Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Allgemeine Verhaltensmaßregeln für die Reichstagsverhandlungen in Unkenntnis der dort zu behandelnden Themen, Orientierung an den Belangen des Ks.; [2.] Bitte an diesen um Aufschub für den Lehensempfang sowie um Verlängerung der Erlaubnis zur Ausübung der Blutgerichtsbarkeit; [3.] Ersuchen um ksl. Unterstützung und Vermittlung in seinen Differenzen mit Böhmen; [4.] Bitte in Sachen Leibgeding Sigmunds von Rorbach; [5.] Auftrag zur Beendigung des Konflikts um die Hft. Altenwaldeck; [6.] Drängen auf Bezahlung der alten Schulden des EB von Köln; [7.] Weisung zum Verbleib Peters von Altenhaus am ksl. Hof und zur Heimkehr Dr. von Plieningens.

ohne Ort, [bald nach 4. April 1512]1

München, HStA, KÄA 3137, fol. 199a-200a, Konz. (verfaßt durch Johann Neuhauser; Vermerk fol. 202b: Ausgangen instruction in den hendln, darin begriffen, an die ksl. Mt. und den von Coln etc.).

Druck: Krenner, Landtagshandlungen 18, S. 347-358.

Instruction, wie auf konftigem reichstag zu Trier und daneben bei der röm. ksl. Mt. unser rät von unsren, Hg. Wilhalms, wegen handeln sollen, volgt hienach:

[1.] Erstlich sollen unser rät auf den geschriben gewalt, so sy von uns haben,2 alspald sy zu der ksl. Mt. kummen, sich gegen ir Mt. anpieten, wie sich gebürt, mit sagung unser untertenigen und gehorsamen diensten etc., auch mit unser entschuldigung, das wir euch nit zeitlicher geschickt haben, wie dann du, Pleynigen, das wol ze tun waist und dir H. Paulsen [von Liechtenstein] vertrostung in dem unverporgen ist. Und so unser räte in die versamlung der ständ des Reichs ervordert werden, [sollen sie] alda hinkumen und sich auf das, so der versamlung von wegen der ksl. Mt. furgetragen und an sy begert wirdet, sich schicklich halten und also, das die ksl. Mt. darab nit misfallens enphahe, wie dann H. Dietrich in dem rat bei uns davon hat reden hören und er, auch H. Peter von Altenhaus wol ze tun und nach dem, in begegnet, sich ze halten wissen. Weiter mag inen diser zeit kain gewisse instruction, nachdem uns, Hg. Wilhelmen, verporgen ist, was im reichstag furkumen wirdet, gegeben werden, sondern sy muessen sich selb zum pösten in die handlung richten und von unsern wegen das pöste tun, doch sich der ksl. Mt. zuwider nit merken lassen, dann unser sach also gestalt ist, das wir irer Mt. höher dann ander Ff. verwont sind. Sy sollen sich auch halten laut des gwalts, so sy von uns haben, und uns das nuzist und erlichist handeln, wie wir in vertrauen.

[2.] Fürs ander sollen unser rät neben des Reichs handlungen hohen vleis ankeren, uns bei der ksl. Mt. die nachvolgenden hendl zu erlangen:

Und für den ersten, nachdem ir Mt. uns und dazumal unsern vormündern enpfahung unserer regalien und ftl. lehen durch ir ksl. brief, bis so lang wir achzehen jar volkumenlich erraichen und das regiment unsers Ft. in verwaltung selb annemen, auch enpfahung unserer regalien und angeregter lehen genediglich erstreckt, auch darzu unsern vormundern, vizdomen und amtleyten den pan, über das menschenpluet ze gebrauchen, bis auf dieselb zeit erlaubt hat, alles laut irer ksl. Mt. brief,3 der copeien wir euch, unsern raten, hiemit zu henden stellen. Nu ist von der zeit der erraichung angeregts unsers alters der 18 jar, so sich am dritten tag nach Martini schiristvergangen [14.11.11] angefangen hat, noch nit ain halb jar vergangen und wir bisher in stätem gemuet vor uns gehabt haben, so die ksl. Mt. auf den reichstag gen Augspurg käme, das dann vor gueter zeit geschehen sein solt, und wir durch ir Mt., aldahin ze kummen oder mit irer Mt. daselb einzereiten, beschiden werden, so wolten wir daselb nit underlassen haben, ir Mt. umb verleihung unserer regalien und ftl. lehen unterteniglich ersucht und in ganzer hoffnung daselb die enpfangen haben. Dieweil sich aber das irer ksl. Mt. merklicher gescheft und obligen halber verweilt und ir Mt. den reichstag gen Confluenz oder Trier gelegt und uns persondlich daselbhin nit ervordert, sonder, als wir uns zu irer Mt. vertrösten, unser jugent in ansehung verre des wegs in dem verschont und, das wir unser räte mit gwalt schicken sollen, beschiden hat [vgl. Nr. 940], so haben wir euch zwen, unser räte, zu irer ksl. Mt. mit gwalt, den reichstag zu gewarten, verordent, mit bevelh, das ir von unsern wegen ir ksl. Mt. in aller undertenigkeit piten sollet, das ir ksl. Mt., nachdem wir bisher in solcher enpfahung nit seymig gewesen, sonder aus angeregten erbarn ursachen stillgestanden sind, auch uns ganz ungelegen ist, von solcher enpfahung wegen uns persondlich gen Trier oder an ander ungelegen ort uns ze fuegen, das ir ksl. Mt. uns noch genediglich ain zeit geb und zulass, bis ir Mt. wider herauf in das Reich gen Augspurg oder der ende kum und wir ir Mt. nechner und mit weniger costung in ansehung unser grossen schaden besuechen und enpfahung tun mogen oder uns genediglich vergünen, das wir durch ainen anwald in irer ksl. Mt. camer unser regalien und lehen enpfahen mögen und uns oder euch, unsern räten, der ains genediglich ze wissen tu, auch daz bistim [= die Bestimmung], den pan über des menschen pluet ze gebrauchen, wie bisher und sich gebürt, auch genediglich vergünn, damit das übel gestraft werden möge, und uns des ir ksl. brief ze geben genediglich verschaff. So sind wir willig in alle weg, nit seymig ze sein und gebürliche enpfahung und was darzu gehört, nach irem ksl. rat und willen gehorsamklich ze tun. Und was ir, unser räte, in dem uns erlangt, des gewarten wir von euch glaublicher bericht.

[3.] Furs dritt, so findet ir hiebei ainen behemischen brief, an die ksl. Mt. lautend [liegt nicht vor], so ir das regiment zu Prag auf ir ksl. schreiben, demselben regiment getan [liegt nicht vor], antbort gibt. Den sollet ir seiner Mt. uberantborten. Über solich, auch ir antbort auf unser selb schreiben, uns gegeben [liegt nicht vor], werden wir treflich gewarnet, etlich behemisch Hh. umb den wald [= Böhmerwald], gegen uns sitzend, auch des Kg. [von Böhmen-Ungarn] dorfer, so man die kolendörfer nennet, in derselben art ligend, rüsten sich stark wider uns und seien willens, uns und unser Ft. vorm behemischen wald zu überfallen und iren hochmuet mit uns zu volbringen. Über baide schreiben, so das regiment irer Mt. yetz tuen und uns hievor getan haben, darin sy stillzesten, bis die landtafel weiter in die sach sehe, uns zugeschriben haben und villeicht irer Mt. solche maynung yetz auch zuschreiben, auch über das wir inen solichs irs fürnemens gar kein ursach geben, uns auch zu nachtperlicher zusamenschickung unserer räte und gütlich von den grenzen, darum der span ist, und der wir ye und ye in rülichem gebrauch bisher gewesen sind, handlen ze lassen, mit erpietung, wo der handel gutlich nit hingelegt werden mocht, uns ains austrags mit inen nachperlich zu vertragen, auch unsern räten des bevelh ze geben, auch über den stillstand, so ir Kg. auf unser ersuchen und erpieten, yetz erlaut, inen ze halten schriftlich geschaft hat. Noch dann seien wir über solichs alles gwaltigs überzugs von inen zu gewarten und muessen für und für mit den unsren wol gefast und nit mit weniger rustung und costung gegen in sitzen und irs anfangs gewertig sein, dann wir fur uns selb den gezank nit geren anfahen und damit ursach zu aufrur im Reich geben. Das clagen wir irer ksl. Mt. als unsrem allergnst., lb. H. und vettern, auch als dem, der uns im handel ze raten und gn. schuz mitzetailen und ir selb aygentum, so ir ksl. Mt. als lehnherr ob unsrem Ft. hat, vor den vergweltigern in craft seiner ksl. Mt. und des hl. Reichs landfrids als seinen gehorsamen lehensfursten mit gn. furdrung wol ze retten und aus hoher vernunft solchen überzug zu verhueten wais, mit schuldiger erbietung, das umb ir ksl. Mt. hochs vleiss zu verdienen. Und uns bedeucht nit unguet, ir ksl. Mt. schreiben dem Kg. zu Ungern und Beheym, auch abermals seinem regiment mit beger, stillzehalten und kein aufrur furzenemen etc., wie dann ir Mt. hievor dem regiment geschriben hat, mit dem anhang, ir Mt. welle selb ain gueter mittler sein, damit kainem tail von dem andren unrecht geschehe, wie dann auf die oder ander maynung der ksl. Mt. ze schreiben für guet ansehen wil.

[4.] Weiter bevelhen wir unsren gesandten räten, in disem nachvolgenden handel uns zu verantborten: Nachdem von wegen irer Mt. durch H. Petern Marexi in beisein des langen Rayners auf ain ksl. credenz werbung an uns von weilent H. Sigmunds von Rorbach und seiner gelasner witiben leibdings wegen an uns geschehen ist und wir darauf zu antbort gegeben haben, das wir die ksl. Mt. bei aygner potschaft unser maynung auf solche werbung zu erkennen geben wellen, und ist darauf unser antbort die: Wir haben in weilent des von Rorbachs leben auf ain zeit H. Johannsen von Peren [= von der Leiter] ain instruction an die ksl. Mt. geben, darin im beschluß unser erbieten gestanden ist, das wir im, dem von Rorbach, das kunftig leibting wolten füran bezalen, sover er das verfallen het nachgelassen. Desselben erbietens seien wir noch, also daß wir seiner gelasnen witiben füran ir 100 fl. leibtings järlich geben wolten, doch das sy umb das vergangen weiter kein ansprach zu uns setzet. Darauf sollen auch unser gesandt rät noch beharren, und was ine darauf weiter begegne, sollen sy an uns hinder sich bringen, mit weiter anregung, wo unser erbieten nit gefallen wolt, das wir uns versehen, die witib, nachdem sy als ain weibspild uns zu nutzlichen diensten gar nit oder wenig ze gebrauchen sei, sy solt unser erpieten kunftigs leibtings der 100 fl. rh. zu grossem dank von uns annemen, nachdem doch der Ff. gebrauch nit sei, das den frauen von irer mann dienst wegen leibting sollen geben werden.

[5.] Fürter sollen unser gesandt rät gueten und vleissigen versuech haben, ob der handel, die klain und ringschätz Hft., als man sy nennet, zu Altenwaldeck, bei der ksl. Mt. yetz möcht erledigt werden, sind [= seitdem] das wir inen die handlung, vor unsrem freunt, dem Bf. zu Augspurg, als ksl. commissarien diß handels gehalten und in schrift verfast [liegt nicht vor], mitzefüren bevolhen haben. 4 Deshalben sy, als vil möglich ist, anhalten sollen, der ksl. Mt. maynung und willen darauf zu vernemen, und das wir entlich derhalb in unserer vorfaren landzfurstlichen und alten gebrauch, der uns in gestalt, als sei es des Reichs lehen, durch Hochprand Sandizeller, sein gelasne witiben und irer baider kind vormunden und verwalter ungehorsam an recht erstlich entwendt ist und wir solcher gehorsam noch heut also durch sy entwert sind, wider eingesetzt und dabei gelassen werden, bis so lang solich Hft. mit recht aus unser landesfürstlichen oberkait gebracht wirdet, in ansehung, das vil mer und tapfrer Hftt., in unsrem Ft. ligend, vom Reich zu lehen geen und dannoch nichtsmynder zu unsrem Ft. als des Reichs mereren und ftl. lehen gehörig und uns als landzfursten dienstlich, gehorsam und gewartig sind. Sy werden auch in des Reichs anlegen und dienstparkeiten nit gebraucht, sondern wir selb gebrauchen sy als die unsren in allen des Reichs anlegen und diensten. Also ist es mit Altenwaldeck auch gehalten bis auf weilent Hochprandten Sandizellers widerspennikait, weilent unserm H. und vatern [Hg. Albrecht IV. von Bayern] neulicher zeit erzaigt, als sich dann das und merers in des von Augspurg aufschreiben, als wir genzlich hoffen, wol erfinden wirdet. Welch aufschreiben unser räte also versehen sollen, das es in ksl. canzlei nit verlegt noch uns das verloren werde, dann wir des kain copei haben etc.

[6.] Wir bevelhen euch auch, das ir mit unsrem H. und freunt, dem von Coln, wo der persondlich auf den reichstag käm, oder, wo nit, mit seinen räten und sonderlich mit Conraten von Mospach, ritter und seiner lieb hofmaister, dem jüngst von uns diser sachen halben laut ainer copi hiebei geschriben ist [liegt nicht vor], vleissig rede halten sollet unser noch ausstendigen alten schulden halben, tund in ainer summen 3000 fl., der uns über vil handlung, glaublich zusagen und neu abred, die all ir findet in den schriften und sonderlich in yetz unsers landhofmaisters Wolfen von Ahaym missifen und zetlen seiner handschrift, auch hiebei [liegen nicht vor], noch kain bezalung laut der abreden beschehen. Darum haltet an, als vil möglich ist, das uns bezalung und der jüngsten abred oder abschied genueg geschehe, mit angehengter red, wir künnen unser merklichen notturft nach solcher alter und lang ausstendiger verbriefter und verpenter schuld lenger nit nachsehen noch geraten und wurden geursacht, die pen, in den briefen eingeleibt, auch ze suchen, wiewol wir unserm H. und freunt, den von Cöln, nit geren so hart anziehen noch beleidigen. Aber unser grosse schuld, darin wir aus jüngstgehaltem bairischem krieg noch schwerlich verheft sind, dringt uns so hart, das wir auch ze suchen, wo wir das fueg haben, hoch geursacht werden. Das well uns sein lieb über so langen verzug ausstender schulden nit verargen, dann wo wir in ander weg mögen, seien wir seiner lieb wol genaigt, alzeit ze tun, was ir freuntlich und lieb sei, mit der oder dergleichen maynung, so ir im pösten für euch selb uns zu guet üben sollet.

[7.] In dem allen sollen unser gesandt[en] allen iren möglichen vleis ankeren und in hangendem reichstag die sachen all ausrichten und zu guetem end fueren, sovil in moglich ist. Was aber der sachen bei der ksl. Mt. zu üben sind und im reichstag nit möchten zu guetem end gebracht werden, wil uns an not bedunken, das du, Pleyningen, der ksl. Mt. weiter derhalb nachvolgest, sondern du, Peter vom Altenhaus, solt irer ksl. Mt. anhangen und die sachen, sovil der zu guetem end nit gebracht wären, weiter alles vleiß üben und dahin deins vermogens bringen, wie diser unser bevelh dich lernet, und du, Pleyningen, den nachsten wider zu uns dich fuegen und uns des, so dir und deinem mitgesandten allenthalben begegnet ist, aygentlich berichten. Und ir sollet euch baid für euch selb nach dem, euch begegnen wirdet, in all sach zum pesten uns zu guet richten, dann in alle weg nit moglich ist, euch ze bevelhen, was und wie ir euch in allen sachen halten sollet. Darnach habt euch ze richten und gueten vleis bei euch nit manglen ze lassen, als wir euch in sondren gnaden vertrauen und gegen euch genediglich ze bedenken willens sind.

Anmerkungen

1
 Vgl. die Weisung Hg. Wilhelms an Dr. Johann Neuhauser von diesem Tag, eine Instruktion für die beiden Reichstagsgesandten zu verfassen, Nr. 1668 [1.].
2
 In einer am 21. März 1512 (sontag letare in der vasten) in Landshut ausgestellten Vollmacht erklärte Hg. Wilhelm, er habe aufgrund der Weisung des Ks., seine Gesandten statt auf den geplanten Augsburger Reichstag nunmehr nach Trier oder Koblenz zu schicken, seine beiden Räte, den landhofmaister Wolfgangen von Ahaim zu Wildnau und Dr. Dietrichen von Pleningen zu Eysenhoven und Schabegk, auf solhen tag von unsern wegen zu erscheinen, verordent und geschickt, auch ine unsern ganzen volkomen gwalt und macht gegeben und tun das in craft des briefs, alles dasjen, so ksl. Mt. und dem hl. Reich, auch teyzher nation und gemainer cristenhait laut irs ksl. beschreibens zu nutz und ern und guetem komen sol und mag, sambt und neben den Kff., auch andern Ff. und stenden des hl. Reichs zu ratslagen, besliessen und mithandlen zu helfen, als ob wir selbs in aigner person entgegen wärn. Und was angeregt unser machtpotschaften von unsern wegen auf angeregtem reichstag handlen und beschliessen helfen, das gereden und versprechen wir bei unsern ftl. wirden und worten stät zu halten. München, HStA, KÄA 3138, fol. 111a u. b, Konz. Bald nach Abfassung dieser Vollmacht wurde der ursprünglich als Gesandter vorgesehene Wolf von Aheim durch Peter von Altenhaus ersetzt. Zu Dietrich von Plieningen vgl. Adelmann, Plieningen.
3
 Nachweis des Lehnsindults für Hg. Wilhelm sowie der Erlaubnis für seine Vormünder und Amtleute zum Gebrauch des Blutbanns, jeweils ausgestellt in Kaufbeuren am 15. Mai 1509, bei Heil, Reichstagsakten 10, Nr. 146 Anm. 8.
4
 Zu den Differenzen um die Hft. Altenwaldeck vgl. Nr. 723 Anm. 2.