Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Verleihung zweier Messen und der zugehörigen Messefreiheiten an Frankfurt durch verschiedene Kss. und Kgg., Verfügung im Reichslandfrieden gegen das Halten von Ächtern; [2.] Ungerechtfertigte Anwendung dieser Bestimmung zum Nachteil Frankfurts; [3.] Bitte um Neuverleihung der alten Messeprivilegien und Messefreiheiten.

[Frankfurt, kurz vor 17. Mai 1512]1

Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 30, fol. 9a-10a, korr. Kop. 2

Allerdurchleuchtigster, groißmechtigster röm. Ks., allergnst. H., euwer ksl. Mt. nach erbietung myner undertenig, schuldig und willig dinst gibt der ersamen, fursichtigen und wisen Bm. und rat der stat Frankenfort anwalt [Johann Frosch] underteniglich zu erkennen, wie vor viel jaren loblicher und seliger gedechtnus röm. Kss. und Kgg. zwoe jerliche messen in der bemelten stat zu Frankenfurt ufgericht. Darin dann Friedericus secundus am anfang alle die, die solich messe suchen, in sundern schutz und schirm genomen und die mit hohen freiheiten begabet,3 wie dan nachfolgend alle röm. Kss. und Kgg. die bestetiget und sunderlich Ks. Karolus die freiheit gegeben, das in denselben messen alle die, so in der acht und aberacht sein, auch die, so von irer Mt. hoifgericht darin erkent und getan weren, geleit und frid haben sollen.4 Solich freiheit nachfolgend durch Kg. Wenzelaum, auch Kg. Sigmundum bestetiget und sunderlich gegeben, darzu durch aden allerdurchleuchtigisten, großmechtigisten F. und H., H. Friederichen, röm. Ks., euer ksl. Mt. H. und vater loblicher gedechtnus, und in annemung euer ksl. Mt.–a kgl. wirden in gemeynen bestetigung die zwoe messen auch bestetiget, wie dan euer b ftl. Gn.–b in diesen hyeby ubergeben copien [liegen nicht vor], der wirc glaublich abschrift zur noit anzeigen konnend, zu vernemen haben. Die auch also bis anhere fure und fure gehalten worden sein bis uf zeit des gemeyn reichstag, zu Wormbs gewest, in dem der landfrid ufgericht ist. Doselbst ein sunder artikel usdruckt, das, ob yemant des Reichs echter zu halten het, dieselben freiheiten wider volstreckung der urteil des ksl. oder kgl. camergericht nit gebrucht und die achter sollen dawider nit geschützt oder enthalten werden.5 Dem wir auch also bis anhere gehorsam gewesen.

[2.] Hat sich nachfolgend, als die von St. Gallen und die von Datzke [= Danzig] und Elwangen [= Elbing] in der acht gewest sein,6 begeben, das etliche erbare personen und derselben gütere in den Frankenfurter messen als für echter angefallen sein, und sich doch in der warheit erfand, das sie nicht dergegen [= wohl: zugegen] waren, nichtdestamynder ist den der merkt versperret, sie in merkliche scheden gefürt. Das eins teils zu verderben erwachsen, aber nicht für ire smehe, cost und zerung entstanden oder worden. Darus dan, als euwer e ksl. Mt.–e und meniglich wole abnemen mogen (dweil so viel volks mencherley nacion zu Frankenfurt in den messen erschynet und gare viel mehe, dan ire macht ist), groiß ufrure, unüberwindlicher schade und schande entstehen mocht. Das ungezweifelt die röm. Kss. und Kgg. und das derglichen keyne messe und merkt mehe in obern deutschen landen ist, angesehen und solich freiheit gegeben haben.

[3.] Darumb bytt euer ftl. Gn. anwaltf der bemelten stat Frankenfurt ganz underteniglichen, wolle, wie die stat zu Frankenfurt euwer ksl. Mt. sunderlich zugetan, auch wie die gelegenheit ist, dweil die messen us bemelten ursachen vast abgenomen haben, wider zunemen, die inwoner dester baß bliben und euwer ksl. Mt. dester statlicher gedienen mogen, gnediglichen bedenken, auch solichen merklichen unrat furkommen und geuer ksl. Mt. gnediglich bewegen,–g eynem erbaren rat lut dieser hieby ubergeben copien us eigener bewegnus ire messe und merkt sampt iren gegeben freiheiten gnediglichen zu geben und zu bestetigen. Das wirt ungezweifelt umb dieselb eur h ksl. Mt.–h ein erbar rat der stat Frankenfurt mit iren undertenigen, schuldigen und willigen dinsten zu verdienen nimmer vergessen.

Anmerkungen

1
 Laut Nr. 1706 [3.] gaben die beiden Frankfurter Gesandten Jakob Heller und Jakob Stralenberg Jakob Villinger die Supplikation zur Weiterleitung an den am 17. Mai aus Trier abgereisten Ks. mit.
2
 Das Stück ist unterschrieben durch Johann Frosch, Anwalt der Stadt Frankfurt. Darunter stehen die Namen der beiden Frankfurter Reichstagsgesandten Jakob Heller und Jakob Stralenberg. Von einem von beiden stammen auch die Korrekturen. – Daß Frankfurt geplant hatte, dem Ks. eine entsprechende Supplikation bereits auf dem (dann nicht zustande gekommenen) Straßburger Reichstag im November 1510 vorzulegen, geht aus folgendem Eintrag im Ratschlagungsprotokoll unter dem Datum feria sexta post Martini [15.11.10] hervor: Nachdem durch den camerrichter und bisitzer des camergerichts viel in die acht erclert werden und soliche echter unser messe suchen, darus ufrur und zerstorung unser messefreiheit erwachsen, ist geratschlagt, das der statschriber ein supplicacion an ksl. Mt. begriffen und solichs den verordenten ratsfrunden, die ksl. Mt. tag zu Straßburg besuchen werden, ksl. Mt. zu uberlieberen befelen, domit ufrur und unwille zukunftiger zeit verhute[t] werde, auch dargegen etwas erlangen. Frankfurt, IfStG, Ratschlagungsprotokoll 1510-1517, fol. 135a, Orig. Pap.
3
 Zu diesem ersten Messeprivileg Ks. Friedrichs II. für Frankfurt von 1240 vgl. Rothmann, Frankfurter Messen, S. 49.
4
 Zu diesem Privileg Ks. Karls IV. von 1376 vgl. ebd., S. 67.
a
–a Am Rand von anderer Hand korrigiert aus: eur ksl. Mt. H. und vater, Ks. Friederichen loblicher gedechtnus, und eur ksl. Mt. in annemung der.
b
–b Unterstrichen, über der Zeile von anderer Hand: ftl. Gn. Wer damit gemeint ist, läßt sich nicht entscheiden.
c
 Über der Zeile von anderer Hand korrigiert aus: ich.
d
 Über der Zeile von anderer Hand korrigiert aus: kan.
5
 Entgegen dieser Behauptung ist besagter Artikel im Wormser Reichslandfrieden von 1495 nicht enthalten. Vgl. Angermeier, Reichstagsakten, Nr. 334/III.
6
 Die Reichsacht gegen St. Gallen wurde am 15. Oktober 1496 verhängt, da die Stadt ein im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit Ulrich Varnbüler ergangenes Urteil des kgl. Kammergerichts vom November 1494 nicht vollzogen hatte. Vgl. W. Ehrenzeller, St. Gallen, S. 138-143. – Zu den Hintergründen der 1497 gegen Danzig ergangenen Acht vgl. Nr. 224 Anm. 10.
e
–e Unterstrichen, über der Zeile von anderer Hand: ftl. Gn.
f
 Über der Zeile von anderer Hand: anwelde.
g
–g Am Rand von anderer Hand hinzugefügt.
h
–h Am Rand von anderer Hand: eur ftl. Gn. erwirdigkeit und gute freuntschaft.