Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.).
Druck: Roth, Zur Geschichte, T. V (ARG 4), Nr. 104 , S. 250–255.
Es hat sich angesteren zu 8 uren vormittag begeben, das die röm. kgl. Mt. in beysein der röm. ksl. Mt., unserer allergnedigister herrn, in der ksl. Mt. herberg hat durch Dr. Gienger, vicecantzler, allen reychstenden furtragen lassen, das ir kgl. Mt. in keinen zweyfel stellet, die ksl. Mt. hette in denen schweren leufen und antzaigungen des Türcken, soviel ir ksl. Mt. etc. gepuret, dasyenig bey den stenden gehandlet, damit solchem überfall begegnet werden möcht. Aber ir kgl. Mt. hette dannocht in dem schweren obligen, damit ir Mt. nit allain irer kgl. Mt. und derselbigen land, sonder auch dem hl. röm. reych teutscher nation zu gutem yetz beladen, nit underlassen wöllen, in eyl allher zu kumen, nit uß zweyfel, das dise sach von der ksl. Mt. und den reychstenden stattlich und nach notturft nit erwegen und gehandlet wurde, das auch dieselbigen uß alten exempeln nit gnugsam gegenwürtiger not antzaigung hetten, sonder damit ir kgl. Mt. irem ampt gnug thete und das antzayget, wie yetzige türckenzuge und rüstungen gestalt weren.
Damit nunmer ir ksl. Mt. und die stendt nit uffgehalten, hette ir kgl. Mt. die gelegenhait aller handlung in schriften stellen lassen, welche sy verlesen lassen wolten, die also offenlich verlesen worden ist, inhald der copia Nr. A vertzaychnet [Nr. 181].
Uff solchs haben sich die reychstende in drey furnemlich thail underschiden, nemlich die churfursten an einen, die fursten an andern und die protestierenden stendt an dritten thail. Aber bede obgemelte thail haben der ksl. und kgl. Mt. die antwurt geben: Churfursten und fursten entgegen hetten der kgl. Mt. antzaigen vernomen und triegen mit ir kgl. Mt. und derselbigen kunigreych und erblender ein underthenig mitleyden. Dieweyl aber die sachen wichtig und hievor gleychwol angefangen, darin zu handlen, aber der session und anders halben verhinderung furgefallen, so petten sy abschrift der kgl. Mt. furtrag und das wolten sy, dieselbigen, ferner bedencken. Die ksl. Mt. wolte noch dahin handlen, damit aller reychsstende ratschlagung wie von alter her furgenomen und samentlich beschechen, und das die protestierenden stend sich erpotten, mit inen helfen die sachen zu berathschlagen, doch unvergriffenlich und unverpündtlich, das were inen, den andern stenden, nit leydenlich und beschwerlich, dann es wider alt herkomen.
Uff das haben die christenliche stendt ir antwurt auch in sonderhayt geben, sumarie zu schreyben, wie volgt: Sy hetten dasyenig, so die röm. kgl. Mt. muntlich und schriftlich het furtragen lassen, underthenigclich vernomen und hetten mit ierer kgl. Mt., auch dero kunigreychen und der ksl., auch irer kgl. Mt. erblanden in vorsteender türckennot ein getreues, hertzlichs und christenlichs mitleyden und, das demselbigen stattlich begegnet worden were und noch wurde, bisher an inen kainen mangl erscheinen lassen und aber sy, die protestierende stendt, der ksl. Mt. etc. uff dero gnedigst ansuchen, gleychermassen diser not halben beschechen, ein underthenigst antwurt irer mercklichen notturft halben gegeben und sy noch von solcher condition nit absteen künthen und dann die andere stendt derohalben die samentliche beratschlagung waygereten. So weren sy, die protestierenden stendt, zu furderung der sachen willig, dieselbige nach erlangter abschrift des schriftlichen furtrags, von wegen ir kgl. Mt. beschechen, furderlich zu beratschlagen, und, was sy sich entschliessen, der ksl. und kgl. Mt. underthenigist, auch den andern stenden freuntlich und underthenig zu eröffnen, mit pitt, ir Mt. wolte solches, welches uß angetzaygten ursachen irer unvermeydenlicher notturft halben bescheche, nit anderer dann gnedigister mainung vernemen.
Darauf haben ksl. Mt. nach langer underedung mit kgl. Mt. den stenden furhalten lassen beschliesslich, wie volgt: Ir ksl. Mt. wolte geren gesechen haben und noch das geren sechen, das sich die stendt freuntlich der session halben miteinandern verglichen und, so das ye nit sein kunden, ir Mt. einsechen, wie dann ir Mt. solchs gnedigst thon wöllen, erwartet hetten. Nachdem aber die vorsteendt nott vorhanden und die sachen eylendts, so wolte ir Mt. gnedigst zulassen, das obgemelte thayl gesonderet ir beratschlagung theten, doch das solche beratschlagung zusamengetragen und, sovil muglich, in ein mainung gepracht wurde, und wolte ir Mt. der session halben hernach auch gnedigst einsechen furnemen etc.
Dir röm. kgl. Mt. ließe darauf auch furtragen, si bedancket sich gegen den stenden freuntlich und gnedigclich des angetzaygten mitleydens, auch das die sachen also wolte furgenomen werden, und wolte begerte abschrift allen stenden mithaylen lassen, mit ferner freuntlicher und gnediger pitt, dieselbig sachen zum furderlichsten zu gutem, wilferigem beschluß zu bringen, angesechen, das ye die not verhanden und ir Mt. absein derselbigen kunigreychen und erblanden zum höchsten beschwerlich were.
Damit hat sich dise handlung durch underreden hin und wider von 8 uren bis schier zu 12 uren vertzogen, und sendt unsere christenliche stendt zu 3 uren nach mitag widerumb zusamenkumen und haben beschlossen, das dise sach durch ein ausschus beratschlagt und an die andern stendt widerumb gepracht werden soll, wie dann solcher ausschuß gemacht, darinnen 8 person von chur- und fursten, nemlich von wegen des Kf. zu Sachsen, Hg. Hainrichen zu Sachsen, Lgf. zu Hessen, Mgf. Georgen von Brandenburg, Hg. Ruprechten, Wiertemberg, Luneburg und Pomern, yedem ein rath und dann von den stetten Strassburg, Augspurg, Nürnberg, Ulm, Franckfurt und Costentz auch einen verordnet worden sendt.
Daneben hat sich auch ferner zugetragen, das vor obgemelter handlung zu 6 uren die christenliche stendt zusamenkomen und alle herrn theologi unsers thails ervordern lassen, und haben von den dreyen herrn theologen, zu gehaltem gesprech verordnet, relation hören wöllen der handlung, so im gesprech des übergeben puchs, auch der verglichen und unverglichen artickel halben gehandlet worden. Also hat sich Melanchton, desgleychen Bucerus in der gemain ein vast gleyche mainung vernemen lassen, sumarie zu schreyben, sich dohin lendent: Wiewol sy lieber gesechen, das im gesprech die ordnung der augspurgische confession furgenomen und gehalten worden were, so hetten sy doch nit umbgehn kunden, dieweyl von der ksl. Mt. begert were, das puch unverpündtlich fur die hand zu nemen und darvon zu reden, was darinnen leydlich oder nit, solchs darin zu bewilligen, das sy sich schuldig erkennten, yederman, vilmer der ksl. Mt. rechenschaft und antzaigung ires glaubens zu geben, und weren die 3 herrn uff unserm thail allwegen in den verglichnen und unverglichnen puncten ainer einhelligen mainung gewest. Was sich dann in den artickeln und dem puch fur ursachen zutragen und disputiert, das wolten sy, so das buch und die handlung gelesen, in sonderhayt, sovil man vonnöten, antzaygen mit der betzeugung, was sy gethon und noch thon wurden, das sy solchs alles zu Gottes ehr und glory und unserm heyl, auch gemainem friden gethon hetten und noch thon wöllten, also solte inen der allmechtig Got helfen.
Dieweyl aber die zeit zu ksl. Mt. verhanden was, ist solche sachen uffgeschoben worden, und wierdt noch uff dem steen, so obgemelte drey theologen uff die beschechen handlung oder underrede mit iren ursachen gehört, das darnach alle herrn theologen, so hie sendt, in iren mainungen auch eingenomen und darnach erst die sachen zu Gottes ehr und unserm hayl beratschlagt werden sollen. In dem, was sich ferner zutregt, wöllen wir yederzeit hernach schreyben.
Ferner hat die kgl. Mt. anheut dato zu einer ur alle reychstende zusamen erfordern lassen. Als nun die christenliche stendt ein gute zeyt verharret und die churfursten in einem rath und die andern fursten auch in einem rath beyeinandern gewest, haben sy, die bede thayl, zum letst unsern stenden antzaygen lassen, die kgl. Mt. hett den Bf. von Mentz ersuchen lassen, die sachen der türckenhilf furderlich zu beratschlagen, angesechen der nott, also weren churfursten, desgleychen die andern fursten in beratschlagung derselbigen beyeinander und westen sich darauf unsere stendt uff gesterig der ksl. und kgl. Mt. beschydt, in beratschlagung der sachen wol zu halten. Das hetten die verordneten von iren gnedigsten und genedigen herrn bevelch unsern stenden antzutzaygen.
Darauf die unsern geantwurt, sy westen sich gesteriger handlung, erpieten und abschidt wol zu erinnern und hetten darauf die sachen heut am morgen zu 7 uren (welches dann durch obgemelten unsern usschuß beschechen) in dem namen Gottes angefangen und weren im werckh gewest und noch. Dieweyl aber inen die kgl. Mt. uff das hauß sagen lassen, so weren sy gehorsamlich erschinen, und, so nun die sach nit anderer gestalt dann gehört, so wolten sy furfaren und, was sy sich entschliessen, den andern chur- und fursten mit alspaldt berichten.
Und ist darauf obgemelter unser usschuß in beratschlagung furgefaren und wirt unsers erachtens der beschluß vast uff dem beruhwen, wa man friden erlange, die eylendt hilf, nemlich uff den halben anschlag des romzugs, thett 12.000 zu fuß und 3.000 zu roß, zu bewilligen, uff drey monat lang, doch mit maß und condition, wie hievor auch zum thayl bedacht, an gelt oder volckh zu yedes gelegenhayt und das die unsern dannocht ir christenlich wesen im feldt auch prauchen mugen etc., wie das alles in ein schrift gestellt [Nr. 183], dero copia wir, so die begriffen, hernach schicken wöllen.
Darnach soll auch von einer beharrlichen hilf beratschlagt und geschlossen und dahin gehandlet werden, ob auch die yetzig eylendt türckenhilf widerumb durch die beharrlich erstattet wurde, angesechen, das in die beharrlichen hilf auch dieyenigen, so etwa nit reychsstendt und doch in gleycher not sendt, auch in die beharrlich hilf getzogen werden, dann es ein gemaine sach ist.
Uss Ungern haben wier noch nichts weyters gründtlich anderst dann die kgl. Mt. in irem furtrag antzaygen lassen. Aber ir kgl. Mt. eylt heftig und soll noch uber 6 tag hie nit verharren wöllen. [...]. Datum Regenspurg, den 27. tag deß monats Junij anno 1541.