Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Nürnberg, fol. 183–185.

2. HA (Türkenhilfe): Debatte um das Beharren des SR gegenüber KR und FR auf der Erlegung des Reichsvorrats durch alle Stände. Konzepte der Augsburger und Regensburger Gesandten. Steuerhöhe: Anschluss an KR und FR. 1. HA (Religionsvergleich): Replik des Kgs.

/183/ (Vormittag, 8 Uhr) Städterat. Regensburg proponiert: Fortsetzung der vorgestrigen und gestrigen Beratung zum 2. HA (Türkenhilfe) wegen des Beharrens auf der Erlegung der Restanten am Reichsvorrat seitens der höheren Stände. Gestern Vorlage des Augsburger Konzepts für eine entsprechende Resolution des SR.

Regensburg wiederholt sein bisheriges Votum, diesbezüglich vor KR und FR keine oder doch aufs aller khurtzest anregung zethun. Da sich gestern die Mehrheit dafür ausgesprochen hat, das es aufs glimpffigst angedeut werden solt, hetten sie ain ander concept gestelt; nit dermaßen, das es dem andern1 zu schmelerung, sonder wie sie die sachen verstunden unnd auch das merer, wie sie es vermerckt, were etc.2 Soll dieses Konzept verlesen werden oder will man es beim Augsburger Entwurf belassen?

Umfrage. Abgesehen von Regensburg [vorerst] einhellige Billigung des Augsburger Entwurfs mit wenigen Korrekturen3.

/183’/ Danach wird das Regensburger Konzept verlesen. Umfrage. Beschluss: Auch dieser Entwurf soll kopiert und den Gesandten zur Beratung überlassen werden.

Umfrage zur konkreten Höhe der Steuerbewilligung.

Straßburg: Die vom Kg. in der Proposition geforderten acht doppelten Römermonate sind iren herrn unnd obern in ansehung ires hohen verderbens zuerschwingen nit mueglich. Derhalben sie bevelch empfangen unnd mit instruction versehen, das sie die sachen auff 8 ainfache monat richten helffen solten etc.

Dagegen Beschluss aller anderen Städtedeputierten, dass unangesehen aller irer ungelegenhait, unvermögens unnd verderbens auf die höhern stende gesehen, denselben nit furgreiffen, sonder weß sie in dem ainhellig entschließen wurden, das man sich alßdan demselben anhengig macht, die specification der hilf unnd /184/ monat alßdan wie sie thun unnd also das concept an jetzo auff ain ungewiß stellen unnd es bey N. dopllmonat pleiben laßen solte, bis man verneme, weß sie derwegen ainhellig bedacht. Dan da man an jetzo auf ain gewiß geen unnd etwa ein hohere summa weder die stende bewilligen solte, zu was ungnaden es inen bey den hohern stenden raichen wurde, das hatt ain jeder leichter [!] unnd darneben das zuermeßen, das man gedencken mochte, die stett steckten noch voller gelts; unnd wurde also hernach der unnd anderer sachen halben desto meher in sie getrungen. Solte man dan weniger bewilligen, so wer bey der kgl. Mt. als nun mehr dem ainigen obern haubt auch nichts dan ungnad zugewartten.

Straßburg schließt sich nunmehr an4 . Damit einhelliger Beschluss.

/184 f./ Man hat erfahren, die höheren Stände würden zur Höhe der Steuer ein geteiltes Bedenken referieren: Einige würden mehr als acht doppelte Monate, andere deutlich weniger bewilligen. Welcher Seite soll SR sich anschließen?

/184’/ Umfrage. Es werden drei Meinungen vorgebracht: Erstlich da man sich dem thail, so auff ain merers weder die 8 dopllmonat schliessen, anhengig machen, das die erbarn stet eben das, wie oblaut, bey den andern zugewartten. Zum andern: Solt man aber dem geringern thaill zufallen, so wer die ungnad bey der kgl. Mt., wie oblaut, zubesorgen. Zum dritten: Solte man dann nach ettlicher mainungen auff das medium gehen unnd ettwa ainen monat oder zween mehr weder die, so auff denn geringern thaill geschlossen, bewilligen, das es den erbarn stetten auch zu allerlay verweiß außgelegt unnd in mehr weg zu ungnaden langen mochte.

Beschluss: Vertagung. Zwischenzeitlich soll aller muglicher vleis furgewendt werden, um den Verhandlungsstand in KR und FR zur Höhe der Bewilligung in Erfahrung zu bringen.

/185/ (Nachmittag, 2 Uhr) Kgl. Herberge. [Entsprechend Protokoll des Religionsausschusses, 99 f.]

Anmerkungen

1
 = dem Augsburger Entwurf.
2
 Vgl. den Entwurf in der Gegenüberstellung mit dem Augsburger Konz. und der späteren Ausfertigung der Resolution: Nr. 476.
3
 Die Nürnberger Gesandten unterrichteten den Rat am 24. 12. 1556 über diese Verhandlungen um die diversen Konzepte und baten um Weisung zur Höhe der Steuer sowie zu den Erhebungsmodalitäten (StA Nürnberg, NRTA 23, unfol. Konz.). Der Rat wies sie daraufhin am 27. 12. zum Anschluss an die höheren Stände an, da ohnehin /20’/ hierinn an der erbarn stet bedencken unnd willen wenig gelegen oder einiche maß zugeben sein. Er kritisierte jedoch das Beharren auf der Erlegung der Restanten im Augsburger Entwurf, weil die Städte sich dessen /20/ zu haiß unnd viel annemen unnd inen williglich selbsten ungnad unnd mißgunst verdienen unnd uffladen wöllen, so sie doch vorhin am tag spüren unnd sehen, wie mans mit den steten maint unnd ire bedencken angesehen seien. Die Gesandten wurden beauftragt, diesen Passus nicht aufzunehmen oder, falls die anderen Städte darauf beharrten, sich der sachen nit anzunemen, sonder sovil müglich zuentschlagen. [...] Was ir aber sönsten zu angeregter türckenhilf befürdern könndt, das wöllet nit underlaßen oder einiche verhinderung darinnen thun. Allein daß wol höfflichen unnser unnd gemeiner stat zugestandner unnd erlittner mercklicher schaden unnd verderb angezogen werden mög (StA Nürnberg, BBdR 160, fol. 19’–22. Kop.).
4
 Vgl. dazu auch Anm.4 bei Nr. 268.