Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 10183/04, Regenspurgischen Reichstags, Religion und andere Händel vermöge einer hierbey [...]. Anno 1539–1547, fol. 447r–450v (Kop.).

B  koll. Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Kop.) 2.

Wiewol wir wissen, das euere röm. ksl. Mt. diesen reichstag von wegen notwendiger obligen und sachen gemeiner christenheit und gantzer deutschen nacion angestelt und euere ksl. Mt. mit verlassung irer hispanischen reich und grosser beschwerung anher sich vorfuget und dorumb mit andern beifelligen sachen von uns und andern billich verschont werden solten, wie wir auch euere ksl. Mt. mit diesem vordrißlichen handel ungern beladen oder bemuhen oder denselben vor euerer ksl. Mt. gehör bringen wolten, wo unser und unsers gantzen geschlechts ehrena notdurft solchs nicht erfordert und wir also bedranglich darzu vorursacht wurden, derwegen auch unsere underthenigste zuvorsicht, euere ksl. Mt. in bedencken desselben und dieses uberlaufs gnedigst entschuldigt nehmen und diese unsere beschwerde gnedigst horen werden. Wollen auch, soviel moglich, in dieser schrift unnottige wort meyden, euere ksl. Mt. damit unnotturftiger weiß nicht aufhalten. Und bezeugen uns hirmit fur euerer ksl. Mt. underthenigst, das unser gemut und meinung nicht ist, hiemit unser angeborne schwester und freundin, Hg. Heinrich den jungern zu Braunschwig ader sunst jemands anders wider recht zu schmehen, sunder aus rechtmessigen schmertzen unser, unserer stemme und geschlechte, auch gemeiner erbarckeit notdurft anzuzaigen, wie dan ehrlichen gebornen, redlichen leuten vom adel wol ansteht und geburet.

Und anfenglich haben unsere eltern und vorfahren unsers geschlechts (ane ruhm zu schreyben) sich gegen irer obrickeit, auch menniglichen dermassen mit underthenigen, gehorsamen, treuen und willigen dinsten, wie inen das aufferlegt worden und sie irer pflicht, verwantnus ader zusag nach schuldig gewest, dermassen verhalten als ehrliebenden riettermessigen vom adel geburet und wol ansteht. Sol auch, ob Got will, kein anders noch unerbars uber sie ader uns mit gutem bestand erwiesen ader dargethan werden. So haben sich auch, ane ruhm zu sagen, frauen und jungfrauen unsers geschlechts von vielen hundert jaren her dermassen gehalten, das sie unter die ehrlichsten, besten geschlecht nicht allein im land zu Hessen, sunder in andern landen weit und brait vorhairet worden und an denen orten tugentlich und erbarlich gelebt haben, wie dan auch dieser hernach gemelten junckfrauen von etlichen mit den ehrlichsten im land zu Braunschweigk begegnet were, wo sie in diesen unfahl nicht bracht wehre. In sunderheit aber haben Hg. Heinrichen dem jungern dieser junckfrauen, davon gemeldet wirdet, vater bruder lange zeit gedient, das der hertzogk ime zu etlichen malen ‚vater‘ geschrieben, item, irer mutter bruder dergleichen lange zeit gedienet, ir bruder umb seiner errettung willen uber seinem leib todt blieben, item, ein ehrlicher man, mit ir von vater und mutter geschwister kind, in seinem dienst vor Grunaw todt blieben und andere mehr, derselben junckfrauen zum allernegsten verwant, gedient und vor andern mit zusetzung leibs und vermugens viel treuwilliger dienst geleistet, dafur inen auch wol andere belohnung geburen und widerfahren sold, dan vielleicht gescheen. Wiewol aber viel gnediger vortrostung und zusagung von im muntlich beschehen, auch in schriftlicher urkund sein eigen handschrift vorhanden, ist doch das widerspiel, als hernach gemelt, dorauf erfolget.

Dann, allergnedigster kaiser und herr, uf solch gehabte kuntschaft, zusag und vortrostung, auch geleiste, underthenige, treue dinst etlicher unser freund, auch auf das vortrauen, so sie uf sein erbietten zu im gehabt, haben sie vor etlicher zeit unsere freundin, ein junckfrau, in sein furstlich frauenzymmer gethan, dieselbig zun ehren zu ziehen und zu fordern, welche ein jungs, zuchtiges und von iren eltern ein wolgezogenes meidlein gewest. Darauf ehr sich auch hoch erboten, dieselbig jungfrau umb irer freundtschaft willen mit sundern gnaden zu aller erbarkeit zu furdern, welchs, da es bescheen, ime auch ane sein zusag und erbietten wol loblich und furstlich angestanden were und geburet hette. Da aber dieselbig jungfrau ein zeit lang in seinem frauenzimmer gewest und indes ir von gleichmessigen des adels, rittermessigen und ehrlichen gesellen heirathandlungen furgestanden, so hat er sie doch also ein gute zeit im frauenzymer behalten, bissolang das allerley gerucht an uns, die freundschaft, gelangt, derhalben etliche unser freuntschaft inen angeredt und ine des bosen geruchts, so an sie gelangt, berichtet und erzehlung gethan, mit erinnerung geleister, treuer dinstbarkeit, die einer andern belohnung wirdigk weren, und undertheniger bith, er wolte unserm geschlecht kein unehr ader vorkleinerung aufthun. Hat er damals mit solchen hohen worten und schwuren sein unschuld dergestalt furgewant und beteuert, das sie im glauben gegeben und unserm nahmen und geschlecht zu ehren die sach in ruhe gestelt, in hofnung, er solt in betrachtung seiner zusag und des erschollen ungeruchts der gutten, armen, im auf trauen und glauben zugestelten junckfrauen zu ehren vor andern geholfen haben. Es ist aber nicht gescheen, sunder sie ist also ein kurtze zeit gehen [sic!] blieben und hat die durchleuchtigk furstin und frau, frau N. geborne von Wirtembergk, Hgn. zu Braunschwigk etc., sein gemahl, geschrieben, das sie, junckfrau, vorstorben sein solle, aber gleichwol dabey nicht angezeigt, an was kranckheit ader wer dabey gewesen ader wie es zugangen sey, und daneben etliche geringschetzige, tegliche kleider uberschickt und als der knecht, der solchen briff bracht, hat ehr sich mit dem gaul stracks umbgeworfen, davon geritten und weiter kein wort geredt, also das man sich bey demselben knecht nichts hat erkunden mugen.

Wiewol nun weiland der vater und wir an solchen kurtzen abschied der jungen, gesunden jungfrauen nicht geringen zweiffel getragen, so haben wir es doch dabei mussen lassen. Nun hat sichs sider der zeit im reich und sunderlich der ort landes ein gemurmel begeben von einer mit vigilien und seelmessen begangnen, lebendigen junckfrauen, derwegen wir zum teil vleissigk darnach gefragt und vernumen, das zu Gandersheim ein bare ader verschlossen kast begraben, auch ein mensch, ob sie verstorben were, mit vigilien und seelmessen besungen und begangen were, haben aber keinen menschen weder von frauen odder mannes geschlecht, reichen odder armen, frauen odder junckfrauen nie erfaren mugen, der bey irer kranckheit odder sterben gewesen ader der iren corper tod gesehen hette, und gleichwol also vorlieb nehmen mussen, bissolang das das gerucht je lenger je grosser worden ist, das die junckfrau noch leben, zur Stauffenburgk heimlich vorholen sitzen und etlicher kinder mutter sein solle, wie itzt zu mehrung desselben geruchts unser gnedigster und gnediger herrn, der Kf. zu Sachssen und Lgf. zu Hessen etc., auch andere personen gedachten Hg. Heinrichen den jungern zu Braunschweig etc. derselben untat in offentlichem druck bezichtiget, der auch von im anher unverantwort geblieben und nicht mit einigem bestendigen grund abgelehnet worden, wie dan euere ksl. Mt. aus denselben ausgangen drucken ferner, klerer und grundlicher nachrichtung derer ding allergnedigst zu befinden. Dan wiewol er solchs geruchts halben vast hart und zu grossen unehren angezogen wirdt, so macht er doch ein gespot darauß, zeigt aber doch nichts schließlichs an, als das die jungfrau an dem orth in des und des beiwesen gestorben, von dem ader dem todt gesehen und christlich und ehrlich begraben worden sei, welchs je vonnothen gewest were, auch seiner ehren notturft und der sachen gelegenheit zum hochsten erfordert hetten. Dan ein solch namhaftig, frembde mensch solte je ane wartung, rath und beistand erbar frauen und junckfrauen nicht kranck gelegen, viel weniger an [= ohne] dieselben vorstorben seyn. Ob sie dann gleich geheling vorstorben were, so solte je der todte corpor gesehen und also begraben worden sein. Zudem gibt uns mehr sterckung, das der junckfrauen eltern und freunden allein geringe, tegliche kleider, davon die biemsal abgeschnitten, zugeschickt, aber ringe, kethen, kleinoth, damasken, sameth und andere dergleichen guthe kleider, so sie als ein geschmuckte hoffjunckfrau gehabt, verhalten worden sein.

Dieweil nun, allergnedigster herr, wir diesen handel so verdechtig vermercken und befinden, so wil nach vermug der keyserlichen recht uns, darzu lenger, damit wir als die vorheler solcher unthat nicht geachtet, zu vorschweigen, nicht geburen, uff das wir darfor nicht angesehen werden, als ob wir als die freund, denen, solcher argwan an geburlichen orten anzuzeigen, zustehet, dasjhene nicht theten, das wir von ehren und rechts wegen schuldigk weren und gemeine erbarckeit erfordert. Darumb so zeigen wir solchs euerer ksl. Mt. als dem brun aller menschlichen gerechtigkeit und handhaber und furderer adels, ehren und erbarkeit mit grosser beschwerung an, uffs allerunderthenigst bittend, euere ksl. Mt. wolle diese tadt gnediglich zu hertzen fuhren, so dem also, wie oben vermeldet, wie hoch auch solch laster im rechten andern zu einem exempel strefflich were, nemlich, das Hg. Heinrich der junger in dem fahl wider ehr, gutte sitten, trauen und glauben gehandelt und die junckfrau, so ihm in ehren, trauen und glauben, zu zucht und erbarkeit ziehen zu lassen, vertrauet were, selbst geschwecht hette, item, das er solche ane wissen und willen ihrer eltern vorborgen und verholen enthalten, also die hochsten laster begangen, darzu mit solchem schein, vigilien und seelmessen Gottes ehre und maiestet schwerlich vorletzt hette, und darin als ein ehrlicher, loblicher keiser ir keiserlich ampt erzeigen, Hg. Heinrichen diese ding dermassen furhalten und, dieweil es offenbar und war ist, auch durch inen bekanth werden muß, das ehr die gemelten junckfrau in seyn frauenzymmer entpfangen hat, sie darin etliche zeit als ein junck, starck mensch gelebt hat und demnoch die vormuttung aller recht ist, das sie noch uf diesen tag lebe, daran ernstlich seyn und verschaffen, das ehr uns als iren nechsten freunden solch mensch wider zustelle ader sie offentlich und frei irer notdurft nach gehen, stehen, leben und handeln lasse, damit ire freunde und sie nach gestalt irer sachen und gerechtigkeit ire notdurft in dem fahl handeln und furnehmen mugen und uns an der zu erkunden, dieweil sie dannoch ein lange zeit vorborgen, ob ein notzwang an ir begunst [sic!] und, damit es an uns nicht gelangen konth, deshalben von gedachtem Hg. Heinrich dem jungern, das seine unfursichtige mieshandlung nicht an tag bracht, verhalten were worden.

Im fahl aber, so er sagen wurde ader wolte, das sie todt were und bemelte zeit, wie ire kleider iren eltern zugeschickt, vorschieden, damit dan wir deß ein wissen haben und irenthalben auch fur Got und der welt entschuldigt sein mochten, das alsdan euere ksl. Mt. dorzu unverdechtige commissarien vorordnen wolten, durch Hg. Heinrichen den jungern solchen todt, wie sich in recht geburet, zu beweysen, ungezweiffelter hoffnung, euere ksl. Mt. werde dieses unser unthertenigst bitten fur ehrlich und rechtmessig erkennen und, so ehr unschuldig und die junckfrau zu der zeit leiblich gestorben ist, er werde, solche beweisung zu thun, mit begier annehmen, uff das ehr damit solchs grossen, unchristlichen, unfurstlichen, unerbarn, schentlichen verdachts, uf inen gewachsen und erschollen, rechtlich entledigt muge werden, dann das erfordert sein und unsere hohe notturft. Im fahl aber, da Hg. Heinrich der junger die beweisung nicht thun wurde ader konte, als wir nicht wissen mugen, oder, so ehr die zu thun understehen, durch andere das widderwertigk bewiesen oder seyn beweisung unkreftig gemacht wurde, das dan euere ksl. Mt. in dafur achten und hilten, dafur in das keyserlich recht und die erbarkeit heldet, und, wie sich eynem romischen keiser geburet, auß keiserlichem ampt wider inen zu gepurlicher straff wircklich procediren wolten, uff das solche uberfahrung ungestrafft nicht bleiben mugen adder sunst dasjehne im selben geschehe, das sich von rechts wegen zu gescheen geburet.

Wurde auch Hg. Heinrich der junger einich ander auszug, der uns zu vorantworten vonnotten were, furwenden, das dan euere ksl. Mt. umb Gottes und rechts willen uns dogegen gnediglichst horen und ungegrunten auszugen nicht statgeben, sunder dagegen bedencken, das unser anligen und schmertzen, durch verlust unser freundin vorursacht, unser suchen und bitt christlich, erbar und billich und, das dieser handel zum ende bracht werde, allen edeln, rittermessigen und erbarn leuten und gemeinem nutz zum hochsten vonnotten ist, sich darin keyserlich, ernstlich und unableßlich erzeigen etc. Daran thun ane zweyffel euere ksl. Mt. Gott dem allmechtigen ein besunder gefallen, auch allem adel und ehrlichen leutten besunder hohe, grosse gnad, zudem es der billickeit und rechten nach geschehen solte. So wollen wir es mit unsern herrn und freunden umb euere ksl. Mt. gantz unterthenigst vordienen. Befehlen uns derselben euerer ksl. Mt. in aller underthenigkeit3

Anmerkungen

1
 Zur Datierung der Übergabe an den Kaiser vgl. Dr. Konrad Hel an die Geheimen von Augsburg, 1541 Mai 13, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.) [Nr. 642].
2
 Die Supplikation erschien auch im Druck, Wittenberg 1541, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol.
a
 In B danach: und.
3
 Zur Beziehung Hg. Heinrichs von Braunschweig zu Eva von Trott vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 166–169.