Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 248 Entwurf der kgl. Kanzlei für einen Reversbrief der Eidgenossen
[1.] Einung der Eidgenossen mit Reichsoberhaupt und Reichsständen; [2.] Unterlassung und Unterbindung von Feindseligkeiten gegen Kg. und Reich; [3.] Beitrag zum kgl. Romzug; [4.] gute nachbarschaftliche Beziehungen zu den Angehörigen des Reiches; [5.] Verpflichtungserklärung.
s.l., s.d., jedoch Konstanz, wohl 25. Juni 1505.1
Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 475–475’ (Kop., Überschr.: Notel des revers der Eydgenossen.) = Textvorlage A. Wien, HHStA, Schweiz, Karton 2, Fasz. 2 (Kop., Dorsalverm.: Revers der Aydgenossen gegen bestetigung ihrer freihaiten.) = B. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 38’ (Kop.) = C.
[1.] /475/ Wir, die gemeinen Eydgenosschaft von stetten und landen etc., bekennen mit diser geschrift, als wir dann on alles mitl dem Hl. Röm. Reich zugehorig sind, von welhen wir och nit zu kommen pillichen willen haben, sonder bey solhem wie unser altvordern ufrecht beliben wellen und dem zugut, och herlichem enthalt tutscher nation, Got dem almechtigen zu lob, merung fryds, ruwen und gemaines nutzes mit dem allerdurchleuchtigisten, hochmechtigisten, unuberwyntlichisten F. und H., H. Maximilian, röm. Kg., unserm allergnst. H., och irer Mt. nachvolger am Rich, den Kff., Ff. und stenden vermelts Richs uns in diser nachvolgenden form gutlich vertragen haben:
[2.] Zum ersten, das wir all fur uns und unser nachkomen gemain und sonderlich derselben kgl. Mt. und dem Hl. Reich widerwertig nit sin wellen noch yemand, der solh zu tun understuend, hilf, beystand noch anhang beweisen, sonder dem, wo das durch unser land oder lut zu tun wurd furgenomen, widerstan.
[3.] Darzu ir kgl. Mt. die ksl. cron, doch uf ir Mt. und des Reichs cost und versoldung, zu erlangen getreulich verhelfen, wie sich das alles unsern eren nach gepurt, alles getruwlich und ungeverlich.
[4.] /475’/ Es sol och zwischen dem Hl. Reich und des verwondten, uns und unsern verwondten gueter nachpaurschaft und gemeinschaft mit treuem handl und wandl, kauf und verkauf gebraucht werden, alles on besorg leibs und guts, wie das aines jeden teils und der sinen notdurft erfordert.
[5.] Disen vertrag wellen wir och bey guten treuen ufrecht und stet halten, dem anhangen und gnug tun, dann och unser allergnst. H., der röm. Kg., Kff., Ff. und stende des Hl. Reichs uns zugesagt haben, uns dabey und bey dem unsern gnediglich beleyben ze lassen.
Nr. 249 Entwurf Kg. Maximilians für eine Konfirmation der eidgenössischen Rechte und Freiheiten
[1.] Bestätigung der eidgenössischen Privilegien und Freiheiten im Gegenzug zur zugesagten Unterstützung des kgl. Romzuges; [2.] Einung der Eidgenossen mit Reichsoberhaupt und Reichsständen; [3.] gegenseitiger Verzicht auf Schutzverhältnisse mit den Untertanen des Vertragspartners und auf den ungenehmigten Erwerb größerer Güter in dessen Territorium; [4.] Regelung eines Austragsverfahrens zwischen den Eidgenossen und den übrigen Reichsuntertanen; [5.] Generalkonfirmation der eidgenössischen Privilegien und Freiheiten sowie Befreiung von der Reichsgerichtsbarkeit, vorbehaltlich der Reichsrechte an Basel und Mülhausen; [6.] Mandat an alle Reichsuntertanen zur Respektierung der eidgenössischen Privilegien.
s.l., s.d., jedoch Konstanz, wohl 25. Juni1 bzw. 8. August 15072.
Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 469–474’ (Kop., (2) Aufschrr.: Notel der kgl. frijheyt der Eydgenossen. – Hiernach volgt ein notel der kgl. freiheyt der Eydgenosschaft. Dorsalverm.: Fryheit der Eydgenossen.) = Textvorlage A. Wien, HHStA, Schweiz, Kart. 2, Fasz. 2, fol. 127–127’, 125–125’, 130–130’, 128, 127’, 126, 128’, 126 (Konz. mit ex.-Verm. J. Sachs) = B.3 Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 36–38 (Kop.) = C.
[1.] /470/ Wir Maximilian etc. bekennen offenlich mit disem brief und tun kunt allermeniglich: a–Alsb die ersamen unser und des Reichs lb. getreuen N., die Eidgnossen von ortern und lendern, als gelider und verwandten des H. Reichs ein anzal c–der iren zu fuss– auf unsern costen zu unserm romzug, die ksl. cron zu empfahen, und gegen den, so uns daran zu verhindern understunden, zuziehen und volgen ze lassen zugesagt und uns daneben angerufen und gebeten, das wir inen all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und gut gewonheit zu confirmieren und zu bestetten und sy darzu fur unser kgl. camer- und des Reichs hofgericht und alle land- und ander gericht zu freyen gnediglich geruchten.
[2.] Und wann nu dieselb Eidgnosschaft uns, dem Hl. Reich und teutscher nation in solhem romzug zu erlangung und handhabung d–der ksl. cron–, des Reichs oberkait und gerechtigkeit, auch der Deutschen eere nutzlichen und wol erschiessen mag, sich auch das zu tun willig erpeutet und insonderheit yetz ein eynung und verstentnus, auch /470’/ rechtlichen außtrag mit uns und e–dem Hl. Reich– angenomen und beslossen, under anderm inhaltend, das sy uns und dem Hl. Reich nit widerwertig sein, noch yemands, der solhs zu tun understuende, weder hilf, beystand oder anhang beweisen, sonder demselben, wo das durch ir land oder leut zu tun furgenommen wurde, widersteen, uns auch auf unsern costen zu der ksl. cron getreulich verhelfen und das zwischen uns, dem Reich und desselben f–undertanen und verwandten an einem– und inen andern tailsg gute nachpaurschaft und gemainschaft mit getreuem handl und wandl, kauf und verkauf gebraucht werden, alles on besorg leibs und guts, wie das eins yeden tails und der seinen notdurft erfordert und darzu baid teil bey dem iren beleiben.
[3.] Ferrer, das hinfur kein partey der andern die seinen in burkrecht, schutz, scherm, eynung noch versprechen annemen, es were dann, das yemands hinder den andern mit seinem haußheblichen sitz ziehen wellt, den gerichten, darin ein yeder seins sitz halben von alter gehort hat, /471/ unverdingt, das auch yetweder partei, noch die iren kein sloß, stett oder herschaften under der andern partey mit kauf oder wechsel nit an sich bringen on der landschaft oder oberkeit, under der solhs gelegen ist, gunst und willen. Aber umb ander gueter, zinß, zehent, rent und gult mag ein yeder das sein verkaufen, verwechseln und damit handeln frey und unverhindert.
[4.] Und ob wir und das Hl. Reich, desselben undertanen und zugehorigen zu der Eidgnosschaft einem oder mer orten oder iren undertanen, zugehorigen und verwandten oder dieselben Eidgnossen gemeinlich oder sonderlich oder ir undertanen, zugehorigen und verwandten hinwiderumb zu uns und dem Reich oder desselben Reichs undertanen und zugehorigen spruch und vordrung hetten oder kunftiglich gewunnen, darumb die parteyen nit guetlich vertragen werden mochten, das der kleger den antwurter zu recht und außtrag erfordern soll auf den Bf. zu Costenz oder Basel, so ye zu zeiten sein, oder auf burgermaister und rat der statt Costenz; daselbs dann die angesprochen partey den klager auf sein ansuchen des /471’/ rechtens unverzogenlich statt tun und gehorsam erscheinen besonder zu stund und furderlich den angezaigten richter umb beladung der sach und tagsatzung bitten, also das klag, antwort, red und widerred und der rechtsatz innerhalb dreyer monat beschechen und das der antwurter, ob er darin seumig erscheinen wurde, bey sweren penen leibs und guts geweist werden etc. Und darzu, ob dieselb angesprochen partey solhs rechtens und außtrags ungehorsam erscheinen wurde, das dann der angenommen richter, er sey vom widertail gepeten oder nit, auf des gehorsamen tails anruefen procedieren, erkennen und außtreglich recht ergeen lassen. Doch das die spenn, antreffend erbfell, gelegne gueter und klein geltschulden, berechtent werden in den ordenlichen gerichten, darin die erbfell gefällen, die gueter gelegen und die schuldner gesessen sind. Und was an den obgemelten enden einem yeden zu recht erkennt und gesprochen wirdet, das dann baid tail allwegen gestracks dabey beleiben, dem leben und gnug tun, /472/ on ferrer waigern, ziehen und appelliern, auch on weiter furwort, außzug oder behelf. Und ob in den vorberurten ordenlichen gerichten yemands auf yetweder partey rechtlos gelassen wurde, das der an der vorbestimbten ende einem sein recht suchen mog, wie obsteet. Und das auch baid parteyen und all die iren sich solhes außtrags und rechten umb all sachen gegeneinander benuegen und sonst mit kainen andern frembden gerichten anfechten, bekumbern oder ersuchen. h–Und damit die yetzgemelten wilkurten richter zu beladnus solher spennigen hendl zu iren spruchen und urtailen dest freyer sein mogen, so sollen allwegen die spennigen parteyen am eingang der rechtfertigung sich gegen denselben richtern schriftlich verpinden, sy von solher spruch und handlung wegen, so sich deßhalben begibt, nit anzufechten, zu hassen, noch darin einichen schaden, unfug oder argen willen zuzemessen–, alles inhalt der brief4, so wir daruber einander gegeben haben.
[5.] Das wir demnach der genannten Eydgnosschaft gegen solher ir zugesagten hilf, auch eynung, verstentnus /472’/ und rechtlichen außtrag, i–und das sy sich bey uns und dem Hl. Reich halten und dem getreulich anhangen–, all und yeglich ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und gut gewonheit confirmiert und besteet und inen darzu dise sonder gnad getan und freyheit gegeben haben, das sy in gemain noch sonderheit in kunftig zeit an das obberurt unser und des Reichs–a camer- oder hofgericht noch auch an einich land- oder ander gericht von nyemands, wer der oder umb was sachen das were, nyemand noch nichtz außgenommen, nit furgehaischen, geladen noch daselbs wider sy, ir leib, eer, hab oder gueter gericht, gehandelt, geurtailt noch procediert werden, sonder bey dem vorangezaigten außtrag beleiben und dawider nit angefochten noch beswert werden sollen, in dehein [= keiner] weise.
Confirmieren und bestetten inen auch die obgemelten ir gnad, freyheit, privilegia, alt herkummen und gut gewonheit. Tun und geben auch inen die yetzbestimbt sonder /473/ gnad und freyheit als regierender röm. Kg. wissentlich in craft diss briefs und mainen, setzen und wellen, das nu hinfur die vorgenannt Eidgnosschaft j–gegen der obbestimbten irer zugesagten hilf, eynung, verstendnus und rechtlichen außtrag– sich solher vorangezaigten irer gnad, freyheit, privilegia, alt herkommen und guter gewonheit k–zu gleicher weise, als ob die von wort zu wort hierinne begriffen weren–, auch der freyheit fur unser und des Reichs camer- und hofgericht und all ander land- und ander gericht gerulich gebrauchen, geniessen und genzlich dabei beleiben und dawider von nyemands gedrungen noch beswert werden sollen. Ob aber daruber gegen inen in gemain oder sonderheit ichts furgenommen, gericht, geurtailt oder gehandlt wurde, in was schein das bescheche, solle doch solhs craftlos und unpundig sein, das wir auch yetz alß dann und dann als yetz abtun und vernichten wissentlich in craft diss briefs, l–doch uns und dem Hl. Reich, unser oberkait und gerechtigkait der stet Basl und Mulhausen, wie dann dieselben stet, die in irer eynung, darein sy mit der Eydgenosschaft komen sein, selbs ausgenomen haben, hierin genzlich vorbehalten–.
[6.] Und gebieten darauf allen und yeglichen Kff., Ff., gaistlichen und weltlichen, prelaten, Gff., freyen, Hh., ritter und knechten, auch unser /473’/ und des Reichs camerrichter, hofrichter, urtailsprecher, auch allen und jetlichen landrichtern, richtern, landvogten, schultheissen, burgermaistern, reten und sonst allen andern unsern und des Reichs undertanen und getreuen, in was wirdin, statts oder wesens die sein, ernstlich mit disem brief und wellen, das sy die genannt Eydgnosschaft, ir undertanen, zugehorigen und verwandten bey solher unser kgl. confirmation und bestettung, auch gegeben gnad und freyheit beleiben, sy der gerulich gebrauchen und geniessen lassen und sy dawider nit dringen noch besweren, noch des yemands anderm zu tun gestatten, in kein weiß, als lieb ainem yeden sey, unser und des Reichs swer ungnad und straf, und darzu ein peen, nemlich funfzig mark lotigs golds, zu vermeiden, die ein yeder, sooft er frevenlich hiewider tete, uns halbs in unser kgl. camer und den andern halben tail der genannten Eydgnosschaft samentlich oder sonderlich, welhe also belaidigt /474/ wurden, unableßlich zu bezalen verfallen sein, die auch nach unser und des Reichs ordnung eingezogenm werden sol. Mit urkund diss briefs besigelt mit unserm kgl. anhangenden insigl. Geben.n
Nr. 250 Resolution der Reichsstände an Kg. Maximilian
[1.] Übergabe des kgl. Entwurfs für die Bestätigung der eidgenössischen Freiheiten an die Reichsstände, Verlesung und Beratung; [2.] Bitte um Verzicht auf Ausstellung des für Kg. und Reich nachteiligen Privilegs. [3.] Vermerk über mündliche Verhandlungen zwischen Kg. und Reichsständen.
Konstanz, 26. Juni 1507 (sampstag noch Johannis baptiste).
Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 477–477’ (Kop., Überschr.: Bittlich ansuchen der stende des Reichs an röm. kgl. Mt., der Eydgenossen freyheit halber, ubergeben uf sampstag noch Johannis baptiste Ao. VIImo . Daneben Randverm.: Als nu solich obgeschrieben notel an gemeyn stende gelangt, haben sie kgl. Mt. dafur gebeten, ut [sequitur].) = Textvorlage A. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 39–39’ (Kop., Überschr. wie A, jedoch ohne Datumsangabe) = B.
[1.] /477/ Nachdem unser allergnst. H., der röm. Kg., des vordern tags etlichen stenden des Reichs, alhie versamelt, hat lassen fürhalten und verlesen ein notel eyner freyheit [Nr. 249], so sein kgl. Mt. den Eydgenossen zu geben und zu tun willens sey, mit der anzeige, das kgl. Mt. inen allein die darumb tue furhalten, das die stende des wissens und bericht haben, und nit, das sie darin raten oder willigen sollen. Daruf dieselben stende auß guten ursachen kgl. Mt. haben lassen bitten, solich nottel an die stende, alhie versamelt, in gemeyn langen zu lassen, das dan kgl. Mt. genediglich bewilligt und zugelassen, auch daruf solich nottel der freyheit mitsampt dem revers der Eydgenossen [Nr. 248] den gemeynen des Reychs stenden hab tun behendigen. Die daruf solich notel mitsampt dem angezeigten revers haben horen verlesen, auch dieselben irs inhalts von artikeln zu artikeln bewegen und ermessen.
[2.] Befinden aber dieselben aus vil redlichen ursachen, die sie kgl. Mt., wo sie des wissens zu haben begerte, wol mochten anzeigen, kgl. Mt., dem Hl. Reich, auch den undertanen und zugehorigen desselben und sonderlich den anstossern der Eydgenoschaft in vil artikeln merklich /477’/ beswerlich und nachteilig, daraus auch mit der zeit krieg, ufrure und widerwertigkeita im Reich erwachsen mochten. Das geben sie kgl. Mt. underteniger, getreuer meynung zu erkennen. Achten auch, das sie solichs iren pflichten nach, damit sie kgl. Mt. und dem Hl. Reich verwandt, zu eroffnen und nit zu verhalten schuldig weren, mit aller undertenigkeit bittend, das kgl. Mt. die sachen gnediglich wolt bedenken und diese freyheit gnediglich dem Hl. Reich und gemeynen stenden zugut verhalten und nit usgeen lassen und sich hirin als ir gnst. Kg. und H., der das Hl. Reich und sein verwandten beschwerung und nachteyls allzeit mit fleiss tet verhuten und entheben, also gnediglich erzeigen, als der stende undertenig zuversicht were. Das wolten sie neben iren pflichten in aller undertenigkeit zu verdienen allzeit gefliessen sein.
[3.] [Vermerk von anderer Hand:] b–Daruf hat kgl. Mt. durch ire rete widerumb lassen anzeygen, das sie der Eydgenossen in diesem handel gar nit entberen moge. Und sey alle[s] furnemen one sie nichts. Und wo sin Gn. inen diese sache nit fertige, so werden sie sinen Gn. nit dienen. Und daruf gebeten, das die stende inen solich notel nit misfallen lassen wollen. Daruf haben die stende irer Mt. ire beschwerung in solichem in schriften dapfer angezeigt und wider dafur gebeten, ut [sequitur–] [Nr. 251].
Nr. 251 Resolution der Reichsstände an Kg. Maximilian
[1.] Kritik am kgl. Entwurf für die Konfirmation der eidgenössischen Rechte und Freiheiten: [2.] Präjudiz hinsichtlich der Pflichten der Eidgenossen gegen Kg. und Reich; [3.] Forderung nach einem Verbot des Anschlusses weiterer Reichsglieder an die Eidgenossen; [4.] Unvereinbarkeit des vorgesehenen Austragsverfahrens zwischen Eidgenossen und anderen Reichsuntertanen mit der Rechtsordnung des Reiches; [5.] voraussichtliche Verweigerung der genannten Richter; [6.] zu erwartender Mißbrauch des vorgesehenen Rechtsverfahrens zum Nachteil der Reichsstände und ihrer Untertanen; [7.] voraussichtliche Probleme bei der Exekution von Urteilen gegen die Eidgenossen; [8.] Kritik an der Festlegung einer einheitlichen Frist für alle Rechtsfälle; [9.] Kritik an der Verweigerung der Appellation als Rechtsmittel; [10.] Gefahr der Einbeziehung geistlicher Sachen in das Austragsverfahren; [11.] fehlende Regelung für Kapitalverbrechen, fehlende Eignung der genannten Bff. als Richter in diesen Fällen; [12.] Unkenntnis der Stände über den geltend gemachten Einungsvertrag; [13.] Gefahr der impliziten Bestätigung unrechtmäßiger eidgenössischer Gepflogenheiten; [14.] Kritik an der Exemtion der Eidgenossen von der Reichsgerichtsbarkeit; [15.] Gefahr der mutwilligen Eintreibung der dem Privileg inserierten Strafe durch die Eidgenossen; [16.] Privilegierung der Eidgenossen als Anreiz für weitere Stände zum Abfall vom Reich; [17.] Gefahr der Fehlinterpretation der Privilegierung als Abtrennung der Eidgenossen vom Reich; [18.] Kritikpunkte hinsichtlich des von den Eidgenossen auszustellenden Reversbriefes; [19.] Bitte um Nichtausstellung des Konfirmationsbriefes für die Eidgenossen, Protest der Reichsstände; [20.] unterbliebene Ratifizierung des Züricher Abschieds durch die Reichsgesandtschaft, kein Handlungsbedarf seitens der Reichsstände.
s.l., s.d., jedoch Konstanz, 27. Juni 1507.
Wien, HHStA, MEA RTA 3a, fol. 479–483’ (Kop., Überschr.: Antwort der Kff., Ff. und ander stende des Reichs, alhie zu Costenz versamelt, uf röm. kgl. Mt. ansynnen und begern, der freiheit, confirmation, eynung und vertrege halber der Eydgenossen, abermals auch der vollstreckung halber des abschieds, durch kgl. Mt. rete letzst zu Zurich genomen, bescheen.) = Textvorlage A. Würzburg, StA, WRTA 5, fol. 39’-42’ (Kop., Überschr.: Bewegung der stende uf der kgl. Mt. fryheit, die Eidgenossen betreffen.) = B.
[1.] /479/ a–Erstlich, als kgl. Mt. der versamlung des Reichs stende alhie uf ir undertenig bitt in schriften [Nr. 250] an kgl. Mt. der Eydgenossen freiheit, confirmation, eynung und vertrege [Nrr. 248f.] halber des fordern tags gelangt, wider an die stende des Reichs uß ursachen, durch die rete erzelt, begert und gesonnen hat, inen angezeigt freiheit, confirmation etc. nit mißfallen zu lassen, haben die stende vernomen. Und sind kgl. Mt. in allem dem, inen und dem Hl. Reich icht leidlich oder tunlich ist, underteniglich zu wilfarn wol gemeynt. Sie haben sich aber in anfang dieser sachen, wie auß obangezeigter irer ubergeben bitt zu vermerken, hochlich beswert, befinden auch diese sachen nochmals gemeinen stenden und dem Hl. Reich beswerlich und merklich nachteilig auß nachfolgenden ursachen–.
[2.] Zum ersten, als im anfangb derselben notel und darnach mehr und sunderlich in irem reverß gemeldt wurdet, das die Eydgenossen kgl. Mt. die ksl. cron uf irer Mt. und des Reichs costen und versoldung erlangen helfen wollen etc., besorgen die stende des Reichs, das /479’/ dieselben wort der kgl. Mt. und dem Hl. Reich in kunftig zeit grossen nachteil geberen und durch die Eydgenossen ußgelegt und verstanden werden mochten, als solten sie eim röm. Kg. oder Ks. on besoldung zu dienen nit schuldig und vom Reich in dinsten und sonderlich die ksl. cron zu erholen exempt und gefreyet sein, wiewol sie doch von meniglich fur verwandten und undertanen des Reichs geachtet und gehalten, sich auch selbs darfur achten, nennen und erkennen.
[3.] Item der artikel, anfahend: Ferner, das hinfur kein partey der andern die seinen in burgrecht, schutz, schirm, eynung noch versprechen annemen etc., bedorft, wo er besteen solt, besser erclerung und leuterung, und sonderlich, das die Eydgenossen kein stett, flecken oder commun in ir eynigung, pundnus oder verspruch ziehen oder annemen solten.
[4.] Item den artikel, den ußtrag betreffend uf die Bff. Costenz, Basel und stadt Costenz, ist kgl. Mt., den stenden, undertanen und zugehorigen des Reichs, die darin mit ußgetruckten worten begrieffen werden, und sonderlich den anstossern merklich beswerlich und pfendlich. Wann gemeyne recht, gewonheit, herkomen und freiheit einem yeden land und wesen /480/ form und maß geben, wie einer den andern in gleichem fall rechtfertigen soll, die auch bißher im Reich, wie sich geburt, geubt und gebraucht sein. Solt nu angezeigter ußtrag besteen, das wurde röm. kgl. Mt., den stenden des Reichs und sonderlich den anstossern ir jurisdiction, alt herkomen, freiheit, brauch und ubung benemen und darumb, als zu besorgen steet, merklich zurruttung und ufrur im Reich geberen.
[5.] Item ist zu besorgen, das sich die benenten richter solichs richterampts uß vil beweglichen ursachen, die ein yglicher verstendiger nach gestalt dieser sachen selbs wol ermessen mag, zu beladen merklich beswerde und scheu tragen mochten.
[6.] c–Und in sonderheit so bewegen die stende in dem artikel merklich und hochbeswerlich, das sie, ire undertanen oder verwandten solten, wo die Eydgenossen oder ire zugehorigen etc. zu inen zu sprechen zu haben vermeinten, ire ordenlich richter verlassen und den Eydgenossen oder iren zugehorigen fur die Bff. von Costenz, Basel oder stat Costenz nachfolgen. Wann zusampt dem, das solich nachfolgen den stenden und iren undertanen oder verwandten kostlich, auch sunst wider recht und beswerlich, so were doch zu besorgen, das daruß mer unrats wachsen wurde. Und also, wo irgent leichtfertig oder mutwillige personen der stende undertanen oder verwandten weren, den ire herrschaft oder ordenliche richter /480’/ zu richter nit gefielen oder villeicht in erwegung ungerechtigkeit irer sachen sorg hetten, vor iren ordenlichen richtern nichts zu gewynnen, mochten sie darumb den Eydgenossen undertan oder verwandt machen, dadurch sie ursach und fug hetten, diejenen, zu denen sie meynten zu sprechen zu haben, vor den obestimpten richtern irs gefallens zu bemuhen, umbzutreiben und ufs wenigst zu swerem kosten zu bringen–.
[7.] Und ob schon die obangezeigten beswerung diss artikels nit fur augen, so were dannoch solicher artikel des ußtrags der kgl. Mt. verwandten und undertanen des Reichs ganz nachteilig und den Eydgenossen vast vorteilig. Dann wo sich begeben, das die Eydgenossen oder die iren ein urteil fur sich behalten, dabey wurden sie sich handhaben und die irs vermogens vollenziehen. Wo aber ein verwandter oder zugehoriger des Reichs ein urteil fur sich erhalten, dem wurde bey den Eydgenossen (als zu besorgen steet) langsam, wenig oder [zu] kein execucion verholfen werden.
[8.] Item so ist die zeit, nemlich dreyer monat, in solichem ußtrag bestimbt, nit allen sachen gleich oder gemesse und darumb dieser artikel auch beswerlich.
[9.] Item, als nachfolgend in gemeltem ußtrag gesetzt wurdet, das es bey den erstgesprochen urteiln one alle weigerung, appellacion und ußzug pleiben soll, ist beswerlich, die appellacion ymands abzuschneiden, so doch solichs /481/ ein wehre und defension ist, weliche defension einem yeglichen von dem naturlichen rechten erlaubt ist.
Ob aber solichs, wie ytzt angezeigt, nit were, als doch ist, so wurde solich freihung im Hl. Reich ein ungleich rechtfertigung geberen. Wann die, so mit den Eydgenossen rechten, wurden laut diss vertrags oder freiheit nit macht haben zu appelliren, wiewol andere im Reich, so sie zwischen inen rechtfertigung ubten, yeglicher nach laut geschriebner recht und des Reichs ordnung zu appellirn macht hett, das dann ein ungleicheit und unschicklicheit im Reich geberen wurde.
[10.] Item, als in demselben artikel des ußtrags gemeldet wurdet, das sich bede parteien umb alle sachen solichs ußtrags solten benugen lassen, ist zu besorgen, das die Eydgenossen als die, so iren vorteil in allen sachen zu suchen sich fleissigen, geistlich sachen, wiewol die dahin nit gezogen werden sollen noch mogen, auch mit inzuziehen understeen mochten, das den geistlichen sonderlich unleidlich, beswerlich, darzu wider recht und pillicheit were.
[11.] Item so geschicht in gemeltem ußtrag von malefizhendeln kein anzeige noch meldung, wie die bederseits gerechtfertigt werden sollen, das doch, wo der außtrag einen bestand haben solt, merklich not were. Wann sich die teglich begeben und unvertragen grosse irrung, entborung und mißhellung geberen mochten.
/481’/ Item, obwol dieser ußtrag die malefizhendel in ime auch begrieff, so ist wol zu achten, wie die Bff.d richter sein oder ir richterampt einem andern bevelhen mochten. Dadurch stunde dieser artikel allweg in irrung.
[12.] Item, als furter in angezeigter notel gemeldet wurdet, das eynung und vertrag bescheen seyen, inhalt der brief, daruber ußgangen, desselben besweren sich die stende nit unpillich, wo dieselben brief sie und die undertanen des Reichs betreffen, so sie der kein wissens haben.
[13.] Item, als furter in gemelter freiheit den Eydgenossen bestetigt werden sollen ire privilegia, alt herkomen und gute gewonheit etc., ist auch nit unbeswerlich. Wann wiewol solicher artikel nach gemeynem lauf und verstentnus nit ungemeß oder unzimlich were, so steet doch wol zu besorgen, nachdem die Eydgenossen vil unrechtmessiger prauch, ubung und gewonheit haben, das sie sich durch solich confirmacion solicher irer brauch, ubung und gewonheiten berechtigt und gegrundet zu sein furnemen, sich dabey fester handhaben und dadurch die leute noch mer verunrechten wurden.
[14.] Item, als nu furter die Eydgenossen in angezeigter freiheit des kgl. chamer-, auch hof-, land- und ander gericht gefreyet werden sollen etc., ist beswerlich, ymands fur das chamergericht des Reichs als die letzsten hilf, /482/ wehre und defension zu freien; und sonderlich ein ganze landschaft schneidet ab die wehre und defension naturlichs rechtens, wie obsteet, mocht auch den andern gehorsamen stenden zu widerwillen reychen.
[15.] Item, als zuletzst in angezeigter freiheit ein pene, nemlich funfzig mark lotigs golds angehenkt, ist zu besorgen, nachdem die Eydgenossen strenge sein, iren vorteil zu handhaben, das sie dadurch leichtlich ursach suchen wurden, die freiheit an inen gebrochen zu sein und dadurch die pene irs teils einzubringen, dadurch dann irrung, ufrur und krieg im Reich erwachsen mochten.
[16.] Item zum allerhohsten ist kgl. Mt., Kff., Ff. und stenden des Reichs zu betrachten, wo dieser ußtrag, freihung und begnadigung furgang haben oder gewynnen solt, was beschwerung, nachteils und abfals dem Röm. Reich daraus fallen und volgen mocht. Wann dadurch andern stenden und communen ursach und anreyzung gegeben wurde, sich von dem Reich und zu den Eydgenossen zu tun, solicher freiheit sich auch zu freuen und zu geniessen, das dann hochlich zu betrachten ist.
[17.] Item, wiewol die Eydgenossen undertanen und verwandten des Reichs sein, sich auch desselben erkennen, so mag doch auß der angezeigten begriffen /482’/ noteln an vil orten nit anders verstanden oder vermerkt werden, wann als ob die Eydgenossen vom Röm. Reich gesundert und nit darunder gehorig weren.
[18.] Zum allerletzsten, so tragen die stende des Reichs des revers der Eydgenossen merklich beswerde, dieweil derselb reverß in seinem eingang, auch in andern artikel etwas capcioß [= verfänglich] und geverlich gesetzt, als einem yeglichen verstendigen wol zu vernemen ist. Und sonderlich, obwol die obangezeigt freiheit dermass gestelt, das die röm. kgl. Mt. und dem Hl. Reich leidlich und annemlich were, so helt doch der angezeigt reverß mynder dann gemelte freiheit. Röm. kgl. Mt. begibt sich auch weiter in irer freiheit gegen den Eydgenossen wann die Eydgenossen in irem reverß gegen irer Mt. Es werden auch die stende des Reichs im selben reverß principaliter mitgenennt, das doch im ingang der freiheit principaliter nit geschicht, als auch die stende nit begeren. Darumb die sachen ganz ungleich sein, davon und aus andern redlichen ursachen die kgl. Mt. aus hoher vernunft selbs wol ermessen mag. So bewegen die stende des Reichs solich sachen kgl. Mt., den stenden und undertanen des Hl. Reichs in allweg beswerlich und nachteilig.
[19.] e–Bitten daruf kgl. Mt. in aller undertenigkeit, diese erzelte sachen und beswerung /483/ auch gnediglich zu bedenken und zu herzen zu furen und sich nochmals solicher freiheit, confirmacion und anders obgemelt dem gemeinen Reich zugut zu geben und ufzurichten gnediglich zu enthalten. Ob aber ir kgl. Mt. also weyt in die sachen gangen, das davon nit gewendet werden mocht, als Kff., Ff. und andere stende des Reichs doch nit hoffen, so finden sie doch diese sachen aus den oberzelten und andern mehr redlichen, treffenlichen ursachen, so auch angezeigt werden mochten, inen und dem Hl. Reich also beswerlich und nachteilig, das sie darin nit willigen oder gehellen konnen oder mogen. Bitten auch daruf, sie deßhalb ferrers ansuchens zu erlassen, auch solich ir antwort keiner andern meynung wann irer merklichen notdurft nach gnediglich zu vermerken–.
[20.] f–Furter, als kgl. Mt. durch ire rete begert hat, den abschied, letzt durch ire rete zu Zurch genommen [Nr. 246], zu vollnstrecken, haben die geschickten potschaft, so von des Reichs wegen nehst uf dem tag zu Zurch gewest sind, die stende alhie bericht, das wiewol sie laut irer instruction, von kgl. Mt. in beysein der stende des Reichs gestelt, nit bevelh gehapt, mit den kgl. reten uf die instruction, so die kgl. rete gehapt, zu handeln, so haben sie sich doch uf bitt der kgl. rete, und auch damit der kgl. rete handlung mit den Eydgenossen nit in zurruttung keme und die Eydgenossen zu den Franzosen, die dann treffenlich alda gewest, /483’/ fielen, bewilligt, mit inen bey der handlung zu sein, von sachen in arguments weise zu reden und zu disputiren, aber alda nichts von der stende wegen in solichem angenommen, zugesagt oder bewilligt, als sie nit zweifeln, der kgl. Mt. rete sie numals wol bericht. Deßgleichen haben auch die kgl. rete in beysein der gemelten des Reichs potschaft nichts bewilligt, angenomen oder zugesagt, auch den berurten abschied on beysein oder in abwesen des Reichs gesandten von den Eydgenossen entpfangen, darumb und so von der stende wegen des Hl. Reichs solichs abschieds halber nichts, wie obsteet, bewilligt, angenommen. So bedunkt die stende on not, solichs abschieds halber ichts von iret wegen zu vollnstrecken–.1