Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Marburg StA, PA 589, fol. 28r–34v (Ausf.).

Nachdem wir dir, unserm cantzler, jungstlich ein aus Fridwald datirte schrift zugevertigt, darbei copei einer supplication [Nr. 258], so Hg. Heinrich von Braunschwig wider den churfursten und uns der röm. ksl. Mt., unserm allergnedigsten herren, ubergeben haben solt etc., gewesen, so wöllen wir euch nit pergen, das uns itzo di stadt Brunschwig geschriben und etzliche gedruckte exemplaria derselbigen supplication uberschickt, davon wir euch herbei derselbigen gedruckten exemplar tzwey zufertigen.

Dweil dan uns nit gepuren wil, das wir solchen druck stilschweigend und unverantwortet hingehn lassn, so ist unser bevelch, das ir uber sitzet, solchen druck miteinander verleset, auch den den sechsischen churfurstischen rethen zu verlesen weitergebet und von inen horet, dweils iren herren mitbelangt, ob sie dann wolten in ires hern namen ein antwort daruff helfen mit stellen. Wolten sies dan thun, so hats seinen weg, und vergleichet euch mit inen der widerlegung. Wo nit, so stellet in unserm namen ein antwort. Schickt uns davon ein copei, so wollen wirs tzu Marppurg nachtrucken lassen. Lasset derselbigen auch ein etzliche exemplar tzu Augspurg trucken und hin und wider auspreitn. Und sopalt ir solche widerantwort (dartzu ir dann inverschlossene argument, wilche ir wolle tzu exaggeriren und tzu augmentiren wisset, prauchen sollet) gestellet, so lassets sauber und rein umbschreiben, gehet tzur röm. ksl. Mt. und berichtet sie, wie Hg. Heinrich in tzeit des reichstag und unangesehen des fridgepots, so ir Mt. zwuschen uns und ime der wort, werck und weitern ausschreibens halben gethan etc., solchen truck, auch unangesehen des, das uns die supplication, so er irer Mt. ubergeben zu haben ausschreiet, als wir tzu Regensburg waren, nye zu handen komen etc., hab ausgeen lassen und also solch irer ksl. Mt. fridstand geprochen. Derwegen hette unser unvermeidenliche notturft erforderet, doruff tzu antworten, inmassen wir gethan und daruff ein antwort gestellet, wilch ir damit seiner ksl. Mt. uberreichet und untertheniglich von unserwegen bettet, das sie solch antwort verlesen oder ir verlesen lassen, auch uns dero nit verdencken, sondern es dahin (wie dan di warheit ist) achten wolte, das solchs also unser notturft zu errettung unser ehren und glimpfs erfordert hab etc., wie ir solchs wol weither, dan wir itzo in eile schreiben konnen, zu extendiren wissen werdet. a Und wer gut, wan ir die andwurdt der ksl. Mt. gebbet, das mher botschaften der ewangelischen verstendnuß, desglichen Mgf. Jochim und Jorg von Brandenburg dabei weren–a. [...]. Datum Battennperg, Mitwochens nach Johannis Baptiste anno 1541.

[Beilage:] Argumenta tzur antwort wider Hg. Heinrichs druck.

Erstlich wol heraustzustrichen, das er mit solchem druck, so unterm reichstag ausgangen, den fridstand, so ksl. Mt. tzwuschen uns und im bevolhen, geprochen. Derwegen seien wir verursachet, unser verantwortung daruff tzu thun.

Uns sei sein supplication tzu Regenspurg gantz nit tzugestellet.

Dweil er nun diesen druck der supplication, des wir, wie bemelt, tzuvor gantz kein wissens oder bericht getragen, heimlicher, duckischer und ruckliger weise hette lassen ausgeen, so sei uns nit muglich gewesen, das wir im hetten anworten mugen.

Wir seien 11 wochen tzu Regenspurg stilgelegen, warumb er uns nit angesprochen, sondern eben gebeitet [= gewartet] hab, bis wir haben wollen abgehen etc.

Wir seien doch alweg geneigt wesen, mit ime tzur offentlichen verhöre tzu kommen, hetten auch di ksl. Mt. mer dan ein und vil mal darumb gepetten und bitten lassen, beruffen uns des uff ire ksl. Mt. selbst, dergleichen auf den marggraven churfursten, auf Pfgf. Fridrichenn, uff den H. Granuella, den von Brade [= Praet], den H. von Naues und secretarien Gerharden.

Item, derzeit, do di hungerischen und ostereichischen potschaften gehort, weren wir gewesen bei der ksl. Mt., hetten gesehen, daß Hg. Heinrich ir Mt. angesprochen. Sopalt wir solchs gesehen, weren wir tzur ksl. Mt., als si in ir chamer gangen, getretten, sie gefragt, ob er von oder wider uns geredt. Do er nun wider uns geredt, so stunden wir da und wolten gute antwort geben. Daruff di ksl. Mt. gelachet und uns geantwortet, er hett nichts wider uns geredt, sondern nur gebetten umb audientz etzlicher seiner sachen.

Wir trugen auch noch heutigs tags ganz kein abscheu, unserer sach furtzukomen, sondern betten zum vleissigsten umb di verhöre und umb commissarien, sonderlich aber umb di commissarien, so nit allein bei der verhöre wehren, sondern wilh [= welche] ad perpetuam rei memoriam di personen, daruff unser beweisung tzum teil stehet, abhöretten.

Wir hetten unser schriftlich urkund und beweis tzu Regensburg einen guten teil der röm. ksl. Mt. und etzlichen deren rethen furgelegt und davon copien zugestellet, die sie on zweivel nah [= noch] unter glaubwirdigem schein noch bei handen hetten, wilche copien er aber darunter tzu datteln [= tadeln] vermeinte, di wolten wir mit seinen originaln briven, sigeln und handschriften gnugsam glaubwirdig machen. In gleichnus hetten wir solhe brive und beweis in den rechten originalen ezlichen seiner puntsverwanten rethen zu verlesen zugestellet und trugen kein scheue, die fur der gantzen welt furtzulegen, dan es nit gedicht, sondern di warheit were.

Mogen demnach wol leiden, das di ksl. Mt. di sach, wann es ir gelegen ist, verhören lasse, es sei durch di röm. kgl. Mt., churfursten, fursten oder andere stende b oder sondere commissarien–b, wöllen fur denselben zu verhöre erscheinen oder durch unsere rethe erscheinen lassen und inen mit seinen eigenen briven und sigeln, so tzum teil di keiserliche rethe und seiner puntsverwanten rethe, als furberurt, gesehen, der ding, so nit wol seinethalben zu horen seien, uberweisen. Schlagen nit ab, das di verhör itzo alsbald und unsers abwesens geschee. Wöllen ime durch unsere rethe gnugsam antworten lassen.

Wann aber di zeugen, daruff wir uns beruffen, durch di gepettene commissarien abgehöret, so seint wir erpitig, mit derselbigen aussage an glegner malsted selbst zu erscheinen und durch bemelte aussag und seine handschrift, brive und sigel ausfundig tzu machen und dartzuthun, das er in willens gewesen und solchs auch einer guten massen ins werck pracht hat, eintzweder di röm. ksl. Mt. oder Hg. Ulrichen tzu Wurttenberg oder uns schentlich zu betrigen, dartzusetzen, zu verfuren und seinen glauben zu prechen etc. Hab er nun lust, seine brive und sigel, di inen solcher unthaten mit grund besagen, zu sehen, solchs konnten wir durch unsere rethe tzu Regenspurg thun lassen, wann wir schon nit selbst zur stett weren. Wann nun er dieselbigen also verantworten konte, das er nit an der ksl. Mt., Hg. Ulrichen oder uns geprochen etc., solchs were ime furstlichem namen tzu eren tzu gönnen.

Desgleichen, so di zeugen gehoret, so wurd sich wol finden, wi er Dr. Delinghausens gefengnis und umbpringens verwant seie1.

Was aber unsern abzug und abschid von Regenspurg betreffe, do dancken wir Gott, das wir also abgeschiden, das unsers untzweifentlichen verhoffens di röm. ksl. und auch kgl. Mt., unser allergnedigster und gnedige herren, auch andere Kff., Ff. und stend mit uns gnedigst, gnedig, fruntlich und wol zufriden weren.

Desgleichen dancken wir Gott, das uns auch tzu Regenspurg noch sonst di tag unsers lebens ein solchs wie ime von dem ernwirdigen, unserm besonders lieben frund, H. Johann Ebf. zu Costenz und Lunden etc., mit weigerung des handgebens begegnet2, von einigen erbarn menschen nie zugestanden seie, zu wilhem handweigern doch Lunden gute ursach gehabt und im auch sonster ding, wilch Lunden und er selbst, ob er wil, wol wissen, zuentpoten hat.

Diese argumenta, von uns in der eile begriffen, haben unsere rethe nach irem bedencken zu augmentiren, completiren, exaggeriren und davon ab und zu ze thun, auch in geschickter ordenung furtzupringen. Dan dieses soll nur der sentenz und affect der antwort also ungeverlich sein3.

Ir moget euch auch erbitten Steffen Schmidts sachen halben zu verhore, dartzu wir euch sein orginalien, do es vonnöten, zufertigen wollen4. Datum ut supra.

Anmerkungen

a
–a V. Lgf. Philipp eighd. nachgetr.
b
–b Nachgetr.
1
 Zur Gefangennahme des Goslarer Gesandten Dr. Konrad Dellinghausen nach dem Augsburger Reichstag 1530, vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 146–147.
2
 Vgl. dazu Wolfgang Rehlinger und Simprecht Hoser an die Geheimen von Augsburg, 1541 Juni 3 [Nr. 713] und die sächsischen Reichstagsgesandten an Kf. Johann Friedrich und Hg. Johann Ernst von Sachsen, 1541 Juni 9 [Nr. 726].
3
 Vgl. die Kopie [Nr. 259] und den Druck der als Eingabe an den Kaiser konzipierten landgräflichen Rechtfertigungsschrift, deren Argumentation im Wesentlichen den obigen Anregungen Lgf. Philipps entspricht, Frankfurt ISG, Reichssachen II Nr. 912.
4
 Zur Gefangennahme des braunschweigischen Sekretärs Stephan Schmidt durch Lgf. Philipp von Hessen am 30. Dezember 1538 und zu den bei ihm gefundenen Papieren vgl. Mentz, Johann Friedrich, Bd. II, S. 173–175.