Textvorlage: Kurpfalz C, fol. 158–163.
Bereitschaft zur bedingten Fortsetzung der Hauptverhandlungen in den Kurien auf der Grundlage der Erklärung des Kgs. zur Freistellung ohne zwingendes Beharren auf Weisungen der katholischen Stände. 1. HA (Religionsvergleich): Einrichtung des Religionsausschusses gemäß Passauer Vertrag. Besetzung des Ausschusses.
/158/ Versammlung der CA-Stände
1
(Kurpfalz, Kursachsen, Kurbrandenburg, Sachsen, Brandenburg-Küstrin, Mecklenburg, Württemberg, Hessen, Pommern, Wetterauer Gff.
2
).
[Kurpfalz] proponiert: 1) Vereinbarung des künftigen Verhaltens in den Kurien im Hinblick auf die Freistellung, wenn die Hauptverhandlungen fortgesetzt werden. 2) Verhalten im Religionsausschuss, falls dieser eingerichtet wird3.
Umfrage. Kursachsen: 1) Sind bereit, die Gesandten der geistlichen Kff. nochmals aufzufordern, Weisungen zur Freistellung beizubringen4
. Votieren ansonsten aber aufgrund des Erbietens in der Erklärung des Kgs., solchem puncten uff jetzigem reichstag abzuhelffen5
, die Hauptverhandlungen zwar bedingt, aber unverzüglich fortzusetzen. Doch solt es nicht uff der geistlichen befelch principaliter gesteltt, sonder vielmer bei der kgl. Mt. erpieten gelaßen, auch kunfftig die kgl. Mt. irer vertrostunge zuerinnern sein, das sie neben den chur- und fursten dieses articls halb handlung furnemen und es dahin befurdern, wo es nit bescheen, sich die geistliche nachmaln befelchs erholen wolten6.
/158’/ 2) Zwar ist keine Einigung bezüglich der Wege zum Religionsvergleich zu erwarten, da die Gegenseite es darauf anlegt, die CA-Stände mit den conciliis zubeforteiln, dennoch sollte man den in Passau [1552] und Augsburg [1555] festgelegten Religionsausschuss nicht verweigern, um den Eindruck zu vermeiden, als trüge man scheu, von der religion zu reden. Darumb solt man den außschuß vermog passauischen vertrags, doch dergestalt furnemen, das dadurch den churfursten hinfuro an irer praeeminentzs, dweil diese sonst in außschuß zu willigen nit pflegen, nichts entzogen. Item es erfolgt gleich die vergleichung der religion oder nit, das doch nicht weniger der religion friden in krefften bleiben und dem an der substantzs gar nichts benomen sein solt. Dergleichen solt auch den theologen zubefelhen sein, sich in einiche submission des colloquii nicht zu begeben, sonder bei dem religion friden zu bleiben.
/158’ f./ Besetzung des Ausschusses nach Vorgabe des Passauer Vertrags7
. Lehnen für die Vergleichung ein Konzil ab und plädieren für ein Kolloquium in der Form, wie es in Hagenau und Regensburg veranstaltet worden ist8
. Nochmals zur Besetzung des Ausschusses:
/159/ Und von jedem weltlichen churfursten unnd fursten ein person darzu verordnet werden9; so hetten die graven und hern, auch die stett von jedes wegen ein person zu geben. Da man es aber je an personen nit gehaben, so kondt der außschuß nach gelegenheit einzogen und von beiderseits in gleicher anzal deputirt werden. Beratung der Ausschussthematik ist verfrüht und soll erst von dessen Mitgliedern vorgenommen werden.
Kurbrandenburg: 1) Hat vernommen, dass Kurpfalz auf der Freistellung beharrt und die Hauptverhandlungen nur aufnehmen will, falls die katholischen Stände Weisungen dazu anfordern10
. Hat Kurpfalz im KR bisher in der Forderung unterstützt, wenngleich er neben den sachsischen gern gesehen het, die furtrunge [!] relation11 der gestalt nit bescheen. Were aber erpietig, solchen articul nachmaln im churfursten rat mit fleis suchen zuhelffen, /159’/ wolte sich aber nachgeendts in andern articuln, doch onverbundtlich, in handlung uff der kgl. Mt. resolution einlaßen12; deren zuversicht, die kgl. Mt. wurde dero erpieten nach den articul der freistellung zu gepurlicher erledigung bringen. 2) Kf. Joachim hat an vielen Verhandlungen zur Vergleichung der Religion teilgenommen, aber weren alweg one frucht zergangen. Und het sein her doch gedacht, da man sich eines concilium vergleichen kondt, das sich der bapst demselbigen submitirt, wer es sein kfl. Gn. nit bedencklich. Aber dweil es nit zuerhalten, so sei das colloquium am furtreglichsten, und solt kunfftig von den verordneten zum außschuß daruf votirt werden.
/159’ f./ Paritätische Besetzung des Ausschusses nach Vorgabe des Passauer Vertrags. Plädiert für personell möglichst ausgeweitete Besetzung. Kf. will dafür weitere Gesandte abordnen.
/160/ Sachsen13
: 1) Freistellung: Da wer wol gut geweßen, das die ding ettwan beßer bedacht, ehe es an die kgl. comissarien der gestalt gelangt. Da man im FR beschlossen hat, die Hauptverhandlungen unter der Bedingung fortzusetzen, dass die Gesandten der katholischen Stände Weisungen zur Freistellung beibringen14
, sollte KR die Verhandlungen ebenfalls unverbindlich aufnehmen unter der Prämisse, dass die Verordneten der geistlichen Kff. ebenfalls um Weisung nachfragen. Dan da es die geistlichen nit thun oder das man nit vergwist sein solt, das uf der kgl. Mt. erpieten in diesem puncten zuhandlen die geistlichen nit befelch heten oder sich deßen erholen wolten, so wer die vergleichung im fursten rat gefallen. Dan man allenthalb, wie er verstund, den befelch hette, sich alßdan nit einzulaßen: Kondt der konig onerledigt dieses articul nichts fruchtbars handlen und wurde alle handlung vergeblichen sein. Darumb sovil mehr uf der geistlichen befelchs erholung zubeharn. /160’/ Wolt doch daneben vor sich zubedencken geben, wo man im churfursten rat uf die freistellung so hefftig nit tringen [will], ob nit ettwan ein weg sein mocht, das bei der kgl. Mt. angesucht und die gebeten, unnd dweil ir Mt. sich erpoten, dem articul fruchtbarlichen abzuhelffen, und aber die geistlichen daruff zu handlen mit befelch nit versehen, das ir Mt. die dazu vermogen wolt. 2) Einrichtung des Religionsausschusses gemäß Vorgabe des Passauer Vertrags. Geht davon aus, dass die Gegenseite sich bereits auf die Ausschussverhandlungen vorbereitet. Darumb wol vonnoten, das zusam geordnet und zuvor von den dingen notturfftiglich geredt wurde, wes zu thun sein mocht. Das solt der sachen gantz furtreglichen sein. Da man aber solchs dem außschuß zuverrichten befelhen wolt, must ers bescheen laßen.
Brandenburg-Küstrin: 1) Aufgrund des kgl. Erbietens konditionierte Fortsetzung der Hauptverhandlungen gemäß der Vereinbarung im FR. Abweichend davon will allein Pfaltz /161/ den articul nachmalen weiter treiben. Darinnen wol er kein maß noch ordnung geben. Ließ ime doch gefallen, das nicht principaliter uf der geistlichen befelchs erholung, sonder vilmer uf des konigs erpieten beharret wurde, inmaßen dan die sachsische kfl. rete auch davon geredt. 2) Ausschuss gemäß Passauer Vertrag. Beratung der Ausschussthematik erst später.
Mecklenburg: 1) Ist über die bisherigen Verhandlungen noch nicht ausreichend unterrichtet und schließt sich zur Freistellung auftragsgemäß der Mehrheit an. 2) Ausschuss gemäß Passauer Vertrag. Ist für die Ausschussberatungen nicht bevollmächtigt und will deshalb den Hg. bitten, dafür einen anderen Gesandten zu schicken15.
/161’/ Württemberg: 1) Die Zusage der katholischen Stände im FR, Weisungen zur Freistellung anzufordern, ist erfolgt, damit nur in andern sachen auch furgeschriten wurde. Gleiches werden die Gesandten der geistlichen Kff. im KR tun. Den religion friden wol sein her nicht disputirn, sonder pleiben laßen. 2) Billigung des Ausschusses, unabhängig davon, ob die Besetzung groß oder clein geordnet werde16. Doch zuvergleichen, das die, von den augspurgischen confessions verwandten deputirt, in irem stimmen ein meinung votirn solten. Und da man von den personen, so zum außschuß zuverordnen, reden wil, sei ers auch zuthun urputig. Aber durch was weg der religion abzuhelffen: Hore er ein colloquium furschlagen. Nun besorg sein her, das es nit fruchten mocht, sonder helt darfur, dweil der religion frid uf die augspurgische confession gericht, das man dieselbig alßdan den geistlichen furzulegen, und da sie einichen mangl darinnen hetten, sie dieselbige alßbaldt schrifftlichen oder mundtlichen anzuzeigen17. Da aber das colloquium vor bequemlicher angesehen, wolten sie sich habenden befelchs nach von demselben auch nit absondern.
/162/ Hessen: 1) Votieren zur Freistellung wie Kursachsen: Da die geistliche je nit zubewegen, sich der freistellung halb befelchs zuerholen, das doch nicht weniger in den andern [Artikeln], doch onverbundtlich, uf der kgl. Mt. resolution und erpieten furgangen werde. 2) Billigen die Anordnung des Religionsausschusses und votieren für Besetzung mit bis zu zehn Personen jeder Seite. Doch solt man sich in der tractation von dem religion friden nit tringen laßen, sonder in allweg furbehalten.
Pommern: 1) Da man sich zur Freistellung auf das kgl. Erbieten berufen kann, ist auf die Anforderung von Weisungen durch die katholischen Gesandten so hoch nit zutringen. /162’/ 2) Einrichtung des Religionsausschusses gemäß Passauer Vertrag. Rechtzeitige Absprache über eine möglichst hohe Anzahl von zu deputierenden Personen. Dan sovil statlicher in außschuß geordnet, sovil fruchtbarlicher und furtreglicher es seins erachtens der sachen sein wurde.
Wetterauer Gff.: 1) Hat um Weisung zur Freistellung nachgefragt18
und schließt sich bis zu deren Vorliegen den anderen CA-Ständen an. 2) Bittet um Beteiligung der Gff. am Religionsausschuss.
/163/ Beschluss, dass in den künftigen Verhandlungen kein articul one den andern erledigt oder beschloßen werden soll19; allein das man konftig im churfursten rat daruff tringen soll, sich die geistlichen, inmaßen die des fursten rats albereits verglichen sein, der gestalt auch zuerclern. Doch nachdem der außschuß vermog passauischen vertrags angestelt werde, man sich der personen und wievil deren sein, auch was dieselbigen thun sollen, zuvor weiters underreden und vergleichen.