Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 142r–146v (Kop.); DV fol. 146v: Copei der schrift, so Hg. Heinrich von Braunschweig ksl. Mt. der von Goßlar und Braunschwig halben ubergeben, 1541, Regennspurg.

B  koll. Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 1, fol. 104r–107v (Kop.); AV v. a. Hd. fol. 107v: Hg. Hainrichs zu Braunschweig etc. entschuldigung, das sieder der suspendirten acht er wieder die zu Goßlar nihe in einige krigsrußtung kommen sey etc. Und zaigt an, in was unrechtmessigem furnehmen sein gegenteil wieder ihn stehe etc.

Mir hat von wegen eurer ksl. Mt. derselbigen rath Dr. Navis angetzeigt, wie daß die protestirenden sich gegen euer ksl. Mt. beclagen solten, daß ich wieder eurer ksl. Mt. suspension oder anstellung, die sie sollen von wegen der goßlarischen acht gethann haben, gegen die echter von Goßlar mit gewalt vortfaren solt. Und darumb theten genediglich gesinnen, daß ich darmit piß nach diesem reichstagk mit weiterer antzeige in ruhe stehen solte etc. Nhun weiß ich eurer ksl. Mt. meyner hohen nodturft nach nicht zu verhalten, daß ich itzunder durch meyne heimgelassene rethe angelanget bin worden, daß die echter von Goßlar reuter und knecht angenohmen, sich mit aller kriegsubung, prophandt, comeat und munition gegen mir schicken und rusten, auch teglich in viel hundert starck herrauß in mein furstenthumb, geholtze, welde und forste mit gewalt fallen, dieselbigen nach allem irem lust und gefallen verhauen und verwusten, etliche meyne underthane gegriffen, gefangen und daß dieselbigen gefangene eines theilß noch von ihnen enthalten werden, daß auch meyne ungetreue underthanen meyner stadt Braunschwig in vorhaben und arbeit stehen, etliche 100 pferde und 1.000 knecht wieder mich und die meynen und zue sterckung der echter von Goßlar zu versamlen und antzunehmen, auch sich mit der wagenburgk, geschutz, sturmleitern, munition und aller nodturft zum krige gerust machen, die meinen ampt[en], dienern und andern den eingangk meyner stadt Braunschwig verpoten etc. Aber euer ksl. Mt. wissen sich mit gnaden zu erinnern, alß dieselbige durch den gedachten Dr. Nauenn an mich gnediglich begeren lassen, daß ich bey meynen heimgelassenen bevelhabern und verwanthen verfugen wölte, daß die echter von Goßlar diesen gegenwertigen reichstagk vor mir und den meynen sicherlich besuchen und beschicken möchten, daß euer ksl. Mt. ich solchs zue underthenigen ehren und gefallen mit geburlicher vorbehaltung laut meiner deßhalben ubergebner antwortschrift underthenig bewilligt und nachgegeben2, dergestalt auch, biß sie ire sicherheit und gewarsam wiederumb erreichen, welches ich also meynen heimgelassenen rethen zu thun bevolhen. Und dann auch in eyner sundern supplicationschrift habe eurer ksl. Mt. ich mit grunde und warheith angetzeigt und noch anzeigen thun, daß ich nie in einiger kriegsrustung sinther der gesprochnen und verkundigten acht wieder die von Goßlar gestanden, auch in diesem heutigen tag nicht stehe, welches alles eurer ksl. Mt. ich allein zu ehrn und umb dieses reichstags willen underlassen, wiewol ich dennoch, durch verleihung gotlicher hulf und one ruhm solche echter under meynen gewalt zu bringen, vertrauet hette. Also wölte mir mit grundt und warheit besser, wieder die echter zu clagen, geburen, dann daß sie mich gegen eurer ksl. Mt. auß keynem bestandt und gantz vermeinter, beschonlicher weise thun beclagen, die auch auß vormelter antzeige sich eines gewalts wieder mich gantz nicht zu beschweren haben, dorauf eurer ksl. Mt. ich dann gesinnen zum ersten habe.

Zudeme, so ist die sach weder der gegentheiln vermeinten religion anhengig noch dorauß fliessendt, sonder, alß jegentheiln und ich meynes eingelosten Ramerßpergks welde und gehultze halben gegeneinander in kriegsubung gestanden, haben sie mir auß solchem unwillen und keiner nodturft iren frevel, mutwillen und fridbruchigen gemute nach meine closter Gorgenbergk, Peterßbergk, Heilliggrab und andere ann [= ohne] einige erhebliche ursachen mit hereskraft belegert und letzlich in den gantzen grundt abgeprennet, auch dem gegentheil nicht benugig gewesen, sonder daruber meyne arbeiter und schmeltzer in den hutten jhemerlich auf die schmeltzofen geworfen, verbrennet und sunsten eines theils sunst erwurget und umbgebracht, alles in meynem furstenthumb, gericht und obrigkeith, das alles und dorauf meyne ervolgte klage gescheen ist, ehe dann die vormeinte protestirende je einige buntnuß oder conspiration aufgericht und lange vor dem augspurgischen reichstagk. Es ist auch nicht gehört worden, daß sich die widertheilen dagegen mit irer vermeynten religionn haben beschutzen wöllen. Allein dieweil gegentheiln mit urtheil und recht in die acht erkant und denunciirt worden seyn, so understehen sie sich mit zuthun irer vermeinten conspirationsverwanthen, wieder eurer ksl. Mt. reputation, recht, des reichs ordnung und den außgekundigten landtfriden solchen losen und verwar [= fürwahr] gantz ungotlichen und unerbarlichen behelf zu geprauchen und dorauß ein religionnsachen zu machen und mit der mindischen zu vergleichen, welches doch, wie angetzeigt, im grundt nicht ist nach [= noch] seyn kann.

Derwegen so mögen wieder [= weder] die von Goßlar nach die protestirende dorauß einige ursach ires vertzugsa schepfen und haben die protestirende, den echtern von Goßlar, welche die suspension wieder mich auch nit furtragen kann, in dieser sachen auß gescheener antzeige beyzupflichten, kein fug noch recht, sie wölten dann euer ksl. Mt. und des reichs reputationn, ehr, ordnung und gesatz gentzlich und gar vornichten und umbstossen, dahin dann, wie die erfarung gibt, ir entlich gemuth gericht ist. Dieweil dann euer ksl. Mt. an mich gnediglich thun gesynnen und begern, daß ich diesen werenden reichstag uber unverfang meynes erlangten rechtens mit der gewalt jegen die echter von Goßlar in ruhe stehen sol, so haben euer ksl. Mt. albereit gnedigst vernohmen, daß ich bißher keynen – eurer ksl. Mt. zue sondern ehren – gewalt wieder die echter von Goßlar gebrauchen wöllen, und bin, des noch euer ksl. Mt. diese zeit uber zue underthenigem gefallen zu thun, erbutigk, doch mit vorbehalt, daß ich darmit weder in die suspensionn bewilligt noch etwas mich an meynen erlangten rechten wil vertziehen haben, welches ich mich gegen euer ksl. Mt. zum herlichsten itzunder thu bedingen, und in deme, auch daß die echter von Goßlar sich ires gewalts in meynem furstenthumb (wie berurt) enthalten, die gefangenen wiederumb ledig lassen, von irer munitionn, prophantsbereitung und vorhabender rustung, dergleichen auch die von Braunschweig, meine ungetreue underthane, von irem thatlichen furnehmen, dorinnen sie dieser zeith gegen mir und den meynen sein, abstehen, gestatten, darvon auch ksl. Mt. klerlich verstehen, wie gehorsamlich die von Braunschwig und den eingangk der meynen in die stat Braunschweigk eurer ksl. Mt. ausgangen penalmandat halten und was mir, darwider zu thun, auch erlaubt sein wil. Solten aber die gegentheiln solche ertzelte, thatliche handlung wieder mich und die meynen nit abstellen wöllen, sondern, sich also gegen mir zu rusten, furtfaren wurden, so wil ich nicht erachten, daß es eurer ksl. Mt. wille, gemuth oder meynung sey, daß ich meynen wiedertheilen den vortheil gunen, iren gewalt und unpillichen handlungen mir zue mercklichem, unuberwintlichem schaden, verderbe zusehen und daß die echter von Goßlar der sequestern geldt angriffen, sich damit gegen mir und den meynen gerust zu machen, und ich nichts darwider thun solt, damit gleichheit auf beiden theiln gehalten werde, sonder mehr, daß ich mich dargegen aufhalten und euer ksl. Mt. mich alß ein romischer keyser und ein haupt der christlichen nurnbergischen buntnuß nit verlassen, daß auch solche noturftigliche gegenwer eurer ksl. Mt. nit zuentgegen sein werde, dorauß mir sunsten eyn unwiderbrenglicher schade, merckliche, groß beschwernus ervolgen wölte, in dem vhal euer ksl. Mt. ich in aller underthenigkeit itzo angeruffen haben wil und zweiffel gar nicht, euer ksl. Mt. werde mir und sunderlich auf ditz mein underthenig, milt erbieten, welches ich meynen heimgelassenen rethen und bevelhabern angetzeigter gestalt zu leisten auch bevelen wil, beystendig und behulflich. Und bit gantz undertheniglich, euer ksl. Mt. wölle hirinnen ir reputation, meine gelegenheit und gestalt der sachen genedigst selbst behertzigen und bedencken der jegenteiln von Goßlar grossen vortheil, daß sie, mich mit der sequesterei alß meynem eigenem gelde zu vergewaltigen, understehen, und in was mutwilligen, unrechtmessigem furnehmen sie gegen mir sein, und daß euer ksl. Mt. mein gnedigster her keyser sein und pleiben und auch mir vermöge derhalben meyner ersten supplicationschrift verholfen sein wölle, alß ich mich zue euer ksl. Mt. gewißlich thu vertrösten, und daß euer ksl. Mt. die suspension oder anstellung der acht gnediglich wiederumb werden aufhebenb und revocirn lassen3. Bin ich umb euere ksl. Mt., dere mich undertheniglich thun bevehlen und zue gehorsam schuldigk erkenne, meynes hochsten vermugenß ungesparts leibs und guts stets zu verdienen willig4.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung vgl. Dr. Johann Walter an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 März 12, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Kop.) [Anm. 3 zu Nr. 509] und Christoph von Taubenheim und Eberhard von der Thann an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Regensburg, 1541 März 13, Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 242r–245v und 248r–248v (Ausf.) [Nr. 513].
2
 Vgl. Anm. 2 zu Nr. 505.
a
 In B danach: auf disen reichstage mit bestandt.
b
 Nach B korr. aus: anfahen.
3
 Auf diese frühere Supplikation bezog sich offenbar das folgende Gutachten für den Kaiser, Regensburg, o. Datum, Wien HHStA, RK RTA 7, unfol. (Kop.): Le duc de Brunßwig supplie à l’empereur vouloir déclarer, que le fait de Goslar n’est comprins soubz la suspension, attendu, qu’il ne concerne anciennement la religion ayant esté commencé devant la diète d’Auspurg. Et pour ce que dedens la lettre de la suspension des bans est contenu, que icelle suspension durera le temps de la diète ou tant que sera autrement ordonné, supplie, qu’il plaise à sa Mté déclarer, que ceste dernière clause ‚ou tant que autrement sera ordonné‘ ne luy devera porter préiudice, mais que nonobstant icelle la diète finée il poura procéder contre lesdits de Goslar comme il povait faire paravant la suspension. Quant au premier poinct semble, que sa M pourroit respondre, que la déclaration requise seroit directement contre la tenure de ladite suspension, qui par exprès compren[d] ceulx de Goslar. Quant à seconde poinct de la clause, le [temps], aussi ne le pouroit sa Mté si expressement déclarer comme le duc de Brunßwig le requiert, pour ce qu’il donneroit matière de plaindre aux autres. Mais doit suffire audit duc, que sa M verbalement luy asseure que la diète passée il poura procéder contre ceulx de Goßlar comme mainten[ant], laquelle parolle doit estre aussi [tenue] comme si elle estoit passée [en écrit de sa M]. Die in eckigen Klammern wiedergegebenen Stellen sind stark verderbt. Vgl. auch die Erklärung des Kaisers zur Suspension der Kammergerichtsprozesse in Religionssachen, Regensburg, [1541 März], Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Konz.); AV: [...?] des complaintes du duc de Braunßwichs contre Goßlar, Braunßwichs et protestans, présenté 11. Martij: Hat für die Dauer des Reichstages die gegen die Protestierenden am Kammergericht anhängigen Prozesse suspendiert, damit auf dem Reichstag in der Religionssache umso erfolgreicher gehandelt werden und jeder ohne Gefahr erscheinen kann. Hat demnach auch Hg. Heinrich von Braunschweig befohlen, die Exekution der Acht gegen Goslar für die Dauer des Reichstages einzustellen und die von Goslar den Reichstag besuchen zu lassen, ohne in der Zwischenzeit etwas gegen sie vorzunehmen. Darüber hat sich der Herzog beschwert, weil dies sein erlangtes Recht beeinträchtige. Erklärt daraufhin, dass, wenn Friede und Einigkeit nicht wiederhergestellt werden können und der religiöse Zwiespalt nicht beigelegt werden kann, diese Suspension niemanden in seinen Rechten benachteiligen soll, doch dass jedem das Geleit bis zu seiner Heimkehr gehalten werde. Vgl. auch die Erklärung Hg. Heinrichs von Braunschweig zur Gewährleistung der Sicherheit der Goslarer Gesandten zum Reichstag in Regensburg, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (Kop.), vgl. Anm. 2 zu Nr. 505. Vgl. außerdem Wolfgang Rehlinger, Simprecht Hoser und Dr. Konrad Hel an die Geheimen von Augsburg, Regensburg, 1541 März 30/31, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.): [...]. Es ist von den stenden anheut fur gut angesechen, die ksl. Mt. erenstlich umb abschaffung der proceß am camergericht wider den Kf. zu Sachsen, Strassburg, Esslingen und Lindaw anzuhalten, auch mit Hg. Hainrichen von Praunschweickh wider die stett Gosslar und Praunschweickh wurcklichen stillstandt zu verfugen und Dr. Hellden und Praunen zu den handlungen nit zu geprauchen, anzuhalten etc. Und haben etlich kuntschaft, das ir Mt. solchs alles gnedigclich thun oder bewilligen werde etc. [...].
4
 Zum Konflikt Hg. Heinrichs von Braunschweig mit den Städten Braunschweig und Goslar vgl. Täubrich, Herzog Heinrich der Jüngere, S. 114–132, S. 136–137, S. 145–147 und S. 169–172.