Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Druck: Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. D, Nr. 3, S. 75–78 1.

Am Dinstag nach cantate anno etc. XXXXI. hat key. mt. meinen g. h. fordern lassen und mit seinen f. g. diese meinung geredt:

Aus sonderm gnedigem vernemen wolle er, k. mt., s. f. g. nicht bergen, das ir mt. umb der religionsach willen dießen reichstag angesetzt hette, und wer die sach alwege dafur verstanden, so man gelert leut uber die sachen setzen werde, dem handel mochte zu raten sein. Also hette ire key. mt. aus verwilligung beider teil etliche darzu erwelet. Dieselbigen hetten sich nu in etlichen artigkeln verglichen, in etlichen wollte es sich stoßen; also, wo nicht ein ander wegk troffen, so wurd di handlung alle vergeblich sein; dann die protestirenden theologen sagten kurtz, sie wollten auf irer meinung, confession und schriften verharren. Nu wer je das colloquium darumb angesetzt, das einer des andern meinung horen, das man davon freuntlich und lieblich redden und also eine schriftliche vergleichung suchen solte. Solt es die meinung gehabt haben, das ein ider theil dermaßen auf seiner meinung verharren wolte, were solicher handlung, auch des colloquii one not geweßen. Darumb seie di handlung zu diesem mal aufgeschoben, und hab ir mt. bedacht, solichs mit s. f. g. zu redden und zu begeren, dasselb furder mit den sessischen gesanten [zu bereden], ob man die theologen mochte auf ein besser meinung bringen. Daneben so lang auch k. mt. an, wie doctor Lauter Philippo Melanthoni ein instruction zugeschickt habe, daruber Philippus nicht schreiten dorfe. Item, das auch Philippus neulich XII theologen bei ime gehabt hab; dieselben machen den handel weitleufig und irrig, und sei der abred nicht gemeß, wilche gestanden hab, das man davon nymands dan den obern meldung thun solte. Item, es kemen sondere person zum Philippo, die zum gespreche nicht gehoren; und sidder dieselbigen pei ime gewesen sein, hab der handel gar einen stoß und veranderung gewonnen. Item, es sei ir mt. berichtet, das ein prediger von Meideburgk [Amsdorf] gepredigt hav, es sei key. Mt. gemut nicht di sachen zu vertragen, sonder eitel betriegerei. Nu werd ye ir mt. des vil zeugnus haben, das es irer mt. gemut von hertzen sei. Bit, das mein gn. her solichs mit den Sessischen reden wolten, solichs bei den theologen zu handeln. Item, die theologen solten sich vernemen lassen, sie konten auf das buch nicht handeln und wolten weiter nicht einreumen; besorgten villeichte, sie mußten von iren schriften absteen. Nu wer es ye di meynung nicht, das jemandt absteen solte, sonder das man di warheit erforschen solte, dan der gegenteil wurd solichs dermaßen auch furwenden. Item, summa beschlossen, das mein gn. her mit den Sessischen handeln wolt, damit dieselben mit Philippo furter handelten, sich das zu bedengken.

Daruff hat m. g. h. geantwortet, die rede etwas erholt und dartzu gesagt: es sei war, sein f. g. sei key. mt. zu underthenigem gefallen und dem frid zulieb herkomen, sunst het s. f. g. wol ursach anheimisch zu pleiben gehabt; es sei auch das herkomen s. f. g. von vilen gudten freunden widderraten, hab’s gleichwol gethan, des besten [so] gehoft, das gering colloquium mit fur gut angeseen; hab aber in seinem gemut nie gleuben mugen, das muglich sei, die streitigen artigkel der religion uff einmal und so eilend zu vergleichen; gleube auch wol, das under unsern theologen etliche zur concordien genaigt seien, etliche nicht. Das aber Philipp etliche theologen zu sich komen lassen, moge aus sonderen großen ursachen gescheen sein, dan es hab der gegentheil, sonderlich Dr. Eck ein gros geruchte in der stat gemacht, das sie von den unsern vil erlangt haben; das hat di unsern sorgfeltig gemacht, nicht alleine di theologen, sonder auch di stende; hat man die zu frid stellen sollen, hat man sie zu zeiten etwas wissen lassen mussen; das sei dem handel nicht zu nachteil, sonder zu gut gescheen. Fur sich hab mein gnediger her alweg dartzu geregt [so], das seinen f. g. die concordien gefellig were; s. f. g. wollte gerne dartzu thun, was s. f. g. mit Gott und gewissen thun mochten; dan widder gewissen und Got sollte nymands handeln.

Von der instruction obgemelt wusten s. f. g. nichts. S. f. g. hielten aber Philippum dafur, das er auf nymands instruction sehe; er wurd das thun, das ine sein gewissen leren wurde. So hett auch s. f. g. ine darumb gebetten, das er seine hern oder sonst nymands ansehen wolte, sonder allein auf Got; versehe sich, Philippus werd das thun.

Der besonder person halben fiele der keiser m. g. h. in di rede und sagte: man meinte damit di frantzosisch botschaft. Sagt m. g. h.: Philippus het s. f. g. gesagt, dieselb potschaft hett ine ungeverlich auf’m statgraben angesprochen, aber nichts sonderlichs mit ime geredt. So hielte auch s. f. g. Philippus dafur, das er sich solicher hendel nicht irrete, sehe auch auf soliche leute nicht; darzu so wer der Franczos der religion halben also geschigkt als der unser zuwidder, das s. f. g. nicht glaubte, das Philippus sich mit ime derhalb in vil rede einlasse oder sich ine hindern lasse [so].

Des predigers halben musten wol s. f. g. bekennen, das Ambstorf ein heftiger man were; hette auch konnen leiden, das er alher nicht komen were umb seiner hertigkeit willen, wolt aber sich dannocht nicht versehen, das er di ungeschigkten wort vor k. mt. solte geredt haben; und wo das gescheen, het s. f. g. darin kein gevallen, und ane zweivel die Sessischen selbst [nicht]; wolle sich aber nicht versehen, das es dermaßen geredt sei. Sein f. g. wolle auch gerne mit den Sessischen redden, Philippum zu underrichten etc.; aber gleichwol sei auch war, man dringe mit den artigkeln in dießen teil und wolle vil von ime haben, aber vom mißbrauch des andern teils wer nichts geredt oder nichts gesatzt. Wo nu davon auch geredt, als von den artigkeln, darine kein widdersprechen sein mag, das sie in der schrift gegrundet sint, – als di entphahung des sacraments under beder gestalt, pfaffenehe, reformation der kirchen und dergleichen – , und diser teil solichs sehe, so verhoffte sein f. g., den sachen solte mit der zeit sovil baß zu helfen sein. Dann die punct, so gar mit dem evangelio zu verweißen weren, must man je nachlassen, als die pfaffenehe, item das sacrament under beder gestalt, reformation etc.; geschee das, so mochten di unsern auch desto gelimpfiger werden.

Daruff hat di key. mt. durch h[erzog] Frid[rich] widderumb redden lassen: ir mt. zweiveln nicht, es sei m. g. h. zum frid und vergleichung gneigt; sei auch erfrawet [so] geweßen, daß s. f. g. herkommen sei; und als sein f. g. vermeldet hab, das man auch wissen muste, was man in den artigkeln, so in der schrift ergrundet, desgleichen mit der reformation zugleich wolte etc., so sei man an die puncta noch nicht komen, sonder volgen erst im buche; wan es aber daran keme, so werd sich ire mt. darine also halten, das man spuren [solle], das sie Gottes lob suche; und darumb beger ir mt. nachmals, das s. f. g. mit den Sessischen redden wolle, zufurderst damit man ine colloquio dahin komen moge etc.

Darnach hat ir mt. selbst in di sach geredt, auch der von Naves: es sei irer mt. meinung nicht, dem evangelio etwas abzunemen, dan wir hetten je ein evangelium, weren nicht im evangelio, sonder im verstand irrig; den must man suchen. Und so das colloquium geendet, solt man di sachen an di stend pringen und mit gemeiner hand schließen. Darumb wer auch fur gut angeseen, dartzu wenig theologen zu geprauchen, auf das der handel nicht weitleuftig mochte werden; darumb auch von noten, das sich unser theologen auch meßig und schidlich hielten. Dan es were je nicht die meinung, geverlich zu handeln, sonder man suchte alleine di warheit; keme auch zu zeiten wol, das man sich irrete in vocabulis und nicht in re; so man in den principalen und notturftigen puncten verglichen were, muste man in den uberigen bequem mas und wege, di mit Got gescheen mochten, suchen. Was man alsdan je nicht vergleichen mochten [so], das muste man schenken [??] zu einer andern zeit und zu der reformation greifen; dan der keiser konte zur reformation nicht komen, er hette dan ein vergleichung beider teil in der hauptlere; sonst were es irer mt. nicht moglich; dan es sagten di gegenteil, sie konten mit uns, als di ires glaubens nicht weren, von der reformation nicht handeln etc. Begerte nach, das m. g. h. vleiß thun wolte bei den Sessischen.

Mein gnediger her hat abermals gesagt: s. f. g. sei zum frid gneigt, sei darumb herkommen; und was s. f. g. mit Got und gewissen thun moge, das wolle sein f. g. thun. Es stehe aber bei seinen f. g. allein nicht, sonder bei allen stenden in gemeine. So sei [er] je Got auch verbunden, wisse, das er nicht alwege leben mage; darumb was mit Got nicht sein konte, das mage s. f. g. gleich als wenig als di andern nachgeben. Der großen artigkel halben, so nachzugeben von noten, hab sein f. g. underthenig erinnerung thun wollen, damit eins mit dem andern gesucht und ausgerichtet werde; dan das sei warlich der einig weg nest Got, dadurch dießem handel mag gehulfen werden und frucht zu hoffen sein: hetten wir gute ministros, wie sie sein solten, wurden alle dinge desta leichter und bequemer naher geen. Philippus sei ane zweivel wedder an Francreich noch Lutherum gepunden, sonder sehe ane zweivel auf Got; so mocht s. f. g. ires teils leiden, das Lutherus hie were; derselb, wan er das gut gemut sehe, das di notwendigen artigkel nachgelassen wurden und ein christlich ehrlich reformation furgenomen, so wurde [er] schidlicher sein dan der andern keiner; man hat zu Schmalkalden von artigkeln, was man thun konte, geredt, darine sei Lutherus nicht unschidlich gewessen. S. f. g. wil gern bei den theologen allen vleis thun, aber es hab auf der andern seiten auch mangel, darin must man auch sehen, sei allenthalben muhe und arbeit. Es wer dannocht alhie gereit sovil gemacht – als im artigkel der erbsund, vom fal Ade, von der justification und anderm – , das s. f. g. nicht gemeint hette; wurd man in den andern sehen das man zur reformation schreiten wolle, konte man noch mer machen. Darzu will s. f. g., als obgemelt, iren fleis gern thun.

Sovil ungeverlich ist dismals gehandelt, sovil ich behalten hab, doch uff weitern behalt m[eines] g[nedigen] h[erren].

Anmerkungen

1
 Die von Lenz benutzte Vorlage, Marburg PA 575, ist durch Wasserschäden völlig verderbt und nicht mehr rekonstruierbar. Deshalb kann das Stück nur in der Transkription von Lenz ediert werden.