Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Frankfurt ISG, RTA 46, fol. 134r–138v (Ausf.).
Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 7. Juni [Nr. 720]. Empfangsbestätigung für die Schreiben der Adressaten vom 29. Mai 1541 und vom 1. Juni 1541. Wollen berichten, was sich seit ihrem Schreiben vom 7. Juni am Reichstag zugetragen hat.
Was das von Wilhelm Weinbrenner überbrachte Schreiben angeht, so haben sie aufrichtiges Mitleid mit den Frankfurter Bürgern, denen auf freier Landstraße und unter fürstlichem Geleit ihre Güter weggenommen wurden. Wollten auch das Fürbittschreiben des Bürgermeisters und Rates von Frankfurt Herzog Heinrich von Braunschweig übergeben und um schriftliche Antwort bitten. Haben den Herzog trotz mehrfacher Versuche aber nicht antreffen können, weil er vormittags beim Ebf. von Mainz, dann bei den Hgg. von Bayern und gegen Abend bei[m Kaiser] gewesen ist. Wollen die Schrift morgen übergeben. Fürchten allerdings, dass der Herzog die Sache auf die lange Bank schieben wird mit der Erklärung, erst bei seinen daheim gelassenen Räten Erkundigungen einziehen zu müssen, und dann abreisen wird. Er soll bereits beim Kaiser um Erlaubnis zur Abreise angesucht haben. Fürchten, dass den Frankfurter Bürgern in Regensburg nicht geholfen werden kann. Werden jedenfalls nach Übergabe der Schrift Hg. Heinrichs Antwort abwarten und in der Zwischenzeit bei anderen Städtegesandten sondieren, ob deren Mitbürgern Ähnliches widerfahren ist. Sie werden besonders mit Dr. Cuno, dem Schwiegersohn von Heinrich Lifferdes, über das weitere Vorgehen, wenn Hg. Heinrich Schwierigkeiten macht, beraten. Haben mit Cuno bereits vereinbart, dass die Sache dann an Granvelle gebracht werden soll. Cuno hat sich erboten, für diesen Zweck eine lateinische Eingabe abzufassen.
Gestern sind alle Stände auf Erfordern des Kaisers in der ksl. Herberge erschienen. Als die protestierenden Stände über den ksl. Vortrag beraten wollten, hat der Landgraf Hieronymus zum Lamb, da dieser nicht weit von ihm stand, auf die Wegnahme der Güter Frankfurter Bürger angesprochen und nach dem Hergang gefragt. Er hat den Landgrafen daraufhin näher informiert. Der Landgraf hat geraten, die Sache an den Kaiser zu bringen. Es hat sie beide gewundert, dass sich der Landgraf in dieser Angelegenheit mit ihnen in ein Gespräch eingelassen hat. Vermuten den Grund dafür im Konflikt zwischen dem Landgrafen und Hg. Heinrich von Braunschweig.
Halten es nicht für unnützlich, die Sache an den Kaiser oder Granvelle gelangen zu lassen, wenn Hg. Heinrich die Sache hinauszögert. Raten dazu. Glauben, dass der Landgraf auf entsprechendes Ansuchen Rat und Beistand nicht verweigern wird. Wollen diesen Schritt aber nicht ohne ihr Vorwissen tun. Bitten um umgehende Weisung, denn es heißt, dass der Landgraf in Kürze abreisen wird. Wenn dies geschieht, werden andere Fürsten, insbesondere Hg. Heinrich auch nicht länger bleiben und die Agenden des Reichstages durch ihre Räte ausrichten lassen.
Mittlerweile wird ihnen zugegangen sein, was Johann von Glauburg nun zum zweiten Mal der pfeffisch vermaynten ewigen zins halben geschrieben hat. Derhalben an euere W. meyn gantz dinstlich pitt (wo euerer W. ernst gemuth und maynung ist, euerer W. stadt und derselben begriff, behausungen und guther von solchen pfeffischen beschwerungen zu erledigen oder zum wenigsten weg und mittel zu suchen, damit, wo itzt nit also richtig und balt, doch mit der zeyt derselben erledigung gefunden und erlangt werden moecht), daß euere W. ires gemuths zum furderlichsten sich erkleren und darvon vermeldung thun wollen, unß darnoch bey rechter zeyt haben zu richten, dan itzt alle sachen uber ain hauffen khommen und zu vermuthen, der reychstag werde die lenge nit werhen etc.
Soviel aber den reychstag an ime selbst beruret, so wollen euerer W. wir uff vorbeschehene schrieften hiemit weythers anzeygen, daß ksl. Mt. alle Kff., Ff. und stende des reychs, auch der abwesenden gesandten, rhett und bottschaften gestrigs tags umb drey uhren noch mittag in irer Mt. herberg erfordern und daselbst in irer Mt. und aller stende (wie obsteet) gegenwertigkayt ayn kurtze anzaygung erstlich durch Hg. Friderichen Pfgf. und folgents durch den H. Obernburger irer Mt. gemuth und maynung in ayn schrieft verfast vorlesen lassen, wie euere W. aus beyverwarter copien mit H gezaychnet [Nr. 110] zu befinden haben etc. Und dieweyl letzlich in solchem vortragen auch vermeldet und angezogen wurdet, daß ksl. Mt. gnedigs begeren sey, nochdem die hoche, unvermeydenliche notturft erfordere, auch zu berathschlagen, wie dem erbfeyndt unsers christlichen glaubens und namens, dem Turcken, mit eylender und beharlicher hilf zu begegnen sey etc., daß Kff., Ff. und stende diesen puncten auch fur die handt nemen und nochdencken wollen, weß in dem zu thun etc., so befrembd unß nit wenig, daß euere W. sich uff unser vorlangst beschehen schreyben solchs puncten halben und uff maynung euerer W. wir damals geschrieben, gegen unß nit vernemen haben lassen, damit wir hiezwischen anderer stett gesandten euerer W. maynung und bedenckens hetten auch anzaygen, dargegen ire rhatschleg hoeren und desto baß ayner maynung vergleychen moegen etc. Aber dieweyl euere W. darvon geschwigen, haben wir es auch also treyben mussen lassen. Wirdt nun etwas darin verseumet, so geschicht eß unserthalben nicht. Die stende werden mit ernst nun zu solchen puncten, derhalben der reychstag ausgeschrieben, greyffen und understeen, die zum furderlichsten zur endschaft zu pringhen, dan ayn yeder standt haym eylet und der zerung gern uberhoben seyn wolt etc.
Und wie ich, Johann von Glauburg, dieß schreyben an euere W. also weyt volnpracht, haben neben andern erforderten Kff., Ff. und stenden des reychs wir (ksl. Mt. begeren noch) abermals umb drey uhren noch mittag in ksl. Mt. herberg erscheynen mussen, daselbst in ksl. Mt. und aller Kff., Ff. und stende und der abwesenden gesandten, rhette und bottschaften gegenwertigkayt erschinen ist ain lamer, langer barfussermunch, so in Ungarn ain bischoff ist1, mit noch eynem ungerischen bischoff und etlichen ungerischen herrn. Und hat alsbalt gemelter munch und bischoff noch beschehener latinischer erzelung ain credentzbrief von wegen der herrn und landtschaft deß Ungerlandts uberantwort, so alsbalt offentlich verlesen worden, darnoch ain lange, seer zierliche oration gethan [Nr. 171], alle stende damit und dohin zu persuadiren, daß sie zu abwendung deß Turcken macht dem Ungerlandt zu hilf khommen wolten etc. Und nach endung derselben etliche glaubwurdige schrieften, aus dem leger vor Offen in Ungarn und dan von kgl. Mt. locumtenent itzt zu Wien ausgangen, dem mentischen [sic!] cantzler Dr. Jonas offentlich zu verlesen behandiget, welche auch alsbalt verlesen worden, layder des inhalts, daß die konigischen Donnerstags, den zweyten Junij vor Offen, als sie etliche mauern gefelt, ain treffenlichen sturm angelauffen, aber denselben verloren und uber 800 man verloren. Man sorgt aber, wiewol nit mer im brief benent, es werde mer leut gekost haben etc. Und daß die turckischen zu wasser und landt mit mer dan 100.000 man uff Offen und Ostereych zuziehen etc., welche neue zeytung warlich allen stenden anzuhoeren erschrecklich gewest seyn. Aber die stende haben der ungerischen bischoff und gesandten begern zu bedacht genummen, dieweyl solche sach an ire selbst wichtig und groeß, dieselbig zu berathschlagen, alsdan gegen der ungerischen bottschaft der antwort, so sich die stende entschliessen werden, vernemen zu lassen etc.
Nach diesem alsbalt sint vor gemaynen stenden der funf ostereyischen erblandt, nemlich Nider- und Oberosterreych under und ob der Entz, Stewher, Kernten, Krayn und der furstlichen graffschaft Gurtz gesandten in guther antzal erschinen und haben erstlich gegen ksl. Mt. geredt, ire ksl. Mt. umb rethung und hilf gegen dem Turcken undertheniglichen gepetten, nachfolgents alle Kff., Ff. und stende kleglicher weyß und undertheniglichen ersucht [Nr. 170], erstlich ain credentzschrieft und darnoch ire instruction [Nr. 166], so gantz groeß gestelt, uberantwort, wie die dan auch alsbalt verlesen worden, uff diese maynung noch erzelung aller umbstende gestelt, wo uff diesem reychstag inen, den funf erblanden, mit eylender und beharlicher hilf nit gerathen werde, so wissen sich genante lande gegen dem Turcken lenger nit uffzuhalten, und werde sich der gemayn man der lande, damit er sich nit teglichs deß uberfals vom Turckenn zu besorgen hab, gegen demselben tributarium machen und dem Turcken ergeben, darfur kgl. Mt. noch die herschaften der lande nit seyn kunden noch werhen werden moegen, welchs, do Gott vor sey, so es beschehen solt, der gantzen teutschen nation und der christenhayt zu unuberwindtlichem schaden und nachthayl geraychen wurde, wie dan aus obgemelter instruction und dergleychen schrieften euere W. mit der zeyt layder nur zuviel erbarmliche und erschrockliche sachen vernemen werden. Gott wolle unß allen verhelfen zu christlicher veraynung und von dem Turcken und allen tyrannen erloesen. Amen.
Solchs alles haben euerer fursichtigen W., soviel wir anderer gescheft halben platz und zeyt haben moegen, also in eyl unangezaygt nit lassen wollen. Bitten um umgehende Beantwortung ihrer Schreiben. [...]. Datum Regenspurg, den neundten tag des monats Junij anno 1541.
[PS:] Diesen abent hat der Bf. von Mentz mit dem landtgraven zu nacht gessen neben andern mer fursten etc.
[Zettel:] Heute morgen früh, den 10. Juni, hat ihnen Simon Jude von Schwabach, Frankfurter Hintersasse, über den großen Brand in Prag am 2. Juni berichtet. Die Prager Kleinseite, der Hradschin und das kgl. Schloß sollen ganz abgebrannt sein. Man acht den begriff grosser, wie wir hoeren, dan Regenspurg oder Franckfurt ist, und sol damit die landtaffel und andere ding mer groeß werts auch verbrant sein. Und wie wir die rechnung machen, so ist es eben des tags geschehen, welchs der sturm vor Offen auch verloren worden. Eß ist zu besorgen, quod sit malum omen etc. Wolten euerer W. wir also in eyl hiemit auch nit verhalten.