Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Colmar AM, AA 75, 64, unfol. (Ausf.).

Ist ihrer Anweisung, wegen der Probleme mit den Juden in der Gegend von Colmar mit Hilfe einiger Räte ein ksl. Privileg zu beschaffen, nachgekommen. Dwyl die Judden durch furmund irs patronens, deß golds, inen heimlich und offenpar gunst und fruntschaft machen und dartzu fur sich selbs wachen, so hat mich nit fur sicher ansehen wollen, diß weyth ußzuspreitten, sonder eben den schirmstreich der Judden prucht und mir mit einem halben schilling guldin in gold by Hg. Fryderich, des pfaltzgrafen, secretarien mit namen H. Huperten Thomas, gar einem gelerten mann, in geheim kuntschaft gemacht, uß desselbigen radt, hilf und furderung ein supplication uff das allerkurtzist an ksl. Mt. in euer W. namen gestelt1, die ander in mynem namen an sein fstl. Gn. auch zum kurtzsten gestelt2, die ich beid euer W. hyemit zusend. Dise beide supplicationen hat der secretari von mir empfangen, dem Hg. Friderich als dem obersten presidenten in dem keyserlichen radt uberantwort und die sach dahin gefurdert, das sollichs zugelassen, wie er dan ouch vom keiserlichen presidenten und radt befelch empfangen, diß als ein bewilligt gescheft dem Obernburger als dem obersten in der tutschen cantzli zu ubergeben, das dann beschehen, und lyg ich also demselbigen mit vlyß ob, die sach zu furdern. Der gescheft fallen aber so vyl zu, das ich noch diß tag nit gefertigt werden mogen, darumb ich mich der bewilligung von wegen euer W. befroiw und noch zur zytt gnugen laß.

Nachdem ich aber in dem nechsten schryben, euer W. uff den 7. Aprilis ußgangen, nichtz wythers zuschichcken [sic!] kennen dann allein der ksl. Mt. gnedigste proposition [Nr. 29], so will ich ouch uff dißmoln euer W. nit verhalten, was sich sidthar demselbigen und biß disen tags meins wyssens vorab in der richshandlung begeben: Und namlich, so haben die protestiernden chur- und fursten sampt den stetten irs anhangs irer ksl. Mt. furtrag bewilligt, die andern churfursten, fursten, der mern theil bischoff und abt, haben nit anders dann lut ingelegter schrift, mit B bezeichnet, antwurt und zuletst willen geben. Da aber die gehorsamen stet (wie man uns nemen [sic!] will) der bischoff stryt und sperrung vernomen, haben die antwort fur sich selbst ksl. Mt. on alles geding geben und iro dern furtrag ouch gefallen lassen [Nr. 90]; das ir Mt. zu sonder gnedigem gefallen vernomen, wiewol unser sonder gegebni antwort den bischoffen nit zum basten gesmagkt. Dann sy haben ir Mt. erst nach uns bewilligt und uns erst lang darnoch durch den mentzischen kantzler anzeigen; daruff wir inen antworten lassen, wir haben dem antwort geben, der uns beschriben.

Uff den 21. Aprilis hat Hg. Friderich Pfgf. in namen ksl. Mt. den chur- und fursten und stetten usserhalb den protestiernden die personen, so ir Mt. erwelt, antzeigt [Nr. 93], mit namen H. Julium Pflug, Dr. Johan Eck, Dr. Johan Groppern, Philippum Melanchton, Martinum Butzer und Johann Pistorum, darin wir on all furwort bewilligt. Dise sint uff den 22. Aprilis fur ksl. Mt. ervordert, denen ksl. Mt. selbs furgehalten, das sy ingedenck sin, in was hochwichtigen sachen sy erwelt, darumb solten sy weder keyser, kunig, fursten noch weltliche gunst, sonder allein die ere Gotz und den kristlichen, gemeinen nutz und heil ansehen und in der warheit handlen, daran geschech ir Mt. das hochst gefallen. Dise haben nu sich zuletst willig erpotten, mit Gotts hilf irn vlyß furzuwenden, mit underteiniger bitt, ir Mt. wolt inen etlich mer fursten und ansehenlich personen zugeben, die ir gesprech und wolmeinen als presidenten verhorn, damit man inen sollichs nit anders ußgeben kont. Daruff sint zu presidenten uff den 25. Aprilis ernent Hg. Fridrich Pfgf., der H. von Granvella, der mentzisch hoffmeister, der saxisch cantzler, der k[urfurstlichen] Pfaltz vicecantzler, der Haß, und H. Jacob Sturm von Straßburg. Die sollen strax morndes [= morgen] zamenkomen und handlen.

Uff sollichs hat mengklich hoffnung, das Gott der allmechtig disem allerheiligsten keiser gnad verlyhen, das ouch wyder des bapst und sins anhangs willen christlich einigkeit gesucht und funden werd, wann die gemein sag ist, das ouch diser bapst zu erhaltung sins zytlichen gewalts mit etlichen potentaten practicier, das dem kristlichen des keisers furnemen zuwyder gericht, und die von Columna mit krieg verfolg3. Darumb der keiser ein sonder, trefflich bottschaft geschickt, dem abzestan oder siner verfolgung zu gewarten, und sagt ir Mt. kamerling, das er in nie so bewegt ersehen. Was nuw doch ungewisser zeyttung alhie deß Turcken halben swept, ist in dem zedel mit dem stral vertzeicht. Sunst weiß ich uff dißmals euer W. nichtz, das der gedechtnus wurdig zuzeschreyben. Dann Gott verluhe euer W. vorab und allen inwonern der statt Colmar sin gnad und schirm. Datum, den 25. Aprilis anno 41.

Anmerkungen

1
 Vgl. Supplikation der Stadt Colmar an den Kaiser, Regensburg, 1541 April 8, Colmar AM, AA 75, 61, unfol. (Kop.): Ks. Maximilian hat verfügt, dass kein Jude in der Stadt Colmar wohnen darf. Seitdem siedeln die Juden aber in großer Zahl im Umland Colmars und wandlen also zu jar-, wuchenmargkten, messen und täglichs on allen underscheidt mit ir beswerlichen juddischen und truglichen gattung und war in die statt Colmar, dadurch nit allein der gemeinen statt in irn gefellen (wann die gemeinen wuchenmargkt werden sust von allen umsassen irenthalben geschucht [= gemieden]), sonder ouch der burgerschaft im schlyß und genieß irer gewerb, war und handtierung mercklicher abbruch geschicht, wir gesweygen, was sunst offenpar und heimlich mit irm wucherlichen handel den armen burgern zu hochstem, unwyderpringlichen verderben, wie wir das leyder taglichs ouch je lenger je mer erfaren, gereichen magk. Und so uns das ern und pflicht halben nit lenger zu gedulden noch zuzesehen gepuren will, so langt an dieselbig euere ksl. Mt. unser undertanigst, vlyssig anruffen und bitt, uns von wegen unser alltzyt (das wir doch on rum melden) eroigten gehorsams und wolhaltens dise gnad erzeigen und mit einer sollichen fryheit zum genedigsten zu versehen, das kein Judd noch Juddin further personlich mit ir handtierung in die statt Colmar wandlen, wo sy aber je ehaft halben durch oder in die statt ziehen wolten oder musten, das doch sollichs on sonder erlouptnus eins erbern radtz oder magistrats wissen, gehell und erloupnus nit geschehen solt. Das statt umb dieselbig euer ksl. Mt., zudem das dye daran ein gottlich, christlich und keiserlich werck thut, in ewigkeit zum undertenigsten zu verdienen. Datum, den 8. Aprilis anno 41.
2
 Vgl. Hieronymus Boner, Gesandter und Stadtmeister der Stadt Colmar, an Pfgf. Friedrich, Regensburg, 1541 April 7, Amberg StA, Reichssachen 86, unfol. (Ausf.?): Da die Stadt Colmar ihn beauftragt hat, dem Kaiser eine Supplikation einzureichen, und ich aber keinen gnedigern noch fruchtparn furmunder oder mecenaten, darin ein erberer radt der statt Colmar ouch mer hoffnung setzen mög, zu befinden weiß, in ansehung, wie die statt Colmar mitsampt andern stetten der landtvogti Hagnow der kurfurstlichen Pfaltz und eueren fstl. Gn. ouch mit sonderm dienstlichen willen zugethan ist, bittet er, die erwähnte Supplikation anzunehmen und als ir ksl. Mt. president mir mit genediger trostlichen antwort zü begegenen. Datum Regenspurg, den 7. Aprilis anno 41. Die Kopie dieses Schreibens in Colmar AM, AA 75, 61, unfol. ist auf den 8. April 1541 datiert.
3
 Vgl. Cardauns, Von Nizza bis Crépy, S. 119–123.