Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 455r–459v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 459v: Copei, was ksl. Mt. der religionhandlung halben mit dem landgrafen geret und der landgraf forder den chur- und furstlichen sechssischen rethen vermelden lassen und was sie darauf zu antwort geben. 1541; ÜS v. a. Hd. fol. 455r: Des lantgraven rethe antzeigung etc., den 16. Maij.
Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 120 , S. 202–205.
Es were ir gnediger her, der lantgraff, zu ksl. Mt. erfordert, welche seiner fstl. Gn. volgende ungeferliche meynung durch Pfgf. Fridrichen antzeigen lassen: Ire Mt. hette sich auß iren hispanischen konigreichen in deutzsch nationn furnemlich darumb verfugt, damit sie fried und eynigkeit dorinnen anrichten und sunderlich vergleichung in der religion machen mochte etc. Und hette derhalben ire Mt. im besten bedacht, durch zusamenverordnung weniger personn die religionnsachen furtzunehmen. Dann in einer grossen antzal oder menig, alß do viel kopf weren, were wenig verhoflich, etwas außtzurichten. Nhun hette sich im anfang die sachen zimlich angelassen, etzlich artickel zu vergleichen gericht, aber an etzlichen hette es sich gestossen. aDann die theologi diß theilß hetten sich strack horen lassen, daß sie von irer meynung nicht weichen wölten, sich auch des buchs halben, so die ksl. Mt. inen vorlegen lassen, beschwert. Nhun sey es die meynung nicht, daß man so kurtz ufstossen solte, sonder von den sachen freuntlich und schiedlich reden und die warheit erforschen. Es gelang aber die ksl. Mt. an, daß Philippus Melanthon ein instruction von Dr. Martin bekohmen hab, daß er nichts weichen sol etc.b Item, daß zwolf theologen alhie sein solten, mit den er die sachen communicirt, die [ihn] auch villeicht dahin bewegen, daß er so heftig were etc.
Zudeme, so solte der licentiat Amßdorff alhi in der herberg gepredigt haben, daß der ksl. Mt. gemut nicht zue vergleichung oder concordia geneigt, sonder daß es eitel betriegerey wehre, damit man umbginge. Nhun were aber gewißlich der ksl. Mt. gemuth dohin entlich gericht, daß sie gerne ein christliche concordia in der religionn machen und sehen wolten, welches sie auch mit Got und sunsten in viel wege bezeugen möchten etc. Und were der ksl. Mt. bitten und begern, die furwendung zu thun, daß sich die theologen schiedlich und freuntlich hielten und mit dem angefangenen gesprech verfuhren, op der almechtig gnad wölte verleihen, das die sachen nochmalß möchten ernstlich verglichen werden etc. Und achten es ire Mt. dafur, daß der stutz villeicht darauß kohme, daß die theologen dieses theilß viel geschrieben, darinnen sie itzt nicht gerne entweichen wolten. Dann solchs möcht ihr [sic!] bey den iren nachtheil und vercleinerung brengen etc. Nhun sey aber irer Mt. meynung, die warheit zu suchen, und sey uf der andern seithen auch viel dings eingerissen, daß einer verenderung und besserung bedurftig etc., welche auß solcher handlung erfolgen möchte. Und daß derwegen der lantgraff mit magistro Philippo reden lassen wolt, sich freuntlich und schiedlich in dem gesprech zu halten.
Hierauf hat der lantgraff geantwort, daß sein fstl. Gn. auch bericht, daß der anfang dieser handlung sich zimlich und wol angelassen, wiewol sein fstl. Gn. dem H. von Granuel mehrmalß antzeigen lassen, daß sie nit gedencken könthen, wie dieser religionhandel mocht vertragen werden. Dann man trunge mit etzlichen artickel zue jenes theilß vortheil in die unsern. Aber von den artickeln, doran diesem theil auch nicht wenig gelegen und die grossen mißbreuch der kirchen belangen theten, alß von wharem brauch der sacrament, priesterehe, reformation der kirchen etc. hette man bißanher nicht vernohmen, was derhalben zu verhoffen were. Und do ire Mt. diese und dergleichen artickel fur die hant nehmen lassen und fordern, wurde den guthertzigen dester mehr hofnung machen, und hoft auch, wan es zue weiter handlung kohmen, Got wurde gnad dartzue geben.
Des Ambßdorfs halben, daß sich derselbe der wort solt gebraucht haben, wie [die] ksl. Mt. hetten antzeigen lassen, hielten sein fstl. Gn. dafur, es were nicht gescheen. Sein fstl. Gn. wölten sich aber der ding erkunden und uf solchen vhal dafur bitten. Achtet auch, was Dr. Martinj instruction halben erwehnet, daß doran nichts seyn wurde. Und wolten sein fstl. Gn., das Dr. Martinus selbst hie were, dann do er vormercken und sehen wurde, daß der ksl. Mt. ernst wehre, der warheit stadtzugeben, und ein christliche reformationn verhofflich, wurde er sonder zweiffel sich also halten und vernehmen lassen, daß ire Mt. vermercken und befinden wurden, daß er auch nichts lieber wolte, dann daß ein christliche reformationn der kirchen erfolgete. Und solten es die ksl. Mt. dafur haben, das seine fstl. Gn. zue christlicher concordia, auch zue forderung friden und ruhe zum hochsten geneigt.
Die ksl. Mt. hat ferner lassen antzeigen, daß sie gerne hörten, daß sein fstl. Gn. zum friden und der concordia geneigt. Und daß von den furnehmsten artickeln noch nicht gehandelt, das were die ursach, daß die ordnung im buch dieselbig noch nicht betroffen. Wann es aber zue solchen artickeln kehme, so wölte sich die ksl. [Mt.] dorinnen auch also halten, daß es Got zue lob und ehr gereichen solte etc. Und begerten ire Mt., daß sein fstl. Gn. mit den theologen handeln wolte, daß sie sich schiedlich und freuntlich erzeichten. c –Es hat auch die ksl. Mt. ferner durch Dr. Naves antzeigen lassen, daß irer Mt. gemuth nicht wehre, dem evangelio abtzubrechen. Dann es were ein evangelium aller christen, opwol im verstandt desselben bißweilen ungleicheit entstunden. Und wo die worth clar wehren, do durft es keiner disputation. Wo es aber nicht clar, da solt man sich derhalben freuntlich underreden, daß man zum rechten verstandt und vergleichung kohmen mochte–c. d –So were auch diese gantze handlung und underred conditional und unverbuntlich, dann es solte one vorwissen und bewilligung der Kff., Ff. und stende beiderseitz nichts geschlossen werden–d. Und hette zue forderung der sachen ire Mt., wenig theologos zusamenzuverordnen, bedacht, dann ire Mt. begerten auch, die warheit zu erforschen und wolten gerne, daß die vergleichung, sovil moglich, mocht troffen werden. Das ubrig aber, daß nicht möcht vertragen werden, solte man auf weiter handlung verschieben und gleichwol zue der reformation greiffen. Und begert ksl. Mt., sein fstl. Gn. wölte mit Kf. zue Sachssen gesanthen und rethen hirvon reden, auch dem Philippo die gemelt antzeig tzu thun.
Der lantgraff hette sich hierauf erbothen, des churfursten gesanthen hievon antzeige zu thun und, was sein fstl. Gn. mit Goth und gewissen thun mochten, irenthalben nicht erwinden lassen und, do man eyne christlich reformationn der kirchen vermerck, wurde jedermann dester mehr hoffnung zue den sachen haben etc. Und diß sey ungeverlich die summa, was mit ksl. Mt. dißmalß gehandelt.
Hierauf haben die churfurstlichen rethe inen geantwort, daß sie die antzeige vernohmen, theten sich der von wegen irer gnedigsten und gnedigen hern bedancken. Dieweil aber der von Anhalt itzundt nicht verhanden und auch die sach groß und wichtig, konten sie sich itzunder darauf nit vernehmen lassen, sonder wölten solchs dem von Anhalt antzeigen, auch mit dem Philippo darvon reden etc. e –Das wusten sie inen aber nicht unvermelt zu lassen: Sovil erstlich den licentiat Amßdorff belangen thete, daß die ksl. Mt. in deme unrecht bericht were, dann Amßdorff hette solchs noch dergleichen ichtes, daß sich zue ksl. Mt. ungelimpf oder vercleynerung ziehen möchte, nicht gesagt, wie ime des auch viel leuthe, so bey der predig gewesen, gut zeugnis geben mochten. So were auch an deme nichts, sonder ein erdichter handel, daß Dr. Martinus dem Philippo einige instruction uberschickt haben solt. Dann Mag. Philippus were vor sich selbst also geneigt, daß er von demjenige, so er christlich und recht achtete, nicht gerne wolthe abweichen, darumb er auch nicht zu verdencken, sonder zu loben wehre–e. So wust auch der lantgraff selbst, daß man den dreyen theologen diß theilß, do sie erstlich zue der underrede verordent, den bevelh geben, daß sie allein auf Got und sein wort und auf keinen menzschen sehen solten und von der warheit nicht abweichen. Des sich dann Philippus, alß der one das, wie gemelt, hirtzue geneigt, sonder zweiffel wurde gehalten haben1. Sie wolten aber solchs, wie gehört, dem von Anhalt antzeigen und den dingen ferner nachdencken.
Des lantgrafen rethe haben gesagt, sie wollen es irem hern antzeigen. Und der handel stunde dorauf, daß sich die ksl. Mt. wol hette vernehmen lassen, daß ire Mt. hoch geneigt, ein vergleichung zu suchen, und daß ire Mt. die uberigen artickel, der man sich nicht vergleichen mochte, biß zue ferner handlung aufschutzen wollen. Und bedechte der lantgraf, weil ksl. Mt. so ein grosse begirde zue der vergleichung hette, daß man sehe, wie es sich mit den uberigen artickeln anliesse. Dann ire ksl. Mt. hetten sich vernehmen lassen, sie konthe nicht zue der reformation kohmen, man hette sich dann zuvor von denen artickeln der doctrin verglichen2.