Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

2. HA (Türkenhilfe): Resolutionen von KR und FR zur Höhe und zu den Modalitäten der bewilligten Steuer.

/531/ (Vormittag) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Formulierung des Beschlusses zur Steuerbewilligung beim 2. HA (Türkenhilfe) für das Referat vor FR.

Umfrage. Trier: Lediglich Referat, man wolle acht Römermonate leisten, auß ursachen, solchs das meher, dem alten geprauch nach der ubrig thail sich zu conjungieren; wofer nit, mochten zwo opiniones conjungiert werden.

/532/ Köln: Das pure zu referieren, und nit dem mehern nach, oder aber das zweyerlei bedencken furzupringen.

Pfalz: Es ist relation in genere zuthun, wie man disses und jenes vergleiche, aber doch erforderte etlicher notturfft, irer hern resolution zuhaben, daruf puncten gestelta. Hielten darfur, das solchs kein neuerung, sonder man befunde wol andere neuerung: b–das auch konig wisse, was wir handlen–b; welchs gestriges tags wol abgenomen werden mogen1.

/533/ Sachsen: Haben sich zur Höhe der Steuer der Mehrheit im KR angeschlossenc . Und dweil also funf churfursten einig, so peten sie, meintzische wollen sich auch vergleichen. Wofer sie aber kein befelch, mochten sie nit zu verdencken sein. Das zweyerlei bedencken anzuzeigen, were nachtheilig im churfursten rathed. Gleicher gestalt, da auch das meher solte referiert werden, dweil Meintz noch nit votiert auf das erst stuck, was für hilff zulaisten. Aber auf das stuck, obe hilff an volck oder gelt zu laisten, solt inen nit zuwider sein, das der ratification oder resolution der hern meldung beschehe.

/534/ Brandenburg: Haben sich der Mehrheit angeschlossen, e–wie dan solchs auch herkomen–e. Auf ratification zuhandlen, were nit herkomen, anderst dan zu Augspurg2 in neuen sachen, so proposition nit mit ir pracht; welchs in dissem fall nit were. Darumb sie noch der meinung, das pure zubewilligen und zureferieren.

Mainz: Hetten angezeigt, das sie kein außtrucklichen befelch in specie gehabt auf die hilff, allain das sie die nit zuverweigern. Wissen nit, ob inen villeucht brieff vorenthalten3. Nun were inen beschwerlich, das sie bewilligen solten, wes sie nit in befelch. Aber dweil funff churfursten rethe einer meinung, wolten sie irenthalben die relation nit sperren. Hetten kein sondere opinion, und dweil die andere schliessen, das relation pure solt /535/ beschehen, liessen sie das meher in dem geweren. Wolten sich aber hiemit bedingt und bezeugt haben, das sie nichst bewilligt, auff den vhal, inen solchs vonnoten, gezeugniß zuhaben. Wiewol sie hoffen, das Meintz, sovil ime erschwinglich, von andern sich nit sondern werde. Sovil dan die ubrige puncten anlangt, dweil man dem mehern beigefallen auf ratification, were anzuzeigen, wie etliche resolution gewertig, und das man mit außtrucklichen und gleichen befelchen nit versehen.

Beschlussf  gemäß folgendem Referat vor FR.

/536/ Kurfürstenrat und Fürstenrat. Mainzer Kanzler referiert: KR hat den 2. HA (Türkenhilfe) beraten und beschlossen, dass dem Kg. die Hilfe nit abzuschlagen. Wie hoch aber dieselbige gestelt werden solte, hette man die ding dohin erwogen, das nach gelegenhait yetziger zeit irer Mt. der einfach romzugk auf acht monat lang der chur- und fursten und stendt anschlag nach an geltlaistung zubewilligen. Und das eim yedem standt frei und bevor stehen solte, sein gepurniß vor sich aus seinen gefellen zuerlegen oder aber die underthanen derhalb anzusprechen und zubelegen, doch weiter und hoher nit, dan sich eines yeden gepürniß nach dem anschlag erstreckt, in massen und form, solchs ungefherlich in hievorigen und jungstem augspurgischen Reichs tags abschied begriffen4. Damit auch unrichtigkait in erlegung der hilff abgeschnitten, so solt die hilff zu zweyen zielen, der halb theil auf Ostern, der ander halb thail auf Johannis5, 14 [Tage] vor oder nach, zu Franckfurt, Nurnberg, Regenßpurg und Leipzig erlegt werden. Daneben ist auch furgefallen, das zu dem vorhabendem /537/ kriegß wesen eins obersten vonnoten. Derhalb kfl. rethe erwogen, da sich die kgl. Mt. der sachen eigner person undernemmen, dem werck vor sein wolte, das ire Mt. nit wol zuverpessern. Und solte darumb solchs irer Mt. anzupringen und dieselbig umb erclerung zu pitten sein. Und auf den fal irer Mt. bewilligung were es dabei zulassen. Wo es aber irer Mt. gelegenhait nit, alßdan weiters zubedencken, wes den stenden des Reichs ratlich sein woll. Und wiewol konig hievor bericht und erinnert, da irer Mt. hilf gelaistet werden solte, das auch die fursehung zethun, auf das die stende eins gewissen fridens sich zu getrosten6, so solt nochmals solche pit widerumb zuerholen und ire Mt. zupitten sein, es dermassen anzustellen, damit ein yeder bei recht gelassen und nit betrangt. Sonst hette man leuchtlich zuermessen, das die hilff nit fruchtbarlichen gelaistet werden mochte. Zudem das auch abermals bei irer Mt. anmanung zethun, andere christliche potentaten zu solcher hilff auch zubewegen, dan es in kgl. Mt. und der stendt vermogen nit, sich gegen solchem vheindt allein aufzuhalten. Item das ire Mt. auch anzulangen umb erclerung, wes ire Mt. fur sich und dero erblandt fur hilff laisten wolten. Was aber kriegß rethe, pfenningßmeister und anderst betrifft: Hetten churfursten yetztmals eingestelt, biß man wissen mochte, wie es des obersten halb geschaffen. Alßdan konte solchs auch leuchtlich erledigt werden. Nachdem aber die kfl. rethe durchauß auf obberurte puncten mit befelhen der notturfft [nicht] versehen, wolten sie inen furbehalten haben, sich auf die puncten nach erlangter resolution weiter vernemen zulassen.

/538/ FR: Haben den 2. HA beraten und ihre Resolution schriftlich formuliert7 . Verlesung der Resolution, die aber nicht übergeben bzw. nicht angenommen wirdg.

/539/ (Nachmittagh ) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Resolution des FR zum 2. HA (Türkenhilfe).

Umfrage. Trier: Was 1. anlangt, das furstenrathe ire bedencken auß dem papier verlesen lassen, wie dan stett auch gethan8: Solchs were inen nit meher zugestatten, dan es wider den prauch. Die doplete anlag des romzugks betreffendt: Verhoffen sie, furstenrathe werde sich mit dissen hern vergleichen. Derhalb auf diessem bedencken zubestehen. Das aber angehangen worden auf die moderierte anschlege: Der mainung weren sie auch, und da es anderer mossen angestelt, so protestierten sie dawider. Hilff an gelt zulaisten, were man verglichen. Zeit und ziel: Were es bei dem kfl. bedencken zulassen. /540/ Legstet: Weren sie zufriden. Belegung der underthanen: Were die clausul zu nemen auß vorigen abschieden9. Das ritterschafft und ansehe stet zu ersuchen, weren sie zufriden. Fiscal: Placet. Zalmaister: Were noch nit zeit, davon zu reden. Was dan ubrig, im kfl. bedencken heut angezeigt, dabei mochte man es bei pleiben lassen.

Köln: In effectu wie Trier. Allein thut nichst meldung von den moderierten anschlegen. Ermessen auch pillig, was furstenrathe bedacht der stendt halben, so ire guter under der kgl. Mt. gelegen, das die nit zweifach angelegt.

Pfalz: Furstenrathe anzuzeigenn, sich der schrifften hinfuro zu enthalten. Die hilff und zeit der bezalung betreffendt, were es bei dem kfl. bedencken zulassen. /541/ Belegung der underthanen: Da were gute versehung zethun, auff das die hern nit in zanck erwuchssen von wegen, wo die underthanen ire guter haben werden, und das die underthanen etwo einem mit der hohen, dem andern mit der nidern oberkait zugethan. Der moderierten anschleg halb hetten sie befelch, die sachen auf die alte anschleg regulieren zuhelffen, auß ursachen, das man der moderation durchauß noch nit verglichen. Zalmeister: Domit zuerwarten, biß man wisse, obe konig selbst ziehen wolle. Die ritterschafft und ansehe stet zuersuchen: Placet. Gleicher gestalt, quod fiscus10 procedat contra inobedientes. Halten es auch fur pillig, was furstenrathe bedacht der stendt halben, so hinder kgl. Mt. ire guter haben.

Sachsen: Wolten sich versehen, der furstenrathe werde sich vergleichen. /542/ Wolten auch die hern erinnern, das sie furstenrathe verstunden, als obe sie auf ein eilende hilff deuten, welchs man in dissem rathe biß doher vermitten. Derwegen wolten sie Trier und Coln vor inen horen, wes sie daruf bedacht. Moderierte anschlege belangendt: Were irem hern nit allain, sonder dem gantzen sachssischen kraiß zuwider. Derhalb were nit in abschiedt zusetzen „moderiert“, sonder simpliciter „die Reichs anschlege“. Horten auch, das yetzo etliche moderatores zu Wormbs, etliche aber noch nit erschienen, also das zu besorgen, yetzt abermals nichst daselbst außgericht werde11. Derhalb konig zu ersuchen, das ire Mt. den moderationtag furgehen lasse und befurdere. Wen man der summa der hilff einig, hat man sich leichtlichen mit den furstlichen rethen zu vergleichen. Seindt der mainung wie Pfaltz, allein des fiscalischen proceß achten sie noch zu zeitlichen, davon zuratschlagen.

/543/ Brandenburg: Das furstenrathe in schrifften zu handlen undersagt werde. Ansonsten wie Trier, Köln und Pfalz.

Mainz: Das schrifftlich referieren belangendt: Dweil man heut die schrifft nit angenomen, wurdet villeucht furstenrathe sich selbst hinfuro dessen enthalten. Die anlag belangendt, hetten sie kein befelch. Darumb konten sie nichst darzu reden. Liessen es bei heutiger protestation. Moderierte anschleg: Darzu konten sie nichst reden. Mochten leiden, es pliebe bei den alten anschlegen. Belegung der underthanen: Hielten sie es darfür, das man clausulas neme auß den alten abschieden. Verglichen sich der ubriger articul halb mit den andern hern vor inen.

Anmerkungen

a
 gestelt] Kursachsen (fol. 273) zusätzlich: Und do das merer solt referirt werden, konten sie nicht umbgehen, hinwider zu protestiren, dan es zu verkleinerung und wider alten brauch dises rats were.
b–
 das ... handlen] Kursachsen (fol. 273’) differenzierter: Hat vor die notturfft geacht, daruf zudencken, weil alles fast, wes in disem rathe gehandelt, kgl. Mt. baldt zu wissen bekombt, wie dieselbe neuerunge abzuwenden, da sie zu abbruch und disem rathe schedlichen were.
1
 Bezugnahme auf die Anmahnung des Kgs. am Vortag, die gezeigt habe, dass er über den Verhandlungsstand im KR informiert gewesen sei.
c
 angeschlossen] Kurpfalz (fol. 408’) zusätzlich: Anschluss deshalb, damit die relation pur simpliciter beschee.
d
 rathe] Kurpfalz (fol. 408’) zusätzlich: Dan da zweierlei bedencken anzeigt, wurd es den andern churfursten an iren voten abbruch [tun]. Und dan zu Passau geschloßen, allein in religion sachen dz mehrer nit stat hab, darumb in andern das mehrer stat haben. [Passauer Vertrag, § 11:  Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 3 S. 128.]
e–
 wie ... herkomen] Kursachsen (fol. 274) differenzierter: Bisher ist es im KR so gehalten worden, wan ein merers ist, das die andern dazu gestanden, und also eine einhellige meinunge in disem rathe referirt.
2
 = auf dem RT 1555.
3
 Die Mainzer Gesandten beklagten im Bericht vom 5. 1. 1557 an Kf. Daniel im Zusammenhang mit obigen Verhandlungen nochmals das lange Ausbleiben der vielfach angeforderten Weisung zur Türkenhilfe (HHStA Wien, MEA RTA 43/II, fol. 147–149’, hier 148’. Or.; präs. Aschaffenburg, 18. 1. Vgl. Anm.12 bei Nr. 59). Die am 8. 1. ausgestellte Weisung des Kf. erhielten sie am 12. 1. (vgl. Anm.3 bei Nr. 71).
f
 Beschluss] Kursachsen (fol. 274’) differenzierter: Beschluss nach weiterer Umfrage.
4
  RAb 1555, § 82, dort im Zusammenhang mit der EO, Kreishilfe ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3131).
5
 = 18. 4. und 24. 6. 1557.
6
 Vgl. die Antwort der Reichsstände [Nr. 435], fol. 204 f.
7
 Nr. 475.
g
 wird] Kurpfalz (fol. 412) zusätzlich: Kurfürstenrat. Umfrage zur Resolution des FR. Beschluss: Vertagung bis zum Nachmittag.
h
 Nachmittag] Kursachsen (fol. 278) differenzierter: 3 Uhr.
8
 Verlesung der Resolution des SR zur Türkenhilfe im RR am 15. 12. 1556 (Kurmainz, pag. 426 [Nr. 48]).
9
 Vgl. Anm. 4.
10
 = der Reichsfiskal.
11
 Vgl. die Supplikation der Moderatoren von 3 Reichskreisen mit der späteren Gegenerklärung der am RT vertretenen Stände aus dem Obersächsischen Kreis [Nr. 555] sowie den Abschied des Moderationstags [Nr. 509].