Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Aufzählung etlicher Gewalttaten Hg. Ulrichs von Württemberg und weiterer Vorwürfe gegen ihn; [2.] Notwendigkeit einer raschen Strafaktion gegen den Hg.; [3.] Hoffnung auf eine Hilfe des Schwäbischen Bundes; [4.] Ersuchen des Ks. an Hg. Wilhelm, Hg. Ludwig und Mgf. Kasimir um ein Bündnis gegen Hg. Ulrich; [5.] Deren Antwort; [6.] Zorn des Ks. über die ablehnende Haltung der drei Ff.; nochmaliger Appell an sie; [7.] Deren erneute Antwort; Aufforderung des Ks. an die drei Ff. zur Unterstützung der Angelegenheit beim Schwäbischen Bund.

München, HStA, KÄA 1864, fol. 164a–168a, 169a, Kop.

[1.] /164a/ Nemlich am ersten, so ist offenbar und meniglich wissend, daz der [Hg. Ulrich] von Wirttenberg we[i]lend Hansen von Hutten on alles verschulden mit sein selbs handen mortlicherweis vom leben zum tod bracht und also toter gehenkt [vgl. Nr.829 [6.]].

Zum andern, so hat er denselben von Hutten in schein gn. meynung, mit im in das veld zu reiten und im in den wald nachzufolgen, erfordert und in solicher gn. und vertreulicher erzeigung, wie obstet, erwürgt, getodt und erhenkt.

Zum dritten, so hat er sein erber gemahel [Hg.in Sabine], die von solichem adl und der grössten freuntschaft in teutscher nation ist, in vil weg smechlichs gehalten [vgl. Nr.829 [6.]].

Zum virten ist [er] des nit gesettigt gewesen, sonder hat sy [nicht] ordinariis gehalten und ir getroet zu slahen, wann sy sein unschicklicheit geret und widersprochen hat.

Zum fünften, so hat er sy umb solichs ain- oder zwaymal hart geschlagen.

/164b/ Zum sechsten, so hat er ir zu troniß [= als Drohung] mer dann ainmal das swert, damit er den von Hutten erwurgt, bei seinem slafpet gezeigt.

Zum sibenden und achten hat man ir weiter beswernus aus irn zweyen clagen vor uns [Ks. Maximilian]in recht eingefürt, auch vernomen.

Zum neunten, so hat er und noch vil mer die seinen uns, auch unsern zweyen vettern, den Ff. [Wilhelm und Ludwig] von Baiern, und Mgf. Casimir von Brandenburg schmechlich und verachtlichen nachgeredt, als dieselben von Baiern der Hg.in, irer swester, person auf solich übeltat von im erledigt und darnach wir und Mgf. Casimir mit den unsern sy zu irer mutter [Ehg.in Kunigunde] und an ir gewarsam belait haben, das doch gotlich, natürlich und billich beschehen.

Zum zehenden, so hat er wider uns und die genannten Ff. in unsern und irn landen ain straifend rot aufgericht und straift noch teglich ausserhalb seines landes, das doch unleidenlich gewesen und noch ist.

/165a/ Zum eynliften, als auf solichs alles die gedachten Ff. von Bairn und die von Hutten mit irn verwanten den von Wirttenberg haben uberziehen und bekriegen wollen, hat er uns durch sein und seiner landschaft sendpoten, ungeverlich bis in XX personen, auch durch ander sein freund unterteniglich bitten lassen, in vor solichem krieg zu verhüten, mit dem erbieten, das er alles daz tun well, daz wir in haissen werden. Darauf haben wir ime zu gnaden den krieg by XIIII tagen aufgehalten, aber er ist zulest desselben seins erbietens und zusagens zuruckgefallen und hat uns gn. handlung und bevelh verächtlichen abgeslagen. Dardurch sein wir bewegt worden, mit der strenge des rechtens gegen ime furzefarn und haben in mit gutem grund in unser und des Reichs acht und oberacht erkennt und erclert [vgl. Nr.823, Anm. 2]. Und da wir derselben acht als röm. Ks. und ordenlicher richter zu volstreckung urteil und rechtens anhengig sein und den krieg haben wellen angen lassen, hat er uns durch die obgemelten abermals umb gnad bitten lassen, mit hohem erbieten, wie vor und dermassen, daz wir ime widerumb gelaubt und den krieg aufgehalten. Aber er hat ein beswerung nach der andern eingefürt und allzeit den obgereten beslus, wann der bei im zu besigelung /165b/ hat sollen komen, verendert. Dardurch wir im ein rachung ungeverlich nach allem seinem willen machen und also seine veind mit irm kriegsvolk ein merklich gelt vergebenlich haben verzeren müssen. Daraus uns und allen unsern treflichen räten gros spot und verachtung erwachsen ist.

Zum zwelften, daz alles unangesehen hat er von stund angefangen, solhen tractat1 uber sein bewilligung und hohe verschreibung zu brechen und im selbs ein regiment aufgericht und mit denselben regenten etlich der seinen, die zum friden geneigt gewesen sein, gefangen, gepeinigt und einsteils vom leben zum tod richten lassen.

Zum XIII., so hat er daz gelt, so Ludwigen von Hutten laut desselben tractats hat volgen sollen, selbs eingezogen und verswendet. Dardurch er das nit mer bezalen mag und behilft sich dagegen wider uns ungebürlicher und unwarhafter bezicht.

Zum XIIII., so hat er unsern und des Reichs Gf. [Ulrich] von Helfenstein sein slos verprennt [vgl. Nr.818, Anm. 3].

/166a/ Zum XV., so hat er Dietrichen von Spet seine slos und güter verprennt, damit er in unserm schirm, auch einsteils von unserm haus Osterreich belehent ist [vgl. Nr.720, Anm. 2].

Zum XVI., als er den gemelten tractat prechen wellen hat,[hat er] zu Frankreich umb hilf geschickt, mit dem erbieten, derselben cron mit seinen landen und leyten wider uns und daz hl. Reich ewiglich zu dienen und anzuhangen.

Zum XVII. haben wir glaublich kuntschaft, daz er zu den Aidgenossen und dem [Franz] von Sickingen gleicherweis umb hilf wider uns gesandt hat.

Zum XVIII., als wir des Reichs stenden itz zu Meinz die warheit wider den von Wirttenberg haben anzeigt [vgl. Nr.757 [5.] – [8.]], hat er darauf denselben stenden wider uns und unser rete libellum diffamosum alienum omni veritate [Nr.823] zugesandt und will sich mit seinem anhang als ein vertorben, verzweyfelt volk wider uns und daz hl. Reich zum krieg schicken und richten.

[2.] /166b/ Aus solichem allem mag meniklich ermessen, ob wir zu der gegenwer und solich ubeltaten zu strafen und hinfur zu verhüten nit gedrungen werden, dann wo wir darin stillstuenden, wurden zulest wir und daz hl. Reich von im übereylt, dann stund und zeit ist ungeleich und wurden wir und alle die, so im widerwertig sein, des velds und vorstreyts beraubt. So hilft auch an im seiner obgemelten ungelaubigen handlung halben weiter kein slechte rachung und vor den, die brief und sigl nie gebrochen haben, wer er seiner person, land und leyt sicher, aber herwiderumb nit wir noch alle seine widerwertig, auch in der gemein daz ganz hl. Reich, wo er ander nation wider uns bewegen mocht. Darumb spricht der weis „principiis obsta“, dann so haben auch Frankreich, Eidgenossen und Sikinger im alle hilf abgeslagen.

So hat er sich auch in dem letzten tractat, zu Augspurg und Blaupeuern gemacht, begeben und verpflicht, wo er den verpreche, das alle sein untertanen irer erbpflicht von ime ledig und er widerumb in unser und des Reichs acht und aberacht und ander swer straf und pueß remediert und gefallen sein soll.

[3.] /168a/ Auf diese antwurt [liegt nicht vor] hat ksl. Mt. durch maister Hansen Renner reden lassen, ir Mt. maynung wer nit gewest, wie es dy Ff. verstanden, dann ir Mt. poste [= lege] nit vil auf den [Schwäbischen] pund. Ir Mt. hette den anschlag auf den funfzigisten man gemacht. So der pund denselbigen schickte, würde es unverlich dy fünftausent man erraichen. Aber ir Mt. vermainte, den pund in dy hilf zu bewegen.

[4.] Zum andern hett ir ksl. Mt. sy, dy drey Ff., etlich tag vor zuekunft der pundsstend alher erfordern lassen, sich mit ine zu underreden, wie dy sach wider Wirtenberg anzufahen were. Darauf ier Mt. gn. begeren, das sy sich zu ier Mt. verschrieben und verpinden wolten, getreulich zusamenzusetzen, dy ungehorsam des von Wirtenberg helfen zu strafen und sich ausserhalb ier Mt. und kainer on des andern willen und zuegeben mit Wirtenberg nit zu vertragen. Desgleichen wollen sich ir Mt. gegen den Ff. auch verschreiben, und so die verschreibung aufgericht, alsdann sy all mitainander ratschlagen, dy anschleg, zum kriegshandel gehörig, zu machen.

[5.] Darauf dy Ff. ainen bedacht genumen und nachgemelt antwurt [liegt nicht vor] irer Mt. schriftlich zuegestelt.

[6.] /169a/ Nach obbemelter antwurt hat Renner in namen ksl. Mt. den Ff. muntlich enteckt, röm. ksl. Mt. hette sich dieser antwurt nit versehen, wolt auch dyselbig fur kain antwurt annemen, sunder sich noch versehen, sy würden irer Mt. das gn. begeren der pundnus und verschreibung halb nit abschlagen und ferner auf des punds und reichsstend nit waigern, dann ir Mt. hette ir ftl. Gn. als die vertrauten Ff. darumb etlich tag zu sich erfordert, den handel zu beratschlagen, ain pundnus und verstand, auch anschleg zu machen, dann Wirtenberg hette ksl. Mt. hart geschmeht und iniuriert gegen dem pund und reichsstenden. So dorft ir Mt. nit sicher fur ain tor an das waidwerk hinausreiten. So hett er den ksl. vertrag vilfeltiklich geprochen mit Hutten, Spet und sunst. Ir ftl. Gn. solten auch bedenken, das ksl. Mt. nit allain, sunder ir Gn. und derselbigen schwester [Hg.in Sabine] von Wirtenberg hoch geschmecht, und dy sach betreff am maisten ir ftl. Gn., dy dann ksl. Mt. in dy sach pracht hetten. Demnach solten ir Gn. dy ksl. Mt., dy von irer Gn. wegen dareinkumen, nit verlassen und dy verschribung [für ein] puntnus nit abschlagen.

Darzue hatt ksl. Mt. etwovil hitzig wort gegen obberurte Ff., villeicht aus bewegtem zorn, geredt, als ir ftl. Gn. wissen, unnot hierin zu melden.

[7.] Auf solichs alles haben dy Ff. ainen bedacht genomen und abermals an ksl. Mt. schriftlich antwurt [liegt nicht vor] geben, wie hernach geschriben ist.a

Diese antwurt hat ksl. Mt. zu dank und gn. gefallen angenummen, mit gn. begeren, dy sachen bey den stenden des punds treulich zu furdern. Das wolle ir Mt. in sundern gnaden gegen ine erkennen. Actum Augspurg erichtag post Jacobi Ao. 1517.

Anmerkungen

1
 Vertrag von Blaubeuren vom 22. Oktober 1516. Siehe Nr.757, Anm. 3.
a
 Am Rand daneben: Dy lest schrift.