Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 1, fol. 138r–140v (Kop.); DV fol. 140v: Copei der schrift, die H. Jacob Sturm umbzuschreiben ubergeben. Ist ein vertreuliches schreiben eines guten freund[es], darin er bericht thut, was er sich [mit] dem H. Dr. Naues, keyserlichem vicecanzler, des gesprechstags zu Wurmbs und sonderlich was der ksl. Mt. und H. Granuels gemuth und befehlich in religionsachen sey etc.

Den 6. tag Nouembris ist zu abent hieher kommen H. Johan de Naues, kayserlicher rath und des H. Granuelhs anima und mitcomissary, ein liebhaber des evangelii und der erbarkeit, darum ich dest getroster mit im hab reden mugen. Hab uff zwo stund Sontag zwischen den zweien predigen mit ime rede gehapt, deren suma ich gedacht ane gefher zu schreiben.

Erstlich des Granuels personn halben, daß er ware reformation der kirchen suche und friden der Teutschen und nichts anders, dan er als caput consilii Cesaris sich wol des habe zu erinnern, so hab er auch selbs frei ksl. Mt. mit diesen argumenten zum friden mit den Deutschenn vermanet, wo die sachen mißrieten, daß es mit ime umbs kaiserthumb beschehen und seiner feinde einer dartzu solt erhohet werden.

Gedacht in dem auch des Hg. von Braunschwig, aber das dem keiser nicht geliebe, darumb, daß er neyd und unwillen gegen meinen herrn landgrafen habe, im zu gefallen, damit er sich rechen mochte, krig antzufahen. Referirte mir hiemit sein sumarie des Hg. von Braunschwig untreu gegen ksl. Mt. im wirttennbergischen zugk, wie es im landgrevischen ausschreiben gesetzt, und myßfielen ime die unfurstlichen thatten mit dem ertichten vergraben eins weibsbilds1, des doctors2 waren vergraben, wie er dan dieselb history personnlich vom herrn landgrafen gehort hat etc.

Kamen also wider auf die wormische versamblung. Sagt er myr, es hette sich untzhieher vast also gehalten, so man ksl. Mt. etwas von religionsachen hette referirt und man in warheit hette den text mussen sagen, were doch alleweg, aietur suis, aber diß und jhenes darhinden, sie suchen daß und jhenes etc., damit ein gute sach beym keiser wider in argkwann bracht werde. Nun wolte sein Mt. einmalh ad cognitionem causae komen, dan ich verwarf Tertulliani apologeticum de ingno[ratione], darumb were dieser H. Granuelh abgefertigt caput consilii Caesaris.

Es weren in abfertigung dieses orators und comissarii Granuelhs, also nehnnet er inn, diese drei personnen allein beieinander gewesen: Kaiser, Granuell und Johannes Naues. Es hette auch Granuell an [= ohne] in, den Johannem, dieser comission sich nit wollen undertziehen. Bedunckt mich, daß wie Granuelh bei dem keiser also sei dieser Naues bei Granuell.

Hat mir ernstlich geruhmet des manns vleiß, er sei nun etlich wochen bei ime gewesen, alle morgen tertia hora stunde er uff und sei ime der handel reformanda ecclesia und frid zu machen hoch angelegen, werde auch nichts underlassen. So habe er so ein reiche instruction und ein so theures, hoches versprechen ksl. Mt. per fidem nobilitatis, was der handel und schaff, daß es keisers hertz, gemueth und meinung sei.

Den Granuell treibt auch die gloria, in so wichtigen sachen bevelch zu haben, deren gloria im etlich vergunnen, die ane tzweivel, wie er wol mag abnehmen, stulh und benck understeen werden eintzuwerfen. Ist Dr. Held vorhanden, achtet man, er werde sich nicht lang seumen, so er des Granuelhs ankunft vermerckt. Misfellet Granuell und dem Naues, das er in keyserlichen bevelchen sich selbs suchet, unrhue stiftet und wol verdiente menner, als exemplum Lonnden sein, und andere verunglimpfet. Doch damit Dr. Held auch etwas sei, wirth er villeicht von Kg. Ferdinando ein comission erlangen, aber das wirth sein ab equis ad asinos, dieweil er vorhin keyserlichen bevelh gehabt.

Ich fragt auch, wie das coloquium solt gehalten werden. Antwort Naues: muntlich und latine. Granuelh verstunde und redet gut latein, hett alle poeten in der jugent gelesen, Virgilium kundte er außwendig. Als ich aber obiicirt, wo daß gegenteilh wie zu Hagenau mit der restitution und irer immunitet anfenglich keemen, alßdann wurde aber nichts gehandlet, gab er antwort: Nein, in keinen wegk. Man must uff den grund der warheit geen, aus dem wurde man sehen, waß recht oder ubel gebraucht, was zu restituirn oder nicht zu restituirn, so were an der doctrina pietatis mer gelegen, daß man die erweitert dann an dem zeitlichen. Gedacht in dem H. Granuelhs sohn, der episcopus Atrebatensis ist, der mit dem vater kumpt und mit einem andern bruder, daß er selbs etwan freuntlich gesprech mit im gehalten. Die bischoff haben sich des colloquii und der reformation nicht zu forchten. Sie werden ein weg herrn bleiben als den andern, der lehr halben, daß sie nit thun, daß sie doch daran seien, ut recte doceatur.

Hie gedacht ich der responsion, so die protestirenden H. Granuell ubergeben, da dann in kurzen artickeln der protestirenden gemueth angetzeigt were. Sagt ich, ane tzweivelh hapt irs gelesen und wirth euch nit konnen misfallen. Gab er antwort: Jha, allein. Brach mit dem die rede ab, wolts die gelegenheit nit geben, das ich declaration des ‚allein‘ gefragt hett.

Drei theologus [sic!] hispanos, die zu Pariß gestudirt, nit munich, bringt Granuell mit sich, hat gesagt, weger ists, die seien haus bei mir dann bei dem kaiser, mochten vil schadens bei im thun, so ich seiner Mt. etwas entbotte, da werden sie selbs horen, wie es bei den Deutschenn steet. Hat seine beide sohn der Granuell dest lieber mitgenomen, damit er der einen per postem [sic!] zum keiser schicken mag und durch vertraute leut der zufallenden sachen zu berichten, dann er sich woll versihet, es sindt etliche unruige personnen, die den furgang dieser handlung werden understeen zu hindern.

Des chammergerichts gedacht ich mit meldung der cartheuserischen sach und wie der doctorn thun ksl. Mt. hoch verleumbdet, zeigt an, wie einer stat geschrieben were und in 3 tagen die acht getrauet. Misfiel ime hoch und sagt, es sindt buben, der keiser waiß umb ir handlung nichts, kann im auch nicht gefallen.

Ich sagt under anderm ime auch von euch, H. Jacob, den er wolh kennet. Gabe er antwort, Granuelh must nicht drei tag zu Wormbs sein, er wolt euch zu ime uber tisch bringen und begert an mich, euch zu schreiben, damit er dester mer zugang zu euch hette.

Suma, ich befinde diesen Naues ein guten man, der die sachen gern guth sehe, der daß pest zu der protestirenden sachen redet, est vir candidus und ein guter Straßburger.

Vermeinet, unsere gelerten sein allein starck gnug den hispanischen theologis und andern sophisten.

Hat mir brif geben an dominum Gerardum Veltwick, caesareae maiestatis consilearium [sic!], der mit Granuellen herkomen wirdet, damit ich anleittung hab, mit dem H. Granuelh und seinem sohn, dem episcopo, freuntlich gesprech zu haben. Waß ich dann da weiter vernehmen wirde, soll euch unverhalten pleiben.

Suma sumarum, das ich in disem coloquio gern gehort hab, so hat Granuelh so vil comission, im falh, so mit dem gesprech nichts außgericht, daß er den fursten drei worth sagen werth, daß dannocht frid in Germanien bleiben soll.

Er achtet, die malstat gein Regennspurg, reichstag zu halten, werde nit fuglich sein, man musse auch do Kg. Ferdinand nicht hoffirn, darumb es im gelegen sei. Wormbs gefiele vill baß oder jha auch Nurmberg, so es jhe nicht anders sein mocht.

Zuletzt hab ich ime causam rei et publice utilitatis und ein stat Straßburg bevolhen etc.3 

Anmerkungen

1
 Eva von Trott, vgl. Nr. 261.
2
  Dr. Konrad Dellinghausen, Gesandter der Stadt Goslar auf dem Reichstag in Augsburg 1530, wurde 1530 von Hg. Heinrich von Braunschweig gefangen genommen und ist 1532 in der Haft gestorben, vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 146–147.
3
 Vgl. die kursächsischen Räte zu Worms an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Worms, 1540 November 14, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 1, fol. 132r–135v (Ausf.), hier fol. 132v: [...]. Eurn kfl. Gn. thun wir auch in underthenigkeit copei eins schreibens, so uns H. Jacob Sturm vertreulich zukommen lassen, uberschicken, darauß euere kfl. Gn. allerlei zu befinden. [...]. Datum Sontags nach Martini, den 14. Nouembris umb 4 uhr nach mittag anno etc. 40.