Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Fortgesetzte Gewalttaten Ernsts von Brandenstein trotz eines Rechtserbietens Gf. Wilhelms von Henneberg-Schleusingen; [2.] Vorladung der Streitparteien durch den Ks.; Fernbleiben Brandensteins; [3.] Nichtzustandekommen eines durch Hg. Georg von Sachsen einberufenen Schiedstages; [4.] Wiederholung des Vorbringens Adams von Schaumberg; [5.] Beschluss über eine erneute Vorladung Brandensteins.
Meiningen, StA, GHA, Sektion II, Nr. 448, fol. 97a–102b, Kop. (Vermerk fol. 96b: Dyse supplication ist zu Wurms furbracht, und darnach 29. May 1513 ist Gf. Wilhelm in aigner person erschinen und alle handlung H. Adams [von Schaumberg] ratificiert und in von neuem zu seinem gewalthaber vor den reten constituirt meliori via et modo etc. Ist im darauf zugelassen, auf solchen gewalt weiter zu procediern; Präs.vermerk: Presentata durch Hennenberg freitag post pentecostes 1513 [20.5.13]. [Christoph] Hofman).
[1.] Der bevollmächtigte Anwalt Gf. Wilhelms von Henneberg(-Schleusingen) (Adam von Schaumberg) trägt dem ksl. Hofmeister (Wilhelm von Rappoltstein) und den ksl. Räten vor, wie das sein gn. H. sich hievor bey ksl. Mt. beclaget, wie ine Ernst von Brandenstein uber sein rechtlichs erbieten, das der von Hennenberg vor ksl. Mt. verordenten, auch Kff., Ff. und allen stenden des hl. Reichs auf nechstgehaltenem reichstag, hie zu Augspurg versamelt, getan1, gedachtem von Brandenstein umb alle spruche und forderunge, die er zu ime vermeint zu haben, vor ksl. Mt., angezeigten stenden oder einem iglichen unbartheischen, unverdechtlichen richter, dahin es ksl. Mt. weisen, zu endlichem, austreglichem rechten zu recht furzekomen erboten, mutwilliglichen, unpillichen wider die gulden pullen, kgl. reformacion, aufgesetzten landfriden, alle recht und ordenunge, wie die bishere aufgericht und ausgekündigt /
[2.] Daraufhin bestellte der Ks. auf Anrufen Gf. Wilhelms Hartmann (von Kirchberg), Koadjutor zu Fulda, zum Kommissar, der die Parteien unter Androhung der Acht vorlud. Während Gf. Wilhelm und Lorenz Schenk, aus dessen Differenzen mit Ernst von Brandenstein dieser Konflikt hervorgegangen ist, gehorsam erschienen, schickte Brandenstein dem Koadjutor ein verächtliches Schreiben, darinnen vermeint, ksl. Mt. uber sich, wiewol aus grund des rechten ir Mt. uber eines jden menschen leib und gut im Reich und sunderlich umb fridbruche, die one mittel fur ir Mt. gehorn, den gerichtszwang haben, der oberst, auch ordenlich richter ist, keines gerichtzwangs zu gesteen und ire die hand zu sperren, seines gefallens andere richter zu erwelen. Dieses spitzfindige Schreiben übersandte der Kommissar dem Ks., der aber in seiner Milde und Güte nicht sofort die Acht über Brandenstein verhängen wollte, sondern ihn vorladen ließ. Der ksl. Bote Michael Rollebatz versuchte die Zitation Brandenstein an dessen Wohnort Haineck zu übergeben, traf ihn aber nicht an, weshalb er sich nach Mülverstedt begab, das Schriftstück Brandensteins Onkel und oftmaligem Unterstützer Jörg von Hopfgarten aushändigte, der den Empfang eigenhändig quittierte. Der Anwalt Gf. Wilhelms erschien gemäß der Ladung am 20. Januar (1513) in Hagenau vor dem Ks., der ihn zu seinem Hofmeister (Wilhelm von Rappoltstein) und seinen Räten nach Worms schickte und diesen die Angelegenheit übertrug. Nach mehrtägiger Wartezeit, in der geprüft wurde, ob Brandenstein vielleicht aufgrund von Wetterunbilden nicht zum Tag vor dem Ks. gelangen konnte, teilten der Hofmeister und die Räte dem Ks. mit, Brandenstein sei nicht erschienen, worauf dieser entschied, das man Hennenberg das recht ergehen lassen solle.
[3.] Zwischenzeitlich berief Hg. Georg von Sachsen wegen der Differenzen zwischen Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen einerseits und Gf. Wilhelm von Henneberg andererseits einen Schiedstag für den 10. April (sontag misericordia domini) ein. Zugleich wurde vereinbart, dass Gf. Wilhelm mit der Erlangung der Acht und Ernst von Brandenstein mit seinen Fehdehandlungen stillstehen sollten. Hierzu erklärte der hennebergische Anwalt, in der laufenden Auseinandersetzung solle der Rechtsweg einstweilen in Ruhe gestellt werden, jedoch unter der Bedingung, falls der anberaumte Schiedstag nicht zustandekomme oder der Konflikt nicht beilegt werde, das er an dem orte, da das recht ruhe genomen, wider anfahen, dem nachkomen und volg tun wolte. Dies wurde ihm gestattet. Die Hgg. von Sachsen sagten jedoch den Schiedstag ab, während Brandenstein seine Fehdehandlungen fortsetzte und in seinem Ungehorsam gegenüber dem Ks. verharrte. Deshalb beantragt der hennebergische Anwalt, die Acht und Aberacht gegen Ernst von Brandenstein und alle seine Unterstützer zu verhängen. Actum freitags nach dem hl. pfingsttag.
[4.] [Von anderer Hand:] Ist H. Adamen als anwald furgehalten, ob er weiter etwas furbringen woll oder nit. Hat er repetirt sein vorig schrift und begert wie vor.
[5.] Sententia: Auf H. Adam von Schaumbergs als anwald Gf. Wilhelm von Hennenbergs furbringen und begern ist erkennt, das die execucion der citation nit gnugsam furbracht sey und das Ernst von Brandenstain und sein helfer von neuem rechtlichen per edictum, wie sich gepurt, citiert werden und ferrer beschehen sol, was recht ist. Publicata 25. May 1513.