Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Ausf., eighd.).

Hat den Brief des Bischofs vom 16. Juni am 27. Juni erhalten. Und wiewol ich euerer Gn. zum ofternmal geschriben, wie sich alle sachen alhie anlassen, jedoch befind ich us berurtem euerer Gn. schreiben, das meine brief der zeyt euerer Gn. nach nit uberantwort worden. Versehe mich doch, sye syen nunmee euerer Gn. zukomen und behendigt. Domit dan euere Gn. bericht werde, was alhie gehandelt und in quibus terminis die sachen standen, schick ich euerer Gn. zu die antwort der chur- und fursten sampt gemeinen steenden usserthalb der protestirenden [Nr. 182], welche uf gestern in vigilia Petri et Pauli [1541 Juni 28] berurte steend beyden ksl. und kgl. Mtt. schriftlichen uberantwort haben, daruss euere Gn. zu vernemen, wees der ylenden turkenhilf halben bewilligt worden etc. Uf solliches haben bald ir Mtt. begern lassen, das man gleych die andern artickel, als namlich, die religion, ein bestendigen friden und recht im reych zu erhalten, betreffen, beradtschlagen und an die handt nemmen wölle. Und ist derhalben, uf morgens umb syben uren im rhat zu erschynen, angesagt worden. Got der almechtig verlyhe seyn göttlich gnad!

Es hat auch die röm. kgl. Mt. uf den 27. Junij den steenden etliche kundtschaften und schriften furhalten und lesen lassen, den Turcken belangen, deren abschrift hiemit euerer Gn. ich auch hierin verwart zuschick.

Die protestirenden aber haben ein sonder antwort vervasst [Nr. 183] und die ksl. und kgl. Mtt. ubergeben, in summa des inhalts, das sye in die ylende hilf bewilligen wöllen und namlichen in die halb turckenhilf, zu Augspurg bewilligt, das doppel als vil als die unsern bewilligt, doch das zuvor und ehe die röm. ksl. Mt. ein bestendigen friden im reych, auch ein gleych recht ufrichte, mit vil meer andern beschwerlichen conditionen etc. Was nun darus ervolgen wird, wyll ich euerer Gn. nach jeder zeyt zuschriben. Und hat sich also, wie euere Gn. hieruss wol zu vermercken, uf diessem reychstag diesse neuwerung zugetragen, das nit allein in der religion, sonder auch in causis mere civilibus et externis die steend sich abgesondert und trent, also das man jezunder vier rhet hat, nemlich der churfursten, der fursten, stet und der protestirenden. Und wiewol ksl. Mt. zum hochsten ermandt, solche zerruttung im hl. reych nit inkommen zu lassen, darneben ordnung und entscheid der session halb zu geben, jedoch haben ir Mt. usserthalb etlicher guetlicher, gepflegner underhandlung nichtz furnemmen wöllen. Darneben ist ir Mt. bey beyden theylen nit allein in keiner reputation und achtung, besonder verlirt ir Mt. bey den unsern allen wi[llen], glimpf und gunst und, in geheym euerer Gn. zu schreiben, so last sichs an in allen expeditionen, als ob irer Mt. rhaet, Pfgf. Friderich, der Granuel und Pratis, sich gar und gantz zu den protestirenden hencken, das sye steetz in allen handlungen meer glimpfs bey ksl. Mt. befinden dan die unseren. Es ist auch die sag (wiewol ich im nit glauben gib), es sol der landtgraff von der protestirenden wegen dem Granuel 12.000 taaler verert haben.

Mit der religion und den sechs colloquenten hat der Granuel alle handlung gefurt. Und ist das buch, daruff man hat sollen colloquiren, welches ksl. Mt. den sechsen zugestelt, durch den Gropper von Cöln und des Granuels secretarien, Erhardum genandt1, zu Wormbs gemacht worden. Das hat der Bf. von Lunden dem Kf. von Brandenburg heymlichen selbs uberantwort, mit beger, das der churfurst in seinem nammen berurt buch dem Lutter und Melanchton zuschicken wölle, zu erkundigen, ob sye lyden möchten, nach solchem buch mit inen zu handlen, und, was sye davon hielten, anzuzeigen. Also hat solches der Luther mit einem seer spitzigen brief zum höchsten veracht und der Melanchton uf das buch nichtz anders geschriben dan ‚politia Platonis‘ etc. und volgens das dem margraffen widerumb zugeschickt. Das hat mir des Kf. von Brandenburgs rhat einer in der geheym angezeigt etc. Es hat auch sollichs buch nit allein in der handlung den lutterischen misfallen, sonder auch den catolicis, dan sye sich gar nit haben verglichen könden, wie die schriften uswysen. Es sol auch dermassen gestelt seyn, das beyde theyl dowidder zu schreiben gedencken. Dieweyl dan durch das colloquium und practick nichtz hat mogen fruchtbars gehandelt nach usgericht werden, so hat die ksl. Mt. an die steend verner begert, die sachen der religion halben zu beradtschlagen etc., wie dan euerer Gn. sollich begern von Pfortzheym us durch mich uberschickt worden etc.

Und nachdem Hg. Heinrichen von Braunschwig alhie allerhandt beschwerung begegnet von dem gezieg [= Beschuldigung] des brennens halben, deshalben er seyn entschuldigung und rechtserpietten vor der ksl. Mt. gethon [Nr. 256] und darnach auch supplicirt, so schick ich hierin verschlossen euerer Gn. berurte supplication zu, der hoffnung sye, die werden seyn Gn. uf das erpietten hinfurther mit friden und zu ruge lassen.

Euerer Gn. begern und schriben nach hab ich berurten fursten deren fruntlichen willen, dienst und danck des zuempiettens halb angezeigt, dessen ir Gn. zu fruntlichem gefallen angenummen und mir namlich Hg. Wilhelm und Ludwig von Beyren, meine gnedige herrn Spier und Augspurg bevollen, das iren Gn. euerer Gn. kranckheyt gantz treulichen und hertzlichen leid sey. Und wiewol man alhie gesagt, euere Gn. syen Got dem almechtigen ergeben, des sy dan mit sondern beschwerden gehört, jedoch hoffen ire Gn., Got der almechtig werde euere Gn. noch in langwiriger gesuntheyt gnediglichen erhalten und gefristen. Desgleichen hat Hg. Heinrich von Braunschwig euerer Gn. auch anzeigen lassen und sich erpotten, euerer Gn. selbs zu schreiben.

Belangen euerer Gn. sachen, so alhie zu expediren, hab ich röm. kgl. Mt. die handlung, Gf. Wilhelmen betreffen, uberantwort, die ir Mt. dem Gienger zugestelt, die zu besichtigen und ir Mt. zu referiren. Die commission uf Sebachs supplicatz hab ich uspracht, und ist von der kgl. Mt. zu commissarien bewilligt mein her von Murbach. Die confirmationes uber die verträg der leibeignen leut sind im rhat bewilliget, aber in der keyserlichen cantzley nach nit verfertigt und signirt.

Mein frau zu St. Steffan betreffen2, kann ich kein bescheid erlangen, es sey dan der artickel und puncten halb, betreffen ein bestendigen friden und recht, vor gehandelt, wie dan morgens berurte handlung iren anfang haben wirdt. Es haben mir auch beyde, der Granuel und der Nauia, angezeigt, gedult zu haben, bis in sollichem durch die ksl. Mt. ein bescheid geben werde. Doch halt ich on underlass an.

Deren von Oberkirch fryheyt halben, derglichen das weggelt zu erlangen, bin ich vertröst, solliche bede supplicationes werden diesser wochen im rhat expedirt werden.

Sovil aber euerer Gn. dienstgelt berurt, hat mir der Nauia gesagt, er wisse wol, wan solliche sachen bey ksl. Mt. zu expediren, ich solle nur in machen lassen, er wölle euerer Gn. nichtz versaumen, er acht auch darfur, es werde kein mangel haben, zudem, das der Granuel, welchem solliche sachen pecunariae bevollen, gantz willig sey, euere Gn. helfen zu furderen. Und domit solliche handlungen al möchten expedirt werden, sol meiner sollicitatur halben kein mangel erschynen, wiewol es gantz schwerlich zugeet.

Was ich bey Hg. Heinrichen von Braunschwig, euerer Gn. bruder halb usgericht, derglichen was mir mein gnedigster her von Mentz, euerer Gn. zu schriben, bevollen, werden euere Gn. us meinem umbgenden schreiben bey dem bitchischen botten, der durch Zabern göt, vernemmen, sampt der antwort, welche die protestirenden der röm. ksl. Mt. der ylenden turckenhilf halben geben haben etc.

Wie es sunst alhie stand, auch was fur neuwe zeittungen vorhanden, weiss euerer Gn. ich nichtz, dan wie angezeigt und euere Gn. vor us meinen schreiben vernommen, zu schreiben, darneben, das die kgl. Mt. die wochen, nachdem die hilf erlangt, widerumb geen Wien uf der Thunaw faren wird. Doch wyl die ksl. Mt. zuvor dem Kf. von Brandenburg und dem Hg. von Pomern die leehen verlyhen, und last man derhalb hinder dem münsterplatz ein gros gerust ufschlagen.

Das alles hab euerer Gn. ich des reychstags und anderer sachen halb wöllen undertheniger meinung anzeigen, uf das euere Gn. wuesten, wie es alhie stande, dan sich töglich alle sachen je lenger, je irriger begeben und zutragen. Thun mich hiemit euerer fstl. Gn. als ein gehorsamer diener in aller underthenigkeyt bevellen mit höchster begird, Got der almechtig wölle nach seiner guette und barmhertzigkeyt diesse kranckheyt von euerer Gn. nemmen und hinfurther euere Gn. in langwiriger gesuntheyt und regierung, dem armen stift zu guttem, gnediglichen erhalten. Ich hab auch solliche euerer Gn. brief mit sonderen freuden enphangen. dan man ein zeit vil von euerer Gn. abgang alhie gesagt und geredt hat. Hoff zu Got, es werde nur euerer Gn. lang leben seyn, undertheniglich bittendt, uf solliche ersuchung, so durch Got den almechtigen beschehen, meiner anzeigung nach, die ich zu Ruffach vor meim hinwegziehen gantz treuer, schuldiger und pflichtger meinung gethon, euere Gn. wölle den stift, allerley unrath zu furkommen, bevollen lassen seyn und ein gnedigs nachdenckens haben, wie durch ein coadiutorem mancherley geschwindigkeyt und practick begegnet möchte werden, des ich dan euerer Gn. keiner anderer da[n] gantz treuwer meinung anzeige, bittendt, mich in gnedigem bevelch zu haben. Datum Regensburg, in die Petri et Pauli anno etc. 413.

Anmerkungen

1
 Gerhard Veltwyck.
2
 Zum Rechtsstreit der Stadt Straßburg mit den Äbtissinnen Anna von Schellenberg und Adelheid von Andlau um das adelige Damenstift St. Stephan vgl. Schelp, Die Reformationsprozesse, S. 102–171.
3
Da mittlerweile Bf. Wilhelm von Straßburg verstorben war, teilten die bischöflich-straßburgischen Räte in Zabern mit Schreiben vom 14. Juli den Inhalt dieses Schreibens dem Straßburger Domkapitel mit, das während der Stiftsvakanz gegenüber Welsinger weisungsbefugt war. Vgl. die Räte zu Zabern an das Straßburger Domkapitel, 1541 Juli 14, Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Konz.).