Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 116r–116v (Konz.); AV fol. 116r: Actum den 7. Julij.

Der durchleuchtig, hochgeborn furst, Hg. Ottheinrich in Beirn etc. ist durch seiner fstl. Gn. verordneten, so angestern von seiner Gn. wegen im reichßrath geseßen, bericht, das von der churfursten und der abwesenden bottschaften wegen angepracht sey, nemblich, dhweil ksl. Mt. vor etlichen tagen an gemaine reichsstend genedigst begert hett, die artikel, darumb diser reichstag ausgeschriben wer, zu beratschlagen, hetten ire kfl. Gn. und der abwesenden bottschaften bedacht, ob gueth wer, a damit verlierung der zeit verhuett wurd–a, das der artikel, wie frid und recht im hl. reich möcht erhalten werden, furhandt genommen und, nachdem zu besorgen, der stritt, so sich zwischen etlich stenden der seßion halb erhielt, möcht an ainhelliger beratschlagung aller stend verhinderung gebern, das di ksl. Mt. underthenigst ersuecht, solh irrung durch ainen entschid hinzelegen oder in ander weg dahin ze richten, das dardurch besorgte verhinderung abgestellt wurd, mit dem anhang, das ire kfl. Gn. und der abwesenden bottschaften in der fursten und stend verner bedenkhen gestellt haben, ob diselben fur ratsamer und peßer achten wollten, ain andern artikel als der beharlichen hilf, pollicei und muntz halb erstlich mit rath zu erwegen.

Solh furhalten, nachdem daßelb [zu] vernerem bedenkhen gezogen, hat sein fstl. Gn. mit vleis erwegen und helt gentzlich dafur, das diser zeit nit wol muglich sei, di weg, dardurch frid und recht im reich mögen erhalten werden, zu finden, es sey dann zuvor der zwispalt in sachen, die religion betreffent, gentzlich hingelegt und zu treglicher vergleichung pracht oder doch zum wenigsten b uff ain khunftig general- oder nacionalconcili oder ein zeit, der man sich vergleichen mocht, dergestalt eingestellt, das ain jeder stand wißen mag, weß er sich zu dem andern mittlerweil versehen soll, angesehen, das solher zwispalt und anders nichs dy recht und ainig hauptursach ist alles mißverstands c und zertrennung–c, so sich bisher zwischen den glidern deß hl. reichs zugetragen, aus dem volgends diser abfall an friden und gleichmeßigen rechten erwachsen ist. Und sehe demnach sein fstl. Gn. uff verpeßerung nit fur unzimblich an, das di ksl. Mt. neben erinnerung erzellter ursachen mit dem underthenigsten ersuecht wurd, sich uff das ehest, als es ir Mt. gelegenhait erleiden möcht, sambt bebstlicher Hlt. legaten der religion halb ainer resolucion zu entschließen und, wo es ir Mt. nit beschwerlich, neben solher resolucion chur- und fursten, auch gemainen stenden etliche weg gnediklich anzezeigen, wie und welhergestalt ir Mt. vermainet, das furhin frid und recht sollt oder möcht bestendiklich erhalten werden, mit dem underthenigsten erbieten, das alsdann chur- und fursten, auch gemaine stend sich wollten aller gebur undertheniklich befleißen und erzaigen.

Daneben will aber seinen fstl. Gn. nit mißfallen, das ir Mt. auch der [irrung] halb, so sich von der seßion wegen zwischen etlichen stenden erhalten, undertheniklich ersuecht werd, derselben uff das furderlichst abzehelfen. [Wan] solhs nit gescheh, wurden solh irrungen an beschließlicher d beratschlagung und–d handlung diser und anderer artikhel, so dem reich beschwerlich obligen, e darzue auch der eilenden hilf halb, die gleichwol sein fstl. Gn. fur ir person ze laisten urbitig ist–e, nit kleine verhinderung gebern. Wan nun bede obgemelte puncten verricht und erlediget sein, [helt] sein fstl. Gn. gentzlich dafur, es möchten di andern artikel aus dem, so zu vorgehaltnen reichstegen f retlich bedacht und–f beratschlagt ist, g durch ainen ausschuß, deß man sich alsdann zu vergleichen hett–g, leichtlich h on sonder langen verzug–h zu guetem endt abgehandelt werden2.

Anmerkungen

1
 Offenbar plante Pfgf. Ottheinrich im Vorfeld des Reichstages, sich mit Kf. Ludwig von der Pfalz auf eine gemeinsame Strategie zu verständigen. Vgl. Memorial für Verhandlungen Pfgf. Ottheinrichs mit Kf. Ludwig von der Pfalz, o. Ort, o. Datum, München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 11r–12r (Reinschr.): Verzaichnus, was der durchleuchtig furst, Hg. Otthainrich in nidern und obern Bairn etc., des konftigen reichstags halben mit dem durchleuchtigisten Pfgf. Ludwigen Kf. etc. handln möcht. Wann sich ungeverlich begäb, das bede ir kfl. und fstl. Gn. des konftigen reichstags miteinander zu red wurden, möcht hochgedachter furst, Hg. Otthainrich, anzaigen, sein fstl. Gn. bedechte, das derselb furnemlich kgl. Mt. zu guetem darumb furgenommen wer, ob villeicht ir Mt. ain ansehenliche und erspriesliche reichshilf, in Ungern die cron zu erobern, aufbringen möchte. Nun besorgte aber sein Gn., dieselb wurde bey den stenden kainswegs zu erlangen sein, es were dann hievor der zwispalt unsers heiligen glaubens zu christlicher und treglicher ainigkait gebracht, damit ain yeder standt wisst, das er sich gegen dem andern nichts args noch anders dann alles gueten und nachberlichen willens hette zu getrösten. Sollte nun ain solhe vergleichung nit mögen gefunden und dardurch die reichshilf ksl. oder kgl. Mt. abgeslagen werden, wer zu besorgen, ire Mtt. wurden sich villeicht, was beswerlichs im reich furzenemen, understeen, dardurch noch merere zerruttung, unainigkait und widerwill zwischen den stenden erwegkt wurd, daraus beslieslich anderst nichts dann ain endtlichs und gewis verderben gantzer teutscher nation zu gewarten. Solhen unrat zu furkommen, hette sein Gn. im besten auf sein, des churfursten, verner erwegen und verbessern bedacht, es möcht nit unratsam sein, das sich bede ire kfl. und fstl. Gn. sambt andern fursten, von der Pfaltz und dem haus Bairn geborn, hetten vertreulich zusammengethan und ksl. oder kgl. Mt. konftige furtreg oder furnemen samentlich beratslagt, sich auch darauf ydesmals ainer ainhelligen maynung entslossen, deß versehens, wes sich ire kfl. und fstl. Gn. also entsliessen, das wurde durchaus in dem gantzen reichsrat oder doch zum wenigisten mit den merern verhoffenlich zu erhalten und dardurch nit allain ain gemains verderben teutscher nation, sonder auch entziehung der chur und wal ains romischen kaysers, wo sich der wolt understanden werden, auch aller unrat, nachtail und schad, der villeicht wider die Pfaltz und das haus Bairn oder in ander weg furgenomen und practicirt werden möchte, verhuet bleiben. Und ob gar nichts beswerlichs furbracht, practicirt oder furgenomen, sonder durchaus dasjhenig begert und ze handln furgenommen, das leidelich und dem gantzen reich teutscher nation, auch desselben stenden furtreglich und eerlich sein wurd, so möcht dannoch durch ain solh ainhellig stimm von der Pfaltz und dem haus Bairn nit ain geringere gnad und dangkberkait bey ksl. und kgl. Mt., auch bey allen andern stenden ain merers ansehen zu erlangen sein. Dann sein fstl. Gn. bedecht, was hochgedachter Pfgf. Ludwig im churfurstenrat auf ain ydes furhalten fur guet achten, das wurde zum wenigisten bey den reinischen churfursten ain volg haben, also auch was im furstenrat von Hg. Friderichen, den herrn von Bairn, sein, Hg. Otthainrichen, und dero brudern fur ratsam angesehen, das sollte auch zum wenigisten von den anstössenden bischofen als Saltzburg, Freysing, Eystet, Passaw, Regenspurg, Augspurg und andern nit gewaigert werden. Das alles het sein Gn., im besten und vertreulicher, vetterlicher wolmaynung sein kfl. Gn. auf dero verbessern anzezaigen, nit underlassen wellen und bet darauf fruntlichs fleis, sein kfl. Gn. wollte disem bedengken mit vleis nachtrachten und ir guetachten darauf zu irer gelegenhait eröffnen etc.
a
–a Nachgetr.
b
–b Nachgetr.
c
–c Nachgetr.
d
–d Nachgetr.
e
–e Nachgetr.
f
–f Nachgetr.
g
–g Nachgetr.
h
–h Nachgetr.
2
 Vgl. auch die Aufzeichnung Pfgf. Ottheinrichs von Pfalz-Neuburg zur Religionsfrage, 1541 Ende Juni, A) München HStA, Kasten blau 271/1, fol. 79r–79v (Kop.); DV fol. 79v: Actum den letsten Junij 41. B) koll. München HStA; Kasten blau 271/1, fol. 80r–80v ((Kop.); DV fol. 80v: Actum tag Regensburg, den 27. Juni anno 41: Dieweil in der religionsach bisher im reichsrat wenig gehandlt und die substantz ains yden artigkls noch nit referirt noch in die teutsch sprach gebracht worden, ist des durchleuchtigen fursten, meins genedigen herrn Hg. Otthainrichs, unvermeidenliche notdurft der seln seligkait, ewigs leben und dabey ewige verdamnus zu bedengken und darumb ander mer verstendig hirin zu hörn und unerfarn nit zu eiln. Aber wie dem, so durch die stend dem evangelio gemäs was beslossen, die mißbreuch und, was demselben zuwider, abgethan und in besserung gestellt, wurde sein Gn. zur volg nit allain berait, sonder ungespart leibs und vermugens, darzu zu furdern, genaigt. Und zu sleiniger volfuerung diser hochwichtigen sachen bedengkt sein fstl. Gn. guet sein, das ain ausschus gemacht und benanntlich die Bff. Speir, Costnitz und Augspurg, auch von der weltlichen fursten wegen drey gelert rete darzu verordent, dergestalt, das sy auf ain yeden articl den stenden ir gutbedungken lauter und underschidlich anzaigen, der zuversicht, es sollen dardurch der merer tail derselben articl zu christenlicher erörterung gebracht und die unentschiden zum wenigsten zu fridlichem anstand und weiterer handlung eingestellt werden. – Vgl. außerdem Karl V. an Pfgf. Ottheinrich, Regensburg, 1541 Juni 8, HHStA Wien Staatenabt. Palatina 1 a, fol. 180r–182r (Konz.): Kraft einer entsprechenden schriftlichen Weisung hat er als oberster Schutzherr der Klöster und Gotteshäuser im Reich die in dessen Herrschaftsgebiet gelegenen Klöster und Gotteshäuser samt ihren Leuten und Gütern dem Schutz Ottheinrichs als Erbkastenvogt befohlen. Befiehlt ihm unter Androhung unser und des reichs schweren ungnad und straff, die genannten Klöster bei ihren Leuten, Gütern, Freiheiten, Rechten, Gerechtigkeiten, Klosterordnungen und Gottesdiensten zu handhaben, ihnen nichts zu entziehen und sie nicht zu beschweren oder zu beleidigen. Datum Regenspurg am 13. tag Junij anno 41.