Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Kop.); AS v. a. Hd.: De abusibus reformandis a protestantibus praes[entatum], 14. Juli 1541.

B  koll. Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 3 (Kop.); DV: Verzaichnus der mißbreuch, auch der reformation des geistlichen und weltlichen standes, röm. ksl. Mt. uff disem reichstag zu Reggenspurg ubergeben, durch Martinum Bucerum gestellt.

C  koll. Konstanz StadtA, G 19 (Reformationsakten), fol. 189r–201v (Kop.); AS v. d. Hd. Konrad Zwicks fol. 189r: Antwurt der protestierenden uff die mißbruch und reformation.

D  koll. Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20 III, fol. 532r–543v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 543v: Reformation der misbreuch, in die kirchen eingerissen, ubergeben der ksl. Mt. durch die protestirenden, 13. Iulij.

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 213 , S. 630–643 2; Augustijn, Martin Bucers Deutsche Schriften, Bd. 9,2, S. 59–99 3; Walch, Bd. 17, Nr. 1384, Sp. 707–719.

Nachdem auch euer ksl. Mt. etc. verner gnediglichst begert, das Kff., Ff. und stendt ir räthlich bedencken auch underthenigst anzaigen wöllen, wellichermassen weg furzunemen, damit die beschwerlichen mißbreuch, so allenthalben im gaistlichen und weltlichen stand eingerissen, widerumb abgestellet und in ain christlich reformation und besserung pracht werden mögen, wie dann sollichs die hohe nodturft auch erhaischte etc., so ist unser underthenigklich bedencken, sovil erstlich die reformation des weltlichen stands belangt, das die vorigen abschid der policei wider alle unzucht des lebens, pracht der klaider, wucher, monopolien und anders, so zu Augspurg gemacht, widerumb fur die hand genomen, auch alhie die uberigen artickel, in eurer ksl. Mt. ausschreiben dises reichstags und in derselbigen ersten furtrag gemeldet, beradtschlagt und in das werck gebracht werden solten, dann dardurch wurde sonder zweivel der weltlich stand zu guter reformation brocht und den mißpreuchen gesteuret werden.

Sovil aber des gaistlichen stands reformation belangt, haben wir unsern gelerten der hailigen schrift, die jetziger zeit alhie seindt, bevolhen, ain ungevorlich bedencken zu stellen, wie geschehen, welches wir eurer ksl. Mt. auf derselben, auch unser und des andern thails stende verner bedencken hiemit undertheniglich ubergeben.

a Der gelerten bedencken verbesserung der mißpreuch belangen–a.

Zum ersten, weil die forcht Gottes der anfang ist aller weißhait und hayls und in warem glauben an Christum alle gerechtigkait und guts steht, das vor allem verschafft und angericht wurde, die raine lehr des hailigen evangelii allenthalben im reich getreulich und einhellig zu predigen und derselbigen nach auch die hailigen sacramenten und alle andere kirchenubung zu raichen und zu halten, und das der anfang dessen damit gemacht wurde, das alle stende des reichs die artickel unserer hailigen religion, deren man sich vergleichen wurdt, derselben vergleichung nach annemen und bey den iren verschaffen, das in allen kirchen die predigen, auch ausspendung der hailigen sacramenten und alle kirchendienst und gescheft denselben verglichenen artickeln gemes beschehen, dargereicht, verrichtet und gehalten wurden. Dann solten die so schwere mißbreuch an lehr, sacramenten und gantzem gottesdienst nit vor allem abgestellet und zur besserung pracht werden, so plibe die hailige religion unrain und zwiträchtig und möchten uberal kain sachen, weyl man in mißverstandt und spaltung der religion verharte, zu recht und in guten, hailsamen standt bracht noch das erschrockenlich verderben, so in vil weg vor augen ist und auf die theutsche nation tringet, abgewendt werden.

Zum andern, weyl aber weder lehre b noch die hailige sacrament–b und ceremonien oder christliche zucht in der kirchen wider recht angestellet, ausgespendet und verrichtet werden mögen, wo die kirchen nit ire taugliche und gethreue diener und fursteher haben, so wurt vonnödten sein, das den gemainden Christi allenthalben ir recht an der wahl oder zum wenigsten der zeugnus und examen irer diener und fursteher vermög der hailigen geschrift und alten canonum und legum wider zugestellet und kainen kirchen ainigec diener oder fursteher aufgetrungen werden, wer joch [sic!] das ius nominandi, praesentandi und ordinandi zu haben vermaint (an denen doch nyemand ichtzit wider recht abgeprochen werden solle), die nit laut der canonum gewöhlet, examiniert und von dem glaubigen volck und oberkaiten in den kirchen, wellichen sie furstehn sollen, beweret und billich anzunemen sein werden, wie dis auch der artickel von der kirchen zucht im buch, von der ksl. Mt. uberantwort, fordert. Darzu ist offenbar, das dißd die alten canones und leges der allergottseligsten kaysern als ain ungezweivelte ordnung gottlichs rechtens zum ernstlichsten gepieten, wie dann auch das kein vernunft nach pillichait zugipt, wie papst Leo zeuget, das diejhenigen, so in den kirchen allen sollen furgesetzt sein, nit auch von allen begert und bewert seyen.

So hat man auch mit zu vil schwerem und unwiderbringlichem schaden der kirchen nun lang gesehen, wie so gar unhailige und befleckte, auch zu allem kirchendienst untuchtige leut von den weichbischöven geweyhet und den kirchen aufgeladen seindt, nachdem die gläubigen gemainden und deren oberkaiten zuwider den gottlichen rechten und canonibus von wahl und bewerung der kirchendiener und fursteher abgetriben worden seindt. Also ist auch seer verhinderlich in theutschen landen, das der bischovelichen ämbter so wenig und die kirchen, so solliche von alter här haben, ainander also weith entlegen seindt und nit alle stett, die etwas volckreich seindt, ire aigne bischöve, als das die canones fordern, haben, damit jedem bischove nit mehr kirchen bevolhen wurden, dann er wol versehen und järlich doch ainmal durch sich selbs, als das die canones gebieten, one nachtailige versaumnus seiner furnemen kirchen besuchen möchte.

Damit dann die kirchen an nodtwendiger sorg und versehung nit sollichen mangel, wie nun so lang geschehen, leiden müssen, so fordert auch dis die nodturft, das allen stetten, die etwas am volck reich seindt, solliche diener und pfarrer gesetzt werden, welchen die gantze seelsorge und hirtendienst vertraut werden mög, damit sie die kirchen, bey denen sy iren sitz haben, und den nachgelegnen mit besuchen und allen andern diensten der seelsorge nach nodturft versorgen und sie in götlicheme thun erhalten köndten. Derhalben dahin mit ernst zu trachten und arbaiten sein wurdet, das die weiß und mas, auch abthailung und ordnung der seelsorge und versehung der kirchen nach gelegenhait der landtsart wider aufgericht und gehalten werde, wie dasselbig die alten canones den dorfpriestern, landt und stett, bischöven und metropolitanen furschreiben, auflegen, abthailen, messigen und aufainander richten; dann das die bistumben bey uns so weithen becirck haben, ist an der aufsehung f und besuchung–f der pfarren seer verhinderlich und kompt daher, dasg die bistumben erstlich durch den Bonifacium und andere liebe vätter zum thail fundiert, zum thail wider aufgericht worden, der kirchen, die jeder bischof zu versorgen hatte, gar wenig gewesen seindt. Demnach sich aber die kirchen gemehret, seindt dieweil die bischove in die höve und weltliche gescheft gerathen und haben wie in anderm also auch in disem der canonum und ires ambts wenig geacht noch ausgewartet, wie das die historien und viler hailigen vätter clagschriften bezeugen. Verner als nyemanden möglich ist, baide das kirchen- und ausser, politisch regiment recht zu versorgen, darumb dann die alte canones und leges den clericen, zuvorderst aber den bischoven und priestern mit so grossem ernst verbieten, sich mit ainichem weltlichen gescheft zu beladen, so wurdt auch dises den kirchen vonnödten sein, das die weltlich und politische regierung und die seelsorg und kirchendienst an personen gesondert und zu jedem ambt aigne personen verordnet werden, wie das die canones und leges so ernstlich fordern.

Und demnach diejhenigen, so in theutscher nation den bischovelichen namen tragen, nun so lange zeit fur sich selb gemainlich weithers nicht versehen und verrichten dann das ausser, politisch regiment der landt und leuten, so zu den bistumben kommen seindt, iren auch wenig dahin gezogen und so bericht seindt, das sie die bischoveliche seelsorge mit predigen, sacrament handeln und raichen, die christliche kirchenzucht gegen den clericen und dem volck, wie das ainem bischove zusteht, uben, durch sich selbs recht versehen und verrichten möchten, so wußten wir kainen fueglichern, auch den stenden in gemain und besonders leidlichern und den kirchen, wie jetzt alle sachen stehn, furträglichern weg, dann das denen, so jetzunder die eussere regierung der landen und leuten, so zu den kirchen kommen seindt, verwalten und zu sollicher vergwaltigung [sic!] pflegen gewöhlet und eingesetzt zu werden, solliche regierung allermassen und gestalt, wie sie dieselbige diser zeit bekommen und haben, zu bekommen und zu verwalten, gelassen wurde, aber das daneben den kirchen baide, die jetzunder bischovelichen sitz und ämpter haben und die solliche vermög der canonum haben sollten, taugliche fursteher und superattendentes mit bewilligung der oberkait und volcks, wie oben gemeldt, hin und wider in den landen und stetten gewöhlet, geordnet und gesetzt wurden, welliche die obere seelsorg und gantzes hirtenambt mit lehren, sacrament raichen, kirchenzucht üben und die nechst gelegne kirchen besuchen, durch sich selbst vermög der hailigen schrift und canonibus getreulich verrichten und gäntzlich laisten, welche auch alle zu den synoden sambt ainem oder zwayen iren priestern beruffen und in denselbigen h ire schließstymmen–h und, das war kirchengericht zu besserung aller mängel, die an lehre oder leben jederzeit einreissen, wie das die canones den synodis bevelhen, zu halten, macht und recht haben solten.

Und damit die jetzigen bischöve, so die landt und leut, die zun kirch kommen seindt, regiern, den kirchen auch iren dienst zu besserung laisten möchten, were billich, das dieselbigen, denen, die die seelsorge versehen, besondern schutz und schürm hielten, sie beforderten, die synoden und visitationen und andere nodtwendige dienst der kirchen desto fruchtbarer zu halten und zu verrichten, item, hülfen, das die stiftungen fur die durftigen und, was denselben in der kirchen zugut gegeben und geordnet worden und noch täglich wurt, wol erhalten und den durftigen zur hilf und gemainer kirchen zu besserung gepraucht und ausgespendet wurde. Desgleichen, was zu eusserer zucht, erbarkait, frid und ruhe dienen möchte, das sollte inen auch vor andern fursten und obern angelegen sein. Doch solte hierin die mas gehalten werden, das denen, die die seelsorge und den hirtendienst durch sich selbs verrichten sollen, ire ambt und dienst in synoden, visitationen, gaistlicher jurisdiction und allem andern, das diser dienst ervordert, durch diser jetziger bischöve zusehen, obhalten, schutzen und befordern mitnichten eingezogen, verletzt oder verhindert werde, also auch, das den weltlichen oberkaiten jeder orten das aufsehen, handthaben, straffen und anders, so denselbigen in den kirchensachen, personen, diensten und guetern von göttlichen rechten, den alten canonibus und legibus zusteht und bevolhen ist, hiedurch unbenomen und ungerugti, frey und gantz pleibe und gelassen werde. Hiemit plibe alles, sovil das zeitlich belangt, in dem stand und wesen, wie es jetzund ist, und wurde nyemandt an ainichen wurden, hochaiten oder nutzungen, die er jetzt hat oder nach einprachten rechten oder gepreuchen bekommen mög, etwas abgebrochen oder endtzogen, allain den lieben kirchen Christi wurde ir gepurend und nodtwendiger dienst und versehung, dessen sy bißhär so jämmerlich und verderblich beraubet gewesen, wider, wie recht und zum höchsten vonnodten ist, bestellet und angericht, welches baide, die in sollichen bischovenlichen furstenthumben jetzo seindt oder nach geubtem prauch hernaher darein gewölet und verordnet werden mögen, je lieber sehen und darzu getreulich helfen sollen, weyl sy damit dem allmechtigen iren dienst und den hailigen kirchen ire verpflichte treu laisten und dardurch Gottes und der frommen menschen huld, gute, froliche gewissen und irs standts rechte sicherung und befestigung erlangen mögen, dann das sy under dem namen der kirchendiener die kirchen mit so vil untauglichen und schädlichen personen beschwern, auf die doch vil mehr zeitlichs guts jetzo gewendet wurdet, dann die rechtj, waren taugliche diener bedorfen wurden, und dardurch Gottes schweristen zorn und aller gottseligen unwillen wider sich immer mehr erwecken und stercken und sich deshalb in die größte unsicherhait und gefahr setzen.

Der namen und tittel halben und, was, die furstliche und andere oberkait zu ziern und ansehenlich zu machen und gepurende gehorsame der underthanen zu befestigen, dienen mag, des wurde man sich auch leichtlich vergleichen könden, damit ain jeder, sein ambt recht und seligklich zu versehen, befordert und nyemand mit unmöglichen glubden und unträglichen lästen beschwerd wurde.

Nun aber ist nit gnug, das man recht taugliche und, die kirchen zu erbauen, geschickte männer rechter weis und gestalt, wie das das gesetz Gottes und die alten canones fordern, wöhle, examiniere, bewere, einsetze und inen die seelsorge und gantzen hirtendienst der ordnung, massen und abthailung, wie das den kirchen aufbäulich und es die canones gebiethen, auflege und zu verrichten in allen kirchenhändlen und -geschäften volkommen befelhe, sie auch derhalben von allen weltlichen gescheften freyhe und durch die kirch und der oberkaiten gewalt treulich schutze und zu irem dienst zum besserlichsten außzurichten befordere, sonder auch vonnödten ist, das man inen alles das vergönne und gebe, das sie ir besonder leben und wesen christlich und unsträflich, auch one sorgsamkeit leiplicher narung fueren und den gemainden ain guts furbilde tragen mögen.

Derhalben, weil man mit zuviel schwerer ergernus und verderben der kirchen erfaren, das nit jedem gegeben, ausser der ee rainiglich zu leben, auch lengest sihet und greift, das Gott sein wort will gehalten haben, es ist nit gut, das der mensch allain seige und ain jeder hab sein weib, ain jede iren mann, unzucht zu vermeiden, so wurdts warlich nit mögen one verderblichen nachteil der kirchen länger aufgezogen werden mögen, den dienern der kirchen die hailige ee freyzumachen, damit jeder, demnach er von Gott begabet, sein leben anstellen möge, das er den kirchen one laster und ergernuß mit gutem gewissen dienen köndte, und sollen ja gering geacht werden in dem die neuen canones, die doch dem gottlichen rechten nicht gemes seindtk, nachdem man nun zuvil lange zeit die eltern und apostolischen canones, ja das gepott Gottes selb, so gantz grob ubersehen hat, mit gedulden im dienst der kirchen, die sich aufs abscheulichest mit allerlay unzucht offentlich besudelt haben, mit welchen die christen nit allain in hailigen ceremonien, sonder auch nicht im leiplichen thun ainiche gemainschaft haben, sonder sie als die verbanten und von aller christen gesellschaft verstossen halten solten.

Und hierzu soll uns auch diss treiben, das man nun auch täglich erferet, wo man die hailige ee den kirchendienern nit zulassen will, nit allain nit besonders geschickte, sonder uberal kein diener der kirchen wurt bekomen mögen, dann wer etwas gewissens hat und sich zu warem coelibat nit begabet befindt, der wurt sich in die gefahr des unehelichen stands nit begeben, obgleich alles anders im kirchendienst so gepessert wurde, das denselbigen ain jeder mit gutem gewissen auf sich nemmen kondte.

Wie aber die hailige ee, den kirchendienern, damit sie in christlicher zucht leben und inen selbs und andern kain ergernus geben, unverpotten sein soll, also sollen inen auch alle gescheft und leichtfertigkait, so diesem hailigen dienst nit anstehn und derhalben von den canonibus verpotten seindt, mitnichten zugelassen werden, als alle zeitliche kaufmanschätz, alles unordenlich zechen, jagen, ungepurlich spielen und, was das anhalten an guten übungen als studiern, lehren, ermanen, straffen und exempel der buß und aller erbarkeit furtragen in ainigen weg verletzen oder verhindern mag.

Und damit die kirchendiener und fursteher sich aller anderer geschäften frey und allain irs diensts halten und demselbigen in allem allain obligen mögen, müssen inen auch ire narung zur nodturft desto milter bestellet und doch alle ursachen und anlass alles schandtlichen und ungaistlichen gewinns abgeschnitten und benohmen werden. Und mit sonderm ernst werden wider das gift der symonei die furgesetzten der kirchen und auch die gemainen, weltlichen oberkhaiten, wie es dann crimen publicum ist, wachen und einsehen muessen, damit gäntzlich gehalten werde, das der herr sagt: ‚Vergebens habt irs empfangen, vergebens solt irs geben‘. Derwegen die ernsten gesetz und straffen wider dise verderbliche sucht der symonei, die wir in den canonibus und legibus haben, muessen mit allen treuen wider in haltung pracht und nyemandt zugelassen werden, umb ainigen dienst, ambt oder wahl und einsetzung in die hailigen ämbter ichtzit gelt oder geltswerdt oder ainigen dienst oder zeitliche vergleichung, wie die erdacht werden mag, zu geben oder zu nemen, bey verlust aller kirchendiensten und ämbtern und darzu bey den gesetzten straffen. Darumb in kainen weg länger zu gedulden, das die anaten oder ainig ander gelt umb confirmationen, transactionen, dispensationen und, was der römischen vinantzen seindt, gohn Rom aus theutschen landen gegeben werde. Es werden auch auf das alles gottloß gesuchen und sacrilegien gäntzlich vermitten pleiben, die alten canones wider in iren werdt und kraft gepracht werden muessen, welliche verpieten, das jemandt, wer der seige, zum kirchendienst und genieß von jemandem geweyhet oder verordnet werde, wo er nit zu aignem dienst vermög der canonum recht erwöhlet und also eingesetzt werde, das er sollichen dienst wurcklich verrichte, das auch nyemandt mehr dann zu ainem dienst geordnet, auch von kirchenguetern nyemandt mehr, dann sein gethreuer vleis, den er in seinem dienst beweiset, erfordere, gegeben werde. Es wurdt auch vonnödten sein, das die dienst der kirchen in besoldung und aller wurdel underschaiden und gehalten werden, wie das das götlich gesatz und die alten canones verordnet haben, das nemblich die, so am wort, sacramenten und kirchenzucht iren dienst laisten, denen, die in unnödtigen ämbtern dienen, aller ding furgesetzt werden.

Dis alles fordern an den furstehern und dienern der kirchen die apostelischen und alle alte canones zum ernstlichsten. Derhalben dweil je den kirchen von den mißbreuchen und zu warer, christlicher reformation nymmermehr geholfen werden möge, sie seyen dann mit recht tauglichen, fromen, bewerten dienern bestellet und versehen, so erhaischt die höchste nodt, das in allen erzelten stucken und aigentschaften der kirchendiener ain stattlich und furderlich einsehen und besserung furgenomen werde. So viel vom kirchendienst.

Nun von kirchenguetern.

Als die christlich liebe und gemainschaft fordert, das die, so den gemainden Christi an dem wort Gottes und der seelsorge getreulich dienen, zur nodturft versehen, das auch zu sollichem dienst desto mehr taugliche leut aufgezogen und geübt und nyemand von der gantzen gemaind Christi mangel gelassen werde, so hat auch dise liebe und gemainschaft von anfangm der kirchen geschaffet, das die gläubigen ire opfer dem herrn fur die armen reichlich aufgeopfert, hernaher auch die christliche kayser und fursten die kirchen zu sollichem werck gar reichlichn begabet haben, welche begabung mit der zeit aus vilerlay ursachen mercklich gemehret undo gewachsen seindt. Von brauch nun und ausspendung sollicher gueter haben die alten canones dise ordnung furgeschriben, das alle dise gueter in vier thail sollen gethailet werden und ain thail dem bischove, damit er die pilger und andere durftigen desto baß aufnemen und ergetzen mögen, der ander thail den andern clericen, under sie nach jedes vleis und arbait im dienst der kirchen auszuthailen, der dritte zu erhaltung der tempel und eusser instrumenten der religion, der vierdte thail, under die armen und durftigen, baide haimisch und frembd, zu thailen, gegeben werden solle. Und uber diß alles fordern die canones, das die bischöve und kirchendiener alles, das sie von kirchenguetern nit zu der nodturft irs diensts bedörfen, auch under die durftigen ausspenden sollen und, was sie von sollichen guetern uber ire nodturft behalten oder auf andere sachen wenden, das sollichs ain gewisses sacrilegium seie. Und uber dise gueter und deren ausspendung seindt von anfang der kirchen gesetzt worden, die man hat genennet diacon, subdiacon und oeconomen. Uber dise versehung der armen seindt auch vil reicher stiftungen in sonderhait fur die waysen, witwen, schwache und alte leut und allerlay nodturft der armen, auch collegia fur die, so man zum kirchendienst hat aufziehen sollen, aufgericht und herrlich begabet und zu ausspendung sollicher gueter, besondere clericen geordnet worden, als die spitaler des hailigen gaists etc. und, die man canonicen gehaissen, das ist geregulierte clericen, die beyainander in christlicher zucht und gemainschaft gelebt haben, und vil andere anfengklichs gewesen seindt.

Nun ists aber längest dahin gerathen, das nit allain der ordenliche vierdte thail von den alten, gemainen kirchenguetern, als die erstliche begabungen der kirchen seindt, under die armen und studierende jugent, die man zum kirchendienst aufziehen solte, nit ausgespendet und angelegt wurdet, sonder das man auch vil der spital und collegien canonicorum gueter, die man allain fur die durftigen und jugendt, so man zu kirchendienern hat sollen aufziehen und uben, gestift hat, mit allen kirchenguetern (ain wenig zu den kirchenbeuen außgenomen) in pfrunden abgethailet hat und am maisten fur den allerundersten und unnodtwendigsten kirchendienst (als das singen und lesen ist), zu welchem dienst die canones gepieten, allain die jungen knaben, lectores und subdiacon zu gebrauchen, dann den priestern und diaconen verbieten sie, disem dienst obzuligen, sonder fordern, das die priester der predige gottlichs worts und die diacon der ausspendung der almusen und baide samptlich der kirchen gericht und seelsorge außwarten sollen. Wes dann nun der mehrer thail, so dise pfrunden diser zeit niessen, leben und der kirchen dienen, ligt am tag. Und ists laider dahin kommen, das auf die, so den rechten und nodtwendigsten kirchendienst als die seelsorge versehen sollen, das allerwenigst gewendt wurdt, ja, das zu sollichem dienst von alten reichlich verordnet gewesen, ist durch incorporationen der pfarren und andere geschwindigkeit, auch zun pfrunden deren, die den kirchen aintweders gar nichts oder allain am gesang dienen, abzogen und ausgethailet worden, und auf die, so man zum kirchendienst solt aufziehen, wurdet gar nichts gewandt, ja auch, das zun schulen geordnet gewesen, haben dise leut auch an sich gezogen, also das man auch die schulmaister nit mehr erhaltet, als es von alten geordnet, man geschweige der schuler. Daher aber ists komen, das man nyerget recht gelerte und zu der seelsorge taugliche diener finden kan und diser zeit in vilen landen merckliche vil pfarren gar unversehen pleiben und auf die andern den mehrer thail solche leut gesetzt werden, die zu kainem dienst in der welt weniger taugen.

Nun erkhennens aber alle alte canones und lieben vätter ain gros sacrilegium, wann von den kirchenguetern p die nodturft–p der waren, christlichen religion und der gläubigen in gemain und besonders nit versehen wurt. Jetzundt aber schreyen die gaistlichen, es seien sacrilegien und kirchenräub, wo man etwas der kirchengueter von so offenbarem, schwerem mißprauch wider auf iren rechten prauch als an den dienst der seelsorge, schulen und durftige wenden und anlegen will. Und ist hiehär bey vilen die größte ursach des jetzigen, so geferlichen zwitrachts, so im hl. reich schwebet, derhalben auch die höchste nodt, frid und ruhe im hl. reich zu erhalten, erhaischt, in diser sachen christliche besserung furzunemen, die man also anfahen möcht, das man erstlich von den so reichen kirchen und clöstergütern doch die pfarren und schulen zur nodturft versehe, des man sich auf billiche, erbare mas leicht vergleichen köndte. Und demnach die personen absturben, die jederman baide irer geschicklichait und auch ires diensts halben als unnutz und den kirchen mehr beschwerlich dann dienstlich erkhennet werden, das alsdann auch stipendia fur die, so zum rechten, nötigen kirchendienst aufzuziehen, die letst nodturft erhaischt, und auch fur die durftigen ain gepurender thail von disen guetern verordnet wurde.

Nun das auch die christliche zucht des gemainen volcks, welche auch aufs geferlichest verfallen ist, wider aufzurichten, wurdt vonnödten sein, das uber die gemaine predigen und vermanungen, so nach Gottes wort aufs treulichst geschehen muessen, der cathechismus mit der juget [sic!] gantz vleissig und ernstlich wider allenthalben getriben werde und das die jungen, wann sie unsers christlichen glaubens q so vil undterrichtet seindt, irs glaubens–q bekändtnuß selbs offentlich in der kirchen thuen und sich damit in gehorsame der kirchen begeben und also die rechte confirmation, von deren auch das buch meldet, empfahen, damit sy in christlicher zucht desto baß mögen erhalten und täglich gebessert, auch, so jemand wider abtretten wolt, durch christliche straf und bann vor dem fal verhuet oder zur buß wider aufgericht und also ain hailsame scheuhe gegen dem argen in der gantzen mennige desto baß erhalten und gefurdert werden möchten. Also wurdt man auch den christlichen bann wider nach Gottes wort in sein rechten prauch richten müssen, damit der wider die offenbaren lastern hailsamlich gepraucht und nit, schulden einzuziehen, und zu andern weltlichen dingen oder gegen den lastern allain umb zeitlichs genieß willen und nit, die laster abzutreiben, wie in den vermainten sendtenr beschehen, mißpraucht werde, dazu man wol fuegliche und gewißlich besserliche weg finden wurde, wo die gemainden Gottes in gesunder lehr und rechtem prauch der sacramenten wider recht verainigt und mit tauglichen, vleissigen dienern und furstehern bestellet und versehen sein und der cathechismus treulich getriben wurde.

Damit auch in disem und allem, das zu christlicher reformation erfordert wurdt, thädtliche besserung erlanget unds ins werck bracht und erhalten werde, wurdet vonnödten sein, das den ordenlichen oberkaiten ir treues zusehen und anhalten in dem allem, wie das die novellae christlich verordnen, aufgelegt und befolhen werde, welche auch darzu verhelfen sollen, das den offentlichen, abgöttischen mißpreuchen, die auch im buch zum thail vermeldet seindt, gewöhret und nyemand die wusten, verderblichen ergernussen der kirchen gestattet werde.

Wa nun der allmechtig Gott sein gottlich gnad uns verleihen wölte, das auf erzelte weiß dem waren wort Gottes und den alten canonibus, so aus dem wort Gottes gezogen seindt, wider mochte stattgegeben und denselbigen nach die schwere mißpreuch, so im gaistlichen stand und gantzen volck Christi eingerissen und also geferlich uberhandt genommen haben, abgestellt und zu besserung bracht wurden, so were sonder zweivel allen sachen geholfen und schon ain christliche, bestendige reformation der kirchen erlanget, das der herr Christus bey uns regiern und alles guts an seel und leib reichlich verleyhen und alle gfar und schaden getreulich abwenden wurde.

Dweil aber solliche gantze reformation ins werck on ain nationalversamblung nit wurdt zu pringen sein, so möcht doch diser anfang alsbald wurcklich gemacht werden:

Erstlich, das verordnet wurde, das die christliche lehre vermöge der artickel, so verglichen werden, alsbald allenthalben im reich gefueret und treulich getriben und die sacrament und andere ceremonien denselben artickeln am gemässesten, sovil in jeder kirchen mit besserung geschehen köndt, geraicht und geübt wurden, und das in den unverglichnen artickeln jeder stand alles, so gemeß den verglichnen artickeln, halten solte, als auch ain jeder mit warer besserung des christlichen volcks vermöchte. Doch dweil das volck nunmehr der einsatzung Christi, welchermassen das sacrament baiderlay gestalt zu raichen sey, allenthalben bericht, das dann, dasselbig also zu empfahen, auch menigclich freygelassen wurde.

Zum andern, das jeder oberkait und kirchen auch macht und bevelch gegeben wurde, zu sehen nach recht treulichen und bewerten pfarhern und andern kirchendienern und dieselbigen in iren kirchen anzustellen, die in lehre und andern kirchendiensten auf jetzt erzelte massen sich aufs gethreulichst bewisen. Das auch die oberkaiten hierin von menigklichem befordert und von nyemanden betruebt wurden, es were dann, das jemand den verglichnen artickeln etwas zuwider lehret oder handlete oder seins lebens halb im kirchendienst nit zu gedulden were.

Zum dritten, das sich die stende auch der leiplichen versehung fur solliche diener und die schulen, sovil jetzt im anfang geschehen möcht, verglichen.

Zum vierdten, damit unordenlicher zugriff und alle unbilliche neuerung desto weniger zu befahren, möcht ain dapfer, unpartheysch chamergericht mit bewilligung baider thail geordnet werden, das, wo sich etwas spän oder irrung ob disem anfang der reformation zutragen wolte, endtschaid und urthail geben möchte.

Nun hiegegen und zuwider der gantzen reformation wurt furgeworfen, es möge theutscher nation nit gepurn, etwas in der religion one die andern christlichen nationen zu endern, und, wo man das thun wölte, mächte man ain schweres schisma und ungleichait mit ander nationent. Aber da ist zu bedencken, das allen christen vonnödten ist, alle bekandtliche mißpreuch, sobald sie die erkhennen, abzustellen und christliche reformation anzunemen in allem, das man weißt, vom herrn in seiner schrift gebotten sein, und, wer mit sollicher bekandtnus zum ersten begabet wurdt, solle den andern ain exempel der besserung furtragen. Diss machet auch kein schisma oder abscheuliche ungleichait an dem leib Christi, der kirchen, sonder ist ain seliger und loblicher anfang der raynigung und gesundthait etlicher glider, die alsbald den andern, gleiche raynigung und gesundthait zu erlangen, desto bas dienen mögen. So hat mans auch gnug erfaren, das der allmechtig Gott die, welchen er sein wort und willen gnediglich eröffnet hat, darbey erhaltet und inen verleyhet, das sy eher die welt lassen, dann von christlicher reformation abzustohn. Wo man dann die christliche reformation nit in gemain furdern wolte, so wurde mit schweristem zorn Gottes ain war, abscheulich spaltung bey uns selbs in deutscher nation zu unserm endtlichen verderben erhalten und dannocht die ausser ungleichait gegen andern nationen auch bleiben und dieselbigen auch so vil mehr geergert und an christlicher reformation verhindert werden. Derwegen sollen wir mehr auf Gottes gepott und die alten canones sehen und denen gehorchen, welliche jeder kirch, provintz und nation gebieten, was unrechts in kirchen eingerissen, alsbald man das erkhennet, abzustellen und derhalben auch ire provincialia und nationalia concilia zu halten und in dem kain kirch, provintz oder nation auf die andern harren, so etwan nit gleichen verstandt haben oder aus andern ursachen nach der reformation nit trachten.

So vil von besserung der mißpreuchen in den gaistlichen standt und religionsachen eingerissen4.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung der Übergabe auf den 14. Juli 1541 vgl. auch Protokollarische Aufzeichnungen des Frankfurter Reichstagsgesandten Dr. Hieronymus zum Lamb [Nr. 74] und die Überlieferung Rom AVat, Miscellanea Armadio II, tom. 85, fol. 298r–309v und fol. 318r–319v (Kop., lat.), hier ÜS fol. 318r: Responsum Protestantium de reformandis abusibus ecclesiasticis, datum imperatoriae maiestati decimoquarto Iulij anno 1541.
2
 Unter dem Datum der Verlesung vor den protestantischen Ständen: 1541 Juli 12. Vgl. auch die Abusuum ... indicatiovon Martin Bucer, Augustijn, Martin Bucers Deutsche Schriften, Bd. 9,2, S. 31–56.
3
 Vgl. die lat. Fassung im Paralleldruck Augustijn, Martin Bucers Deutsche Schriften, Bd. 9,2, S. 59–99.
a
–a Fehlt in C und D.
b
–b Fehlt in B.
c
 In C: aigen.
d
 Ergänzt nach B, C und D.
e
 In B, C und D: gottseligen.
f
–f Fehlt in C und D.
g
 In C und D danach: do.
h
–h In B: ihres theils stimmen.
i
 In B: ungeendert; in C und D: ungeengert.
j
 Fehlt in C und D.
k
 In B, C und D danach: ubersehen.
l
 Fehlt in B.
m
 Ergänzt nach B, C und D.
n
 In B und D: heerlich; fehlt in C.
o
 In C und D danach: an gutern.
p
–p Fehlt in C und D.
q
–q Fehlt in C und D.
r
 In C und D: bennen.
s
 In C und D danach: recht.
t
 In B danach: erwecken.
4
 In B folgt danach v. a. Hd. die Notiz: Haec nomine statuum. Deinde sequantur reliqua nomine doctorum et concionatorum. Addatur quod communio utriusque speciei permittatur ad articulum ‚vel ubi visum fuerit‘, qui de matrimonio sacerdotibus permittendo mentionem facit.