Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ihre fortgesetzten Beeinträchtigungen durch die Rst. Worms im Widerspruch zur Rachtung (von 1509); [2.] Gravierende negative Auswirkungen dieses Vorgehens für sie; [3.] Bitte um Unterstützung ihrer Bemühungen beim Ks. um Abstellung der Belastungen.

Kop.: Worms, StadtA, 1 B Nr. 1946/1, o. Fol. (Vermerk am Rand: D Gemeyner pfaffheit supplicacion, ksl. Mt. uberschicket); Ebd., 1 B, Nr. 1945/2, o. Fol.

[1.] Anrede. Euwern kftl., ftl. Gn. gnaden wirden und gunst zeugen wir aus ehafter, bezwenglicher notturft und keiner anderer gestalt noch meynung unser beschwerlichs obliegen in aller undertenickeit an, bittend, dasselbig gnediglich und gutlich zu vernemen.

Wiewol gewieß und war, als auch euer ftl. Gn. wirden und gunst sonder zweifel unverborgen, das wir und die von Worms in kurzverschienen jaren durch wylent den hochwirdigsten F. und H. H. Jacoben, EB zu Tryer, erzcanzler etc. loblicher gedechtnus, und den durchleuchtigsten, hochgebornen F. und H. H. Friderichen, Hg. zu Sachsen, erzmarschalk etc., beide des hl. röm. Reichs Kff. (zu dero Gn. entscheid, spruch und erclerung1 unangesehen unser vilgehabter mühe, costen und schwerem darlegen, auch erlitten scheden, derohalben unsern kirchen, stiften und gutern zugewachsen, darzu erlangte urteil und recht, das wir uns dan zulest allein umb fridlebens, eynickeit und fruntschaft willen, zu den wir alweg geneigt, die gesucht, uns deren auch beflissen haben und gern tuen wollen, verziegen und alle sachen, irrung und gebrechen zwuschen uns, den teilen, waren schwebend, frey, willkürlich gestelt und verfast gewest) entscheiden und vertragen, auch gericht und geschlicht und dasselbig dan derzeit beidersyts bewilligt und angenommen, darzu verbrieft, versiegelt und sunst nach aller notturft versehen worden [laut] ausweisung derselben clarer entscheid und rachtungsverschribungen, under anderm inhaltend und vermeldent, das wir unser wein und frucht zu yeder zeit in und aus der stadt Worms unverhindert und frey furen oder tragen lassen mogen, die von Worms uns auch darzu das unser schutzen und schirmen sollen. Aber des und alles andern, auch sunst im rechten gegebener pfefflicher freyheit trostlicher zusage, uns zu zeiten unsers iungsten inzugs beschehen, unbedacht, so sein und werden wir nichtsdestoweniger itzt merglich und hoch von inen und den iren beleidigt, beschwert // und belestigt, besonderlich in dem, als sie verruckter zeit ein edict haben ausgehen lassen, der meynung, das nyemants eynigen wein oder frucht aus der stadt Worms verkaufen noch furen solt. Das wollen sie wider recht und pillichkeit, darzu obgemelten vertrag auch uf uns und ander geistlich personen verstehen oder thenen [= ausdehnen]. Und wiewol sie dasselbig edict iren mitburgern und andern iren verwanten miltern, auch irs gefallens zu ubergehen vergünstigen, so wirdet doch solchs durch sie bey uns armen priestern vestiglich verschafft zu halten und nit gestatt, dieselbigen zu unserm nutz und notturft zu vertryben, sonder werden also unser etlich (die do arm sint und on gelt nit zu leben haben), frucht und wein in der stadt wolfeil und gar vil umb ein mynders, dan sie wert, hinzugeben gedrungen zu merglichem abbruch und nachteil unserer prebenden und anderer beneficien, in ansehen, das dieselben on das in der stadt Worms dieser zeit fast [= sehr] gering und, woe wir unser wein und frucht nit mit rat und nutz anwerden, noch schmeler werden, zudem, das sie auch etlichen geistlichen personen wein und korn wider iren willen und mit eigenem furhaben nemen und verkaufen lassen, wir geschwygen, das sie etlich aus uns mit reutern und anderm kriegsvolk, die sie in unser heuser (so doch vil bürger, die gute stallung und meher wyn und frucht dan wir gehabt, furgangen und unbeschwecht blieben) gelegt, die uns das unser abgessen und -getrunken, aber nit bezalt, hoch beschwecht und belestigt haben.

Wiewol auch dieselbig iungst rachtung clarlich ausdruckt, das der rat und die bürger, so den kirchen und beneficien jerlich zyns zu geben schuldig und derzeit etlich jar versessen und nit gereicht, solche zins furter ausrichten und zu denselbigen uf zeit, so sie gefielen, von den ausstenden versessenen zynsen, bis solang der ausstand volnkomelich vergnugt were, auch einen zins on weygerung bezalen solten, das gar wenig gehalten, sonder etwan oft mangel gelassen. Es ist uns auch, dieselbigen zins und ander schulden von iren burgern und inwonern der stadt Worms mit ordenlichem rechten, wie billich und der ends herkommen oder gewonheit ist, inzubringen und sie zur bezalung anzuhalten, nit gestattet worden, zudem, das // sie sich itzt offentlich neben vil schmehelichen worten horen lassen, das sie und die iren uns gar nichts geben wollen, wie dann auch bynahe zwey jar her beschehen, also das sich die summa des ausstands ungeverlich von neunzehen jaren her bis in die neuntausent fl. und daruber (als wir das, woe noit, glaublich dartuen und underschiedlich berechen mogen) erstreckt.

[2.] Aus welchem allem und andern vil meher beschwerden, unbillichen handlungen und eigenwilligen dero von Worms furnemen (die wir itzt im pesten und umb kurzerung willen underlassen), wie ir gemuet gegen uns die jar gestanden und noch sey, haben euer ftl. Gn. gnad und gunst als die hochverstendigen wol zu ermessen und besonderlichen, woe dasselbig nit abgestelt, unser jerlich zinsen, gulten und ander schulden nit bezalt, die bemelt iungst obgedacht rachtung sunst ires inhalts darzu nit vollenzogen noch gehalten werden solten, das wir zu Worms gar nit pleiben kundten oder mochten, die personen auch (obglich der auszug nit erlaubt), doch eine heut, die ander morn, armuets und der leibsnarung gebrestens halb von den kirchen zu weichen oder die zu verlassen getrungen würden. Dardurch der gotsdienst geschmelert oder, als zu besorgen, ganz nidergelegt werde. Das ye den armen selen beschwerlich und by den christglaubigen mentschen wol zu erbarmen.

[3.] Das wir euer ftl. Gn. gnad, wird und gunst ye unangezeugt nit haben kunden lassen, underteniglich und mit dem hochsten vlyß, auch vlelich bittende, sie geruchen und wollen die ernenten stift in gn. bevelh haben, uns armen undertrückten auch by röm. ksl. Mt., unserm allergnst. H., mit furbitlicher schrift erscheinen, domit ir Mt. solch dero von Worms angeregte eygen furnemen und ander ir beschwerlich handlung gegen uns abstellen und die jerlichen zins, gulten und schulden sampt dem ausstand laut der iungsten rachtung bezalen, dieselb auch sunst ihres inhalts vollenziehen und dero nachkomen, uf das wir by inen ruwiglich bleiben, die gepurlichen gotsdinst, als wir schuldig und auch gern tuen wollen, vollenbringen mogen. Das umb dieselb euer ftl. Gn. gnad, wird und gunst und zuvoran die röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., in aller undertenickeit mit unserm andechtigen gebet zu Got // und sunst unsers armen vermogens underteniglich zu vertienen, wollen wir allzeit geflissen sein und bereyt erfunden werden. Datum Sixti Ao. domini millesimo quingentesimodecimoseptimo.

Anmerkungen

1
 Notariatsinstrument mit den Schiedssprüchen EB Jakobs von Trier und Kf. Friedrichs III. von Sachsen, Worms, 9. Juni – 30. Juli 1509. Heil, Reichstagsakten 10, Nr.329.