Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Keine Einigung zum Sessionsrecht der Kurkölner Gesandten während der Sedisvakanz nach dem Tod des Kf.

/206/ (Vormittaga ) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Nochmaliger Versuch, in der Kölner Sessionsfrage zu einer Einigung zu kommen.

1. Umfrage. Trier: Wissen nichst furzuschlagen.

Köln: Haben gestern vom Domkapitel die Verhandlungsvollmacht erhalten. Bitten demnach um Zulassung.

Pfalz: /206 f./ Erwarten Weisung des Kf.

/207 Sachsen: So lang sich colnischen stim und session in namen des dhumb capittels anmassen, konnen sie mit inen nit handlen. Schepffen dessen ein meher bedenckens, dweil sie yetzo gehort, wes Coln verner anpracht1. Yedoch da sich Coln auf ein ungefherliche handlung auf approbation des kunfftigen hern einlassen wellen und in den prothocollis versehen, das solcher actus niemandts ichtes gebe oder neme, domit dan die sachen nit aufgehalten, welten sie auf solchs procedieren.

Brandenburg: Fortsetzung der Verhandlungen gemäß dem sächsischen Vorschlag.

Mainz: Mochten gern vergleichung sehen. Erachten aber für sich, das disse difficulteten /208/ nit so hochnottig. Dan es, dhumb capittel, alwegen nach abgang eins ertzbischoffs alle administration tragt, versehung landt, leut, jurisdiction und was sonst notigs furfalt, so die wahl eins ertzbischoffs nit erwarten kan. Zweiveln auch nit, Coln, der zukunfftig2, werde approbation thun, bevorabe dweil sie neue befelch yetzo erlangt. Daruf wol mit inen furzugehen.

2. Umfrage. Trier: Were alwegen des bedenckens gewesen, das Coln bei den sachen zu lassen. Weil aber andere incontrarium, wisse er denen kein moß zugeben.

Köln: Habenden befelchen nach weren die vorgeschlagene mittel inen nit annemblich. Ideo ut supra.

Pfalz: Dweil Coln habendem befelch nach die mittel nit annemblich, willen sie es zeruck gelangen und beschaidts gewarten.

Sachsen: Weil immediate daruf bestanden, /209/ das colnische b–in namen des dhumb capittels wellen furfarn–b und die mittel inen nit annemblich, und dan auch von andern die administration angezogen, so well inen gepüren, befelchs zuerholen. Segen numeher kein andern weg, dan das auf die whal eins andern churfursten die sachen eingestelt, oder aber, das abgesondert von den colnischen in sachen furgangen; darzu sie urpietig3.

Brandenburg: Konne nit befinden, worumb Coln das vorgeschlagene mittel nit annemblich, dan die wider4 geben oder nemen. Wofer dan Coln auf irer meinung bestunden, were ime befelchs von noten.

Mainz: Da keine Einigung möglich ist, were zuerwarten, obe etwo von commissarien wolten wege herlangen5.

Anmerkungen

a
 Vormittag] Kursachsen (fol. 102) differenzierter: 8 Uhr.
1
 Vgl. differenzierter im Bericht der kursächsischen Gesandten an Kf. August vom 19. 10. 1556: Da Köln sich über die vorherige Forderung hinaus auff ein neues mandat des thumbcapitels referirt und craft desselbigen procediren wolt, darauff konten wir uns nicht einlassen (HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 65–75’, hier 73. Or.; präs. Dresden, 22. 10.).
2
 = der künftige Ebf. und Kf.
b–
 in ... furfarn] Kursachsen (fol. 104’) deutlicher: dem capittel session und stim zuziehen wollen.
3
 Zum Beharren auf der Ablehnung der Session namens des Domkapitels vgl. die Begründung im Bericht der kursächsischen Gesandten an Kf. August vom 19. 10. 1556 (wie Anm. 1, hier fol. 74 f.): Ablehnung, da /74/ leichtlichen ein fall im Reich sich zutragen kont, darinnen dise ding der session /74’/ und stimme, den capiteln zugestatten, den weltlichen churfursten gantz nicht leidtlichen. Und achten auch, das dardurch ihnen zum teill die possession, so sie hiebevorn deren eyne, wie sie sich rhumen, gehabt, nicht wenig genichtigt.
4
 = weder.
5
 Die kgl. Kommissare hatten ihrerseits die Räte der geistlichen Kff. schon am 17. 10. (Samstag) aufgefordert, selbst Wege vorzuschlagen, um die Verhandlungen fortsetzen zu können. Deren Antwort an die Kommissare am 18. 10. entspricht obigem Mainzer Votum in der 1. Umfrage: Dass die Domkapitel sede vacante administrationem in temporalibus hetten und das alle regierung auf sie gefallen were. Zudem sei in der Vergangenheit, zuletzt 1555, in gleichen fellen kein eintrag beschehen (Notiz in Kurmainz, pag. 210). Am 20. 10. beriefen die Kommissare (von Helfenstein sowie die bayerischen Räte Haslang und Perbinger) die Gesandten der weltlichen Kff. zu sich und verwiesen darauf, es sei [wegen des Türkenkriegs] Gefahr im Verzug. Für die aus der Verhandlungsunterbrechung resultierenden Konsequenzen würden sie, die Gesandten, verantwortlich gemacht werden. Die Kommissare forderten, entweder die Teilnahme der Kölner am KR zu dulden oder ihnen vertraulich mitzuteilen, unter welchen Bedingungen dies möglich sei. Die Verordneten der weltlichen Kff. bestanden auf der Ablehnung, indem sie ihre Gegenargumente und die im KR dargelegten Angebote an die Kölner für die Teilnahme ausführten, die von diesen mit dem Beharren auf der Session für das Domkapitel zurückgewiesen worden seien. Demnach liege der Verzug an den Kölnern. Die Kommissare beließen es aufgrund dieser Information bei der Verhandlungsunterbrechung, wünschten zur Unterrichtung des Kgs. aber eine schriftliche Zusammenfassung der Vorgänge im KR. Dies wiederum lehnten die Gesandten der weltlichen Kff. /106’/ aus allerhanndt ursachen ab (Bericht F. Kram an Kf. August von Sachsen vom 27. 10. 1556: HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 105–109’, hier 105–106’. Or.; präs. Dresden, 30. 11.). Darlegung dieser Verhandlungen auch im Bericht der kgl. Kommissare an Ferdinand I. vom 20. 10. 1556 mit dem Fazit: Können derzeit nichts weiter tun, als die kgl. Resolution zur Kölner Session abwarten. Empfehlen dem Kg., in Köln zu veranlassen, dass der neue Kf. die RT-Verhandlungsvollmacht sofort noch vor der Amtseinführung ausstelle, da sonst bis zu deren Vorliegen noch 3 Wochen vergehen könnten (HHStA Wien, RK RTA 37, fol. 265–274’, hier 266’–271’. Or.). Im Bericht vom 26. 10. 1556 betonten die kgl. Kommissare nochmals die Fruchtlosigkeit weiterer Vermittlungsbemühungen, da die Gesandten der weltlichen Kff. inzwischen explizite Befehle /316/ (deren ich, Zasy, ainen bey dem Nicodemo [F. Kram] originale geleesen) empfangen, nitt umb ain haar zuweichen (ebd., fol. 313–321’, hier 316 f. Or.).