Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 285r–286v (Kop.); DV fol. 286v: Copei der nebenschrift an ksl. Mt. mit uberreichung der verordenten diß teils theologen schreiben an die stende der augspurgischen confession verwanten. 1541.

B  koll. Berlin GStAPK, I. HA Rep. 10 Nr. B 2 Fasz. B, fol. 38r (Kop.).

C  koll. Hannover NLA, Celle 1 Nr. 20II, fol. 355r (Kop.).

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 43 , S. 60; Walch, Bd. 17, Nr. 1368, Sp. 580–581; Corp. Reform. IV, Nr. 2201, Sp. 181–182.

Eur ksl. Mt. benehnnung der sechs personnen zu vorstehender religionhandlung haben wir forders tags in aller underthenigkeit entpfangen und zu forderung der sachen die drei benenten personnen dieses tails beschicken und an sie gnediglich und freuntlich gesynnen und begern lassen, sich solcher handlung euerer ksl. Mt. begern nach underthenigst zu beladen, welche uns mit antwort, wie euere ksl. Mt. aus beigelegter schrift2 gnedigst vernemen, begegent3.

Dieweil wir nun solch ir bitten und suchen euerer ksl. Mt. gemuet und vorgenomener handlung nicht allein nicht entgegen, sonder auch demselbigen gemeß und den sachen zu grundlichem bericht und vergleichung derselbigen forderlich und dienstlich achten, so haben wir nicht underlassen mogen, euerer ksl. Mt. solches in underthenigkeit antzuzeigen, eur ksl. Mt. underthenigst bittend, solchs gnedigst von uns zu vermercken etc.

[Beilage:] Eingabe der Theologen Philipp Melanchthon, Martin Bucer und Johannes Pistorius an die protestantischen Stände, Regensburg, o. Datum [1541 April 22]

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 283r–284v (Kop., lat. Fassung).

B  koll. Straßburg AM, AA 496, fol. 84r–85r (Kop.).

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 42 , S. 58–59 (aus anderer Provenienz); Corp. Reform. IV, Nr. 2200, Sp. 179–181.

Audivimus proponi nobis eorum nomina, qui delecti sunt ad deliberationem de controversiis ecclesiasticis. Ut autem filius dei, liberator noster, iam mortem aditurus rogavit patrem his verbis ‘Pater sanctifica eos in veritate, sermo tuus est veritas’, ita nos ad huius nostri pontificis preces vota nostra adiungimus et oramus deum, patrem domini nostri Iesu Christi, qui pro nobis victima factus est, ut regat haec consilia de dogmatibus. Optamus enim et ipsi toto pectore concordiam in ecclesia piis et veris modis constitutam.

Quod vero ad delectum attinet, etsi invictissimi imperatoris augusti, domini nostri clementissimi, voluntati praesertim rem tantam bono studio instituendi non deesse nostra opera debet, tamen praemetientes animo huius deliberationis difficultates et pericula hoc tantum onus imponi aliis magis idoneis mallemus. Etsi enim res ipsae, de quibus agitur, non sunt obscurissimae iis, quibus ecclesiae antiquitas nota est, tamen voluntates quorundam nobis cognitae sollicitudinem nostram augent. Sed si non impetramus, ut delectae personae mutentur, parendum est scilicet necessitati et rogamus, ut, cum diligentiam, fidem, modestiam, simplicisa veritatis amorem, odium contentionis et sophistices, denique etiam studium concordiae, candorem et epieikian ad explicationem rerum attulerimus, ne quis nos defuisse officio nostro existimet.

Cum enim invictissimus imperator in ea responsione, in qua nominantur delecti, diserte dicat velle se examinari controversias, satis ostendit, ut decet tantumb principem et tanta gravitate praeditum velle se non fucosas aut flexiloquas conciliationes fieri, quae non sunt durabiles, sed veritate patefacta concordiam constitui gratam Deo, in qua pariter omnes ecclesiae vera fide deum invocent et colant. Huic rei sancte testamur nos non defuturos esse.

Deinde reverenter oramus, ut invictissimus imperator augustus addat aliquos tum suos consiliarios tum alios bonos viros ipsius iudicio delectos utrinquec, ut et ipsi caesareae maiestati et principibus et ordinibus utriusque partis hae tantae res integre et vere recitari possint, ut postulat negotii magnitudo.

Res per sese periculosa est tam paucorum deliberationi haec tanta negotia committi. Etsi enim potestatem decernendi non habent, tamen aliquam vim habent haec qualiacunque praeiudicia.

Existimamus nos nec absurdam nec iniquam nec difficilem rem petere. Cum enim huius deliberationis spectatorem habeamus patrem caelestem, filium Dei et sanctos angelos, cur non etiam aliqui honesti et boni viri veritatis et concordiae amantes interessent, qui principibus et ordinibus in utraque parte acta referant.

Haec ut invictissimo imperatori augusto, domino nostro clementissimo, reverenter exponatis, oramus, quem ut servet et gubernet Deus, pater domini nostri Iesu Christi, ex animo precamur. Philippus Melanchthon, Martinus Bucerus, Joannes Pistorius.

Ad principes et status in augustana confessione coniunctos.

Dt. Übersetzung der Beilage:Eingabe der Theologen Philipp Melanchthon, Martin Bucer und Johannes Pistorius an die protestantischen Stände – Regensburg, [1541 April 22]

Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 280r–282v (Kop.); DV fol. 282v: Copei der theologen schrift an die religionsverwanten stende, das etzliche auß ihnen der deliberation und handlung beywohnen wollen etc.

Druck (einer anderen Übersetzungsvariante): Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 43 , S. 60–62; Walch, Bd. 17, Nr. 1367, Sp. 578–580.

Wir haben gehort, wie man uns angezeigt hat, die namen dere, die do gewelet sind, zu beratschlahen die zenckischen kirchensachen. Aber gleich wie unser heiland und seligmacher Gottes Sohn, do er itzt sterben wolte, den vater bat mit disen worten ‚Vater, heilige sie in der warheit, dein wort ist die warheit‘ etc., also thun wir unser gebete auch zu disem unsers hohen priesters gebete und bitten Got, den vater unsers hern Jesu Christi, der fur uns zum opfer gemacht ist, das er disen rathschlag und furnemen von der lere regiren, leiten und furen wolte. Denn auch wir selbs wunschen und begeren von gantzem hertzen, das eine rechte, bestendige einikeit in der kirche durch rechtschaffene, christliche mittel und wege gemacht und aufgericht werde.

Was aber die wahl belanget, wiewol wir den willen des unuberwindlichsten keisers, unsers allergnedigsten hern, sonderlich, weil sein Mt. ein solche grosse, wichtige sache guter meinung furnimpt, in aller untertenickeit nach unserm vermugen gerne leisten wollen, doch weil wir bey uns bedencken und betrachten die difficulteten und fahr dises rathschlages und handels, wolten wir lieber, das solche burde andern, die darzu bas gschickt und tuchtig sind, aufgelegt wurde; denn wiewol die sachen, darvon gehandelt, nicht so gar schwer sind, denen der kirchen antiquiteten bewust und bekant sind, doch vermehren unsere sorgfeltigkeit etzlicher leute gemute und willen, so uns bekant sind, nicht wenig.

Aber weil wir nicht erlangen konnen, das die geweleten personen mochten geändert werden, mussen wir der not gehorchen und bitten, das, wan wir vleis, treu, bescheidenheit, liebe zur einfeltigen warheit, has zu zcancken und zur sophisterey, auch vleis zur einikeit, aufrichtickeit und alle billickeit furgewandt haben, solche sachen zu expliciren und richtig zu machen, das uns niemand verdechtig halten und dencken wolte, als hetten wir unserm ampte, wie uns gepurt, nicht gnug gethan. Denn weil ksl. Mt. in der antwort, in welcher die geweleten personen genant werden, mit claren, deutlichen worten saget und anzeiget, er wolle das die zenckischen sachen examinirt und verhert werden, domit zeiget er an, wie denn einem solchen grosmechtigsten fursten gepuret, das er nicht wolle, das eine getichte conciliation und geschmuckter vertrag, den man hin- und herbeigen und deuten konte, gemacht, welcher nicht bestendig nach wehrhaftig ist, sondern, wo die warheit offenbaret und an tag bracht ist, das eine concordia aufgericht werde, die Got gefellig ist, domit alle kirchen Gott im rechten, waren glauben eintrechtig anruffen und dienen, zu diser heiligen sache bezeugen wir, das wirs an uns nicht wollen mangeln lassen.

Zum andern bitten wir unterteniglich und dienstlich, das ksl. Mt. uns wolte etzliche beide von iren rethen und andere frome leute, so von beiden teilen mit seiner Mt. erkentnis darzu gewehlet, zugeben, auf das irer Mt., fursten und stenden beiderlei parten solche grosse sachen mugen gantz volkomen und rechtschaffen referirt und wider angezeigt werden, wie diser grosser handel foddert. Es ist an ihm selbs fehrlich, das solche grosse hendel so wenig personen zu beratschlahen vertrauet und bevolhen werden, denn ob sie gleich nicht macht nach gewalt haben zu schliessen, doch haben solche preiudicia und vorurteil, sie seien nu wie sie wollen, etzlicher mas ein ansehen und kraft.

Wir versehen uns und hoffen, das wir nichts unbilliges nach schweres bitten, denn weil der himelische vater, Gottes sohn und die heiligen engel dise unsere deliberation und handelunge sehen und anschauen, warumb solten nicht auch etzliche ehrliche und frome leute, die die warheit und einikeit lieb haben, darbey seien, welche den fursten und stenden von beiden teilen die acta referiren. Bitten unterteniglich und dienstlich, ir wellet solchs ksl. Mt., unserm allergnedigsten hern, furtragen und anzeigen, welchen Gott, der vater unsers hern Jesu Christi, wolte erhelten und regiren. Das bitten wir von hertzen4.

Anmerkungen

1
 Die Datierung der Übergabe an den Kaiser stützt sich auf die Überlieferung im StadtA Konstanz, G 19 (Reformationsakten), fol. 241v; im AM Straßburg, AA 496, fol. 85r–85v und im StA Nürnberg, E-Akten 126, unfol. sowie auf den Bericht Jakob Sturms an den Rat von Straßburg, 1541 April 23, Winckelmann, Pol. Corr. Straßb., Bd. III, Nr. 189, S. 180–181, hier S. 180. Das in einigen Überlieferungen belegbare Datum 1541 April 21, das der Angabe im Text ‚forders tags‘ – am 20. April wurde den protestantischen Ständen die ksl. Erklärung über die Besetzung des Kolloquiums übergeben – entspricht, lässt sich plausibel als Abfassungsdatum erklären.
2
 Vgl. die unten abgedruckte Beilage.
3
 Zu den zwischen dem 20. und dem 22. April geführten innerprotestantischen Verhandlungen über den ursprünglichen Antrag der drei Theologen und ihre Forderungen vgl. Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,1, Nr. 41, S. 57–58, Nr. 44, S. 62–63 und Nr. 45, S. 63–64. Bei Nr. 44handelt es sich nicht um die Zusammenfassung einer Antwort der Altgläubigen, sondern um eine Stellungnahme zu Nr. 41. Die Überschrift zu Nr. 45ist nicht ganz exakt formuliert. Das Stück dokumentiert die innerprotestantische Diskussion über die Eingabe der drei Theologen. Demnach stellten die drei Theologen zunächst weitergehende Bedingungen, die offenbar bei maßgeblichen protestantischen Ständen wie etwa dem Landgrafen keine oder nur partielle Zustimmung fanden.
a
 In B: simplicem.
b
 In B: talem.
c
 Danach in B nachgetr.: qui adsunt.
4
 Vgl. auch die Aufzeichnung zur Unterredung Lgf. Philipps von Hessen mit dem Kaiser, Regensburg, 1541 April 22, Lenz, Briefwechsel, Bd. III, Kap. D, Nr. 1, S. 73–74: Freitags nach Ostern mit der keis. Mt. verhandlet. Auch hat mein gnediger herr zu keis. Mt. gesagt auf ir beger: das sein f. g. thun wolt, was s. g. mit Gott und gewissen thun kann und bej den andern erheben mag; was er aber in seinem gewissen nit finden mag, das mit Gott gescheen möge oder das s. f. g. bei unserm teil nit erhalten mag, das musse er unterwegen lassen. Der knecht halben in Niderlandt hat keis. Mt. gesagt: das di knecht gewißlich nicht burgundisch seien, haben auch noch kein geld vom konig von Francrich empfangen, sondern ligen noch da und hoffen auf einen herren; wil morgen mit allen stenden darvon reden lassen und mit rath darzu thun und mandata ausgeen lassen. Item, es hat auch m. g. h. den churfursten zu Sachsen und s. f. g. [Herzog Moritz?] zum hochsten entschuldigt. Dem hat auch ir keis. Mt. ganzen glauben geben und ist also ganz zufriden gewesen. Nota. Hat der keiser m. g. f. und h. diese antwort gegeben: das ir mt. leiden mög, das man h. Fridrichen von Baiern fur einen presidenten bite. So wolle ir mt. verfugen, das herzog Fridrich dasselbig annemen solle. So werde er on zweifel sich desselbigen bei solchen sachen allein zu sein beschweren und begern, das man im ezliche keiserliche rethe zugebe. Das wolle ir mt. thun und den herrn Granvell und Praten darzu verorden, also das zum wenigsten einer umb den andern darbei sein soll, und villeicht neben denen andere mer von keiserlichen rethen. Es wird auch pfalzgraf Fridrich begeren, das von ider partei 2 als auditores bei di 6 gesetzet werden. Des wird ir keis. Mt. auch also zufriden sein. Die von Lenz benutzte Vorlage, Marburg PA 575, ist durch Wasserschäden völlig verderbt und nicht mehr rekonstruierbar. Deshalb kann das Stück nur in der Transkription von Lenz ediert werden.