Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erleichterung über die gesundheitliche Besserung des Ks.; Genesungsratschläge; [2.] Frage des weiteren Aufenthalts des Ks. in den Niederlanden sowie der Reise Kg. Karls nach Spanien und Ehg. Ferdinands in die Niederlande; [3.] Bitte um Zusendung des Vertrags von Cambrai (zwischen Ks. Maximilian und Kg. Franz von Frankreich); Nutzen einer Reise des Ks. (zum Reichstag) nach Mainz; [4.] Bitte um weitere Berichterstattung.

Marburg, StA, Bestand 3 Nr. 391, fol. 207–208, Orig. Pap. m. S. und eigenhändigen Unterschriften (größtenteils chiffriert, der dechiffrierte Text steht über der Zeile).

[1.] /207a/ Beantworten drei Briefe Villingers und Renners aus den Niederlanden vom 6., 12. und 13. Mai. Und erstlichen der ksl. Mt. person halben sein wir nit unbillichen irer ksl. Mt. krankhait hoch erschrocken und hat uns zu dem hochsten in aller sachen beherzigt [= ist uns zu Herzen gegangen]. Dieweil wir aber aus euerm schreiben versteen, das sich die krankhait zu pesserung kert, so verhoffen wir, der almechtig Got soll die von tag zu tag zu noch merer besserung schicken. Und ist unser freundlich und fleissig pitt, ir wellet den grossen fleiß in disem, das der ksl. Mt. person zu guet kombt, furkeren, damit sein ksl. Mt. an ungesunden orten oder flecken, da der luft, das wasser oder auch die speis und trank nit für ir Mt. ist, sich nit enthalt, sonder an /207b/ die end zieh, da der luft, auch speis und trank fur ir Mt. ist. Dieweil wir uns auch versehen, Dr. Waptista [Baldironi]1 sey am hof und man mug ander geschickt doctores, doch in albeg den zu vertrauen ist, auch gehaben, so achten wir gut sein, das mit fleis disputiert und geratslagt werde, wie sich sein ksl. Mt. halten soll in essen, trinken, schlafen und sonderlich auch in den hendeln und sachen, damit ir ksl. Mt. nit zuvil und zu unfug ainer zeit bemuet wird, dann wir achten, das aus demselben vil melancoley entstee und sonderlich, wo irer ksl. Mt. etwo beswerlich handel zuefallen sollten.

[2.] Dann von wegen irer ksl. Mt. heraufziehen, davon konden wir nit wol raten, dann wir wissen nit, wie die sachen in dem Nyderland steen. Wir konden wol gedenken, das irer ksl. Mt. vil anligt, das kgl. durchlaucht [Karl] von Hispanien sein uberzug in Hispanien nem2, damit auch Kg. Ferdinand3 heruberkem. Das sein unsers bedunkens die zway grosten principalstück. Und wie die sachen geschickt und gehandlt würden, das solh zwen zug glücklich und sicherlich beschehen, das wer vast wol getan. Ob aber not sey, das die ksl. Mt. /208a/ deshalben in dem Niderland lenger verziehen soll oder ob solhs seiner ksl. Mt. person halben, die disen dingen allen furzusetzen und zu dem hochsten zu bedenken ist, gelegen sey, das konden wir nit wissen.

[3.] So zaigt ir uns an von ainem neuen camerischen vertrag4 und das ir uns denselben schicken wollet. Pitten wir eu, ir wellet uns den also schicken, damit wir uns in allen sachen dest bas darnach wissen zu richten. Wo dann derselb vertrag, auch Kg. Carls, auch Kg. Ferdinands uberzug, auch zuvoran die schwachait irer ksl. Mt. nit verhindern, so achten wir für nützlich und gut, das sich die ksl. Mt. zu dem peldisten herauf aus dem Niderland verfueg, und wo ir Mt. sich nit bewegen wollt lassen oder unwilligen, dieser zeit gar in das Schwabenland oder ditz land [= Tirol] zu rucken, so wellet doch vleiß haben, das ir Mt. unz gen Menz ziehe. Ir mugt auch die ursachen nemen die grossen empörung, so yetz im Reich zu besorgen sein, wo nit dareingesehen, als on ir Mt. person nit wol sein mag, das zu besorgen wurde, es mocht ain grosser nachtail und abfal daraus erfolgen. /208b/ So dann ir Mt. gen Menz kombt, seyen wir der hoffnung, daselbs soll in ainer kurz vil mugen gehandlt werden, damit ir Mt. furderlich heraufkom. Ich, canzler, pin auch des willen, alsdann auch bey irer Mt. zu sein und mitsambt eu in allen sachen, was das pest ist, zu verhelfen. Ich will auch irer Mt. von der camer und allem wesen hie lautern underricht mit mir pringen, damit ir Mt. des ain gründlich wissen haben mug. Das mag ir Mt. daselbs oder underwegen handln, wann ir kont selbst ermessen, das ganz beswerlich und nachtailig ist, wo die regierung also angehenkt und nit wider ain ordenlich wesen aufgericht werden sollt.

[4.] Bitten, sie weiter auf dem Laufenden zu halten und sonderlich von wegen der ksl. Mt. person, auch wann kgl. durchlaucht von Hispani sein uberzug gewislich tun werde. Datum Innsprugg am sechsundzwainzigisten tag des monats Maii Ao. etc. XVII.

Anmerkungen

1
 Arzt der Gemahlin Ks. Maximilians, Bianca Maria Sforza (gest. 31.10.1510). Am 20. Juni 1511 wurde er zum ksl. Leibarzt bestellt. Vgl. Kostenzer, Leibärzte, S. 76f.; Unterholzner, Bianca Maria, Anhang S. 238.
2
 Zu den Vorbereitungen für die Reise Kg. Karls nach Spanien vgl. Nr.720, Anm. 1.
3
 Gemeint ist zweifellos Kg. Karls Bruder Ehg. Ferdinand. Der Grund für die Zuweisung des Königstitels bleibt unklar.
4
 Gemeint ist der am 11. März 1517 geschlossene Bündnisvertrag zwischen Ks. Maximilian, Kg. Karl von Spanien und Kg. Franz von Frankreich, der in geheimen Zusatzartikeln eine erneute Aufteilung Ober- und Mittelitaliens zwischen dem Haus Habsburg und Frankreich vorsah. Er wurde allerdings von den drei Herrschern „mit innerem Vorbehalt geschlossen“. G. Wagner, Türkenkreuzzugsplan, S. 321 mit Anm. 21. Vgl. auch Wiesflecker, Kaiser Maximilian 4, S. 257, 380. Im ersten Vertrag von Cambrai vom 10. Dezember 1508 hatten sich Ks. Maximilian, Papst Julius II. sowie die Kgg. Ludwig von Frankreich, Ferdinand von Aragón, Wladislaw von Ungarn-Böhmen und Heinrich von England zum gemeinsamen Kampf gegen Venedig verbündet.