Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Entschuldigung Kf. Friedrichs und Hg. Georgs für ihre Nichtteilnahme am Reichstag, Handlungsvollmacht Kf. Friedrichs für Hg. Ulrich von Württemberg in Reichsangelegenheiten, Entsendung bevollmächtigter Räte; [2.] Bitte um Belehnung mit den Landen des verstorbenen Hg. Wilhelm von Jülich-Berg; [3.] Zurückweisung des Erbanspruchs Hg. Johanns von Kleve; [4.] Bitte um Einsetzung von Kommissaren in der Angelegenheit Landgf. Wilhelms d. Ä. von Hessen; [5.] Verbot der Beschäftigung mit anderen Angelegenheiten; [6.] Entschuldigung bei den Reichsständen für das Fernbleiben der sächsischen Hgg. vom Reichstag.

[Dresden/Wittenberg, 7.-16. April 1512]1

Kop.: A) Dresden, HStA, GR, Loc. 8800/1, fol. 159a-162a (endgültige Fassung, Überschrift von anderer Hand: Instruction ufn reichstag zu Trier aus der geänderten, so negst zuvor hergeschickt; Vermerk fol. 162b: Instruction, dye dye rete gebrauchen sollen; darunter von anderer Hand: Ist umbgeschriben aus der wittenbergischen correctur); B) Ebd., fol. 153a-157a (zweiter Entwurf mit von Kf. Friedrich veranlaßten Korrekturen; Überschrift von anderer Hand: Instruction ufn reichstag zu Trier, wie dieselbe vom Kf. corrigirt worden; Vermerk fol. 157b: Diese instruction ist durch meinen gnst. H., den Kf., zu Wittenberg geandert); C) Ebd., Loc. 10182/2, fol. 7a-10b (wohl der von Kf. Friedrich verfaßte erste Entwurf).

Instruction, was von unser, Fridrichs, Johanns und Georgen, gebrüder und vettern, alle Hgg. zu Sachsen etc., [wegen] unser rete und lb. getrauen N. und N. uf röm. ksl. Mt. reichstag, so itzt zu Trier gehalten, handeln sollen. a

[1.] Erstlich ksl. Mt. unser undertenig dinst anzeigen etc., volgend erzelen: Nachdem yr ksl. Mt. in schriften und durch botschaften gnediglich an uns, Hg. Friderichen und Hg. Georgen, begert hette, das wir von stund aufsein und uns nichts daran vorhyndern lassen solten, zu yrer Mt. gein Trier uf den reichstag zu kommen, mitsampt yrer Mt. und andern Kff., Ff. und stenden in yrer Mt. und des Reichs großen, schweren obligenden sachen und hendeln das beste helfen raten, handeln und furnemen, in massen wir und unser fordern bisher alleweg getreulich getan hetten und ksl. Mt. sich noch genzlich und ungezweyfelt zu uns vorsehe etc., weren ksl. Mt. als unserm allergnst. H. zu undertenigem gehorsam und gefallen wir ganz willig, in dem und anderm, das yrer Mt. und dem hl. Reich zu gefallen, ere, nutz und gutem reychen mocht, undertenigen gehorsam zu leisten, wie wir dann Got lob unsers verhoffens nicht anders befunden worden. So were doch uns, Hg. Friderichen, leibsschwacheit zugestanden, wie wir ksl. Mt. geschickten angezeigt [Nr. 952], yrer Mt. auch in schriften [liegt nicht vor] vormeldt hetten b, das uns schwer und fast sorgfeldig were, diser zeit so eylents uf eyne weyte reyse zu begeben, derhalb wir des vorhyndert–b. cUnd was uns, Hg. Georgen, daran vorhyndert, habe ksl. Mt. zuvor aus unserm anzeigen und iungst aus der antwurt, so wir seyner Mt. reten gegeben, an zweyfel gnugsam vormarkt–c, underteniglich bittend, ksl. Mt. wolle unsers personlichen aussenbleibens nicht misfallen, sunder uns aus den angezeigten vorhynderungen gnediglich entschuldigt haben.

Damit aber ksl. Mt. und des hl. Reichs sachen unsernthalben nicht dorfen vorzogen werden, so hetten wir, Hg. Friderich, hievor unserm oheim und swager von Wirttenberg geschrieben [Nr. 951] und dgewalt geben, was ksl. Mt. und dem hl. Reich vor nutz und gut angesehen und furgenomen wirdet, das sein lieb solchs neben andern stenden von unsern wegen auch willigen soll–d, das er uns also zu tun zugeschrieben [vgl. Nr. 963].

Und [wir haben] nu euch an unser beyder stadt mit gnugsam befelh und gewalt vorordent, neben Kff., Ff. und andern stenden das helfen raten und furnemen, das ksl. Mt. und dem hl. Reich zu ere, nutze und gutem kommen mag. Und was also vor gut angesehen und von den stenden beschlossen word, esol an unserm vormogen und ob wir daruber mehir guts zu tun wüsten–e, ob Got wil, keyn mangel befunden werden, wiewol wir diser zeit in eygner person nicht erscheynen mochten, underteniglich bittend, ksl. Mt. wolle das gnediglich vormerken, uns und unser sachen in gn. befehl haben, auch unser allergnst. H. und Ks. sein und bleiben, als wir undertenigs vorhoffen zu yrer Mt. tragen und underteniglich vordienen wollen.

[2.] fForder sollen die rete werben:–f Allergnst. H., nochdem euir ksl. Mt. unvorborgen, das euir ksl. Mt. unser gnst. H., Hg. Fridrich, nehst zu Nurmberg und zur Neustadt [a. d. Aisch] underteniglich ersucht und gebeten hat, das euir Mt. ym vor sich selbst und anstadt und von wegen unser gn. Hh., H. Johannsen, gseyner Gn. bruder,–g H. Georgen und H. Heinrichen, seyner Gn. vettern, aller Hgg. zu Sachsen, weylent Hg. Wilhelms von Gulich vorlassen Ftt., land und leut, dyeweyl er ane lehenserben mit tode abegangen und yren ftl. Gn. dye von weylent Ks. Friderichen hochloblicher und seliger gedechtnis, yrer Mt. H. und vater, in disem fall gegeben und vorlyhenh und solchs durch euir ksl. Mt. gnediglich confirmirt, bestett und vorneuet, zu lehen gnediglich zu leyhen [Nr. 1143 [1.], [7.]].i Das aber euir ksl. Mt. dazumal bis uf den reichstag ader, wu sich der reichstag vorzug, alsdann uf yrer aller Gn. ansuchen ufgeschoben, mit gn. erbietung, yren ftl. Gn. gn. hülf und fürderung zu beweysen, damit euir Mt. gn. willen yre kftl. und ftl. Gn. spüren mochten etc. [Nr. 1143 [4.], [10.]] jDes sich unser gnst. und gn. Hh. unzweyflich vortrosten. Und ist an euir ksl. Mt. yrer kftl. und ftl. Gn. undertenig bitt, euir ksl. Mt. wolle yr aller kftl. und ftl. Gn. und uns an yrer ftl. Gn. stadt mit angezeigten Ftt., landen und leuten knach laut beschehner gnade und gabe und der gn. vortrostung, dye euir ksl. Mt. yren ftl. Gn. getan, indem, das euir Mt. yren ftl. Gn. gn. hulfe und forderung beweysen wolt,–k zu yrer kftl. und ftl. Gn. gerechtickeit gnediglich belehnen und darbey hanthaben. Das wollen yre kftl. und ftl. Gn. allezeit mit bestem vleyß gneigt sein, underteniglich zu vordienen.–j
[3.] Und ob ksl. Mt. wurd anzeigen, der von Cleve hette seyne geschigkte da, gegen den wolt yr Mt. dye sache vorhoren etc.: lItem unser gnst. und gn. Hh. bedenken ist, das sich dye rete gar keyner disputation ader drangsal gegen ksl. Mt. vornemen lassen, sunder underteniglich suchen, das ksl. Mt. anzeige, was dye gn. hulf und furderung sein soll, dye yre Mt. yren ftl. Gn. beweisen wolle. Und ob gesaget wurde, der von Cleve hette auch gerechtickeit, das sich dye rete vornemen liessen, euir ftl. Gn. hetten des nicht wissen. Wue sich aber der von Cleve des landes von wegen des freuleins2 understünde, wer offenbar, das es im Reich dermassen nicht herkommen. So wer der von Cleve auch keyn erbe und Ks. Friderichs, auch ksl. Mt. in der beschehner begnadung meynung nicht gewest, das eyn freulein das land erben solt, dann dye begnadung stünde daruf, wenn der von Gulich ane mennliche lehenserben abeginge. Was aber euir ftl. Gn. gerechtickeit, were ksl. Mt. unvorpurgen. Daruf euir Gn. ungezweyfelt weren, das land stunde euirn Gn. zu. Und solten dye geschigkten daruf erbeiten, herauszubrengen, was dye Clevischen vor gerechtickeit hetten, und wenn sie des in kunde kommen, euirn ftl. Gn. dann solchs fürderlich zu erkennen geben. Daruf mocht beratslaget und euir ftl. Gn. Hh. und frunde rat gebraucht werden.–l
[4.] Und ob des alten Landgf. [Wilhelm d. Ä. von Hessen] halb anreg bey den geschigkten gescheen würde, sollen sie underteniglich bitten, das ksl. Mt. commissarien vorordnen wolte, uf das dem abschiede, uns, Hg. Friderichen, zu Offenburg derhalb gegeben,3 volge beschee. Darinnen wolten wir unsernthalb keyn mangel sein lassen.m

[5.] nWas auch sunst hendel an dye geschigkten rete gelangen würden, der sollen sie sich entslahen, mit anzeige, das sie zum reichstage, ksl. Mt. und des hl. Reichs obligen und gescheft neben andern stenden an unser stadt zu handeln helfen, abgefertiget weren und daruber nicht weyter befelh hetten.

[6.] Dye geschigkten sollen uns auch unsers personlichen aussenbleybens halben gegen Kff., Ff. und stenden entschuldigen, in massen dye entschuldigung an ksl. Mt. laut mutatis mutandis.–n, o

Anmerkungen

1
 Aus dem Briefwechsel Kf. Friedrichs und Hg. Johanns mit Hg. Georg von Sachsen ergibt sich, daß der Kf. und sein Bruder am 7. April einen ersten Instruktionsentwurf übersandten mit der Bitte um Prüfung (Nr. 1804 [2.]), Hg. Georg diesen am 12. April mit einigen kleinen Änderungen zurückschickte (Nr. 1805 [1.]), woraufhin Kf. Friedrich und Hg. Johann den Entwurf nochmals überarbeiteten und ihn schließlich erneut an Hg. Georg übermittelten mit der Bitte, ihn, falls er keine Einwände mehr habe, ausfertigen zu lassen (Nr. 1806 [1.]). Die endgültige Fassung der Instruktion übersandte Hg. Georg am 18. April an seinen Gesandten Cäsar Pflug (Nr. 1594 [1.]).
a
 Vermerk am Rand: Nota, das dy geschickten ain credenz an ksl. Mt. haben.
b
–b B am Rand von anderer Hand hinzugefügt; C fehlt.
c
–c C und uns, Hg. Georgen, vorhinderung etc., dardurch wir des auf dismals vorhindert weren. Vermerk dazu am Rand: Nota, hie Hg. Jorgen verhinderung zu vormelden etc.
d
–d B am Rand von anderer Hand korrigiert aus: gebeten, uns zu vortreten; C gebeten, uns zu vortreten. Vermerk dazu am Rand: Nota, ain gewalt zu fertigen.
e
–e B von anderer Hand korrigiert aus: daran solt bey uns, sovil uns betreffen wurd und was wir daruber mehir gutes vormogen; C daran solt bey uns, sovil uns betreffen wurd. Folgt ein Einfügungszeichen ohne Text.
f
–f C steht hier ein Einfügungszeichen ohne Text.
g
–g C und.
h
 C Vermerk dazu am Rand: Nota, die verschreibung des anfals den reten mitzugeben.
i
 C Vermerk dazu am Rand: Nota, ksl. Mt. schrift copie mitzunemen.
j
–j C wie dan derselb abschid, den ir ksl. Mt. uns gegeben, laut. Darauf wir euch, ire ksl. Mt. underteniglich zu bitten, bevolhen hetten, das ir ksl. Mt. uns nochmals mit obgedachts Hg. Wilhelms seligen verlassen Ftt., land und leut laut der bescheen gab und begnadung zu unser gerechtigkait gnediglich belehnen wolt. Das wollten umb ir ksl. Mt. wir underteniglich verdienen.
k
–k B von anderer Hand korrigiert aus: creftiger weyse. Vermerk dazu: Nota, das die wort „creftiger weyse“ ausgelassen wurden, dann sie mochten disputation brengen.
l
–l B am Rand von anderer Hand korrigiert aus folgenden, jeweils mit dem Randvermerk Nota, nicht ausgehen zu lassen bzw. Nota, nicht ausgangen versehenen Passagen: Darkegen ist zu sagen, ksl. Mt. habe sich gnediglich erboten, uns gn. hulf und furderung zu beweysen, damit wir yrer Mt. gn. willen spüren mochten. Weyl wir dann keyn anzeige hetten dann die gnade und begnadung, so uns von Ks. Friderich solcher und loblicher gedechtnus getan und wie dyeselbe durch yre ksl. Mt. bestett und verneut were, darauf underteniglich zu bitten, ksl. Mt. wolle sich gnediglich darinne erzeigen, uf das wir dabey bleiben mochten, und dye Clevischen yre vormeynt gerechtickeit vorlegen lassen, damit an tag keme, aus was gerechtickeit sich der von Cleve solchs Ft. anmaße. Alsdann wolden sich dye rete auch weyter unser nottorft vornemen lassen. Wurde darauf begert, anfenglich unser gerechtickeit vorzulegen, darkegen ist furzuwenden, dyeweil offenbar sey, das angezeigte land ksl. Mt. zu vorleyhen zustehen, seyn Mt. uns begnadung daran bekennen, sey billich, das dye Clevischen yre vormeynte gerechtickeit anzeigen. Wurde aber doch ksl. Mt. wollen, das der anfang von uns geschee, das dann dye rete sich erbieten, ksl. Mt. und nicht dem andern teyl unser gerechtickeit vorzulegen, das seyn Mt. vom andern teyle auch dergleychen anneme. Daraus werde an zweyfel seyn Mt. eyns itzlichen teyls gerechtickeit ermessen und sich forder geburlich halden mogen. Wurde aber daraus fließen, das von denselben beyder teyl gerechtickeit ferner solde geredt und gehandelt werden, wu dann dye rete unser gerechtikeit gegen der andern wol gegründt befinden, das sie dann von unsern wegen vorfaren, wu sie aber beschwerung finden, das sie aber fuglicher weyse frist nehmen, forderlich bey uns erholung zu tun. Wurde aber vorgenommen, dye sache zu vorschieben und in austrag zu vorfassen, alsdann sollen dye rete darauf stehen, das sich dye Clevischen bis zu austrag des besitzes eussern, dye land bis zu austrag in sequesterhand gestalt wird und was also zu austrage uf den ader andere wege vorgenomen wird, das sollen dye rete nicht ferner dann bis uf unsern beschließ annemen. C Ob eurer lieb gefallen wolt, das darzu gesagt wurd, ksl. Mt. hette sich gnediglich erboten, uns gn. hilf und furdrung zu beweysen, domit wir irer Mt. gn. willen spuren mochten, weyl wir dan kain anzaige hetten dan dy gabe und begnadung, so uns von Ks. Fridrich seliger und loblicher gedechtnus getan, und wie dieselb durch ksl. Mt. bestett und verneut were, darauf underteniglich zu bitten, ksl. Mt. wolle sich gnediglich darynnen erzaigen, auf das wir dabey bleiben mochten, und die Clevischen ir vermeint gerechtigkeit furlegen lassen, domit an tag kome, aus was gerechtigkait sich der von Cleve solchs Ft. anmasse. Indes mochten uns dy geschickten schreiben, wie die sachen gelegen, und daruf unser bedenken vernemen oder, ob yn was beschwerlichs furfiele, solchs an uns gelangen zu lassen, sich berufen.
2
  Hg.in Maria, Tochter Hg. Wilhelms von Jülich-Berg, Gemahlin Hg. Johanns III. von Kleve.
3
 Vom 9. April 1511. Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 51.
m
 A, B Vermerk dazu, in B von anderer Hand: Nota, den reten dye copie mit zuzuschicken, was ksl. Mt. dem Kf. nehsten geschrieben in der landgrafischen sachen [vgl. Nr. 1143 [6.]]. Werden des Kf. rete mitbrengen. C Vermerk am Rand: Nota, copie ksl. Mt. schrift, derhalb nagst zur Neustat ausgangen.
n
–n C Nachdem euer lieb auch wais, das man vil sachen auf den reichstagen pflegt furzuwenden, ob euer lieb gefallen wolt, das den geschickten reten auch solt bevolhen werden, was sonst vor handlung an sie gelangen wurden, sich der zu entschlaen, mit anzaig, das sie zum reichstag, ksl. Mt. und des hl. Reichs obligen und gescheft neben andern stenden an unser stat zu handeln helfen, abgefertigt weren und daruber nit weytern bevelh hetten. Und, so es euer lieb gefellig, das sy uns, auch unsers personlichen aussenbleybens halb gegen Kff., Ff. und stenden entschuldigen, in massen dy entschuldigung an ksl. Mt. laut mutatis mutandis.
o
 B Vermerk von anderer Hand am Schluß des Stückes: Nota, dye rete sollen bys mitwoch [21.4.12] zu Weymar oder uf dornstag [22.4.12] zu Gottau [= Gotha] sein. C Vermerk von anderer Hand am Schluß des Stückes: Weil wir diese copie uf heut sambt den andern brifen an euer libe alle heut haben fertigen lassen in eyl, so haben wir den dingen nit nodturfiglich nachdenken mogen. Darumb bitten wir freundlich, euer lieb wolle daz alles weyter bewegen.