Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 332r–338v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 338v: Den H. Granuel zu bitten, ihre kfl. Gn. bey ksl. Mt. wegen der personlichen nit-erscheinung zu entschuldigen. Item, das derselben in deß von Gulichs sach nicht entgegen oder zuwider gehandelt worden etc.

Ausz.: Corp. Reform. IV, Nr. 2236 , Sp. 306–308.

Wir haben dein schreiben, das du am datum Regennsburgk, Freitags nach Jubilate [1541 Mai 13] an uns gethann [Nr. 645], Montags nach Cantate [1541 Mai 16] ufm Schneberg empfangen. Nun wheren wir wol genaigt gewest, dir hiermit zu schreiben, welchergestalt du dem H. Granuelh uf sein jungste antzaige, die er dir unsers personlichen erscheinens halben zu Regennsburgk gethann, nach lenge widderumb zu antwurt geben soltest1. Wir zweiveln aber nit, du habst neben unserm freuntlichen, liben ohaimen F. Wolffenn von Anhalt und unsern rethen numer vornommen, was wir berurts unsers personnlichen erscheinens halben fur fursorge tragen, auch das Dr. Marthinus und Pommeranus dasselbe gar nit fur gut ansehen2, sundern darfur bitten. Dorumb wir uns vorsehen wollen, gemelter unser ohaim von Anhaltt, die rethe und du werden uf dieselbe unsere antzaige den sachen auch weiter nachgedacht und uns euer gutbeduncken deshalben wissen herwider zu erkennen zu geben, dann wir wolten nit gerne Pfgf. Fridrichen oder dem H. Granuhel zu vorstehen geben lassen, ob wir kommen oder nit kommen wollen, wir sein dan uf ainem der angetzaigten wege entlichen entschlossen.

Dorumb, wo genanter H. Granuhel dich wurde weiter ansprechen und wissen wollen, ob dir uf sein antzaig von uns bevhelich zukommen, so wollest den vortzugk domit entschuldigen, das wir ksl. Mt. gnedigst gemuet aus der antzaig, so dir von ime bescheen, mit underthennigistem gemuete vorstanden hetten, das ire ksl. Mt. ainen solchen gnedigisten willen gegen uns truge. Wheren desselben auch in aller undterthennikeit gegen irer Mt. danckbar, in sunderhait auch gegen ime, als denen wir darfur vormerckten, das er genaigt where, unsern glimpf und bestes bey ksl. Mt. zu fordern, wo wir es auch umb sein person widderumb vordienen konten, wolten wir an unserm vleis nit mangel sein lassen. Und wiewol unser personlich ankommen zu Regennsburgk unsers erachtens aus deme wenig vonnöten, dieweil wir von unsernwegen stadlich, auch mit volkommenem gewalt dohin vorordent hetten, so befunden wir doch, das unser personlich darkommen uber das, wie angetzaigt, so vil mher dorumb gantz unnötigk, auch unfruchtbar sein mochte, das sich die sachen der religion halben zu kainer vorgleichung schicken theten. Dann wir konten aus den gesprechshandlungen der sechs nit anders vormercken, dan das der ander teyl (ane zweivel nach gefallen des babstes und seines legaten) uns dießes teyls gerne wolten in ain solche vorgleichung und artickel furen, die wir mit Gott und gewissen in kainem wege willigen konten noch wurden, wan wir gleich personlich gegenwertig und zur stedte wheren, inmassen wir auch den artickelh, so von der justification in berurtem gesprech gestelt, als domit die hailige schrift vordunckelt und nur zu grosserm irthumb kunftiglich dienen wurde, gar nit willigen konten, wan gleich aller andern artickelh halben ain vorgleichung mochte troffen werden, als wir es doch auch nit vormercken konnen. Und wiewol wir nichts libers seghen nach wolten dan ainikeit der lhere in der kirchen, davon auch dest mher eusserlicher friede erfolgete, so wuste er aber selbst als ain vorstendiger, was es vor ein beschwerung vor Gott ewiglich uf ime hett, das man von seinem wort und der schrift solte weichen und das allergeringste darwidder bewilligen oder zulassen.

Dorumb where unser in sonderhait vleissig gesinnen an ine, do die ksl. Mt. unser personlichen ankunft weiter wurde gedencken, er wolte solchs bey ksl. Mt. undterthennigist entschuldigen, domit ire Mt. des vortzugs kainen unwillen oder ungefallen wolten tragen. Dan schirst wir von den [sic!] von Anhaltt, auch dir und den andern unsern rethen bericht wurden empfahen, wie es mit der gesprechshandlung vorbleiben und ob sich dieselb zu ainer rechten, christlichen und gruntlichen vorgleichung schicken thette oder nit, so wolten wir dir schreiben, das du ime uf die jungste antzaigung unsere antwurt weiter vormelden soltest. Wollest ine auch als uf unsern bevhelich bitten, das er dieße deine antzaig nit unguetlich wolte vornemen.

Dan wir konten ime nit bergen, das uns die gedancken zufielen, das sich ksl. Mt. gnedigst furhabben, nemlich uns in ainen ewigen, freuntlichen vorstand zu nemen, doher mochte vorursachen, das villeicht ire Mt. durch etzliche des andern teyls des mochten persuadirt und irer Mt. eingebildet worden sein, als ob wir villeicht solten mugen bewegt werden, in der religion nach gemelts andern teyls gefallen und sonderlich, so wir personlich gegen Regennsburgk kemen, uf ksl. Mt. gnedigs begeren weiter zu entweichen, dan sonsten, so wir nit personlich zur stedte wheren, bescheen mochte. Wo nun ksl. Mt. ain solche persuasion where furgebildet worden, so wolten wir liber er, der Granuelh, wisse unser gemuett vorhin und theten [sic!] ksl. Mt. davon zu fuglicher zeit undterthennigisten bericht, das es die maynung nit hett noch haben mochte, dann wir wurden nach gelegenhait der groswichtigen sachen doch ebensowenig von unser confession und apologien und, was dem anhengig, mit beschwerung unser gewissen und ane claren grund der hailigen schrift entweichen, so wir gleich personlich zur stedte wheren als so wir nit aldo sein. Solten wir dan dorumb, das wir nit weichen konten noch uns mit Gott und gewissen geburen wolte, also wider abeschaiden, wie wir dohin kommen wheren, so mochte es villeicht di ksl. Mt. darfur wollen achten, das wir uns vor unser personlichen ankunft des billich gegen irer Mt. oder gegen ime, dem H. Granuelh, hetten sollen vornemen lassen. Dan da es ire Mt. hette wissen sollen, wolte sie unser jegenwart villeicht liber nit begert dann begert haben und also unser personlich erscheinen ksl. Mt. nur zu mhererm misfallen und uns zu ungnaden geraichen, welchs wir je ungerne wolten etc.

Und uf solche antzaigung wollest des H. Granuhels antwurt mit vleys vormercken. Und so er dan in seiner itzigen antwurt vil hierauf wurde dringen, solte ksl. Mt. ainen friden ufrichten im reich, wie ire Mt. zu thun hochbegirig where, so muste uf baiden teylen etwas zugeruckt und entwichen werden etc., so wirdestu ime dorauf wol wissen mit etzlichen spruchen zu begegenen, das es mit solcher sachen vil ain ander gelegenhait hett dan mit andern prophanhendeln, dan in dießem vhal lisse sich von der bekanten lhere widder abe- noch zusetzen, auch nit im allerwenigisten ane vorletzung und beschwerung der gewissen und gefhar der vordamnus, es beschege dann mit vorlegung[= Widerlegung] durch clare hailige schrift. Ab er auch hieruber zornen wurde, doran wirdestu dich nit keren, sondern dich in alwegen mit glimpf hinwider gegen ime wissen zu vornemen lassen.

Dieweil wir vormercken, das am kayserlichen hoff unsers ohaimen und schwagers von Gulich und Gellern rayße in Franckreich ruchtig worden, so bedencken wir, das villeicht ksl. Mt. die gedancken mochte schopfen, als ob wir derselben unsers schwagers hendel halben scheu mochten tragen, aigener person gegen Regensburgk zu kommen und, wo deme also, so halten wir es darfur, der H. Granuhel werde sichs gegen dir vormercken lassen. Wo es nun bescheghe, so soltu ime als fur dich selbst dorauf antzaigen, das du ime mit grund wol sagen mochtest, ab wir wol unsern geschickten, dem von Anhalt, auch unsern rethen und dir, von vorberurter ursachen geschriben, dorumb wir fursorge hetten, das unsere personliche gegenwertikeit zu Regensburgk wenig fruchtigen, auch ksl. Mt. zuletzt ungefellig sein mochte, so hetten wir doch von gemelter unsers ohaimen und schwagers rayße in Franckreich kein antzaigung noch vormeldung gethann, dorumb du es darfur hieltest, das gewißlich dasselbe kein ursache unsers vortziehens und personlichen nit-erscheinens sein konte. Du mochtest auch nit erachten, was uns dieselbe reyße unsers ohaimen und schwagers in Franckreich fur ein abscheu konte machen. Dan so der von Gulich in Franckreich geraist, wurde es freilich kainer andern maynung von ime bescheen sein, dan das er seine braut, die von Nauarra, wolte besuchen, villeicht auch das ehelich beylager beschlissen, wie dan gotlich und billich where.

Wurde er dan sagen, jha, er wurde was mher darneben practiciren und ksl. Mt. zuwidder bewilligen mussen, so solten wir unsern geschickten auch dorin haben etc., dorauf mochtestu ime antwurten, das du kain wissen davon hettest, zweivelst auch nit, unser ohaim von Gulich wurde sich als ein ehrlibender furst also zu halten wissen, domit er nichts handelte, das er mit Gott und ehren jegen ksl. Mt. nit wurde zu verantwurten wissen, hetten wir dan auch ainen in Franckreich geschickt, das wurden wir ane zweivel dem von Gulich und Gellernn zu freuntschaft und ehren gethann haben als zum beystand, wie dan ain ider freund den andern in solchem nit wol lassen kondte, inmassen wir dan dich und andere vor anderthalben jharen ungeverlichen in dergleichen sachen mit des von Gulichs schwester in Engelannd gefertiget. Es where aber darneben nichts gehandelt, das ksl. Mt. zuwider oder entkegen hette sein mugen. Was dir nun der H. Granuhel uf diß alles widderumb wirdet antzaigen, das wollest, wie oben berurt, mit vleis vormercken, auch unvortzuglichen uftzaichenen und uns das alles ufs schirst zu erkennen geben. [...]. Datum Eybenstock, Dornstags nach Cantate anno domini 1541.

[Zettel:] Als wir dießen brief an dich haben abefertigen und heut frue uf der Platten aufsein und gegen dem Eybenstock rayßen wollen, ist uns unsers ohaimen F. Wolffen von Anhalt und der andern unser rethe sembtlich, auch dein sonderlich an uns gethanes schreiben zukomen, welchs wir gelesen und allenthalben vornomen haben. Dieweil wir dan aus deinem schreiben vormercken, das der Granuhel bey dir vhast uf ein solche maynung, wie wir fursorge getragen, anregung gethann, und wir dir in dießem unserm schreiben vormeldet, was du ime von unsernwegen antzaigen sollest, so ist unser begeren, du wollest dasselbige also thun und, was dir dorauf von ime wirdet zu antwurt begegenen, dasselbige vleissig uftzaichenen und uns unvortzuglich zu unsern handen berichten. So hat uns auch unser ambtman zu Dieben, Hans Pack, darbey geschriben, was unser vedter und bruder, der Lgf. zu Hessen, mit ime vortreulich geredt der rayßen halben, die unser ohaim und schwager der Hg. von Gulich und Gellernn in Franckreich gethann, die numer zu Regensburg lautbrecht worden und von den kayserischen seiner L. halben nit vhast wol gedeutet werden solh. Als wollen wir uns nun so vihl mher vorsehen, der Granuhel werde nit undterlassen, mit dir davon zu reden. Wan nun solchs beschiett, so wollest dich dorauf gegen ime lassen vornhemen, wie wir in dießer unser schrift bevholen. Datum ut supra.

Anmerkungen

1
 Vgl. Nr. 620.
2
 Vgl. Martin Luther und Johannes Bugenhagen an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, [Wittenberg, 1541 Mai 10/11] [Nr. 635].