Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ankunft des Ks. in Worms; Klage des Rats vor ihm gegen zwei Aufständische; [2.] Deren Bitte an den Ks., ihnen einige Juristen gegen den Rat zur Verfügung zu stellen; [3.] Auftrag an drei ksl. Räte zur Beilegung des Konflikts; deren Friedgebot; [4.] Widerspruch Bf. Reinhards von Worms gegen das Gerücht, er und seine Vorgänger hätten die Wormser Gemeinde gegen den Rat aufgestachelt; [5.] Forderung einiger Aufständischer nach besserer Absicherung der Stadt und Benennung ihrer ftl. Verbündeten; Antwort des Rats; [6.] Abreise des Ks. aus Worms.

Worms, StadtA, 1 B Nr. 7, pag. 482–485.

Druck: Arnold, Wormser Chronik, S. 219f. (mit einigen Lesefehlern und Abweichungen von der Vorlage).

[1.] /482/ […] In diesen tagen ist ksl. Mt. persönlich gen Worms kommen.2 Da hat der rat, demnach er seine pflichten, damit er dem Ks. und hl. Reich verwandt, erwogen, wie alle sachen ordentlich ergangen, dem Ks. anbracht, mit entschuldigung einer erbarn gemein und anklagung allein Jacob [Wonsam] und Philipsen [Salzmann] mit irer gesellschaft, wie sie dann auch allein in solcher widersessigkeit gegen den rat, als sich letztlich befunden, schuld gehabt haben.3

[2.] Ob solchem des rats anbringen haben die obgemelten Jacob Wonsam, Caspar [Stecher], kürsner, Philips Salzman und ihr anhang bey der gemein fürbracht, als ob der rat die ganze gemein bey dem Ks. schwerlich und unbillich beklagt hätte und damit die gemein zu unwillen gegen den rat zu reizen und aufzubewegen unterstanden, und darauf begert bey ksl. Mt., inen advocaten und procuratores zu einem beystand gegen den rat zu geben, und angezeigt Dr. Ludwig Sachsen [vgl. Nr.902], Engelman von Bisweiler und Johann Dieffenbeck [vgl. Nr.903], beide licentiaten und /483/ des bfl. hofs zu Wormbs advocaten, rät und verwandten, obschon sonst andere viel berümbter und gelerter der zeit zu Worms gewesen.

[3.] Darauf hat ksl. Mt. H. Wilhelmen, Bf. zu Strasburg, H. Sigmunden Gf. zum Hag, cammerrichtern, Wilhelmen H. zu Rappolstein, hofmeister, und andern des hl. Reichs räten, die der zeit auf dem reichstag zu Wormbs gegenwertig waren, befelh geben, sich der sachen zu unternemen und gütlich hinzulegen [vgl. Nr.204 [1.]]. Die auch also balt nach abreiten ksl. Mt. den rat und nechstgenanten Jacob Wonsam mit den seinen beschickt und zu beiden teilen ernstlich geboten, das kein teil gegen den andern in ungutem ichts fürnemen, und sonderlich geboten, das man den rat im regiment und administration ungeirrt bleiben solt laßen. Das dann die obgemelten, so zugegen, also zu tun, zugesagt haben.

[4.] Der zeit was der Bf. [Reinhard] von Wormbs, als in gestalt des reichstags zu besuchen, auch persönlich zu Wormbs und schickte seine rät, nämlich Josten von Bechtolsheim, seinen hofmeister Reinharden von Hanau, liecentiaten, und Balthasar Schlör, geistlichen notarien, zu den ernanten im ausschuß und lies an sie mit einer credenz, dem rat unwissend, werben und begeren unter anderm das, wie sich vor dieser zeit irrung gehalten haben zwischen der stadt Wormbs und Bf. da /484/selbst iezund und seinen vorfahren. Sei irem H., dem Bf., vorkommen, wie das man in eine erbar gemein eingebildet soll haben und noch einbilden wolle, als ob seine vorfahren und er eine erbar gemein in merklichen unrat durch ihre fürgenommen handlung gefürt sollen haben, das doch seiner Gn. gemüt und meinung nie gewesen. Wo es sichs dermaßen hielt, dasselb irem H. zu entdecken, so wolt ihr H. der gemein anzeig tun, dadurch ein gemein merken könte das widerspiel. Und wo das noch in die gemein woll gebildet werden, alsdann wer ihres H. gütlich begeren, ihnen solches zu erkennen zu geben. Wolt ihr H. abermals solches, wie gehört, dartun, das man den gegenwurf aber spüren möchte.

[5.] Auf das erschienen vor dem rat Jacob Wonsam, Philipp Salzman und andere und begerten, das man die wacht stärken, türn [= Türme] und letzen [= kleine Sperrwerke] weiter mit geschütz zu versehen und das es noch desselbigen tags geschehe. Darzu sie die ihren auch ordnen wolten, dann Johann von Gießen, der stadt abgesagter feind (der doch ein metzler [= Metzger] war), nähme draußen viel knecht an, so wäre das pulver nit gut, und wollen an jede pfort mehr personen stellen zu hüten, item die kleine pförtlein zuzuhalten und bey nacht kein pfort ohn ir beisein zu öffnen. Darzu haben sie von dem rat wöllen wißen, ob er einig bündnus mit einigem F. /485/ oder H. hette, das zu erkennen zu geben.

Ab solchem ihrem fürtragen und begeren hat der rat ie mehr sorg eines verborgenen vornemens gehabt, doch ihnen des allweg gütlich antwort und bericht, mehr dann von nöten und sich gepürt, gegeben und gewillfahret.

[6.] In dem ist ksl. Mt. außer land in Engelland gezogen [vgl. Nr.260 [6.]].[…]

Anmerkungen

1
 Der lutherische Schullehrer Friedrich Zorn (1538–1610) verfasste seine Chronik über die mittelalterliche Geschichte der Stadt und des Bistums Worms im Zeitraum von 1565 bis 1570. Vgl. Arnold, Wormser Chronik, S. 2.
2
 Ks. Maximilian traf am 18. Juni 1513 in Worms ein. Vgl. Nr.252 [1.], 299 [4.], 376 [1.].
3
 Eine Beschreibung der Vorgänge in Worms im Rahmen des Aufstands der Gemeinde gegen den dortigen Rat 1513/14 bei Arnold, Wormser Chronik, S. 216–219; Boos, Geschichte, S. 121–124; Ders., Franz von Sickingen, S. 399–401; Wolf, Selbstverständnis, bes. S. 49–53; Todt, Kleruskritik, S. 135–138; Toifl, Friede und Recht, S. 21–23.