[1.] Entstehung und bisheriger Verlauf der Auseinandersetzung um den Güldenweinzoll; [2.] Nichtzustandekommen zweier Schiedstage; [3.] Ihre Ablehnung eines Vermittlungsvorschlags auf dem Mainzer Schiedstag; [4.] Grund für diese Entscheidung; [5.] Erneutes Rechtserbieten auf den Ks. und die Reichsstände.
Frankfurt a. M., IfStG, RTA Bd. 32, fol. 126b–130a, Kop.
[1.] /126b/ Bitten darum, der Klage EB Albrechts von Mainz und der Wetterauer Gff. gegen den hessischen Güldenweinzoll nicht stattzugeben, /127a/ da es sich mit diesem Zoll in Wirklichkeit folgendermaßen verhält:
Der Ks. hat auf dem Kölner Reichstag 1505 mit Zustimmung der Mehrheit der Reichsstände Landgf. Wilhelm d. M. von Hessen als Gegenleistung für dessen stets großen und treuen Einsatz erblich, auf ewig und unwiderruflich gestattet, von jedem Fuder Wein, das sein Ft. passiert, einen Zoll in Höhe von 1 rh. fl. zu erheben. Alles, was dieser Verleihung entgegenstehen könnte, sollte kraftlos und aufgehoben sein, jeder Verstoß dagegen bestraft werden. /127b/ Diesen Zoll hat Landgf. Wilhelm zu seinen Lebzeiten unangefochten innegehabt und auf seinen Sohn Landgf. Philipp vererbt, der ihn in gleicher Weise gebraucht hat. Nach Landgf. Wilhelms Tod behaupteten offenkundig etliche Wetterauer Gff. und Hh., dieser habe den Zoll auch außerhalb des Ft. Hessen an Orten erhoben, in denen er nicht gelte. Aufgrund ihres ungestümen Vorbringens erließ der Ks. ohne Befragung der Gegenpartei eine Deklaration2, was er zweifellos nicht getan hätte, wenn er eingehender informiert gewesen wäre. /128a/ Schließlich erließ der Ks. auf Anrufen der Hgg. von Sachsen und des vorigen hessischen Regiments zugunsten Landgf. Philipps eine (nicht vorliegende) Erklärung, dass er nicht beabsichtige, an seiner Zollverleihung irgendwelche Abstriche vorzunehmen. Seither ist Landgf. Philipp im ungestörten Besitz besagten Zolls, abgesehen von den nachfolgend geschilderten Beeinträchtigungen.
[2.] /128b/ Vor kurzem gingen etliche Gff. in der Gft. Diez handgreiflich gegen den rechtmäßigen Zoll vor und behinderten seine Einhebung, wodurch sie gegen den Landfrieden und das gemeine Recht verstießen. Dagegen erboten sich Landgf.in (Anna d. J.) und Landgf. Philipp /128b/ zu Recht auf den Ks. und eine Reihe unparteiischer Kff. und Ff., insbesondere Kf. Joachim von Brandenburg, den Administrator (Christoph) von Bremen, Hg. Georg von Sachsen, Mgf. Kasimir von Ansbach-Kulmbach, Hg. Erich von Braunschweig(-Calenberg), die Hgg. (Heinrich) von Mecklenburg und (Bogislaw) von Pommern, die Bff. (Lorenz) von Würzburg, (Johann) von Hildesheim, (Gabriel) von Eichstätt und (Christoph) von Augsburg. Schließlich stimmten die Gff. einer Vermittlung durch Mgf. Kasimir zu, woraufhin dieser zwei Schiedstage nach Windsheim bzw. Kitzingen einberief, die jedoch nicht zustande kamen.
[3.] Als er nu hie zum tag erschienen ist und die mgfl. geschickten und rete [Wolfgang von Bibra, Karl von Heßberg]nach vieler disputation in underhandlung komen sein, haben wir uns von wegen unsers gn. H. nach ksl. Mt. und under andern auf Mgf. Joachim, Kf., und Mgf. Casimir von Brandenburg gutlichs und rechtlichs austrags verdingt oder unverdingt erpoten. Das [wollte] der widerteil nit annemen, sunder den zol zuvor (ausgescheiden im Ft. /129a/ zu Hessen) angestelt haben und darnach erst mit unserm gn. H. in angezeigte rechtvertigung gehen wollen. Dargegen wir uns abermals erpoten, darumb die obgedachten Kf. und Ff. von Brandenburg erkennen zu lassen, ob unser gn. H. vor solche rechtvertigung schuldig sey, mit dem zoll stillzustehen und aus seinem beseß und ererbten gerechtigkeit zu schreyten oder nit. Das sie auch abgeschlagen und ganz kein recht leyden wollen, unser gn. H. het dan zuvor solchen zol abgestellet. Welchs unser gn. frauen [Landgf.in Anna d. J.] von Hessen und uns in keinen weg zu tun gewesen. Es ist auch in keinem rechten versehen und im hl. Reiche wenig erhort, das einer (zuvor ein unmündiger) aus solchem seinem beseß und ererbten gerechtigkait geen und darnach darumb zu rechten schuldig sein solt. Und derhalben haben die underhendler von den sachen lassen mussen.
[4.] Nun vernemen wir, wie sich der gegenteil horen laße, als ob wir offentlicher verhor schwere tragen sollten. Daran uns ungutlich geschicht, dan wir uns der, wie solchs den underhendlern wissentlich ist, erboten und haben verhor und rechtens nie kein scheu getragen und noch nit. Aber des gegenteils furnemens stat zu geben, ist dismal aus redelichen, tapfern ursachen, den underhendlern angezeigt, by uns nit gestanden, hat sich auch mit dem vorbescheid Mgf. Casimir[s] nit verglichen.
[5.] Wiewol nu die obgemelten Kf. von Meinz und Gff. in und by der Wedderau, als wir vernemen, beschwernus von unser gn. H. und uns geclagt haben, so befinden /129b/ doch euer kftl. [und] ftl. Gn. gnaden und gunst aus dem unsern warhaftigen bericht offentlich den widersynn und das sie unserm gn. H. in seinen unmündigen tagen onbilliche beschwerunge anlegen. Ob nu unser gn. frau und wir dieselben, sovil uns mögliche, mit fugen und gepürnus anzureden understanden hetten und noch understehen würden, so haben wir genzlich dafür, ir ftl. Gn. und wir wurden des on allen zweivel zuforderst bei ksl. Mt., unserm allergnst. H., euer kftl. [und] ftl. Gn. gnaden [und] gunsten und meniglichem unparteisch on verdachte und aller ungelimpf stehen und pleiben, nachdem ir ftl. Gn. und wir aus natuerlichen und leiplichen getanen pflichten, unsern gn. H. nach unserm vermogen by seiner habenden gerechtigkeit und beseß zu handhaben, schuldig sein. Begeren auch in warheit nit anders, dan dasselb und das sein ftl. Gn. by glich und recht gelassen werden mocht und niemands in einiche wege wider pillicheit zu beschwern.
/130a/ Erbieten sich demgemäß erneut zu Recht auf den Ks., alle unparteiischen Ff. und Stände des Reiches sowie insbesondere auf Kf. Joachim von Brandenburg und Mgf. Kasimir von Ansbach-Kulmbach, mit der Bitte, diese Darlegung zu berücksichtigen und sich der ererbten Besitzrechte des noch unmündigen Landgf. Philipp anzunehmen.