Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Nr. 595 Hans Ungelter d. J. an Bürgermeister und Rat der Stadt Esslingen

[1.] Schwäbischer Bundestag in Überlingen, Bemühungen Kg. Maximilians um einen einvernehmlichen Ausgleich im Landshuter Erbfolgestreit; [2.] Gesandte der Eidgenossen auf dem Konstanzer RT; [3.] Ankunft Kg. Maximilians in Konstanz, Forderung nach einer Reichshilfe zur Eroberung Mailands; Gegenforderung der Stände nach Verhandlungen über Frieden und Recht.

[Überlingen], 17. Mai 1507 (am gutentag vor dem hl. pfingstag).

Stuttgart, HStA, H 53, Bü. 88, unfol. (eh. Or.) = Textvorlage A. Stuttgart, HStA, J 9, Bd. 5, Stück-Nr. 42 (Auszug 19. Jh.) = B.

Druck (des Auszugs): Klüpfel, Urkunden II, S. 6f. (irrtümlich datiert auf den 19.5.).

[1.] Der röm. Kg. schickte eine Gesandtschaft mit einer – in Abschrift beiliegenden – Instruktion [Nr. 273] zur Schwäbischen Bundesversammlung in Überlingen. Der Bund hat seine schriftliche Antwort [Nr. 274] am heutigen [!] Sonntag den kgl. Räten übergeben. Auf Wunsch des Kg. bat der Bund Hg. Albrecht von Bayern, persönlich auf dem Konstanzer RT zu erscheinen [Nr. 87], was dieser in seiner heute eingetroffenen Antwort [Nr. 88] auch zusagte. Die Bundesversammlung wird wohl so lange in Überlingen warten müssen. Denn auch der Kg. forderte die Bundesstände schriftlich auf, bis auf weiteren Bescheid dort zu bleiben. Der Kg. ließ außerdem von Konstanz aus ein Mandat [Nr. 391] an den Bund ergehen, Hg. Albrecht keine Hilfe gegen Pfgf. Friedrich zu leisten. Er, Ungelter, ist jedoch der Meinung, daß das Mandat bei den Bundesständen nicht viel bewirken wird, falls nicht auf anderem Weg eine Lösung gefunden wird und Hg. Albrecht auf der Hilfeleistung bestehen sollte. Der Hg. selbst hat die für den 30. Mai (sontag trinitatis) bewilligte Hilfe auf den 4. Juli (St. Uolrichß tag) verschoben [Nr. 88]. Dies wird der Städtehauptmann ihnen noch schriftlich mitteilen [Nr. 88, Anm. 1].

[2.] Der röm. Kg. und die in Konstanz versammelten Stände schickten Gesandte mit einer umfangreichen Instruktion [Nr. 216] zu den in Schaffhausen versammelten Eidgenossen, wonach sie diese als Reichsglieder ermahnten, beim Reich zu bleiben und den RT in Konstanz zu besuchen. Die Eidgenossen nahmen die Einladung an und trafen am vergangenen Freitagabend [14.5.] mit 85 Pferden in Konstanz ein.

[3.] Der röm. Kg. kam am Samstagabend [15.5.] mit 200 Pferden in Konstanz an. Die dort versammelten Fürsten, angeblich 16 Bischöfe und 6 weltliche Fürsten, zogen ihm zu seinem Empfang entgegen. Der Kg. forderte von den Ständen Hilfe bei der Eroberung Mailands für seinen Enkel [Ehg. Karl] und schlug vor, von jeder Feuerstätte im Reich eine jährliche Steuer zu erheben, um den Frieden für das Reich sichern zu können [Nr. 152, Pkt. 2]. Die Stände antworteten, daß gemäß dem Herkommen auf den RTT zuerst über Frieden und Recht im Reich gesprochen werden müsse; wenn diese Punkte geregelt seien, wollten sie sich auch gegenüber den Anträgen des Kg. willfährig erzeigen [Nr. 152, Pkt. 5].

Nr. 596 Hans Ungelter d. J. an Hans Ungelter d. Ä.

[1.] Privatangelegenheit; [2.] Verhandlungen mit den Eidgenossen über einen Beitrag zum Romzug; [3.] erwartete Ankunft Hg. Albrechts von Bayern.

[Konstanz], 26. Mai 1507 (mitwoch nach dem hl. pfingstag).

Stuttgart, HStA, H 53, Bü. 88, unfol. (eh. Or. m. S.) = Textvorlage A. Stuttgart, HStA, J 9, Bd. 5, Stück-Nr. 42 (Auszug 19. Jh.) = B.

Druck (des Auszugs): Klüpfel, Urkunden II, S. 7.

[1.] [Unterredung mit Gf. Eitelfriedrich von Zollern (Zorn) in einer Privatangelegenheit].

[2.] Die eidgenössischen Gesandten sind wieder aus Konstanz abgereist. Sie wollen über den Antrag von Kg. und Reich auf dem bevorstehenden eidgenössischen Tag in Zürich beraten. Der röm. Kg. und die Reichsstände werden ebenfalls eine Gesandtschaft dorthin schicken. Was da beschlossen wirt, mag nemen wyssen. Die Stände übergaben dem Kg. zwar auf dessen Wunsch ihre in Abschrift beiliegende Stellungnahme1, wie er sich gegenüber den Eidgenossen erklären soll; welche Antwort er deren Gesandten aber tatsächlich gab, ist unbekannt, da sie insgeheim ihren Abschied erhielten. Der Kg. schenkte den Gesandten der zwölf Orte Silbergeschirr und anderes.

[3.] Die Ankunft Hg. Albrechts [von Bayern] wird für Freitag [28.5.] erwartet. Er, Ungelter, rechnet dann mit einem baldigen Ende des Bundestages.

Nr. 597 Hans Ungelter d. J. an Bürgermeister und Rat der Stadt Esslingen

[1.] Verhandlungen mit den Eidgenossen über deren Beitrag zum Romzug; [2.] Verhandlungen über den Landshuter Erbfolgestreit; [3.] Beratungen über den Reichsanschlag zu Romzughilfe.

[Konstanz], 7. Juni 1507 (am gutemtag nach unser Hern fronlichnamß tag).

Stuttgart, HStA, H 53, Bü. 88, unfol. (eh. Or.) = Textvorlage A. Stuttgart, HStA, J 9, Bd. 5, Stück-Nr. 42 (Auszug 19. Jh.) = B.

Druck (des Auszugs): Klüpfel, Urkunden II, S. 7 (irrtümlich datiert auf den 9.6.).

[1.] Der Ebf. von Trier und der Bf. von Trient sind mit anderen Gesandten zum eidgenössischen Tag nach Zürich abgereist. Es geht das Gerücht, daß der röm. Kg. die Bundesstände nicht entlassen werde, bevor die Gesandten oder die von diesen getroffene Vereinbarung in Konstanz einträfen. Er hofft, daß dies noch in der laufenden Woche geschehen wird.

[2.] Der Kg. hat die nicht dem Schwäbischen Bund angehörenden Fürsten aufgefordert, Hg. Albrecht [von Bayern] zu einem gütlichen Vergleich mit Pfgf. Friedrich zu raten, um einen bewaffneten Konflikt zu vermeiden. Die Fürsten haben etliche Tage darüber beraten. Man weiß noch nichts Genaues, aber heute oder morgen wird der Kg. gegenüber dem Hg. eine Erklärung abgeben. Findet diese die Zustimmung Hg. Albrechts, ist es gut; wenn der kgl. Vermittlungsvorschlag ihm aber nicht annehmbar erscheint, wird er auf der Leistung der zugesagten Bundeshilfe beharren. Der Hg. bleibt auch der Reichsversammlung fern, bis er einen endgültigen Bescheid erhalten hat.

[3.] Die Stände beraten täglich über den Reichsanschlag zur Romzughilfe, um eine Einigung zu erzielen.

Nr. 598 Hans Ungelter d. J. an Bürgermeister und Rat der Stadt Esslingen

[1.] Verhandlungen über den Landshuter Erbfolgestreit; [2.] Verhandlungen über die Romzughilfe; [3.] Beitrag der Eidgenossen zum Romzug; [4.] Gerüchte im Zusammenhang mit dem Romzug; [5.] Anteil Esslingens an der Romzughilfe; [6.] Konflikt zwischen Bf. Reinhard von Worms und der Stadt Worms; [7.] Schwäbischer Bundestag in Konstanz.

[Konstanz], 23. Juni 1507 (St. Johaneß abent).

Stuttgart, HStA, H 53, Bü. 88, unfol. (eh. Or. m. S.) = Textvorlage A. Stuttgart, HStA, J 9, Bd. 5, Stück-Nr. 42 (Auszug 19. Jh.) = B.

Druck (des Auszugs): Klüpfel, Urkunden II, S. 7f.

[1.] Er geht davon aus, daß der Streit zwischen Hg. Albrecht von Bayern und Pfgf. Friedrich beigelegt wird. Der Pfgf. fordert über die ihm zugesprochenen 24 000 fl. hinaus weitere 4000 fl. jährlich.1 Dies hat Hg. Albrecht bislang abgelehnt. Daraufhin setzten sich der röm. Kg. und die Fürsten beim Hg. erfolgreich für dessen Einwilligung ein, sich einer jetzt in Konstanz zu treffenden Entscheidung zu unterwerfen. Der Bundeshauptmann sagt deshalb die [Hg. Albrecht bewilligte] Hilfe ab [Nr. 405].

[2.] Die Reichsstände haben dem röm. Kg. eine sechsmonatige Romzughilfe von 90002 Fußsoldaten und 2000 Reitern bewilligt, jedoch ausschließlich für die Erlangung der Kaiserkrone und sunst an kain ander end, on wer im eintrag tun wölt. Die mit den Reichstruppen eroberten Gebiete sollen dem Reich zugeschlagen werden [Nr. 178, Pkt. 3 /5.1/5.6]. Jetzt ist mit dem Kg. noch über den Treffpunkt und den Sammlungstermin für das Romzugsheer sowie über das Kammergericht und den Landfrieden zu verhandeln, so daß der RT voraussichtlich noch drei bis vier Wochen dauern wird.

[3.] Die in Zürich versammelten Eidgenossen haben dem Kg. zugesagt, ihm für die Erlangung der Kaiserkrone 6000 Mann zur Verfügung zu stellen. Ein Fußknecht soll monatlich 4½ fl. Sold erhalten, Hauptleute, Fähnriche und Weibel erhalten den üblichen Satz [Nr. 246]. Der Kg. hat im Gegenzug sich und das Reich in einem gesiegelten Reversbrief3 zur Bezahlung verpflichtet. Die Stände wollen diese Verschreibung nicht bewilligen. Sie werden den Kg. bitten, sie wieder zurückzunehmen; andernfalls werden sie dagegen Protest einlegen. Der Kg. hat die Eidgenossen von der Gerichtsbarkeit des kgl. Kammergerichts und des Hofgerichts zu Rottweil befreit [Nrr. 227; 229, Pkt. 4] und den Beitritt einiger Städte zur Eidgenossenschaft bestätigt.4 Die Stände beschweren sich auch über diese Konzessionen und wollen dem keinesfalls zustimmen. Die Orte Luzern, Zug und Glarus stehen noch auf der Seite Frankreichs. Nit waiß ich, was daruß will werden.

[4.] Viele glauben in Anbetracht der fehlenden Geldmittel des Kg. nicht an eine baldige Durchführung des Romzuges. Es heißt, er werde nicht mehr lange in Konstanz bleiben, sondern sich in den Niederlanden mit dem Kg. von England zu Beratungen über ihre Angelegenheiten treffen.

[5.] Er konnte in Erfahrung bringen, daß Esslingen für den Romzug auf 7 Reiter und 34 Fußsoldaten veranschlagt wurde.5  

[6.] Gemäß ihrer Weisung6 hat er Esslingen gegenüber den Wormser Gesandten mit dem Hinweis entschuldigt, daß die Stadt keinen Gesandten auf dem RT habe, sondern er lediglich zu den Verhandlungen des Schwäbischen Bundes abgeordnet sei.7  

[7.] Er hofft, daß der Bundestag demnächst endet. Er konnte einen Auftrag des Bundes an ihn, der ihn noch an andere Orte geführt hätte, verhindern. Er mußte den Überbringer dieses Schreibens einen Tag lang aufhalten; sie sollen ihm dafür auf Rechnung des Bundes ½ fl. schenken. Die weiteren Briefe sollen sie ebenfalls auf Kosten des Bundes durch einen städtischen Boten besorgen lassen. Er hofft, daß die Bundesgesandten noch in dieser Woche abreisen können.

Nr. 599 Hans Ungelter d. J. an Bürgermeister und Rat der Stadt Esslingen

[1.] Vorlage des Entwurfs zur Konstanzer Deklaration Kg. Maximilians im Landshuter Erbfolgestreit; [2.] Verhandlungen über den Beitrag der Eidgenossen zum kgl. Romzug; [3.] Schreiben Kg. Ludwigs von Frankreich an den RT; [4.] Schwäbischer Bundestag in Konstanz.

[Konstanz], 28. Juni 1507 (St. Peter und Paulß abent).

Stuttgart, HStA, H 53, Bü. 88, unfol. (eh. Or. m. S.) = Textvorlage A. Stuttgart, HStA, J 9, Bd. 5, Stück-Nr. 42 (Auszug 19. Jh.) = B.

Druck (des Auszugs): Klüpfel, Urkunden II, S. 8.

[1.] Der röm. Kg. hat einen Spruch zwischen Hg. Albrecht von Bayern und Pfgf. Friedrich gefällt.1 Demnach soll Pfgf. Friedrich bis zum 10. August (Lorenzi) das Unterpfand Wasserburg abtreten. Im Gegenzug wird Hg. Albrecht Güter mit einem jährlichen Ertragswert von 4000 fl. an die Taxatoren übergeben. Falls die von Hg. Albrecht an Pfgf. Friedrich abgetretenen Schlösser und Städte nicht den jährlichen Ertrag von 24 000 fl. erreichen sollten, werden sie aus diesen Gütern ergänzt. Die beiden Parteien sollen aus den kgl. Hofräten jeweils einen Taxator auswählen, der Kg. wird einen Obmann benennen. Was die Taxatoren mit Mehrheit beschließen, soll gelten. Dabei sind sie auch befugt, über die strittigen Punkte der bisherigen Taxation zu entscheiden. Über künftig entstehende Streitigkeiten zwischen den Parteien wird der Kg. urteilen.

[2.] Der röm. Kg. hat gestern [27.6.] den Ständen durch seine Räte mitteilen lassen, daß ihm die eidgenössischen Gesandten beträchtliche Kosten verursacht haben. Er ließ fordern, ihm die baldige Verabschiedung der Eidgenossen zu ermöglichen und in die Verschreibung über die Bezahlung der eidgenössischen Knechte einzuwilligen. Die Stände haben sich daraufhin zu Beratungen zurückgezogen. Wie ihre Entscheidung ausfällt, weiß er nicht. Er bezweifelt jedoch, daß die Stände dies tun werden, es sei denn, der Kg. kann einige Ff. in separaten Verhandlungen gewinnen. Er hat aber erfahren, daß eine Mehrheit der Ff. abgeneigt ist.

[3.] Der Kg. von Frankreich hat die Reichsversammlung aufgefordert, Gesandte zu ihm zu schicken, denen er Geleit geben und sie in Ehren empfangen wird [Nr. 173]. Auch soll die Reichsversammlung sich für die Freilassung seiner Gesandtschaft einsetzen. Nit waiß ich, waz geschieht.

[4.] Er erwartet, daß der Schwäbische Bundestag morgen zu Ende gehen wird.

Anmerkungen

1
 Gemeint ist entweder Nr. 222 oder Nr. 228.
1
 Es handelt sich um einen Irrtum. Aus den Verhandlungsakten geht keinesfalls hervor, daß Pfgf. Friedrich eine Erhöhung der ihm im Kölner Spruch von 1505 zugesprochenen Summe von 20 000 fl. und zusätzlich 4000 fl. anstrebte. Vgl. z. B. Nr. 395 [Pkt. 2].
2
 Möglicherweise liegt ein Fehler vor oder die Bewilligung wurde bei den weiteren Verhandlungen der Stände noch einmal reduziert. In der am 2.7. übergebenen Resolution ist nur von 8000 Fußsoldaten die Rede [Nr. 178, Pkt. 3].
3
 Liegt nicht vor.
4
 Eine entsprechende Bestimmung fehlt in den bis dahin vorliegenden Resolutionen Kg. Maximilians [z. B. Nr. 229, Pkt. 3/4]. In seinen Entwurf vom 25.6. für eine Konfirmation der eidgenössischen Rechte ist sogar ein Vorbehalt über die Reichsrechte an Basel und Mülhausen aufgenommen [Nr. 249, Pkt. 5, fol. 473].
5
 Die Angabe stimmt weder mit dem verworfenen [10 Reiter, 45 Fußsoldaten; Nr. 270, Pkt. 10, fol. 612’] noch mit dem verabschiedeten Reichsanschlag [11 Reiter, 17 Fußsoldaten; Nr. 271, Pkt. 10, fol. 598] überein.
6
 Liegt nicht vor.
7
 Esslingen reagierte damit auf ein Wormser Schreiben vom 29.5. [Nr. 93 mit Anm. 1]. Die Angabe Ungelters trifft zu. Die Bundesstädte ließen sich gemeinschaftlich auf dem RT vertreten [Nrr. 115, Pkt. 2; 268, Pkt. 32, fol. 571].
1
 Ungelter gibt im folgenden Bestimmungen der erst vom 2.7. datierenden, zuvor allerdings bereits im Entwurf verlesenen Konstanzer Deklaration Kg. Maximilians [Nr. 410 (C)] wieder.