Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 2, unfol. (Kop.).
B koll. Marburg StA, PA 569, fol. 14r–19v (Ausf.).
Euerer fstl. Gn. schreiben de dato Marpurg, Sontags, den 27. Februarij1, haben wir den 7. Martij undertheniglich empfangen und verlesen und daruff uns sembtlich den folgenden morgen mit euerer fstl. Gn. schriften, an den H. Granuel haltend, zu demselbigen H. Granuel verfuget und euerer fstl. Gn. bevelch nach mit ime uff di erclerung des gleits, auch erledigung des arrest in sachen der stadt Braunschweig und anders inhalt euerer fstl. Gn. schriften uff das fleissigst gehandelt. Daruff der Granuel, dweil er mit vielen gescheften beladen gewesen, bis uff den andern tag, sich in denselbigen euerer fstl. Gn. uberantwurten schriften zu ersehen, schub [sic!] genomen. Als wir nun uff benante zeit und stunt bei ime widder angesucht, hat er uns zu sich kommen lassen und angetzeigt, das er euerer fstl. Gn. schreiben empfangen und verlesen het und wuste nit, was er mehr in den sachen thun solt oder konte, dan er het anfenglich das gleit, wie das begert were worden, bei der ksl. Mt. ausbracht, welchs ye mit claren worten vermocht, das euere fstl. Gn. ider zeit zu derselbigen gelegenheit von dem reichstage one erleubnus und bewilligung der ksl. Mt. abziehen möcht, und, dweil nit gebreuchlich gewesen, sollich oder dergleichen geleit zu geben, so het er solich gleit durch den secretarium Gerhardum2 verfertigen und schreiben und durch di ksl. Mt. verhandzeichnen lassen, wie das euerer fstl. Gn. canzler wol bewust were, aber das ander gemein gleit und erstreckung desselbigen were in gewonlicher form durch den Obernburger vorfertigt worden und solt in alle wege das erst vorgehen und nach demselbigen das gemein verstanden werden. Und hielt dafur, euere fstl. Gn. weren gnugsam versichert, dan sie wolten mit eueren fstl. Gn. uffrichtig in treuen und glauben handeln. Solt nun daruber ferner bei ksl. Mt. angehalten werden, solichs möcht ein nachdencken irer Mt. geperen, welchs er, der Granuella, nit gern sehen wolt, doch zweivelt er nit, di ksl. Mt. werden euere fstl. Gn. solich declaration, wo man daruff bestehen wurde, nit weigern. Dann vil dinge wurden mit besserm glimpf und fuglicher nachgegeben dan gebeten.
Aber sovil die braunschweigische und goslarische sach thet belangend, het er vormals bei der ksl. Mt. sich bearbeit, das di acht und alle proces in der religionsachen suspendirt und dem hertzogen ein stilstant und fride gebotten were worden. Di ksl. Mt. het auch das camergericht uff sein anregen vor sich gefordert und ime angesagt, das sie sich irer Mt. mandaten und suspension in sachen der religion gehorsamlich halten solten. Und wo sie das nit thun wörden, wolt ir Mt. sie ungnediglich straffen, dardurch er dan nit ein geringen haß des andern teils uff sich geladen, dan sie liessen sich offentlich horen, das solichs widder recht, des hl. reichs ordnung und zu irer als der parteien gerechtigkeit vorletzigung vorgenomen und bescheen were, zudem, so het Hg. Henrich der ksl. Mt. alhier zusage [sic!] und sich des mit eigner hantschrift verpflichtigen mussen, den keyserlichen mandaten und gepoten fridstant zu gehorsamen, wie euere fstl. Gn. von solcher obligation des hertzogen vor vier tagen ungeverlich glaubwurdige copeien uberschickt het etc. Solt er nun daruber sich ferner inlassen, das werde von dem gegenteil vor grosse parteiligkeit angesehen, welchs er je gern, sovil muglich, verhuten und uff sich nit laden wolte. Aber wie inen der handel ansehe und er auch zum teil befinde, so sucht der widerteil in dem nichts anders, dan das er eueren fstl. Gn. ursach gebe, das sie uff disen reichstag nit kommen solten, welchs er in alle weg eueren fstl. Gn. uff das allertreulichst widderraten wolte. Die ksl. Mt. werde auch euere fstl. Gn. gantz gnediglich und freuntlich empfangen und halten. Dan wo euere fstl. Gn. ausbleiben werden, das werd sie alwege beruhen [sic!], vil verseumen und dardurch dem widdertail gelegenheit geben, ire intent zu erlangen, dan sie feierten nit.
Als wir aber den H. Granuella inhalt euerer fstl. Gn. bevelch weiter berichtet, das Hg. Henrich, unangesehen aller mandaten und keyserlichen gebotten, in di von Braunschweig und Goslar mit vilerley mercklichen und neuen beschwerungen trunge, wie sie, di von Braunswig und Goslar, sich des in iren schriften bei dem churfursten beclagt hetten, wo di nit abgeschafft, besorgten wir, es mochten daraus allerlei vorhinderung ervolgen, und derowegen baten, das er di dinge nochmals bey der ksl. Mt. uff di wege, wie euere fstl. Gn. ime geschriben hetten, wolt richten, sagt er uns zu, er wolt von stunt sich zu der ksl. Mt. verfugen, ire Mt. der dinge berichten und, was er bei derselbigen erhalten wurde, uns ferner antzeigen, welchs dan also geschehen.
Und ist heut der secretarius Gerhardus zu uns in unser herberge kommen sambt dem H. de Naues und uns angetzeigt, das ksl. Mt. eueren fstl. Gn. solich begerte declaration, so sich auch uff den churfursten erstrecken solt, gnediglich zukommen lassen wolt, und uns das concept sollicher declaration gelesen, welchs euerer fstl. Gn. uberschickten notel gemes gewesen ist. Das solt diesen tag noch verfertigt werden3.
So hat der H. Naues uns angetzeigt, das er in namen der ksl. Mt. bei Hg. Henrichen gewesen sey und ime angesagt, das er den keyserlichen mandaten und fridstant gehorsamen solt und di beschwerung in alle wege forderlich abschaffen. Hab im der hertzog geantwurt, das er di von Braunschweig und Goslar in keinen weg beschwere, sondern hab sich der keyserlichen suspension und gepotten fridestant gehorsamlich erzeigt und den seinen gepotten, di gebot und arrest zu relaxirn, zu offen und den von Brunschweigk di vorhafte guter volgen zu lassen, welche sich uff di 40.000 fl. theten erstrecken, auch die von Goslar frei, sicher und unbeschwert in seinem furstenthumb, landen und gepieten, desgleichen zu disem reichstage abe und zu solten passirn lassen. Aber die von Braunschweig hetten ime in kurtzen tagen mit 400 man in sein geholtz gewaltiglichen gefallen, wie er des di ksl. Mt. und der gantzen sachen berichten wolt etc. Dweil aber di ksl. Mt. dises tags etwas schwach, hat ire Mt. die antwurt des hertzogen nit gehort. Sovil wir aber von dem Naues verstanden, so ist ksl. Mt. meinung nit, die sachen in abwesen euerer fstl. Gn. und anderer zu horen und in disputation ziehen zu lassen, sondern ir Mt. wollen ein entlich antwurt uff des H. Naues werben von im forderlich haben. Und wie sich der H. Naues versicht, so werd di antwurt morgen gefallen. Dieselbige soll eueren fstl. Gn. auch forderlich zukommen.
Und bitten der H. Granuel, Naues und der secretarius, euere fstl. Gn. wollen ire ankunft der dinge halben nit verziehen. Dann wo er, der hertzog, sich den mandaten ungehorsam ertzeige, hab man hie den kaiser als die oberkait bei der hant, da konte man die dinge forderlich und zum besten abschaffen, dartzu sie dan allen vleis wollen furwenden, welchs nit so statlich und forderlich konte ader möchte beschehen, wann euere fstl. Gn. und der churfurst abwesig, zudem, das es sunst zu vielen sachen dienlich und des gegenteils practicken verhindern werde, wie one zweivel der H. Granuel eueren fstl. Gn. selbst schreiben wirdet, wo er bei diesem botten zu schreiben vorhindert worden ist. So sehen di stende dieses teils in gleichem vor gut an, euere fstl. Gn. wollen sich forderlich erheben und alhier vorfugen. Und schicken demnach eueren fstl. Gn. hiebei die declaration des gleits undertheniglich zu und, sobalt uns di antwurt der von Brunschwig und Goslar halben zukommet, wollen wir dieselbige eueren fstl. Gn. uff das allerforderlichst, auch bei eigner botschaft zuschicken und thun uns hirmit eueren fstl. Gn. in aller underthenigkeit bevelen. Datum Regenspurg, den 10. Martii anno etc. 41
[Zettel:] Auch, gnediger furst und herr, als uns heut dato gegen obent umb 7 der secretarius Gerhardus die kayserlich declarationn hat in die herberg bracht, hat er uns angetzeigt, das der H. Nabes solche declarationn, damit die ding in geheim gehalten, geschriben und, als ksl. Mt. dieselbige hat underschreiben wollen, sey ungeverlich gescheen, das ire Mt. den brief etwas maculirt habe, wie euere fstl. Gn. sehen werden. Derhalben bitten sie underthenig, euere fstl. Gn. deßelben also zu berichten, damit euer fstl. Gn. solchs irem unfleis nit wollen zurechen. Sie hetten auch den brief von neuem abschreiben laßen. Dieweil aber ksl. Mt. etwas schwach und abent gewesen, haben sie ire Mt. mit fernerm underschreiben nit bemuhen wullen etc.
Der H. Granduella hat durch genanten secretarium an uns begert, inen eueren fstl. Gn. zu commendiren und zu entschuldigen, das er eueren fstl. Gn. dißmals nit geschriben, dann er wolle des Hg. von Braunschweig antwurt erwarten, welche antwurt der hertzog geben soll morgen, den aylften Martij4 [Nr. 247]. Sobald die gegeben, wulle er eueren fstl. Gn. uff dem wege und under augen schrieben [sic!]. Datum ut in litteris.
[2. Zettel:] Eueren fstl. Gn. uberschicken wir ein vertzeichnus der fursten und botschaften, so dißer zeit alhier zu Regensburg ankhomen.
Der Bf. von Meintz hat sich durch sein gesante bey der ksl. Mt. von wegen seiner schwacheit und, das er in dißen schwinden leuften sich aus seinen stiften nit begeben kont, entschuldigen laßen. Aber ksl. Mt. hat den gesanten antwort gegeben, ir Mt. weren auch schwach, hetten auch ville konigreich, lande und leuthe, die ir Mt. uff sein und der seinen vilfaltigs anhalten het verlaßen. Ir Mt. neme die entschuldigung nit an, sondern er solt sich auf das forderlichs alhier verfugen.
Man sagt, ksl. Mt. sey etwas unduldig [sic!], das nymant alhieher dann allein pfaffen ankhomen, und, wan euer fstl. Gn. und der churfurst ankhommen, werde ir Mt. die handlung von stund anfangen, es bleibe aus oder khommen werd [sic!] der wolle.
Der Bf. von Hildesheym hat der ksl. Mt. das romisch urteil presentirt und umb execution gebetten, welchs der kaiser gelesen und sich verwundert der vilen schloß, stett und guter, so dem stift zustendig, aber dem bischoff noch keine antwort uff sein begern gegeben. Es meinen etliche ksl. Mt. diner, wo das urtheil dermaßen gesprochen, so werde man dem rechten seinen lauf laßen.
Hg. Ludwig von Beyern und Hg. Henrich haben die ksl. Mt. gebetten, dieweil sie allerlei mit irer Mt. zu reden und zu handeln hetten, daran irer Mt. und dem reich vill gelegen were, und dan ire Mt. die teutsche sprach, wiewoll sie derselbigen woll bericht, nit gern prauchten und sie, die beide hertzogen, nit wusten, wen ire Mt. bei sich von rethten hett, dem man die dinge vertrauen mocht, das ire Mt. Dr. Helten alhier [sic!] vor einen dolmetschen beschreiben und inen dartzu brauchen wolten. Darauf ksl. Mt. geantwurt, Dr. Helt hett ein gnedigen urlaub von irer Mt. gepeten, den sie ime auch gegeben hetten, das ire Mt. ime daruber schreiben und zu sich fordern solten, wuste ire Mt. nit zu thun. Es were auch ire Mt. dermaßen mit rethten versehen, das daran kein mangel erscheinen wurde. Und als beide hertzogen bei irer Mt. ferner anhilten, inen gnediglich zutzulaßen, das sie Dr. Helten vor sich selbst und in iren eigen sachen alhier brauchen mochten, hat inen die ksl. Mt. geantwort, sie wiße inen in dem keine mas zu geben, ire Mt. stelle solchs zu inen.
Es hat uns auch ein vertraute person glaublich angetzeigt, das Dr. Helt das letzt schreiben wider euere fstl. Gn. Hg. Henrichenn gemacht und gestalt hab, wie solchs dann auch den H. Granduell und andern wol wislich sein solle und das er 20 und etliche tage in einem cloister gelegen und solche auschreiben verfertigt habe, allein euere fstl. Gn. zu verhindern, uff den tag alhier entweder nit oder ye desdo langsamer zu khomen, wie wir eueren fstl. Gn. in irer ankhunft alhier weiter berichten wollen. Wo das nun beweislich, wie wir es gentzlich dafur halten, khonten euer fstl. Gn. des rechten sich gegen den man, so er alhier ankhommen werde, wie vermutlich, woll brauchen. Derwegen wollen euere fstl. Gn. die dinge in geheim halten, ob euer fstl. Gn. uff den grundt khomen mochten. Der H. Granduella hat uns gesagt, das die ksl. Mt. dem hertzogen verpotten habe, kein truck oder famos libell ausgehen zu laßen, als auch die bucher offentlich nit divulgirt, sondern heimlich understuckt werden.
Ksl. Mt. hat dem rath alhier antzeigen laßen, das des bapst botschaften wurden morgen einreiten und das Hg. Ludwig und Hg. Henrich in willenß sein solten, derselbigen botschaft entgegenzureiten, und dannach fragen laßen, was sie dun wollen. Daruf der rath geantwort, was ire Mt. haben wolle. Aber vormals sei es durch sie nit bescheen. Hat ire Mt. inen sagen laßen, so es vormals nit bescheen, so sollen sie es auch darbei bleiben laßen. Datum ut supra.