Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Stuttgart HStA, A 262 Bü. 11, unfol. (Ausf.).

Auf Zinstag morgens zu acht urn, den 21. Junij, verschinen, hat ksl. Mt. gemaine stende auf das hauß fordern und durch Hg. Friderichen pfaltzgraven lassen furtragen, es were der ksl. Mt. frundtlich und gnedigist begern, die stende wolten sich nicht söndern und particulariter, wie angefangen, sonder in gemainer versamlung, wie das von alter beim reich herkomen, handlen, zum andern, das di stend in betrachtung der obligenden noth und das auch di one mercklich beschwerden, geferlichait und nachtail des hl. reichs teutscher nation ainichen verzug nicht gedulden und erleiden möcht, mit beratschlagung und verordnung der eillenden turckenhilf furgeen wöllten, darauf di fursten und der abwesenden stende rath und pottschaften der religionsverwandten abgetretten, sich ainer antwort verfasset, dieselbig mundtlich hochgemeltem Hg. Friderichen furgetragen, welhe sein fstl. Gn. in namen der röm. ksl. Mt. zu frundtlichem und genedigem gefallen angenomen und begert, dieselbig in schrift zu verfassen und seinen fstl. Gn. zuzustellen, di furter der ksl. Mt. zu behendigen, welhes noch desselbigen tags beschehen und seinen fstl. Gn. zuhanden gestellt worden, welher antwort copien wir hieneben euren fstl. Gn., mit 19 singniert [Nr. 179], auch zuschicken, wie sie gnedigklich zu sehen hat. Es hat auch Hg. Friderich solh unser gegeben antwort (ee und wir seinen fstl. Gn. di schriftlich zugestellt) den babstischen stenden mundtlich angezeigt, welhe es damals in ainen bedacht gezogen.

Am Mittwochen, den 22. Junij, seien gemeine stend, zu siben urn vor mittag auf dem rathauß zu erscheinen, ervordert. Daselbs hat gedachter Hg. Friderich allen reichsstenden angezeigt, das sein fstl. Gn. ir gegeben antwort der ksl. Mt. angebracht, welhe ir Mt. zu frundtlichem und genedigisten gevallen angenomen, und darauf begert, das die stende also zur handlung schreitten, der eillenden, auch beharrlichen hilf halben auf das furderlichist sich entschliessen wollten, mit vermeldung, das di ksl. Mt., den begerten friden und verordnung des gleichmessigen rechten zu furdern, woll genaigt, auch das chur- und fursten sambt den andern stenden deßhalben geburliche, dienstliche und herzu fuegliche mittel erwegen und beratschlagen und ir Mt. anzaigen wolten, damit gemainer frid im reich furgenomen, aufgericht und erhalten und ain gleichmessigs recht verordnet und angestellt werden möcht etc. Auf solhs haben sich di stend gesetzet. Dieweil aber der session halben sich zwuschen Mgf. Jorgen und Hg. Hainrichs zu Sachssen rathe an ainem und dann Hg. Heinrichen zu Braunschweig irrung zugetragen, derhalben sich di sach etwan lang in tag verweillet, ist man zuletst der herberg zugezogen und dismals weiter nichts gehandelt worden.

Nachmals auf Sambstag morgen zu 8 urn, den 25. Junij, hat ksl. Mt. gemeine stende in irer Mt. herberg ervordern lassen, daselbst in gegenwertigkait beeder der röm. ksl. und kgl. Mtt. allen stenden in namen hochstgemelter kgl. Mt. durch Dr. Giengger, irer Mt. cantzler, ainen mundtlichen furtrag, so sich auf ainen ubergebnen schriftlichen, des copei hienebendt mit 20 bezaichendt [Nr. 181], gezogen, gethon, abermals anrurende die eillende, auch beharrliche und ander turckenhilf mit merer ausfurung, alles in gemelter schrift vermeldet. Hierauf Hg. Friderich in namen ksl. Mt. abermaln anregung gethon, das di ksl. Mt. woll leiden und gern sehen möcht, das gemeine stend di sachen ainhelligklich in ainhelligem rath beratschlagten und sich entschliessen, wo aber solhs nochmals furgevallner irrung der session halben je nit geschehen und sein möcht, das dann jede parthei sich hierauf der notturft nach verfassen, nachmals di ratschläg zusamentragen und, wo muglich, derselbigen sich mitainander vergleichen und di auf das bäldest irer Mt. anbringen wollten. Im faal aber, so sich di stend je deren nit vergleichen wurden, das dann jede parthei ir bedencken fur sich selbs ir Mt. anzaigen wölt. Also nach bedacht beeder partheien und der jeden in sonderhait haben di babtischen [sic!] stend ir antwort gegeben, sich zum werckh willig erbotten, mit dem anhang, das inen beschwerlich, das sunderung gemacht wellt werden, dann das bei dem reich nit also herkumen, inen auch zu höchster unleidenlichait raichet.

Darauf di protestierenden stende durch Hanns Pocken, des Kf. zu Sachssen rathe, zu antwurt geben lassen, mit meldung, das dise stend mit kgl. Mt., derselbigen cristlichen kunigreichen und erblanden jetz vorsteehender noth und geverlichait ain frundtlichs, underthenigs und cristenlichs mitleiden triegen, wellten irer Mt. begern nach sich in der sachen beratschlagen und an disem cristenlichen, notturftigen werckh (doch so ain gemeiner friden und verordnung ains gleichmessigen rechten, wie das hievor an ksl. Mt. gelangt, ervolget) nichts erwinden lassen.

Demnach di protestierenden stend under inen ainen ausschus verordnet, der eillenden hilf halben bedenckung zu haben, furter dasselbig an di andern, darin zu schliessen, gelangen zu lassen, darauf von ermeltem ausschuß (wie in hiemit ubersendter copei mit 21 bezaichnet verleibt) beratschlagt, volgendts in gemainer der obgemelten stand versamlung beschlossen und auf den 28. Junij ksl. Mt. uberantwort [Nr. 183].

Und nachdem di babtischen stende sich irer antwort [Nr. 182] (der copei mit 22 singniert euren fstl. Gn. wir auch hiemit underthenigklich zuschicken) entschlossen, haben sie dieselbigen durch etlich irer räthe in unsern, der protestierenden, rath geschickht, uns di lesen und hören lassen, dargegen wir unser bedencken inen auch uberschickht. Nachdem aber beeder mainungen (wie eure fstl. Gn. aus beeden hiemit ubersandten copeien vermercken mogen) nit mitaingestimpt, hat jede parthei irn verfassten rathschlag der ksl. Mt. in sonderhait behendigt und bisheer deßhalben weitter nichts furgenomen noch gehandelt worden.

Ferrer, gnediger furst und herr, nachdem und beede di ksl. und kgl. Mtt. (wie eure fstl. Gn. aus den copeien der furtrage zu vernemen) darauf handlen und tringen, das ain stattliche beharrliche hilf auf etlich jar lang auch beratschlagt und verordnet werden sollt, und aber von euren fstl. Gn. wir in unsern habenden bevelh und instruction davon dhain meldung und bevelh haben, ist unser underthenigs bitt, sie welle uns deßhalben gnedigen und furderlichen bericht lassen zukomen, uns demselbigen nach, so man darvon handlen wurdt, haben underthenigklich zu erzaigen und zu halten.

Es haben auch di Hgg. zu Pomern etc. den ainigungsverwandten stenden durch ire rethe etlich beschwerung, so inen vom Kg. zu Denmarckh zugefueget, anzaigen lassen, mit begern, das man solh ir beschwerden fur ain religionsachen erkennen und annemen welt (wie dann eure fstl. Gn. gelegenhait der sachen aus mit uberschickter copei, mit 23 bezaichent1, gnedigklich zu vernemen haben), hierauf abermals underthenig bittende, uns gnedigklichen zu berichten (ob von den pomerischen ferrer anregung hierinnen beschehe), wes wir uns derwegen halten sollen, dem wellen wir underthenigklich nachkomen.

So haben wir uns auf weitter deren von Goslar anhalten, im rathe nechstbeschehen eurer fstl. Gn. zuschreiben gemeß hören und vernemen lassen, mit merer anzaig, das eure fstl. Gn. deßhalben vermög des nunburgischen [= naumburgischen] abschidts [Nr. 7] unserm gnedigen fursten und herrn, dem Lgf. zu Hessen, hievor derselbigen mainung zugeschriben, dieweil aber irenthalben noch nichts beschlossen und aber gedachte vom Goslar begeren di erkanntnus der stimmen, sich auch dhains nachlassens versehen, dann sie vil, besonder Sachssen und Hessen, zu furderung der sachen gewegen und fur sich haben, dahin es auch als zu den stimmen gewißlich komen wurdet, bitten eurer fstl. Gn. wir, uns gnedigklich zu melden, was wir anstatt eurer fstl. Gn. derwegen stimmen und thon sollen.

Verschinen 27. tag Junij hat di röm. kgl. Mt. gemeine stende zusamenberueffen und dise hiemit ubersendt neue zeittungen2, deren aine mit F, die ander mit G und die dritt mit H verzaichnet, verlesen lassen, wie eure fstl. Gn. hiebei gnedigklich zu vermercken haben.

So werden wir von des Kf. zu Sachssen rathen bericht, das etlich burger von Emberckh ainen feindtsbrieve gen Wolffennbuttel geschickht, mit anzaigung, wie deßhalben dieselbige rathe uns in schrift, hiebei verwarth mit I signiert, zugestellt und eure fstl. Gn. zu sehen haben.

So seind di mordtbrenner heftig und sonderlich in Pomern, den hertzogen etlich stett, wie eure fstl. Gn. auch in hiemit zugesandter schrift, uns von den pomerischen zugestelt, mit K bezaichent, gnediglich zu vernemen. In Sachssen ist Greuenthal gar außgebrandt, zu Ghen an etlichen orten feur eingelegt befunden.

Wir sollen und wollen euren fstl. Gn. nit bergen, daß Gf. Ludwig von Öttingen der elter an gemaine religionsstende begert, ine auch fur ainen religionsverwandten anzenemen, mit erbietung, hinwider alles dasjhenig (wo es di not erhaischen) wie ander der religion verwandten stende sich zu erzaigen und zuzusetzen, welhes durch bemelte stende ime bewilligt, darauf er auch jetzmals zu allen handlungen und ratschlagen kumt und bei uns wie ain anderer religionsverwandter stande steet.

Weiter so khan ich, Claus von Grafneckh, auch nit umbgeen, gleichwoll mit beschwertem gemueth, euren fstl. Gn. underthenigklich zu vermelden und anzuzaigen, daß der almechtig Dr. Philipps Lanngen auf Dinstag, den 21. Junij, mit ainem heftigen hitzigen fieber angegriffen, dermassen, daß er je seither zu bett gelegen und mir in obligenden sachen nit vil erschiessen mögen, und ob gleichwol von den gnaden Gottes dasselbig etwas nachgelassen, so hat es sich doch in ain heftige geelsucht und beschwerung des hertzen und glider gewendet, also daß zu besorgen, das er nit bald wider zu volkomner gesundthait komen muge, es were dann, das er den luft, wie di artzet anzaigen, in verenderung thet. Dieweil er dann jetzmals in disen obligenden gescheften gar nit zu gebrauchen und in bewegung meins geringen verstandts liederlich etwas in eurer fstl. Gn. sachen versaumbt werden möcht, so ist an eure fstl. Gn. unser beeder underthenig bitt, sie wolle jemandt, auf das furderlichist alheer zu komen, gnedigklich verordnen und fursehung thun, damit eure fstl. Gn. nichtz versaumbt, sonder, wie sich geburt, di sachen versehen werden.

So dann gemelter Dr. Philipps mit schwachait, wie gehört, beladen und er diser zeit alhie in eurer fstl. Gn. sachen nichts sonderlichs ersprießlich, hat er mir bevolhen, eurer fstl. Gn. von seinetwegen zu schreiben und underthenigklichen zu bitten, das eure fstl. Gn. ime so gnedig sein und, wo es Gott dahin fueget und er wider reiten oder farn möcht, haimzuraisen, erlauben welle, eure fstl. Gn. underthenig bittende, das sie in betrachtung diser seiner unvermeidenlichen leibsnotturft so gnedig erzaigen wellen, als sein underthenigs vertrauen zu euren fstl. G. stee. Mit erbietung zu andern und denen zeiten, so er es an leibsvermoglichait habe, in aller underthenigkait, mit seinen beflissen und ungesparten diensten herwiderzubringen und underthenigklich zu verdienen, willig und berait sein welle.

Die religionsverwandten stende seind jetz, wo man es an der muß haben mag, etlichmal morgens zu 6 urn zusamenkomen, alle theologen berueft und in beisein derselbigen relation von den dreien colloqutorn unsers tails, als nemblich Melanchton, Bucerum und Pistorium, ervordert und verhört, di sie auch gethon und schriftlich neben mundtlichen furtragen ubergeben haben, dargegen hat man auch der andern unsers thails theologen bedencken und mainungen auch gehört, welhe solhs auch in schriften ubergeben und zum thail noch ubergeben sollen und tregt sich in den sachen zwuschen den theologen mißhellung zu3, wie eure fstl. Gn. in den copeien irer ubergebnen schriften, di noch nit verfertigt haben werden mögen und wir bei nechster post uberschicken wellen, gnedigst sehen und vermercken werden. So haben sich auch unsere stende auf ir beschehen relation noch nichts entschlossen, dann di erst gestern Dinstags [1541 Juni 28] geschehen etc.  [...]. Datum Regennspurg, den 29. Junii umb 6 ur vor mittag anno 41.

Anmerkungen

1
 Vgl. die Eingabe Hg. Philipps von Pommern an die schmalkaldischen Verbündeten zum Konflikt zwischen Pommern und Dänemark, Regensburg, [1541 Juni 21], Frankfurt ISG, RTA 46, unfol. (Kop.).
2
 Vgl. Anm. 2 zu Nr. 181.
3
 Vgl. die einschlägigen Stellungnahmen und Gutachten protestantischer Theologen, die in Regensburg anwesend waren, zum Regensburger Buch und zum Kolloquiumsergebnis, Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 178–183, S. 488–507, Nr. 185, S. 511–517 und Nr. 188–193, S. 526–555. Vgl. zudem das Gutachten des Marburger Theologen Johannes Drach, Zürich ZB, Ms. D 111, fol. 9r–10r (Kop.).