Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 324r–327v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 324r: Dr. Bruck schreibt, das Dr. Martinus den gesandten von Regensburgk uff ihr antragen ein genugsame antwort hab gegeben. Item, was in deß Kf. zu Brandenburg instruction were gesucht worden etc.

Druck: Corp. Reform. IV, Nr. 2267 , Sp. 396–399.

Eur kfl. Gn. haben ane tzweifel nunmeher mein untherdenigs schreiben empfangen, darin eueren kfl. Gn. ich das ankomen der regenspurgischen geschickten zu erkennen gegeben1. Nun aist Alexander Alesius gleich unther der maltzeit heimlich zu mir komen. Der hadt mir angetzaigt, das die gesandten und er, darunther der thumbprobst F. Jorg von Anhalt auch ainer were, ir antragen in der Goltschmidin haus an Dr. Martinum gethan. Darauf hette er auch alsbaldt widerumb antworth gegeben, daran sie alle guete gnuge hetten. Hadt mir auch vortreulich angetzaigt die instruction [Nr. 102], die ich nur cursorie durchlesen konnen. Die ist gericht gewest in des marggrafen churfursten nhamen, das sie von seinen kfl. Gn. abegefertigt. Aber der eingangk hadt schir die meynung gehabt wie der kaiserliche furtragk zum anfangk des reichstags, wie sich ksl. Mt. so gantz väterlicher, gnediger meynung aus Hispanien in deutzsche nacion verfugt, in willen, den zweispalt in der relligion hintzulegen und Gottes ehre und worth zu furdern, frid und ruhe im reich uftzurichten, damit dem Turcken ein beharlicher und stadtlicher widerstandt bescheen muge. Nun hette ir Mt. bedacht, die relligion erstlich an die handt zu nemen. Dortzue hette ir Mt. sechs personb mit bewilligung der stende nidergesatzt, die sich der furnembsten artickel, darauf die doctrin ruhet, miteinander vorglichen und, was nu noch hinderstelligk were, darin man sich noch nit vorglichen hette, das belangete meher die breuche der kirchen und rithum ecclesiasticum2 dan die leher. Und seint die artickel in der instruction3 benanth worden als von der tranßsubstanciacion, von der steten gegenwertigkeit des leibs Christi im sacrament des altars, biß es genossen wurde, und darauf von der anbethung desselben sacraments, item, von der ertzelung aller sunden gegen dem beichvater, von dem anruffen der heiligen, von der messen, vom canone missae, c item, vom gewalt und auctoritet der kirchen, von der kirchlichen irarchien–c. Und sovil ich der dißmals in eil habe konnen vormercken, so seindt es die jetzt ertzelten vast alle gewest. Wiewol nu Philippus und die andern dieses teils sich beschwerdt, von iren sentencien und meynungen, so sie derhalben ubergeben, zue weichen, so bedechte doch vorgemelter Kf. zu Brandenburg, das diese artickel nit so wichtigk zu achten, das darumb ainigkeit und fride zerschlagen solten werden, sondern besser sein, das darin etwas nachgehengt wurde, bissolang das der kaiser kondt zu einer stadtlichen reformacion der kirchen und irer mißbreuche komen. So wurde auch dem armen, christenlichen volck, das hin und wider uf das evangelio wartet und trost und hofnung uf diesen reichstag setzet, zu der rechten, raynen leher und doctrin komen, das sonsten alles vorpliebe. Und dieweil dan sein kfl. Gn. Dr. Martinum also alwegen erkenth hetten, wie er dan der anfang were durch Gottes gnade der raynen leher, das ers nit gerne an dem erwinden ließ, das zu christenlichem friden und ainigkeit dinstlich, und nu zu Regenspurg alle sachen daran hafteten, so ist die bith und begerung uf zweie wege, wie hernach berurth gestanden. Der erste, das Martinus die artickel also wolt willigen, wie die vom andern teil im ausschus mit vielem angeben gestelt. Zum andern, wo er des yhe bedencken hette, das sie doch von ime zum wenigsten ein zeit lang mit einer maß mochten verschoben und geduldet werden4. Diese drei ader vier worth zaichent ich im lesen uff etc.

Und ist in der instruction nichts gestanden, das sie eur kfl. Gn. daruber auch solten besuchen. So habe ich Alexandern darumb auch befragt. Der hadt mir gesagt, das sie an euere kfl. Gn. keinen bevelich hetten, wie dan auch wol zu achten, weil sie in des kaisers nhamen nit abgefertiget. Nun hette Martinus, wie mir der Schott gesagt und sovil in der eil von ime habe vorstehen mugen, im grunde diese antworth gegeben, daran sie dan alle wol zufriden weren: Das er die bemelten artickel fur recht solte zulassen und dieselben approbiren, das wuste er ebenso wenig zu thun als Philippus, sondern pliebe in deme bey seinen vorigen schrieften und des Philippi ubergebenen artickeln. Aber sovil den andern teil der begerung betreffen thett, nemlich das gedulden und tolleriren ein zeith lang, das kont er umb fridens willen wol gescheen lassen, das die artickel der doctrin rain plieben. Wolt jemandes in ainerlay gestalt und sonderlich aus schwacheit ader sonsten communicieren ader alle seine sunde ertzelen dem beichtvater, das ließe er gescheen. Kondt auch den mißbrauch wol tolleriren, allain, was die doctrin und leher anginge, die wolt er im rein mit schreiben, leren, predigen etc. und, wie Philippus sein bedencken von allen berurten artickeln angetzaigt, furbehalden haben. Und wiewol ich hof, es werde die antwort mit merern stadtlichen anhengen gefallen sein, ist sie aber also schlecht hingegeben, so wirdet nu der kaiser ein seltzamen friden darauf machen wollen. Aber der almechtige schicke es alles zu seinem lob und preis. Amen. Es stunde noch ein artickel in der instruction, der lautet dahin, das der Kf. zu Brandenburg Martinum erinnerte, das er sich dannocht hievor in etzlichen seinen buchern hette lassen vornemen, wan allain die doctrin eingereumbt wurde, was der breuche were, dorin wolt man sich mit dem andern teil auch wol zu vorainigen wissen. Aber meins vornemens macht der marggraf gar ein geverliche teylung zwuschen der doctrin und den angegeben artickeln, gleich als solten dieselben allein fur rittus und mißbreuche antzusehen sein. Der Schotte [= Alexander Alesius] sagt, Martinus wurde mich ansprechen, wan er wider von inen zu haus zoge. Des will ich also gewertigk sein. [...]. Datum Wittemberg, Freitags in der pfingstwochen anno domini 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Dr. Gregor Brück an Kf. Johann Friedrich, Wittenberg, 1541 Juni 10, Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 318r–319v (Ausf.): Eurn kfl. Gn. waiß ich in untherdenigkeit nit unangetzaigt zu lassen, das die botschaft nemlich F. Hans zu Anhalt nechten alhie ankomen sein. Haben aber iren wegk uf Dessau zu genomen, do sie einen halben tagk und nacht ungeverlich verharret haben. Heut umb sieben hör hadt Alexander Alesius mir inliegendes brieflein zugeschickt, welchs euere kfl. Gn. wol werden vordeutzschen lassen. Der von Meintz ist ein teuffelskunstiger. Aber ich halte, sein letztes wirdet er uf diesem reichstag versucht haben. Die marggrafen werden sie schon haben laithen lassen. Doch hadt hievor bey inen auch kein trost gehabt, darumb kan man sich irer leichtlich vortzeihen. Aber ich hof, sie sollen mit iren predigern zu thun gewynnen, weichen sie abe. Alexander Alesius besorget sich, er werde bey dem marggrafen darumb ausgedienet haben. Stellet sein hofnung zu Got und eurn kfl. Gn. Doch wil ich auch noch nit altzuvil uf den man setzen, weil er sich zu ungotlichem anbrengen brauchen leßt. Ich habe alsbaldt mir das brieflein vorden [sic!], Johan Maier zu Dr. Martini geschickt und ime bevolhen zu vormercken, ap er villeicht wurde fur gut ansehen, das er mit mir zuvor wolte reden, und, wo er das wurde vormercken, so solt er ime sagen, das ich zu ime wolte hinaufkomen. Aber Dr. Martinus hadt mir wider sagen lassen, sie hetten ime schon ein wagen hinaufgeschickt mit pferden, das er solte zu inen hinabfaren in der Goltschmidin haus. Do wolten sie ime antzaigen, warumb sie zu ime gefertiget. Nun wolt er sie hören und, ap Got wil, den sachen recht thun. Das sie aber solten bevelich an eur kfl. Gn. haben, vormercke ich nit. Es muste dan uf den falh sein, wo Dr. Martinus die moderacion wurde zulassen ader einen anhang uf eur kfl. Gn. machen, das sie alsdan möchten bevelich haben, mit eurn kfl. Gn. auch zu handeln. Ich wil aber sehen, wie ich dem Alexander muge ein clein schrieftlein beybringen, solchs zu erfaren, sofern es anderßt Dr. Martinus selbst aus irem anbrengen etwo umb den mittag nit wurde understanden haben. Aber was ich davon vormercken werde, das sol eurn kfl. Gn. hinach unvorzuglich vormeldet werden. [...]. Datum zu Wittennberg, Freitags in der Pfingstwochen anno domini 1541.  – Vgl. Dr. Alexander Alesius an Dr. Gregor Brück, o. Ort, 1541 Juni 9, Weimar HStA, EGA, Reg. E 140, fol. 317r–317v (Ausf.); Druck: Corp. Reform. IV, Nr. 2265, Sp. 394–395: Libenter ad vos venirem, si liceret propter nescio quas suspitiones nostrorum legatorum, iam hodie octiduum est, quod Ratisbonae fuimus, et tamen nobis in Dessauia nudius tertius dictum est sparsos esse Vitebergae rumores de nostro adventu. Id valde aegre tulerunt nostri et nescio quid non suspicantur, sed ad rem ea vera esse, quae vobis in transitu narravi, non dubito quin ex vestrorum literis intellexeritis. Sed postquam lantgravius sensit insidias, constantissime adhesit vestris nec digitum quidem latum vult decedere a sententia domini Philippi. Bucerus etiam sua constantia vicit suspitiones. Iam postquam vident se frustra tentasse adversarii, ut hos a vobis divellerint, agunt cum nostro, ut nescio quam quaerat moderationem a doctore Martino de controversis articulis, de quibus ex ipso doctore audietis. Hac practica moliuntur divellere nostrum et marchionem Georgium a vobis. Videtis Moguntini esse artes. Quomodo autem d[ominus]d[octor]potest aliquam moderationem contra articulos iam caesari a domino Philippo cum vestrorum omnium consensu exhibitos admittere non video. Nos generalia, quod ego sciam, tantum habemus mandata satis honesta. Si quid lateat, nescio. Forsan quaerunt aliam sententiam nostri a domino doctore de transsubstantiatione sacramenti, de perpetua praesentia et adoratione quam illam quae est a domino Philippo caesari exhibita et hac ratione quaerunt inter ipsos seminare discordiam. Princeps, quia intelligit me defendere sententiam domini Philippi, non amplius me de his rebus interrogat. Vereor, ne, si a Moguntino et caesare decipiatur, ut alios articulos papistis condonet, cogitandum mihi sit de alia conditione. Ego enim in nullius hominis gratiam discedere a pura doctrina nec ullum articulum contra scholam Vitebergensem volo profiteri. De his rebus colloquimini cum doctore Martino et me illustrissimo principi veteri, meo domino, per occasionem commendabitis. Bene valete. Aedibus Christiani Goldschmiti, 9. die Junij. Zu Alexander Alesius vgl. Müller, Zur Geschichte, S. 233–239 und S. 244–248.
a
 Von hier bis zum Schluss angestr.
b
 Danach ist ein Halbsatz gestrichen, der sich nicht mehr rekonstruieren lässt.
2
 Im Druck im Corp. Reform.irrtümlich: der rituum ecclesiasticorum.
3
 Im Druck im Corp. Reform.irrtümlich: Justification.
c
–c Nachgetr.
4
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Ey, wie ein schönes anmuthen. Zum folgenden Satz Notiz v. 3. Hd.: Nota.