beschee, aus dieser ursache: Nachdeme ksl. Mt. bey uns anheldet, das wir aigener person uff den reichstagk komen sollen, weliche anhaltung an zweivel weiter bescheen und nit vorpleiben wirdet, solten wir uns nu uff den reichstag personlich vorfugen, so mussen wir in alle wege zuvor wissen, was wir uns hirinnen zu dem landgraffen entlich sollen zu vorsehen und zu vorlassen haben. Darumb wollet dem landgrafen die bepholene antzaige furderlich und an lenger vortziehen thun. Dieweil wir auch aus eurer L. und eurm schreiben vormercken, das Hg. Heinrich von Braunschweig von Regenßburg abgeritten, so wollet uns durch eur widerschreiben berichten, ob er wider gein Regennßburg komen sey ader nit. Wolten wir eurer L. und euch auch nit bergen. Datum ut supra.  – Vgl. auch Hans von Ponickau an Hans von Dolzig, Torgau, 1541 April 22, Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 317r–320v (Ausf.): Wünscht ihm Gottes Segen und Gottes Gnade zu den angefangenen Handlungen, das sie zu seinem gotlichem lob, erhe und preyß, außbreitung seins gotlicben worts, widerstehunge des Turcken und einem beharlichen und bestendigen friden gereichen und gedeien mögen. Amen. Dankt ihm für seine fünf Schreiben, die ihm alle zugekommen sind, und die mitgeschickten Zeitungen. Der Kurfürst hat sie während seiner Abwesenheit noch vor ihm zur Kenntnis genommen und ihm erst nach der Lektüre zugestellt. Der Kurfürst hat Dolzigs Mitteilungen, auch das, was die Haushaltung der Gesandten betrifft, mit gnädigem Gefallen aufgenommen. [...]. Ich hoffe, ir werdet uns baldt gute zeitungen schreyben der vorgleichunge in der religion, auch des fridens und anderer artickel halben, die do dem reich notwendigk obligen, das dieselbigen zu aynem guten ende gebracht sein. Wollen ksl. und kgl. Mt. nit fride geben ader vorgleichunge in der religion machen, doraus schwerlich was werden wirdt, so mögen sie den Turcken fur ein unfridichen tirannen annemhen, so geschit inhen kaum recht, auch das es erbarmlich ist des armen volcks halben, das so jemerlich ermordt, gemartert und hinweckgefurdt wirdt. Got der almechtig wolle ire Mtt. erleuchten, das sie sich zu imhe bekeren, den babst und pfaffheit erkennen und in durch des teufels anleitunge nit nachhengen und unrecht thun. [...]. Hofft, dass sie jetzt, wo Eberhard von der Thann und Christoph von Taubenheim abgeritten sind, etwas sparsamer haushalten als bisher, obwohl die bisherigen Ausgaben in Anbetracht der Teuerung und des Umstandes, dass so viele Personen unterhalten werden müssen, nicht zu hoch waren, wie sich aus der von Dolzig überschickten Abrechnung ergibt. Datum Torgaw, Freytags nach Ostern, das ist der 22 Aprilis anno domini 1500 und im 41. [PS:] Wenn der Hg. von Pommern in Regensburg ankommt, werden sie mehr Haushaltungsgeld bekommen.