Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Marburg StA, PA 576, fol. 78r–84r (Reinkonz.); ÜS fol. 78r: Articul, zum eusserlichen frieden dienlich.
Erstlich solten die articul, so alhie itzo durch ksl. Mt. und andere Kff., Ff. und stende verglichen werden mochten, fur verglichen gehalten werden.
Und auf das dieselbige vergleichunge auch creftiglich in das werck bracht werden mocht, so solte ir ksl. Mt. die reformation des geistlichen standts in allen gliddern aufs allerforderlichts [sic!] nach irem besten vermugen und nach ausweisung der heiligen schrift und dero gleichstimmenden alten canones a –furnemen und– ausfuren, dann one dieselbige kann oder magk disse vorgenommene vergleichunge nicht bescheen oder auch ervolgen in keinen wegk.
Aberb der uberigen articul halben, so unverglichen plieben, solt es ein ide obrigkeit in iren gepiethen halten, wie sie meinte, das c –es der heiligen schrift gemes und– sie solchs gegen Got verantworthen möchte, und kein reichstand den andern reichstandt, er were geistlich oder weltlich, mitlerzeit disses fridens anfechten, wie er es mit ceremonien, kirchenordnungen, d –administration der kirchen- und– cloistergutern und derogleichen dingen in seinem gebiete hielte und mit dissen worten der nurmbergisch fridstand erclert werden.
Und domit sich mit solchen obgemelten guttern, so zu kirchen und cloistern gehoren, weither irrunge nicht begeben mugen, so solten die geistlichen underthanen oder einwoner under einer yden oberkeit sich halten noch der ordnung e –derselbigen oberkeit–, darunter ader darin sie begriffen seinf.
Hinwider solte auch die obrigkeit, es seien fursten, graven, herrn, edlen, stedt oder, was namen di hetten, die cloister, stieft, andere geistlichen underthanen ader verwanten, so nit seelsorg und ministeria der kirchen furnemlich tragen und doch der religion, g –in derselbigen oberkeit– ublich, sich gleichmessig hielten, nicht tringen austzutzihen, sonder sie bei irerh hab und gut pleiben lasseni, doch also, das die predigen, schulen und kirchendinste, so inen zu bestellen geburten, noch gestalt der religion, so j –in derselbigen oberkeit– ist, von dem einkhommen einer iden pfar oder lehens oder, wo das mangelte, von andern k –iren geistlichen guttern–und einkommen des orts noturftiglich bestelt werden. Also geburen auch solchen stiften, clostern oder gotsheusern etc. versehungl der incorporirten oder habenden pfarren, da man die guter, doryn von alter gehorig, nicht weis, dweil di teglichen adcedentia gefallen sein.
Und domit der kirchen und cloister ader dergleichen gudter halben, so zu geistlichem stand verordnet sein, zwischen den reichstenden under sich nit weither irrunge entstheen und di alten ausgeleschet werden, so solte einem iden stift, prelatur, cloister, spital, gotshauß und kirchen zins, renthe, gudter, in andern landen, gepiethen oder oberkeit gelegen und fellig, in sein stift, cloister, prelatur oder haus gutlich, unweigerlich volgen und von dem andern stande oder oberkeit dazu treulich geholfen werden, unangesehen, was religion solch stift, prelatur, cloister, spitall, haus oder kirche were.
Im fall aber da ein stieft, prelatur, cloister, spietall, hauß ader kirche zinse, gult, gutter, herlicheit ader oberkeit, nutzung ader gefelle in ainem andern lande hette, darin di andere religion ublich were, und im selbigen lande pfarren, seelsorge, kirchendinste und dergleichen sachen von alters oder langer zeit her zu bestellen gehabt oder incorporirt hette, so solten gleichwoll durch di obbemelten stieft, prelatur, cloister, spitall, haus oder kirche dieselbigen kirchendienst, ceremonien, predig, seelsorge und andere dinst bestellet und versehen werden noch der form und weise, die im selbigen lande, da di zins und gulte gefallen und die guter gelegen sein, ublich. Doch sollen auch dieselbigen auswendigen stifte, prelatur, closter, spitall, haus oder kirche andere oder mer ministeria ausserhalb dero, die inen von alter oder langer zeit geburt haben zu bestellen oder incorporirt gewesen weren, nicht getrungen sein. Und domit solche versehunge und bestellunge so vill bequemer bescheen muge, so solten hinfuro von pfarren oder kirchen, auf beiden seiten gehorig, kain absentz genommen werden.
Und als sich in den freien reichs- und denen stetten, so ire aygne jurisdiction und obrigkeit und den furstlichen oder geistlichen obrigkeiten dermassen, das sie mit inen zu schaffen und zu gepieten haben, nicht underworfen sein, umb di bestellunge der kirchendinste, von kirchen- ader geistlichen gutern, zinsen und gulten zu underhalten, auch umb das unordentlich leben der geistlichen personen, dartzu umb ceremonien und kirchenubunge allerlei irrunge zugetragen haben, so sol es hinfuro, aldiewil und solange die obgemelte reformation ins werck nicht pracht wirdet, also gehalten werden, das die stifte, prelatur, cloister und gotsheuser, so den stedten nicht an [= ohne] mittel, sondern dem reich oder andern fursten und herrn underworfen sein, sich mit den ceremonien, gesengen und kirchenpreuchen den stedten, darin sie wonen, umb vermeidung willen zweierlei gotsdinst, der sich beieinander nicht dulden magk, auch zancks und unwillens gleichmessig halten. Ob auch hiebevor dieselbigen stift, prelatur, cloister, gotsheuser, kirchen etc. pfarren, ministeria, schulen und dergleichen kirchenempter oder -dienst in irer bestellunge und versehunge gehabt hetten, dieselbigen sollen sie hinfuro mit der underhaltung versehen und bestellen und des iren so vill dortzu volgen lassen, domit solchs bequemlich muge gescheen, doch das albeg die religion an den orten gleichmessig gehalten werde. Das uberig aber mugen dieselbigen stift, prelatur, gotsheuser, kirchen etc. nach irer noturft m –christlich und den alten canonibus gemes– gebrauchenn.
Welche stedte aber mit solchen stieften verstand oder vertrege der ceremonien oder anders halben gemacht hetten ader nochmals mit gutem willen machen wurdeno, dieselbigen sollen biß zu weither reformation und vergleichunge p –dabei pleyben und das sich soliche geistliche mitlerweil eines erbarn, unergerlichen lebens halten–.
Aber andere understiefte, cloister und dergleichen gotsheuser, so den stedten in burgrechten, schirm, pflege oder verwaltung oder zeitlichen dingen underworfen gewesen sein, dieselbigen sollen in versehunge und verordnunge gemelter stedte inmassen wie andere cloister und kirchen under andern fursten, herrn q –und oberkeyten– pleiben.
In gleichnus2 sollen die weltlichen chur- und fursten, graven, hern, stetr und stende in iren landen erleddigte kirchen- und cloistergutter s –zu underhaltung und aufrichtigung– hospitalia, universiteten, ministerien der kirchen, schulen, t –milten und andern gemeinnutzigen sachen verwenden, damit– die dinge alle christlichu, ehrlich, zemlich und noturftiglich versehen seien und werden, v –doch unbegeben dero zeitlichen dinstparkeit und gerechtigkeit, so di oberkeit des orts von alter daran gehabt hat–.
Und ob sich dan zutruge, das cloister oder stieft, wie die geheissen werden, in solchen oberkeitenw gelegen, dero sich fursten oder bischoff x –des zeitlichen dominii halben in des andern oberkeyt– underzihen wolten und also darumby, wem das zustunde, irrunge wehren, so sol es gleichwolz mit der religion inmassen, wie obgemelt, gehalten werdenaa.
Es sollen auch die ordens- ab –und andere geistliche mans- und weibspersonen–, so sich in ehlichen standt begeben haben oder auß dem orden gegangen sein, deshalben an iren vetterlichen, mutterlichen oder eigen erkauften oder andern guttern nicht beschwert ader betrangt werden, mit oder an [= ohne] recht, in keine weise, desgleichen auch iren kyndern vetterliche und mutterliche und ander erbschaft und proper, eigen guter nicht entzogen werden, ac –sonder sollen als andre eheliche kinder ehrlich und aller wolthat der rechten vehig sein, doch vorbehalten gescheener vertzigk–, dartzu die exception gegen disses teils stenden, als ob sie excommunicati, heretici oder dergleichen abtrunnige sein sollen, in einigem gerichte nicht furgeworfen mogen werden.
Und demnach so solte am camergericht oder andern gerichten, hoch oder niderig, kein proces in obgemelten und dergleichen sachen umb entsetzung willen geistlicher guter von wegen der religion, als obgemelt, gescheen oder zugelassen werden, gleich so wenig umb abstellunge willen ceremonien und kirchenbreuchen furgefaren noch von neuem proces gestattetad werden, ausgescheiden, da ein reichsstandt clagte, das seine cloister, stiefte oder underthanen, in seinem lande ae –gelegen und gesessen–, vom andern reichstande wider disse articul in desselbigen oberkeit mit der that an zeitlichen landen, leuthen oder andern gudtern beschwert ader vergewaltigt wurden, so sie die kirchendienste und ministeria am selbigen ort inmassen, wie obgemelt, rechtschaffen bestellet hetten, und anders nicht.
af –Nachdem das itzig cammergericht diesem teil zum hochsten argwenig und durch di beschene, notturftig recusation mer erhitzt worden ist, also daß auch dieser teil in schlechten, zeitlichen sachen sich ires erkenthnus zum hochsten beschwert, so muste dasselb reformirt und mit unverdechtigen personen besetzt werden–, die ordnunge zu Auspurgk und Regenspurgk, auch di besondern eid und plicht [sic!], ag –daselbst gemacht, sovil di religion belangt–, abgethann und die personen, unangesehen, ah –wilchs teils religion– di seien, so erbar, frum und gelert weren, on underschied angenommen, ai –auch die personen, von den churfursten und gezirgken verordent, dermassen, wie bisher gescheen, der religion halben nicht verworfen– werdenaj.
Und demnach so müsten die achte ak –und processen–, wider diese stend ergangen, aufgehoben und abgethan sein und die clagen und sachen, darumb der zanck gewesen ist, nach herin gemelter form und maß gerichtet werden.
Desgleichen solt und must die goslarische acht al –aus furbrachten ursachen in der supplication, der ksl. Mt. zuvor und auch alhie uberanthwortet–, nicht allein suspendirt pleiben, sonder gentzlich aufgehoben werden und di sachen zwischen den partheien dem kunftigen reformirten chammergericht von neuenam gnugsamlich zu verhorenan, zu revidirn und judiciren bevolhen werdenao.
Disser fried soll also steen fur und fur ewiglich bis zu volkomner vergleichunge der religionsachen, dardurch andas [= ohnedies] gemeiner frid und recht gewirkt wirdet.
Und domit die wurzel diesses misverstant ausgereuttet werde, so ap –mochte ire ksl. Mt. ye tzu zeiten uber wenig jar– einen synodum in teutscher nation von wegen der irrigen puncten aq –in der religion– halten und understehen lassen, dieselbigen zu vergleichen, doch das zuvor die obgemelte christliche reformation des geistlichen standts nach der gotlichen schrift und den alten, gleichmessigen canonibus vorgehe, dan one das kann oder mag ire Mt. zu solcher christlichen vergleichung der unverglichnen uberigen articuln nicht kommen, auß vielen ursachen und besorgnussen, so in disser grossen sachen fursteen.