Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.); DV : Anno 41, den 15. Jullio in Augsburg.

Druck: Roth, Zur Geschichte, T. VI (ARG 4), Nr. 118 , S. 280–283.

Wir haben euerer fursichtigen W. schreyben des datum 10. Julij [Nr. 852] uff 12. empfangen und nach lengs vernomen, was euch in gehaim anlange, namlich das buch und darüber beschechen disputation in religionsachen betreffend etc. Darauf wir euere fursichtige W. mit kurzem berichten, das gar bald, als diser reichstag angefangen, von diser gantzen handlung vil verdachts uff etlich personen, sonderlich Martin Butzer gelegt worden ist. Wir haben aber nichts urtailen kinden, dann das wir uff das werck an im selbs und end der sachen gut acht genommen, und befinden, das dem Martin Butzer und H. Jacoben Sturm unrecht geschicht und nichts anders hierinnen gehandlet haben, dann was christenlichen leuten gepurt, und wunschen von Gott, das ander leut so vil christlichs eyffers hetten, als mir [= wir] im werckh bey disen befunden haben, das auch in relligionsachen ander den verstand hetten, als sy haben. Dann das falsch angeben kumpt aus zwayen ursachen. Die erst ursach auß einfalt und unerfarenhait der unsern, die ander auß bösen practicken etlicher der unsern und von etlichen unsern widerwertigen, welche mit etlichen der unsern (so den betrug nit schmecken) practicieren, uns unainig und verdechtig gegeneinander zu machen. Der gegentail versteet wol, was das buch ist. Dr. Eck nennet’s canonizationem librorum Philippi, die pfaffen nennent’s ein hoflich uffheben des wormischen edicts und des augspurgischen abschidts. Was unser gegentail (die dise sachen wol versteen) vom buch und darüber gehalten gesprech halten oder wol oder übel damit zufriden sein, möcht euere fursichtige W. auß der schrift, so gemaine stend der röm. ksl. Mt. übergeben soltend und euerer Ft. zugeschickt haben [Nr. 124], leichtlich abnemen.

Wir achten es darfur, das die röm. ksl. Mt. uß gnedigstem, gutem gemiet geren die teutsch nation in ein bessere ainigkait in glaubenssachen gepracht hette, dann one das werden wir alle andere sachen on frucht furnemen und handlen. Das wirt die zeit zu erkennen geben. Das aber euere fursichtige W. uns bitten und ermanen, zu verhieten spaltung und widerwillen, auch abfall, auch ein getreuen bericht zuschreyben wöllen, was hierin zu verhoffen und wie die colloquenten übereinstimmen etc., darauf sollen euere Ft. wissen, das wir kain spaltung oder sonderlichen widerwillen gespurt haben, und weren fur uns selbs, so ainicher were, denselben abzuwenden, wol genaigt. So finden wir auch, das die colloquenten wol ainig und ainicher mainung und was bisher fur artikel abgeschlagen oder angenomen worden send, das ist uß einhelligem gemueth ir aller geschechen. Und send nit allain sy einig, sonder die andern praedicanten all, wie wir nit anderst vermercken kinden. So haben wir euerer Ft. mit nechstem geschriben, warauf dise sachen beruwen, nemlich, das man das buch in beysein aller cristenlicher stend und aller praedicanten, so allhie, mit allem fleyß durchlesen und uns einhelligklich einer antwurt verglichen, der röm. ksl. Mt. zu geben, wie gestern sollichs geschechen. Die beruhet darauf, was dem wort Gottes gemeß, das nemen wir an, was aber wider die sexisch confession und wider das wort Gottes ist, das nemen wir nit an, mit antzaigung christenlicher, guter ursach, warinnen und warumb sollichs on beschwernuß der gewissen nit möge angenomen werden, darmit die röm. ksl. Mt. dessen mit grund möge bericht werden. Das ist alltzeit diser stend mainung gewest, das nichts zugelassen wurde, das dem seligmachenden wort Gottes, der sechsischen confession entgegen1.

Das wir ander warnen sölltend, achten wir von unnöten, dann sy send selbs wol so erber und vernunftig, das nit vonnöten, und die sachen als wol verstend, als übel die euerer fursichtigen W. eingebildet worden seind. So ist die sach an ir selb dergestalt, das es auch nit vonnöten ist, wollten sonst hierin kain fleyß sparen. Und das wir uns in das gemeng nit bewegen lassen sollen, das nemen wir dienstlicher mainung an und soll euere fursichtige W. dessen kain sorg tragen. Das haben wir zu entschuldigung deren, so unguetlich beschicht, und umb der warhait willen berichten wöllen. Und zum beschluß euerer Ft. als unsern vertrauten, lieben herrn und guten freunden guter wolmainung zu melden, achten wir, das der nit wenig selig were, der sich yetzo bey disen leufden niendert hinschicken oder auch sonst prauchen liess, dann überall unlust (der bey filen nichts geacht), so wir von eins erbern rats wegen erlangen, auch über das mir [sic!] zu zeiten kranck und schwach gewesen und noch sein. Sollt sich nochmalen wol auch das zutragen, das unser mie und arbait dahin gedeitet wurde, als das wir etlich diser sachen nit verstuenden, die yederman versteen solte, oder aber wir uns in sachen einliessen, dero ein erber rath kain gefallen nachmalen empfienge, und in der warhait bey disen geschwinden leufden ist leichtlich ein biderman in großen last gefiert. Ob wir gemainer statt zum vödersten [sic!] zu erhaltung der eeren Gottes, nachmalen zu aller gemainer statt wollfart gedienet haben, das wirt die zeit und, wann etwa ander auch gepraucht werden, zu erkennen geben. Uf sollichs euere fursichtige W., so es (wie eur schreiben lautet) vonnötten, bey einem erbern rath auch darnach zu richten haben. Bitten, sollichs alles guter, getreuer mainung von uns zu versteen, denen wir allen freuntlichen dienst zu beweysen begirig. Datum Regenspurg, den 13. tag Julij anno 1541.

Anmerkungen

1
  Vgl. Jean Calvin an Guillaume Farel, Straßburg, 1541 Juli, Cunitz/Reuss, Thesaurus epistolicus, Bd. II, Nr. 334, Sp. 250–252.