Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Berlin GStAPK, I. HA Rep. 10 Nr. B 2 Fasz. B, fol. 5r–10r (Kop.); AS fol. 5r: Artickel, zum eusserlichen friden bedacht, actum in Regenspurg 1. Junij anno etc. 41; ÜS fol. 6: Artickel, zum eusserlichen friden dinlich.

B  koll. Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 348r–353v (Kop.); DV fol. 353v: Artickel, warauf ein eusserlicher frid zu richten. 1541. Die uberschickte copei ist durch meinen gnedigen herrn zu Anhalt und die andern herrn rethe bedacht, alhie zu behalten und diese gegen derselbigen collationirte copei meinem gnedigen hern wider zuzuschicken.

Erstlich solten die artickel, so alhie itzo durch ksl. Mt. und andre Kff., Ff. und stende verglichen werden mochten, fur verglichen gehalten werden.

Und auf das dieselbige vergleichunge auch creftiglich in das werck bracht werden moge, so solte ir ksl. Mt. die reformation des geistlichen standts in allen gliddern aufs allerforderlichts [sic!] noch irem besten vermugen furnemen und noch ausweisung der hailigen schrift und dero gleichstimmenden alten canones zu grundt ausfuren, dann one dieselbige kann oder mag diese furgenomne vergleichunge nicht bestehen oder auch ervolgen in keinen weg.

Der uberigen artickel halben, so unverglichen pliben, solt es ein ide obrigkeit in iren gepiethen halten, wie sie meinte, das sie solchs gegen Got verantworten mochte, und kein reichstand den andern reichstand, es wer geistlich oder weltlich, mitlerzeit diesses fridens anfechten, wie er es mit ceremonien, kirchenordnungen, kirchengutern, cloistergutern und dergleichen dingen in seinem gepiete hielte und mit dissen worten der nurmbergisch fridstand erclert werden. Und domit sich mit solchen obgemelten gutern, so zu kirchen und cloistern gehoren, weyther irrunge nicht begeben mugen, so solten die geistlichen underthanen oder einwoner under einen jeden oberkeit sich halten noch der ordnung des landts oder stadt, darunter oder darin sie begriffen sein, dann on das mochte solcher frid auch nicht bestehen. Wo er aber solchs nicht thun wolte, der oberkeit oder stadt unbenommen sein, mit solchen kirchen- oder cloistergutern bestellung noch irem gewissen und noch irer ordnung der religion zu machen.

Hinwider solte auch die obrigkeit, es seien fursten, graven, herrn, edlen, stedt oder, was namen die hetten, die cloister, stift, andere geistlichen underthanen oder verwanten, so nit seelsorg und ministeria der kirchen furnemlich tragen und doch der religion, im land oder stedt ublich, sich gleichmessig hielten, nicht dringen austzuzihen, sonder sie bey yrem standt, hab und guet pleiben lassen, es geschee dann mit gutem willen, doch also, das die predigen, schulen und kirchendinst, so inen zu bestellen geburt, noch gestalt der religionn, so im land oder stadt ist, von dem einkhommen einer yden pfar oder lehens oder, wo das mangelte, von andern des geistlichen standts gutern und einkhommen des orts noturftiglich bestelt werden. Also geburen auch solchen stiften, cloistern oder gotsheusern etc. bestellung der incorporirten oder habenden pfarren, da man die guter, darzu von alter gehorig, nicht weis, dweil die teglichen accedentia gefallen sein.

Und domit der kirchen und cloister oder dergleichen gutter halben, so zu geistlichem stand verordnet sein, zwischen den reichstenden unter sich nit weither irrunge entstheen und die alten ausgeleschet werden, so solte einem iden stift, prelatur, cloister, spital, gotshaus und kirchen zins, renthe, gutter, in andern landen, gepieten oder oberkeit gelegen und fellig, in sein stift, cloister, prelatur oder haus gutlich, unweigerlich volgen und von dem andern stande oder oberkeit dartzu treulich geholfen werden, unangesehen, was religion solch stift, prelatur, cloister, spittal, haus oder kirch were.

Im fhall aber, da ein stift, prelatur, cloister, spietal, haus oder kirche zinse, gult, gutter, herlicheit oder oberkeit, nutzung oder gefelle in einem andern lande hette, darin die andere religion ublich were, und im selbigen land pfarren, seelsorge, kirchendinste und dergleichen sachen von alters oder lange tzeit her tzu bestellen gehabt oder incorporirt hette, so solten gleichwoll durch die obbemelten stieft, prelatur, cloister, spital, haus oder kirchen dieselbigen kirchendinst, ceremonien, predig, selsorge und andere dinst bestellet und versehen werden noch der form und wais, die im selbigen land, do die zins und gulte gefallen und die gutter gelegen sein, ublich. Doch sollen auch dieselbigen auswendigen stiefte, prelatur, cloister, spital, haus oder kirchen andere oder mer ministeria ausserhalb dero, die inen von alter oder lange zeit gepurt haben zu bestellen oder incorporirt gewesen weren, nicht getrungen sein. Und domit solche versehung und bestellunge so vill bequemer bescheen muge, so solten hinfuro von pfarren, der kirchen auf beiden seiten gehorig, kein absenz genumen werden.

Und als sich in den freien reichs- und denen stetten, so ir aigne jurisdiction und obrigkait und den furstlichen oder geistlichen oberkaiten dermassen, das sie mit inen tzu schaffen und zu gepieten haben, nicht underworfen sein, umb di bestellunge der kirchendinst von kirchen- oder geistlichen gutern, zinsen und gulden zu underhalten, auch umb das unordentlich leben der gaistlichen personen, daryna umb ceremonien und kirchenubung allerlei irrunge zugetragen haben, so soll es hinfuro aldieweil und solange die obgemelte reformation ins werck nicht pracht wirdet, also gehalten werden, das die stiefte, prelatur, cloister und gotsheuser, so den steten nicht an mittel, sondern dem reich oder andern fursten und hern underworfen sein, sich mit den ceremonien, gesengen und kirchenpreuchen den steten, darin sie wonen, umb vermeidung willen zweierlei gottsdinst, der sich beiainander nicht dulden mag, auch zancks und unwillens gleichmessig halten. Ob auch hiebevor dieselbigen stift, prelatur, cloister, gotsheuser, kirchen etc. pfarren, ministeria, schulen und dergleichen kirchenempter oder -dinst in irer bestellunge und versehunge gehabt hetten, dieselbigen sollen sie hinfuro mit der un[t]erhaltung versehen und bestellen und des iren so vill dartzu folgen lassen, domit solchs bequemlich muge gescheen, doch das albege die religion an den ortern gleichmessig gehalten wirde. Das ubrig aber mugen dieselbigen stift, prelaturn, gotsheuser, kirchen etc. noch irer noturft geprauchen, unverhindert derselbigen stedte.

Welche stette aber mit solchen iren stieften verstand oder vertrege der ceremonien oder anders halben gemacht hetten oder nochmals mit gutem willen machen wurden oder di andern ceremonien bisher in solchen hohen stiften geduldet hetten, dieselbigen stet sollen die bis zu weiter reformation und vergleichung gedulden. Doch sovill das untzuchtig leben der geistlichen antrifft, obb darin mangel erfunden wurde, das solchs steen solt zu underricht und zimlicher straff derselben stedt. Im fhall aber, do es die geistliche oberkeit vertzuge und nicht thun wurde, angesehen, das di jurisdiction in solchen stedten inen, den steten, zustheet. Aber andere understiften, cloister und dergleichen gotsheuser, so den steten in burgrechte, schirm, pflege oder verwaltung oder zeitlichen dingen underworfen gewesen sein, dieselbigen sollen in versehung und verordnunge gemelter stete inmassen wie andere cloister und kirchen under ander fursten und hern pleiben.

Ingleichnus sollen die weltlichen chur- und fursten, graven hern und stende in iren landen erledigten kirchen- und cloistergutter nach irem gewissen verwalten und davon hospitalia, universiteten, ministeria der kirchen, schulen- und kirchendiener underhalten und darauf ye so vill wenden, domit die dinge alle ehrlich, zemlich und noturftiglich versehen seien und werden.

Und ob sich dann zutruge, das cloister oder stieft, wie die geheissen werden, in solchen steten oder iren bendenc gelegen, deren sich fursten oder bischoff underzihen wolten und also umb das zeitlich dominium, wem das zustunde, irrunge wehren, so soll es mit der religion inmassen, wie obgemelt, gehalten werden. Aber umb die zeitliche versehunge derselbigen cloister oder stieft, an welchen ort di gehorten, sollen die irrunge bis zu einer volkhommen reformation suspendirt werden. Oder do solichs durch die partheien bequemlich nicht gescheen mochte, alsdenn commissarien darzu verordent werden, welche die sachen horten und disser ordnung gemes hinzulegen understunden oder weither suspendirten, inmassen obgemelt ist.

Es sollen auch die ordenspersonen beiderlei geschlecht, so sich in ehlichen stand begeben haben oder auß dem orden gegangen sein, derhalben an iren vetterlichen, mutterlichen oder propern, eigen erkauften oder andern guttern nicht beschwert oder betrangt werden, mit oder an [= ohne] recht, in keine weiße, desgleichen auch iren kindern vetterliche und mutterliche und ander erbschaft und proper, eigen guter nicht enzogen werden oder, das ein iglich oberkeit macht hett, noch gelegenheit der lande ordnung zu machen, was sie haben solten, darzu die exception gegen disses thails stenden, das sie excommunicati, heretici oder dergleichen abtrunnige sein, in einigem gerichte nicht furgeworfen mogen werden.

Und demnoch so solte am camergericht oder andern gerichten, hoich oder nidderich, kein proceß in obgemelten und dergleichen sachen umbd entsetzung willen geistlicher guter von wegen der religion, als obgemelt, gescheen oder zugelassen werden, gleich so wenig umb abstellunge willen ceremonien und kirchenbreuch furgefarn noch von neuem proceß zugelassen werden, außgescheiden, do ein reichstand clagte, das seine cloister, stiefte oder underthanen, in seinem lande gesessen, vom andern reichstande wider disse artickel in desselbigen oberkeit mit der thoit [= Tat] an zeitlichen landen, leuthen oder andern guttern beschwert oder vorgewaltigt wurden, so sie die kirchendinst und ministeria am selbigen ort inmassen, wie obgemelt, rechtschaffen bestellet hetten, und anders nicht.

Und domit solchs alles also fridlich gehalten mug werden, so muste disses camergericht, weil es ganz parteisch, gar verurlaubt, die ordnung, zu Augspurg und Regenspurg vormals gemacht, auch di besondern eid und pflicht abgethann und andere personen, unangesehen, was glaubens die seien, di erbar, frum und gelert weren, an underschied angenommen werden, dan disse personen des cammergerichts, so itzo daran, sein den protestirenden stenden dermassen verdechtig, das sie auch in schlegten [sic!], zeitlichen sachen ire erkentnus keinswegs erleiden mugen.

Und demnach so musten die ergangen achte wider die stat Myndenn gefallen sein und abgethoin und die clagen und sachen, darumb der zanck gewesen ist, noch disser form und maß gerichtet werden.

Desgleichen solt und must die goslarische acht nicht allein suspendirt pleiben, sonder gantzlich aufgehaben werden und di sachen zwischen den partheien dem kunftigen, reformirten camergericht, von neuem in noturftigen puncten gnugsamlich zu verhoren und dermassen zu revidirn und judicirn, bevolhen werden, das eins thails clagen mit des andern theils forderunge in causis fractae pacis noch vermuge der rechten zu gleichen ausgefurt werden, doch also, das die von Goslar an irem rechten und gerechtigkeit des possessorii halber, vormals erlangt, und, was dem anhangt, unverletzt, sonder inen frey seye, desselbigen zu irer noturft des rechten beide in causis fractae pacis und auch in petitorio zu geprauchen, in allermaß solchs di rechte zulassen und recht ist. Das auch di von Goslar in irem beses [= Besitz] an bergwerck, huttenwerck, furkauf, holzern und andern iren besessnen gutern ruhig pleiben mogen biß zu austrag der sachen.

Disser frid soll also steen fur und fur ewiglich bis zu volkhomner vergleichunge der religionsachen, dordurch andas [= ohnedies] gemeiner frid und recht gewirkt wirdet.

Und domit die wurzel disses misverstandts ausgereuttet werde, so solt ir ksl. Mt. alle jar einen synodum in teutscher nation von wegen der irrigen puncten halten und understheen lassen, dieselbigen zu vergleichen, doch das tzuvor die obgemelte christliche reformation des geistlichen standts noch der gotlichen schrift und den alten, gleichmessigen canonibus vorgehe. Dan on das kann oder mag ir Mt. zu solcher christlichen vergleichung der unverglichnen uberigen articuln nicht kommen, auß vielen ursachen und besorgnussen, so in disser grossene sachen fursteen.

Anmerkungen

a
 In B: darzu.
b
 Nach B korr. aus: oder.
c
 In B: peennen.
d
 In B: und.
e
 Fehlt in B.