Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Kop.).
B koll. Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 2, fol. 32r–39v? (Reinkonz.); DV: Antwürt der stend der religion und protestation uff die ksl. proposition.
C koll. Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 3? (Kop.); DV wie in B.
D koll. Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 171r–177v (Kop.); DV fol. 177v: Copei der augspurgischen confession und derselben religionsverwanten stend antwort uff die ksl. Mt. propositz. 1541, den 9. Aprillis.
Druck: Walch, Bd. 17, Nr. 1362 , Sp. 568–573 (dt. Fassung); Corp. Reform. IV, Nr. 2182, Sp. 156–160 (lat. Fassung).
Alß eur röm. ksl. Mt. derselbigen eur Mt. und des hl. reichs Kff., Ff., stenden und der abwesenden gesanten rethe und potschaften, alhie auf diesem von eur ksl. Mt. außgeschrieben reichstag versamelt, den funften dieses monats Aprillis ein gnedigst furtragen in schriften thun lassen, darinnen eur ksl. Mt. nach leng ir gnedigst gemuet, willen und naigung, die sie zu gemeinen stenden des hl. reichs und deutscher nation als dem vatterlant tragen, gnedigst angetzaigt, mit vermeldung, wie euer ksl. Mt. von anfang irer regirung je und alleweg zum hochsten begirig gewesen, alles vorzunehmen, zu fordern und ins werckh zu bringen, das dem hl. reich zu ehr, nutz und wolfart gelangen und furnemlich, damit aller zwispalt, irrung und zerruttung zwischen allen stenden aufgehaben, frid, rhue und ainigkeit gepflantzt und erhalten und dem hl. reich deutscher nation in andern iren obligen geholfen werden möcht, mit ferner gnedigster erzellung, was gnedigsten vleis, muhe und arbait eur ksl. Mt. umb forderung eines gemeinen, cristlichen concillii zu hinlegung der zwispaltigen religion angewendet, auch welchergestalt eur ksl. Mt. dem erbfeint cristlichs nhamens, dem Turckenn, nicht allein im reich deutscher nation, sonder der gantzen cristenheit zu gutem widerstandt gethann und warumb eur ksl. Mt. sich aus iren hispanischen erbkonigreichen widerumb in das reich deutscher nation verfugt, auf den baiden gehaltenen tegen zu Hagenau und Wormbs der religion zwispalt halben handlung furnehmen lassen und dann diesen itzigen reichstag anher benennt und außgeschrieben etc.
Solchs alles sampt eur ksl. Mt. gnedigstema begern, das Kff., Ff. und stende und der abwesenden gesanten rethe und potschaften erwegen, bedencken und beratschlagen wolten, welchermassen berurte zwispalt in unser hailigen, cristlichen religion hingelegt und zu einhelligem, cristlichem verstandt gebracht und verainigt werden mochten, auch waß und wie hirinnen zu handeln, mit angehaftem eur ksl. Mt. gnedigstem bedencken, das auch von widerstandt unsers cristlichen nhamens und glaubens erbfeindts, des Turckenn, und was zu erhaltung fridens, rechtens, guter pollicei, rhue und ainigkeit und anderer notturft und obligen des reichs geratschlagt und gehandelt werden solte etc., haben die stende der augspurgischen confession und derselben religionsverwanten neben eur ksl. Mt. gnedigstem erbietten in aller underthenigkeit angehort und vernohmen.
Und ist inen, solche eur ksl. Mt. gnedigste erzellung und erinnerung ires gnedigsten willens und gemuets gegen dem reich deutscher nation als dem vatterlandt, auch des gnedigsten vleis, arbeit und mhue, welche euer ksl. Mt. der gantzen cristenheit zu trost und rettung in vilh weg furgenohmen und ertzaigt, antzuhorn und zu vernehmen, ein sonder, underthenige freud gewesen, sonderlich in anfang dieses reichstags (dartzu sie euer ksl. Mt. und dem gantzen reich von Got dem almechtigen zu seinem lob und preiß gluckh, hailh und alle wolfart wunschen), auf das sie sich widerumb gegen euer ksl. Mt. mit underthenigster, geburlicher dancksagung erzaigen und vernehmen lassen mugen. Dann sie haben wolh vermarckt und befunden, das durch euer ksl. Mt. gnedigst neigung gegen dem reich deutscher nation friden und rhue erhaltenb.
Nun ist aber leichtlich abtzunehmen, wie gantz nutz und gut solcher eurer ksl. Mt. c –gnedigster und vetterlicher–c wilh und gemuet zu erhaltung friden und rhue der gantzen deutschen nation gewesen und noch ist, dieweil kain grösser noch schmertzlicher elendt oder ubel sein mag dann krieg und unfriden zwischen verwanten stenden und eines reichs geliddern. Derwegen eur ksl. Mt. diese stende von hertzen underthenigste dancksagung thun, daß sie bißanher solchen beschwerlichen unfriden abwant und rhue in deutscher nation erhalten. Zudem ist diß auch ein vortreffliche thugent, die an einem solchen hohen haupt und kaiser pillich zu loben, das euer ksl. Mt., die eingefallen spaltung der religion durch fridliche mittel und weg hinzulegen und nicht durch gewalt oder thatliche handlung die kirchen in deutscher nation verwusten und zerreisen zu lassen, geneigt. So ist am tag, daß euer ksl. Mt. Italien nicht allein mit hereskraft, sonder auch durch ire gutigkeit und moderation gestillet haben.
Und waiß meniglich, daß eur ksl. Mt. zu land und wasser dem erbfeint cristlichs nhamens, dem Turckenn, nicht allein in deutzschen landen, sonder der gantzen cristenheit zum besten trefflichen widerstandt gethan. Und dieweil die stende diese ding also bedencken, mussen sie pillich die gnade und gute des almechtigen preisen und loben, welcher in diesen sorglichen zeiten und leuften ein solch haupt und kaiser dem reich und gemeiner cristenheit zum besten gegeben, der rhue und friden im reich zu erhalten und dem grausamen erbfeint cristlichs nahmens und glaubens, dem Turcken, welcher, von wegen etzlichs siegs zu grossem ubermuet gereizt, abbruch und widerstant zu thun, geneigt ist, darumb sie auch euer ksl. Mt. solcher irer mhue, arbait fhar und anders halben, so eur ksl. Mt. dem reich und gemeiner christenheit zu guttem loblich und nutzlich nicht weniger dann etzliche von den alten, vortrefflichen, berumpten kaisern vorgenomen und gehandelt, underthenigste dancksagung thun, mit underthenigster gluckwunschung, das euer ksl. Mt. ins reich deutscher nation, friden, einigkeit und rhue darinnen zu pflantzen und zu erhalten, glucklich ankommen. Bitten auch Got den almechtigen, daß er seinem gotlichen nhamen zu lob, ehr und preiß, auch zu gemeiner wolfart des reichs euer ksl. Mt. handlung irem furhaben nach zu cristlicher ainigkeit, friden und allem guten schicken und seinen gotlichen segen dartzu verleihen wolte.
Sovil aber daß angeregte concilium belangt, mugen diese stende mit grunt und gutem gewissen sagen, daß inen nie nichts liebers d –gewesen, auch noch nichts liebers–d sein mocht, dann daß von solchen religionsachen in einem cristlichen, freien concilio, in deutscher nation zu halten, cristlich, ordentlich und rechtschaffen geratschlagt und gehandelt werden möcht, dann es ist am tag, daß nicht geringe mißbreuch in der kirchen eingerissen, darob vor dieser zeit viel trefflicher, frommer, guthertziger leut geclagt und derselbigen enderung und besserung begert haben. Und nachdem dieselbigen mißbreuch in den kirchen, diesen stenden zugehorig, in besserung zu richten furgenohmen, ist der vleiß und vorsichtigkeit gebraucht, daß man nichts, so der rechtschaffenen, gemeinen, cristlichen, apostolischen oder catholischen kirchen zuwider und ungemeß, angenohmen, gebillicht oder vertaidingt hat, sondern sie zweiveln nicht, daß die lehre irer confession und religion e –sei aigentlich die warhaftige lehre gemelter cristlichen, apostolischer oder catholischen kirchen–e. Und haben nicht allein nie kein cristlich erkenntnus derhalben gescheuet, sondern nichts hohers begert, dann daß dieselbige an das liecht gebracht, erclert und erweittert, auf das die ehr unsers herrn Cristi außgepraittet und gepreisset und der selhen hailh bedacht und den gewissen geholfen werden möcht.
So haben sie auch grosse, wichtige und pilliche ursachen gehapt, daß angesetzt concilium kurtz verschiener jhar zu wegern. Aber nichtsdesterweniger wollen sie hie abermals betzeugt haben, daß sie nie keine rechtschaffene, cristliche cognitionf geflohen, dann sie auch die cristliche kirch, welche mit unsers herrn Cristi blut gereiniget, in ehren halten, darinnen daß gotlich worth gelert wirdet und der hailige gaist der cristen hertz und gemuith zu erkenntnus der warheit und, Got dem herrn mit rechten gottesdinsten zu ehren, regirt und laitet. Derhalben sie mitnichten gemeint oder bedacht, die rechten, waren, cristlichen erkenntnus oder cognition zu fliehen, wie auch in vielen gepflogen handlung, die euer ksl. Mt. dieser strittigen religion halben gnedigst haben vernehmen lassen, ire gemuet vermerckt worden, dann sie zu ider zeit geneigt gewesen und noch, antzuzeigen, zu berichten und zu ercleren, waß ir meinung und gemuethg sei in solchem religionhandelh, und tragen keinen zweivel, es hett dieser zwispalt beraitan mogen zu vergleichung bracht werden, so etzliche die sachen nit mer gehindert dann gefordert. Nachdeme euer ksl. Mt. vorhaben und gemuet dohin vermarckt, daß die warheit solte gesucht und ans liecht bracht werden und also ein rechtschaffenne, bestendige, cristliche concordia erfolgen möchte, welchs diese stende euer ksl. Mt. underthenigster meinung darumb antzuzeigen in underthenigkeit bedacht, auf das euer ksl. Mt. gnedigst abtzunemen und zu versteen, daß an inen bißanher an allem dem, so zu cristlicher concordia dinstlich, kein mangel gewesen sei.
Und dieweil euer ksl. Mt. in obgemeltem furtrag gnedigst begert, die stende wolten erwegen, bedencken und beratschlagen, welchermassen berurter zwispalt der religion hingelegt und zu einhelligem, cristlichen verstant gebracht und verainigt werden mochten, auch was und wie hirinnen zu handeln und furzunemen sei, mit angehengtem und vorgeschlagen eur ksl. Mt. mittel, soferne die stende kein fruchtbarß oder furtreglichers wusten etc., so haben diese stende, euer ksl. Mt. ir underthenigst bedencken darauf zu vermelden, in underthenigkeit nicht underlassen wollen und bewegen diese ding undertheniglich dohin, daß nochmals der best und fruchtbarst weg zu hinlegung solcher strittigen religionsachen sein solte, daß das angefangen gesprech zu Wormbs alhie continuirt wurde, und solchs furnemlich derhalben, damit dieser großwichtigst handel der religion gnugsam durch rede und widerrede erclert und ergrundet werde, daraus ein whare, cristliche vergleichung und reformation der angetzogen mißbreuch zu erlangen, wie dann auch dieser weg hietzuvor bedacht, von eurer ksl. Mt. gnedigst eingereumpt, darauf die handlung zu Wormbs im nhamen des almechtigen angefangen und hieher durch eur ksl. Mt. transferirt worden ist, darumb auch diese stende, solchen weg itzo fur die handt zu nemen, underthenigst bitten.
Do nun nach solchem gehaptem gesprech eur ksl. Mt. irem gnedigsten vorschlag nach etzliche guter gewissen, ehrliebende personnen, welche, des hl. reichs deutscher nation ehr, nutz und wolfart zu fordern, geneigt, in geringer antzall auß gemeinen stenden und deutscher nation, sich ferner auf solch gehapt cristlich gesprech zu underreden, die strittigen artickel notturftiglichen zu examinirn und zu erwegen, auch allen muglichen vleiß furzuwenden, dieselbigen irrigen puncten dem gotlichen wort gemeß zu vergleichen, erwelhen und dieselbigen personnen diesen stenden gnedigst benennen und antzaigen lassen wurden, alßdann wollen sie sich gegen euer ksl. Mt. in demselbigen mit solcher undertheniger und christlicher antwort vernehmen lassen, daraus eur ksl. Mt. zu befinden, das an allem dem, so zu Gottes lob, cristlicher reformation der kirchen, auch zu erhaltung friden und rhue im hl. reich dienstlich und nutzlich, dieser stende halben kein mangel sein soll etc.2
Sovil aber, die sachen zu widerstandt dem Turcken, auch guter pollicei und ordnung im hl. reich deutscher nation antzurichten, betrifft, haben die stende der cristlichen veraynung und verstentnus bißher nicht gewegert, so sie bestendigen fride hetten erlangen mugen und das cammergericht mit seinen unrechtmessigen processen und furnemen wider die vereinigten stende dermassen, als geschehen, uber alle abschaffung und verpott eur ksl. Mt. nicht beschwert hette, alles daßjhenige mit andern stenden zu thun und zu leisten, daß sich geburt und die notturft erfordert hett, wie sie dann noch auf den falh an inen hinfuro keinen mangel erscheinen zu lassen gedencken. Achten aber sie, die stende der aynung und verstentnus, dafur, daß sie zuvor und ehr die religionsachen erortert und zu begerter, guter vergleichung gebracht werde, sich von solchen puncten ires bedenckens nit wolh entlich mugen vernemen lassen, dieweil vonnotten ist, solcher vergleichung halben zuvor ein entlich wissen zu haben, an [= ohne] welche bestendiger frid und ainigkeit in deutscher nation nicht wolh erfolgen oder auch bleiben kann. Solchs alles haben eurer ksl. Mt. die gemelten stende underthenigst unvermeldet nicht lassen wollen, underthenigst bittend, eur ksl. Mt. wolten solchs gnedigst von inen vermercken etc.