Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Straßburg AM, AA 496a, fol. 30r–35v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 30r:Lectum 20. Aprilis anno etc. 41.

Regest mit Ausz.: Winckelmann, Pol. Corr. Straßb., Bd. III, Nr. 188, S. 177–179.

Ich hab in abwesen Batten von Duntzenhaim, welcher am Palmtag nechstverschinen [1541 April 10] mit Eberhardten von der Than, churfurstlichem, und dem Frh. von Pleß, hessischem gesandten, zu Hg. Ulrichen von Wurtemberg in sachen, die von Eßlingen betreffen, verritten, [ewer schreiben] empfangen und darauß vernomen, das der stattschreiber1 mit Dr. Hainrich Koppen hinab gon Speyr in der cartheusersachen2, vor und ehe ir unser nechste brieve empfangen, verritten gewesen. Dweil wir nun seithar die copeyen ksl. Mt. schreibens an das chamergericht und die baiden cartheusermönch empfangen3, so schicken wir sy euch hiemit zu. Und wiewol uns das schreiben an die baiden mönch nit gefellt, so ist es doch on unser begern von der ksl. Mt. also uberschickt worden, also das wir es nit wenden mögen.

Sonst hat die ksl. Mt. uf Zinstag, den 5. Aprilis, nach gehaltener meß vom hailigen gaist den furtrag dises reichstags [Nr. 29] in beisein irer Mt. und aller churfursten und stendt und der abwesenden pottschaften thun lassen, wie ir ab hiebei gelegter copei, mit A bezaicht, vernemen werden. Und seindt die baiden Ff. von Hessen und Braunschweig uf protestation, so sie vor ksl. Mt. und der churfursten pottschaften in ksl. Mt. wohnung zuvor gethan haben, personlich bei sollichem furtrag gewesen. Doch ist aus verordnung der ksl. Mt. der Hg. von Saphoy zwuschen inen baiden gesessen. Es hat auch Hg. Friderich pfaltzgrave von ksl. Mt. wegen ain kurze vor- und nachrede vor dem schriftlichen furtrag, so verlesen worden, gethan. Darauf die stende abschrift begert und am Mittwoch [1541 April 6] darnach sollichen furtrag abschreiben lassen.

Und haben sich die stendt gleich gethailt also, das nachgends am Donderstag [1541 April 7] anfäncklich die churfursten, fursten und stett der veraynigung sich zusamengethon, die sach, weß der ksl. Mt. zu andtworten sey, berathschlagt und nachgends sollichen iren ratschlag den gesandten des Hg. von Zwayenprucken, dergleichen denen von Nurmberg, Nördlingen, Dinckelspuhel und Gengen furgehalten und sich mit inen ainer antwort verglichen laut der copei [Nr. 84], hiemit mit B verzaicht, welche sy auch nachgends Sambstag, den 9. Aprilis, der ksl. Mt. alle samptlich ubergeben. Also hat die ksl. Mt. am Montag, den 11. Aprilis, alle stend unserer religion wider beschickt und an uns begert laut der copey mit C bezaicht [Nr. 85]. Darauf wir bedacht biß morgens, den 12. Aprilis, gebetten und also irer Mt. wider antwort geben uf gestrigen Zinstag laut und inhalt der copey, mit D verzaicht [Nr. 87]. Welche antwort ir ksl. Mt. zu gantz gnädigem gefallen angenommen und sich vernemen lassen, das ir Mt. dise handlung allain zu grundtlicher erkhundigung der warhait und dem hl. reich theutscher nation zu frid, ruge und wolfart angefangen, der hoffnung, wir werden uns auch also erzaigen, das ir Mt. angekörter vleiß und gnädiger will nit vergeblich und unfruchtbar sey etc.

Daneben aber haben unsere chur- und fursten durch ire räth in beysein etlicher von stetten sich offentlich vor des gegenthails ausschutz protestiert und bezeugt, das sy durch dise sönderung kain eingang im reich gemacht haben, sonder inen iren standt und stimme in allen andern reichssachen ausserhalb der religion, wie von alter herkomen, vorbehalten haben wöllen. So haben wir von stetten auch bei den andren stettgesandten zum freundtlichsten angezaigt, das wir uns sonst in andern sachen von inen nit zu söndern gedencken. Welches sy zu freundtlichem danck angenomen und sich gantz freundtlich hinwider erpotten.

Nun haben die churfursten, fursten etc. des andern thails sich auf den 11. Aprilis endtschlossen, der ksl. Mt. antwort zu geben; erstlich ir Mt. zu dancken, zum andern ir Mt. furschlag zu willigen, doch das ir Mt. die verordnung der personen mit irem wissen und willen thue und durch dieselben alle sachen mit irem wissen und willen gehandlet werden. Haben auch sollichen iren beschluß den andern stetten, so nit unser religion sind, furgehalten, die haben es aber inen nit gefallen lassen, sonder, wie die chur- und fursten sampt der abwesenden pottschaften die obgemelt ir antwort der ksl. Mt. uf den 12. Aprilis zu neun horen am morgen ubergeben [Nr. 89], haben die stett gleich daruff ir aigen antwort der ksl. Mt. auch ubergeben laut der copei mit E bezaicht [Nr. 90]. Nun hat die ksl. Mt. der stett antwort gantz gnädiglich angenomen, aber der churfursten und fursten antwort ist sie nit gesettigt gewesen, sonder hat von stund an wider an sy begert, ir Mt. furschlag zu bewilligen. Das ha ben sie zu bedacht genomen und auf heut morgen sich endtschlossen, ir Mt. die verordnung und benennung der personen zu vergönnen, doch das ir Mt. dieselben personen den stenden anzaig, damit sy, wo vonnöten, ir nodturft darauf furwenden mögen; dergleichen, das dieselbigen, wann sy ain artickel vergleichen, sollichs allweg inen, den stenden, anzaigen, ehe sy zu ainem andern greiffen. Sollich antwort [Nr. 91] haben sy disen oben [= Abend] ir Mt. geben. Was nun ir Mt. darauf geantwort, ist mir nit wissen. Ich versihe mich aber, ir Mt. werd dise tag nichts mehr handlen bis in die osterfeirtag. Dann Hg. Friderich Pfgf. ist schon heut mit seiner gemahel in ain closter nahe hiebey gezogen. So wurdt sich ir Mt. one zweivel auch einthun.

Man hat auch ksl. Mt. hievor ain supplication der von Braunschweig und Goßlar halb ubergeben [Nr. 244], dieweil Hg. Hainrich den stillstandt und ksl. Mt. fridgepott nit haltet. Und dweil noch kain endlicher beschaid darauf gefallen und aber der gesandt von Braunschweig mundtlich und die von Goßlar schriftlich die stend bericht4, das der hertzog noch furt und furt sy betrangt, hat man wider an die ksl. Mt. suppliciert und sollich supplication [Nr. 248] den 9. Aprilis mit unser ersten antwort uf ksl. Mt. furtrag ir Mt. ubergeben, aber noch kain antwort empfangen.

Mgf. Joachim, der Kf. von Brandenburg, ist uf heut hie mehr dann mit 300 pferden einkhommen, hat bei ime Hg. Wilhelm von Braunschweig, Hg. Heinrichs bruder, und ainen jungen Hg. von Meckelburg. Von unsern ständen seindt noch nit hie Leunenburg, Pomern, Mgf. Hans von Brandenburg, die drey brueder von Anhalt, Mgf. Geörg und Albrecht von Brandenburg. Haben auch alle noch kain pottschaft hie. So ist von sächsischen stetten nyemands hie dann Braunschweig und Bremen.

So ist die röm. kgl. Mt. auch noch nit hie, wiewol man sagt, sy solle all tag uf der post khomen.

In Hungern ist Pest hart belegert, wie ir auß hiebeygelegter zeytung, mit F bezeichnet, vernemen werden.

Der advocaten halben hab ich hiebei vilen frag gehabt, aber nichts erfaren kunden. Dann Dr. Iheronimus zum Lamb, so bei denen von Franckfurt ist und jetzmal mit dem Bgm. Glaberger hiehär uf disen reichstag geschickt, der vermaint, wo ir, mein herrn, mit Dr. Wolfgang Weidner, so viscal gewesen, handlen wurden und in allein zum advocaten und räthen in der statt brauchen und des reytens oder schickens erlassen, er solt zu bewegen sein, das er den dienst uf ain jar zu versuchen anneme. Und hat sonst kain zweivel, ir wurden wol mit ime versorget, dan er sei gelert, from, treu und arbaitsam. Dweil er aber kain kinder hat und nunmehr auch der jar, begeb er sich nit gern in grosse, arbaitsame dienst. Wo er aber erfaren wurde, das der dienst nit so unruwig, wurde er desto baß zefriden sein. Derhalben möcht ir wider durch Dr. Peter Roten oder jemands anders mit ime handlen lassen. Sonst hat er mir zwen junge doctores angezaigt, der ain haißt Dr. Georgius Selld, ist von Augsburg und ain zeitlang am chamergericht procurirt, darnach bei dem Bf. von Aystet gewesen und jetz seins diensts ledig. Es stond aber die Ff. von Payern nach ime; acht aber, dweil er dem evangelio genaigt, solt zu bewegen sein, das er euch, meinen herrn, diente, wo er sich mit Payern nit verdieft. Der soll uff den Osterzinstag [1541 April 19] hiehärkomen. Hab ich ime, Dr. Iheronymo, bevolhen, sobald er erfärt, das er hie sey, zu ime gehn und mit ime ze reden. Dan er ruempt mir ine seer, das er gelert und geschickt und wol zu prauchen sein wurde, ein angohnder mensch, der ain gut ingenium und verstandt hab.

Der ander haißt Dr. Wolfgang Preuning, ist ain procurator am chamergericht, von Tubingen purtig, auch ain geschickter, junger gesell und der religion nit zuendtgegen. Von dem möchten ir weither erfahrung thun. Was mir dan von dem andern von Augsburg begegnet, will ich euch hernacher wissen lassen. Der Bgm. Rellinger vermaint auch, wo uns der Selld werden möcht, wir sollen in annemen. [...] 5. Datum Regenspurg, Mitwoch, den 13. Aprilis anno etc. 1541.

Anmerkungen

1
 Johann Meyer.
2
 Prozess des Kartäuserordens gegen die Stadt Straßburg wegen der dortigen Kartause. Vgl. dazu Schelp, Die Reformationsprozesse, S. 172–198 und S. 235–239.
3
 Aufforderung des Kaisers an das Kammergericht und an den Kartäuserprior (Mainz) Gobelinus sowie an den Kartäuserprior zu Koblenz Lampert von der Weiden (Lampertus Pascualis), den Prozess gegen die Stadt Straßburg vorläufig zu suspendieren, da eine anderweitige Lösung des Konflikts angestrebt werde. Vgl. Winckelmann, Pol. Corr. Straßb., Bd. III, Anm. 3 zu Nr. 188, S. 178. Vgl. dazu Batt von Duntzenheim und Jakob Sturm an Bgm. und Rat von Straßburg, Regensburg, 1541 April 4, Straßburg AM, AA 496a, fol. 27r–29v (Ausf.): Haben ihnen bereits mitgeteilt, was der stend bedencken sey in der Carthuser sachen, daneben auch bericht, wes wir bey dem H. von Granuella und der ksl. Mt. rhäten durch eine teutsch ubergebne supplication gesucht. Doruff fugen wir euch zu vernämen, das unß die antwort uff gesterigen Sontag [1541 April 3] worden, die ksl. Mt. hab dem camergericht ernstlich schreiben lossen, das sy in diser und andern sachen stillstone und verne nit procedieren sollen, versehe sich entlich, sy werden ir Mt. bevelch also nachkhumen. Wir haben copiam des schribens begert, aber noch nit uberkhumen, wurt sy unß, wollen wir sy auch uberschicken. [...]. Datum Regenspurg, den 4. Aprilis anno 41. [Zettel:] Wir haben die copias des schriben an das camergericht nicht mogen erlangen, werden die originalia erst uff heut uberschickt werden an das camergericht, den prior zu Mentz und Coblentz, das sy stillstonden, sind aber vertrost, sy sollen unß harnach werden, so sollichs beschicht, sollen sy uch unverhalten pleyben. Datum ut supra.
4
 Vgl. z. B. Bgm. und Rat von Goslar an [Lgf. Philipp von Hessen], 1541 März 27, Marburg StA, PA 579, fol. 279r–283r (Kop.): Danken für sein Schreiben vom 15. März und für die mitgeschickte Kopie eines Schreibens seiner Räte aus Regensburg. Wollen ungern etwas gegen Hg. Heinrich von Braunschweig unternehmen, wenn er seinerseits die ksl. Suspension respektiert. Wollen ihn und Kf. Johann Friedrich von Sachsen nicht in Schwierigkeiten bringen. Wünschen allenthalben Frieden und gütliche Beilegung des Konflikts. Haben die Übergriffe Hg. Heinrichs und seiner Leute mit aller Geduld ertragen und tun dies noch, um nicht eine weitere Eskalation zu verursachen. Die gegen sie verhängte Straßensperre ist noch nicht aufgehoben. Können auch nicht erkennen, dass Hg. Heinrich seine Leute angewiesen habe, von Gewaltanwendung abzulassen. Was einem Bürger aus Goslar, der Bier nach Braunschweig bringen und gesalzene und gedörrte Fische zurückbringen wollte, neulich widerfahren ist, ergibt sich aus beiliegendem Protokoll. Demnach hat Hg. Heinrich offenbar nicht die Absicht, auf Gewalttaten zu verzichten. Haben trotzdem an die Hofräte in Wolfenbüttel laut beiliegender Kopie geschrieben und um Geleit für ihre Gesandten zum Reichstag gebeten. Das ihnen zugeschickte Geleit verrät die Gesinnung der braunschweigischen Räte und ihres Herrn gegenüber Goslar. Braunschweigische Adlige sollen erklärt haben, die Beschickung des Reichstages durch Goslar verhindern zu wollen. Wissen nicht, ob ihre Gesandten gefangengenommen oder ob sie nur vom Reichstagsbesuch abgeschreckt werden sollen. Entnehmen aus dem Schreiben seiner Räte aus Regensburg, dass Hg. Heinrich auch seine und des Kf. von Sachsen Ankunft verhindern möchte, damit die Wahrheit nicht an den Tag kommt und er ungehindert seine unwahren Behauptungen verbreiten kann. Wollen trotzdem ihre Gesandten abfertigen, es sei denn, dass ihnen andere Informationen zugehen und ihnen das Gegenteil geraten wird. Hg. Heinrich und seine Räte stiften auch notorische Übeltäter, die mit Goslar verfeindet sind, zu Untaten an. Entnehmen dem Schreiben seiner Räte aus Regensburg, dass Hg. Heinrich mit Arglist und Feindseligkeit agiert. Gott möge wie bisher seine bösen Pläne zunichte machen. Es verwundert, dass Hg. Heinrich wahrheitswidrig gegenüber dem Kaiser behaupten darf, dass er der ksl. Suspension Folge leiste. Denn die Straßensperre gegen ihre Stadt besteht noch. Wegen seiner Lüge sollte sich Hg. Heinrich vor dem Kaiser schämen. Hg. Heinrich hat zwar gegenüber dem Kaiser freie, sichere Passage für die Goslarer Bürger durch sein Land zugesagt, nicht aber die Öffnung der Straßen. Haben von der versprochenen Sicherheit noch wenig gespürt. Wahr ist jedenfalls, dass ihnen noch immer jede Zufuhr gesperrt wird. Hg. Heinrich hat seinen Untertanen unter Strafandrohung jede Lieferung nach Goslar verboten. Den Transport aus der Stadt gestattet er, damit sie nichts behalten möchten. Ob dies als Einhaltung der Suspension anzusehen ist, überlassen sie dem Urteil Unparteiischer. Gott und der Kaiser werden die friedbrüchige Gewalt sicherlich strafen. Die Behauptung Hg. Heinrichs, vor kurzem seien die Braunschweiger mit 400 Mann in seinen Wald eingefallen, beziehen sie auf Goslar und seine Bürger, die im stadteigenen Wald Brennholz geschlagen haben. Hg. Heinrich hat an diesem Wald keine Rechte. Von Gewaltanwendung ihrerseits in einem Wald Hg. Heinrichs kann keine Rede sein. Haben über diese Angelegenheit auch den Kf. von Sachsen und Dr. Siebert in Regensburg informiert. Under unser statt secret am Sontag Letare anno etc. 41.
5
 Vgl. auch Martin Bucer an die Straßburger Prediger, Regensburg, 1541 April 14, Cunitz, Eduard/Reuss, Eduard (Hrsg.): Thesaurus epistolicus Calvinianus, Bd. II., Braunschweig 1873, Nachdruck 1964 (Ioannis Calvini opera quae supersunt omnia Bd. XI), Bd. II, Nr. 296, Sp. 194–196.