Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 364–372 Nr. 141, fol. 204r–208v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 208v: Der Lgf. zu Hessen schickt die schrift an den kaiser wider, hat dorinnen allerley bedenken des kunftigen gesprechs in religion, des chammerger[ichts] geschwinden proces und die mordtbrenner be[treffend], 1540, Torgau.

B  koll. Marburg StA, PA 2592, fol. 250r–253v und fol. 258r–258v (Konz.).

C  koll. Marburg StA, PA 2592, fol. 254r–256v (Kop.) 1.

Druck: Neudecker, Urkunden, Nr. CLXV, S. 625–629 (mit dem Datum der Kopie).

Euerer L. schreiben sambt der kayserlichen, a in euerer L. und unserm namen gestelter–a schrift [Nr. 416] und der copey von demselben, was auch damit zu schicken sein solt2, haben wir heut datums entpfangen und inhalts vleissig gele sen und befinden erstlich die angetzaigte kayserliche schrift mit hohem, gutem vleis angestelt zu sein, wilche uns auch gantz woll gefelt und nicht weniger der doran gehengkt zettel, der glaids halben verfast worden ist. Allain tragen wir in den puncten der petition, williche gestelt ist uff ainen langwirigen anstandb, zum andern uff ein suspension der beschwerlichen cammergerichtsproces und zum dritten uff abschaffung des unchristlichen ubels des mordtprennens diesen mangel und sorgfeltigkait: c Solten wir uff ainen sollichen fridlichen, geraumpten, langwürigen anstandt, sonderlich im fahll, do uff kunftigem reichstag kain beharlicher, ewiger frieden uffgericht solt werden, dringen, so mocht uns von dem kaiser unsernhalb mit beschwerden vill verweis daraus volgen und uns zugemessen werden, als so wir ander geverlich weg suchten, dann wir hetten auch vormaln wol gehort, das die ksl. Mt. sollicher unser zugemuten beger nie stadt geben wollen. Darumb so trugen wir zu dem reichstag wenig lust und naigung, des wir doch hievor villmaln begert, und, do ihr Mt. sollicher unserer beger solt stat thun, wurde es dafur geacht, als hetten wir schon das best hinweggenommen und were der reichstag unsernhalben schon gehalten.

Zudem solt der vorgemelt und der itzig nachgeendt punct der brenner halb dahin gestelt werden, als wir aus sollicher schrift vormerken, namblich so der uns unser begerr erstlich des friedens, zum andern süspension des cammergerichts proces und züm dritten der prenner halb wilfarüng beschehe, das wir dann allererst geneigt weren, uns des reichstags halb gehorsamblich zu halten, so mochte es uns abermaln fur ainen geverlichen auszug gerechnet werden, sonderlich in dem, das wir der ksl. Mt. zumuten, des sie uns nicht leisten konnte. Dann das ihr Mt. die abschaffung sollichs ubels thun solte, uber das die urgichten und sollicher handel der mordprenner halb etwas weitlauf und man noch das bestendig oder unbestendig nicht gewiß wust, das wolt ihr beschwerlich sein, sonder musten die sachen woll und warhaftig erkundigt und etwas gewisser gemacht werden, und wurd uns also nichts gewisses volgen dann calumnien und beschwerlicher nachreden.

Darumb und do ye solliche schrift solte ausgehen, so müst die petition derselben uff ainen sollichen langen anstand nit tringen, d sonder sich allein–d bis auf den nehern reichstag und bis zu ausgang desselben erstrecken und das zu dem andern die suspension der acht und alle cammergerichtsproces bis daselbsthin auch solten angestelt und aufgehaben und zum dritten gepetten werden, das ihr Mt. der prenner halben ain gnedigs einsehen haben wolt, damit sollich ubel abgestelt wurd, mit dem erpieten, das wir die gefangen in ihr Mt. oder ander unparteischer fursten handen stellen wolten oder ir Mt. mocht imandt verordnen, so wurd sie den grunt und warheit befinden etc. Darumben und dieweil dann das cammergericht mit irem procediren nit stilstünde, dartzu etlich rustung vorhanden und zu demselben die not der prenner halb so groß, das wir taglich und sonderlich so vill dester mehr aus unserm abwesen verlust und verterbens sorgen musten, so konnten wir aus vorgemelten ursachen und dann auch, das wir mit kainem glait und sicherhait versehen, ubel und mit unstattene von unsern land und leuten raisen und teglich verterben erwarten noch sollichen reichstag aigner personn besuchen, mit weiter endschuldigung, wie die gefünden werden mag etc. Wir wolten aber denselben reichstag statlich beschicken, züm teil mit bottschaften, züm teil mit unser selbst person, dorab ihr Mt. sonder zweivel gefallens entpfahen wurde.

Aber neben diesem allem haben dannocht euere L. zu erachten–c, nachdem dis ain thun sein will, das nit allein uns, sonder alle unsere zuverwandten stende belangt, das dann eueren L. und uns dahin zu sehen sein wöll, damit der last eueren L. und uns nicht ainig uff dem hals lige, und sonderlich f bewegt uns nicht wenig, dieweil–f wir an etlichen vormircken, das sie, den reichstag zu besuchen, geneigt, wie dann euere L. desselben ab der von Ulm schreiben hiebeneben zu sehen und zu vernemen haben. Darumben aus angetzaigten ursachen und sonderlich, dieweil auch die besüchung des reichstags, wie man auch dem ubel der mordprenner rathsamlich begegen woll, puncten des ausschreibens sein, uber williche sich die andern stende uff negster zusamenkunft bedencken, rathschlagen und schlissen sollen, so hetten wir fur gut, das mit gemeinem rath der andern hierinnen gehandelt und geschlossen wurd. g Dann es mochten dannocht die stend der urgichten und bekandnus halb allerley bedenckens haben, also das sonderlich not sein will, das alle urgichten vleissig besehen, was bestendigs oder unbestendigs, erforscht und von allen stenden vleissig geredt werd, damit wir nicht etwan von dem pabstischen tail ainer iniuri oder sonst nachteiliger beschwerung angetzogen–g. Konnt es nun beschehen, das die rethe, gesandten und pottschaften, sovill derselben zu Wormbs beyeinander versamblet sein, von sollicher schrift (davon inen euere L. copien und aller andern bericht woll furderlich zuschicken konten) rathschlagen und furter nach irem bedencken dieselben verfertigten, so were es so vill dester besser und sonderlich, dieweil sie den kaiser zeitlich antreffen mochten, ehe er in dem antzug des reichstags sein wurd. Wo nit und das sich die rethe und gesandten zu Wormbs, zu rathschlagen und zu schlissen, beschwern und sagen wurden, das sie derhalben zu schlissen nit abgefertigt, so must man aus ainer nott ain tugent machen und die sachen uff kunftigen versamblungtag anstellen. Wolt dann die zeit ye zu kurtz werden, so mocht man eylend und gleich h in anfang des tags und–h von dem tag aus ain pottschaft zu dem kayßer schicken, die ine underwegen antreffen mochte, und ihrer ksl. Mt. alle die ursachen ertzelen lassen, wie die vleissig und ordenlich in euerer L. verfaster schrift begriffen, und umb gelait und ander notturftig ding bitten, als man des weiter zu rath werden mocht.

Wurde aber euere L. uber diese unsere ursachen fur besser ansehen, das die schrift, wie sie verfertigt, hinweggehen und an den kayser geschickt werden solten, so haben wir sie schon unsers teils versecretirt, i schicken eueren L. dieselben mit allen andern schriften widderumb zu–i und wollen des mit eueren L. ainig sein, also das euere L. dieselben unsernhalb j bey ainem ir[er] L. aigen botten umb sonderlicher ursachen und bedencken willen–j hinwegfertigen magk, und wir wolten dannocht eueren L. sollich unser sorgveltigkeit freuntlicher meynung nicht unangetzaigt lassen, dero wir freuntlich und vetterlich zu dienen geneigt sein. Datum Zapffenburg, den 2. Decembris anno etc. 40.

[Zettel:] k Auch freuntlicher, lieber vötter und bruder, so will die notturft in allweg ervordern und sonderlich haben wir euerer L. person halb ain furnemblich bedencken, das wir mit ainem sichern, gnugsamem glait versehen werden, wie es dann euere L. selbst auch fur nottwendig achten mögen3. Datum ut in litteris–k.

Anmerkungen

1
 Die Kopie hat fol. 256v als Datumszeile: Datum Zapffenburg, den 4. Decembris anno etc. 40.
a
–a In B marg. nachgetr.
2
 Vgl. Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Lgf. Philipp von Hessen, Zerbst, 1540 November 24, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 364–372 Nr. 141, fol. 152r–153v (Reinkonz.): Hat auf entsprechende Vorschläge des Landgrafen mitgeteilt, dass er dabei sei, ein gemeinsames Schreiben an den Kaiser wegen der eingegangenen Ausschreibung des Reichstags vorbereiten zu lassen. Schickt das von seiner Seite bereits ausgefertigte Schreiben zur Siegelung durch den Landgrafen und Weiterleitung an den Kaiser. Soll dessen Antwort umgehend mitteilen. Hat Auszüge aus den Bekenntnissen von Mordbrennern zur Unterrichtung des Kaisers beigelegt. Urgicht Heinrich Dieks (Teichs). Und wiewol darinnen, zuvorderst aber das etzliche personen, die solichem mordtbrennen vordechtigk, namhaftigk gemacht, wol allerlei bedenken zu haben, so will doch solichs in keinen wege euerer L. und unser, auch unser aynungsvorwanten stende nodturft halben zu umbgehen sein. Rät, auch das Geständnis über einen geplanten Brandanschlag auf die Stadt Kassel dem Kaiser zur Kenntnis zu bringen. Über etwaige Änderungsvorschläge des Landgrafen zum Schreiben an den Kaiser werden sie sich verständigen können, wenn auch der Zeitverlust nachteilig ist. Datum Zerbst, den 24. Nouembris 1540. – Vgl. auch Kf. Johann Friedrich von Sachsen an Dr. Gregor Brück, Torgau, 1540 November 16, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 1, fol. 154r–157v (Reinkonz.), hier fol. 154v–155r: [...]. Nachdem ir aber in solichen ubersandten copeien undter anderm befinden werdet, was Dr. Kopp, so noch an dem keiserlichen hofe ligt, an die von Straßburgk geschrieben und dan darinnen angetzeigt wirdet, wie es umb die verordnung des H. Granuels zu gemeltem gesprechstagk und sunst des reichstags ksl. Mt. halben ain gelegenhait haben solle, so bedencken wir, ob euch solchs zu vorfertigung der schrift an ksl. Mt. mocht dinstlich sein, dieselbige etzlichermaß darnach zu richten, wie ir dan woll werdet, do es sich schicken will, zu thun wissen. [...]. Torgau, den 16. Novembris 1540. Vgl. dazu Dr. Gregor Brück an Kf. Johann Friedrich, Wittenberg, 1540 November 18, ebd. fol. 158r–161r (Ausf.), hier fol. 159r–159v: [...]. Der landgraff stellet sich gleich, als werde man umb in buelen mußen. Ich zweifel nit, euere kfl. Gn. werden meyne untertenigen bedencken zukomen sein, was des reichstags und camergerichts halben an ksl. Mt. solt zu schreiben sein. Nhun wil ich des landtgrafen anzeig, noch auch sunst allerley darzuthuen, auch zu [endern?] sein. Es mocht auch nit ungueth sein, das dem keyser geschrieben werde von der erforderung des Bf. von Meyßenn. Ich hab die brief des landtgrafen dorauf alhie behalten, ob euere kfl. Gn. die notelen wolten herwiderschicken, dieselben nach seiner fstl. Gn. bedencken etzlichermaß auch zu richten, wiewol sichs vorzeucht. Doch kunth ßovil noch nit damit verseumbt werden. Ich wil auch eueren kfl. Gn. mein unthertenigs bedencken uff des Bf. von Meysen schreiben unthertenigst zu erkennen geben. [...]. Datum Wittenberg, Dornstag, den 8. nach Martinj anno etc. 40.
b
 In B danach gestr.: sonderlich im falh, do uff kunftigem reichstag kein beharrlicher friden uffgericht.
c
–c In B korr. aus: das uns allerlay verweis dorus fliesen und komen und sonderlich die ksl. Mt. nachgedenckens haben mocht, als suchten wir sonst geverliche weg und heten zu dem reichstag wenigste lust und naygung, zudem das es auch ir ksl. Mt. dofur achten mocht, wann wir wilfarung diser unser beger heten, das wir dann das best hinweggenomen und der reichstag unsern halb schon gehalten were. Wir haben auch den sachen in sonderheit noch weitter nachgedacht und befinden bey uns. Dazu ist in B marg. nachgetr., aber wieder gestr.: nichzit dester weniger aber, wann uns die sachen unser person allain berurten, so heten wir sollicher schrift halb keine beschwerung, es könnden aber dannocht euere L. erachten. Der Passus ‚dann wir hetten auch vormaln‘ bis ‚hievor villmaln begert‘ ist in B nachgetr. als Ersatz für den nach ‚beschwerden‘ gestr. Passus: furnemblich dieweil ir ksl. Mt. sollicher zugemudter beger nie stattgeben wollen. Der Passus ‚Wir wolten aber‘ bis ‚gefallens entpfahen wurde‘ ist in B korr. aus: Sovil achteten wir, das die besserung sollicher schrift beschehen möchte.
d
–d In A unterstr.
e
 In C: uncosten.
f
–f In B korr. aus: nachdem.
g
–g In B nachgetr.
h
–h In B und C marg. nachgetr.
i
–i In B marg. nachgetr.
j
–j In B marg. nachgetr.
k
–k V. 3. Hd. Fehlt in B.
3
 Zur Frage des Geleits und zur Acht gegen Goslar vgl. Lgf. Philipp von Hessen an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, o. Ort, o. Datum, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 364–372 Nr. 141, fol. 121r–122v (Ausf.): Nimmt an, dass dem Kurfürsten das von ihm diesem zugeschickte, an die Stadt Worms adressierte Ausschreiben für den Regensburger Reichstag mittlerweile zugegangen ist. Ein gleiches Ausschreiben ist ihm von der Stadt Augsburg zugesandt worden, von deren Bedenken wegen des Geleits er ein Kopie beilegt. Dieweil wir nu sollich zu erwegen nicht fur unzeitlich achten, so wurt es dannocht eueren L. und uns nott sein zu gedencken, wann uns das außschreiben beschehe, das wir daruf mit antwurt zu erlangung des glaits auch gefaßt seien und die unsern und wir damit versehen werden. Da Goslar wegen der Acht in großer Bedrängnis ist, hält er dafür, dass die Verbündeten darüber auch beraten und ihre Gesandten entsprechend abfertigen sollten. Ausfertigung eines entsprechenden, gemeinsamen Schreibens an die Verbündeten, das er den Mitgliedern seines Bundeskreises dann zustellen wird. Falls der Kurfürst anderer Meinung ist, wird man sich verständigen können.