Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Marburg StA, PA 578, fol. 153r–159v (Kop.) 2.

Druck: Hortleder, Der Römischen Kaiser- und Königlichen Majesteten [...] Handlungen und Außschreiben von Rechtmässigkeit, Anfang, Fort- und endlichen Außgang deß Teutschen Kriegs [...] vom Jahr 1546 biß auf das Jahr 1558 [...] Gotha 1645, 4. Buch, Nr. XXXIV, S. 1637–1639.

Wenige Tage nach seiner Ankunft auf dem Reichstag hat der Kaiser verfügt, dass er und Hg. Heinrich von Braunschweig während des Reichstages keine Streitschriften gegeneinander publizieren sollen, und ihm mitgeteilt, dass Hg. Heinrich darin eingewilligt habe. Er hat trotz all seiner ungelegenhait und beweglichen ursachen dem Folge geleistet. Hg. Heinrich aber hat seine Zusage gebrochen, indem er böswilligerweise eine gedruckte Schrift hat verbreiten lassen. Mit seiner Verhaltensweise bestätigt Hg. Heinrich die Vorwürfe, die er, der Landgraf, ihm zur Verteidigung seiner Ehre in seinen gedruckten Schriften gemacht hat, und verstößt unter Missachtung des Kaisers gegen den von diesem verfügten Stillstand. Er hat sich damit straffällig gemacht. Hofft, dass der Kaiser Hg. Heinrich entsprechend behandelt.

Hg. Heinrich hat ihn durch seine Publikation gezwungen, sich öffentlich zu rechtfertigen. Zweifelt nicht, dass der Kaiser seine Reaktion versteht. Hg. Heinrich bezieht sich auf seine am 10. Juni in Regensburg übergebene Supplikation gegen ihn und den Kf. von Sachsen und fügt dem hinzu, er, der Landgraf, sei vier Tage später, ohne dazu Stellung zu nehmen, abgereist. Mit dieser Bemerkung will Hg. Heinrich den Anschein erwecken, als sei er zur Gegendarstellung nicht imstande gewesen und seien deshalb seine Vorwürfe gegen Hg. Heinrich widerlegt. In Wahrheit hat er es nicht daran fehlen lassen, diese Vorwürfe zu begründen. Kurz nach seiner Ankunft in Regensburg hat er den Kaiser entsprechend unterrichtet und sich erboten, die nötigen Beweise zu liefern. Er hat dem hinzugefügt, der Kaiser könne auch aus seinen bisherigen Druckschriften die Untaten Hg. Heinrichs entnehmen. Das übrige könne er ebenfalls glaubhaft dartun. Wenn der Kaiser eine Untersuchungskommission einsetze und deren Bericht erhalte, werde er daraus ersehen, was Hg. Heinrich für ein Mann sei.

Der Kaiser hat dies alles zur Kenntnis genommen und ihn gebeten, während des Reichstages keine neue Druckschrift ausgehen zu lassen und ihm das weitere Verfahren anheimzustellen. Während des Reichstages hat er Pfgf. Friedrich, de Praet, Naves und Gerhard [Veltwyck] gebeten, die Angelegenheit beim Kaiser zu fördern, und zahlreiche schriftliche Beweisstücke übergeben lassen. Einen Tag vor seiner Abreise von Regensburg, bei seinem Abschied vom Kaiser, hat er diesen nochmals um Einsetzung einer Untersuchungskommission gebeten. Damals hat der Kaiser eine Eingabe Hg. Heinrichs erwähnt, die er ihm, dem Landgrafen, zustellen wolle und bei seiner Urteilsbildung berücksichtigen müsse. Diese Schrift ist ihm vom Kaiser weder vor noch nach seiner Abreise, sondern vielmehr von anderem Ort zugegangen. Selbst wenn sie ihm kurz vor seiner Abreise übermittelt worden wäre, wäre er ihretwegen nicht länger in Regensburg geblieben. Während des Kolloquiums wäre für eine gründliche Untersuchung auf der Grundlage der dazu nötigen schriftlichen Beweisstücke, Kundschaften und Zeugenaussagen viel Zeit gewesen. Ist wie stets bisher auf die Beweisführung in einer Untersuchung gründlich vorbereitet. Hat darum auch fleißig gebeten.

Der Kaiser wird sich erinnern, dass er, als Hg. Heinrich den Kaiser beim Vortrag der ungarischen und österreichischen Gesandten ansprach, angefragt hat, ob Hg. Heinrich etwas gegen ihn gesagt habe. Dies hat der Kaiser verneint und mitgeteilt, Hg. Heinrich habe in seinen eigenen Angelegenheiten um Audienz nachgesucht. Als er sah, dass zu einer Untersuchung keine Zeit mehr blieb, hat er um die Verordnung von Kommissaren gebeten, in willen und fursatz, zu bequemer zeit die sachen furzunemen und zu fruchtbarem ende zu pringen. Bittet noch darum. Ist zu gründlicher Beweisführung vorbereitet. Will sich auch dem persönlichen Verhör des Kaisers stellen. Man wird dann befinden, dass er aus Regensburg nicht abgereist ist, um sich der Untersuchung zu entziehen. Will nicht böse Scheltworte gebrauchen, sondern seine Aussagen über Hg. Heinrich überzeugend beweisen 3.

Hg. Heinrich kann die ihn zwingend überführenden Beweise, was Ottenstein, Petershagen, Württemberg, Hg. Wilhelm von Braunschweig 4und die tote Jungfrau 5betrifft, mit Ehren nicht widerlegen. Ist hierin keinen weiteren Beweis schuldig. Um den Handel mit Dr. Dellinghausen und andere Vorgänge zu klären 6, hat er den oben genannten Weg für am besten gehalten. Findet in Hg. Heinrichs Druckschrift kein Erbieten zu konkreter Beweisführung. Hg. Heinrich ist auch bisher jeden Beweis für seine Behauptungen über ihn, den Landgrafen, schuldig geblieben. Wird auch keine Beweise beibringen können. Dass auf seiner Seite die Beweiserhebung ergiebig sein wird, belegen seine Vorbereitungen und sein Gesuch um Verordnung von Kommissaren. Wenn dies gewünscht wird und zeitlich möglich ist, ist er bereit, seine Räte noch in Regensburg seine Beweise vortragen zu lassen. Behält sich aber vor, dass auch seine Zeugen verhört werden. Wenn jetzt nicht so vorgegangen werden kann, so will er, was ihm möglich ist, nicht unterlassen, so dass man seine Ehrenhaftigkeit erkennen kann. Weiß Kf. Johann Friedrich von Sachsen gleicher Meinung.

Bittet, die jüngsten Verleumdungen Hg. Heinrichs über ihn und den Kf. von Sachsen nicht zu glauben. Seine Abreise aus Regensburg war unumgänglich notwendig. Der Kaiser ist über die Ursachen ohne Zweifel informiert. Ist der festen Hoffnung, dass Kaiser, König und Stände mit seiner Erklärung zufrieden sein werden. Dankt Gott dafür, dass ihm sein Leben lang etwas Ähnliches wie von Hg. Heinrich mit waigerung des handgebens von einem ehrbaren Menschen noch nicht widerfahren ist 7. Beteuert nochmals, dass er nicht aus dem von Hg. Heinrich suggerierten, sondern aus einem dringenden Grund, den er selbst dem Kaiser dargelegt hat, aus Regensburg abgereist ist 8.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung vgl. die hessischen Räte auf dem Reichstag an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 Juli 15, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 22, S. 126: Schicken das Konzept der befohlenen Widerlegungsschrift [Nr. 259] gegen die Eingabe Hg. Heinrichs von Braunschweig vom 10. Juni 1541 [Nr. 258]. Haben das Konzept Kf. Joachim von Brandenburg eingereicht zur eventuellen Weiterleitung an den Kaiser und Drucklegung. Am 24. Juli war die Übergabe an den Kaiser in Anwesenheit des Kf. von Brandenburg, Mgf. Georgs und der Gesandten des Kf. von Sachsen und Hg. Heinrichs von Sachsen bereits vollzogen, vgl. die sächsischen Reichstagsgesandten in Regensburg an Kf. Johann Friedrich und Hg. Johann Ernst von Sachsen, Regensburg, 1541 Juli 24, Weimar HStA, EGA, Reg. E 138, fol. 228r–235v (Ausf.) [Nr. 901] und Dr. Johann Feige an Lgf. Philipp von Hessen, Neustadt a. d. Rhön, 1541 August 7, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. I, G, Nr. 28, S. 136–138, hier S. 137 [Nr. 928].
2
 Das Stück kann wegen starker Schäden nicht in extenso wiedergegeben werden.
3
 Offenbar setzte der Kaiser daraufhin Philipp Schenk von Schweinsberg, Abt von Fulda, und Johann Brendel, Bgf. von Friedberg, als Kommissare ein, vgl. Rommel, Philipp der Großmüthige, Bd. I, S. 457.
4
 Vgl. Nr. 264.
5
 Vgl. Nr. 261.
6
 Zum Fall Dellinghausen vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 146–147.
7
 Anspielung auf die Weigerung des Ebf. von Lund, Hg. Heinrich von Braunschweig die Hand zu reichen.
8
  Lgf. Philipp ließ seine Eingabe auch im Druck erscheinen. Ein Druck findet sich in Frankfurt ISG, Reichssachen II Nr. 912, unfol., ein Fragment in Wien HHStA, RK Religionsakten 4, unfol.