Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erfolgter Vertragsabschluss der vier rheinischen Kff. zur Sicherung der Rheinschifffahrt; [2.] Regelungen für die Handhabung des Geleits auf dem Rhein zwischen Mainz und Köln.

Frankfurt a. M., IfStG, Reichssachen II Nr. 479, Orig. Druck.

[1.] Die Kff. Albrecht von Mainz, Richard von Trier, Hermann von Köln und Ludwig von der Pfalz geben allgemein und in sonderheit den hantierern [= Händlern], geselschaften, schiffmennern, kaufs-, gewerbs- und andern leuten, so sich des Reynstrams und desselben lynpfads mit iren leiben, gewahre und gütern, auch sunst pflegen gebrauchen und besuchen, für uns, unser nachkomen und erben zu wissen:

Nachdem wylent unser vorfarn und eltern hochloblicher und seliger gedechtnus den Rynstram und desselben lynpfad, damit die Kff. fürnemlich begabt sein, auch etwas hoch, besonderlich von Menz bys gein Colln und herwiderumb von Coln gein Menz, gefreiet, befridet und zu gemeinem nutz gehanthabt haben und wir dan so in ir fußstapfen getreten, zu erhaltung derselbigen fryheit und gemeines nutz nit minder dan sie geneigt, willens und gemüts begirig gewest und noch sein, gespürt, gesehen und entpfunden, das sich ytzo in neulicheit und by unsern zeiten umb, uf und neben demselbigen manicherhande empörung, ingriff, bekommern, ufhalt und ander beschwerungen ereugt, zugetragen und begeben, auch also und dermaß inwurzeln und erweitern, das es manichen kauf- oder gewerbsman scheu und forchtsam machen, auch abwenden möchte, das wir derhalb zu schyrm und hegung derselbigen Reinstrams und lynpfads, auch hanthabung des hl. röm. Reichs ordenung und ufgerichten landfridens des orts, auch umb gemeins nutz und dieser lande wolfart willen, darzu dem schiff-, kauf- und gewerbsman zu trost, damit sie desto sicherer syn und den gebrauchen, als wir am iungsten zu Oberwesel versamelt gewest, zu befridung des Rynstrambs und lynpfads uns ein zeit, nemlich zwölf jar lang die nechstvolgenden, geeinigt, verschrieben und verpflicht, auch miteinander verbunden haben1, das wir alle und unser yglicher besonder den Rynstram und seinen lynpfad gemelts bezirks, soferr unser oberkeit und gepiete den begreifen, sicher und frey halten, in dem einander getreulich schützen und schirmen, auch nit gestatten noch verhengen wollen, das ymand were, derselb den andern, es sey zu fridlichen zeiten, in vheden oder krieg zwischen uns oder andern noch sunst einichs wegs oder weise daruf gemelts orts mit gewalt ingreif,[be]leidig, beschedig, vhae oder auch mit oder one recht bekommer oder ufhalt, dasselb selbst nit tun noch schaffen getan werden, sonder sollen alle und yede kauf-, schiff-, gewerbs- und andere leut, so den Rynstram oder sein lynpfad besuchen und gebrauchen, mit iren leiben, haben und gütern, gewahre, hantirunge, gewerben und kaufmanschaften uf entrichtung gewonlicher zölle frey, sicher und unbeleidigt, hyn und wider, ungehindert und one einich ufhalt faren und wandeln, des auch unser aller und yglichs in sonderheit frey, strack, sicher fürwort und geleyt haben in craft bemelter unser vereinigung und dieser unser offenbaren verkündung, auch versiegeltem ausschreiben, also:

[2.] Wo sich begeben (da Got für sey), das in solichem bezirk von Coln an bys gein Menz und von dannen hynab bys gein Coln in solchen unsern habenden geleit und sicherheit uf gedachtem Rynstram oder seinem lynpfade ymand das sein gewaltiglich genomen oder einicher schade zugefügt würde, so sollen und wollen wir vlyß ankeren, auch mit ernst darob und daran sein, das dem beschedigten, an dem solich unser geleit und sicherheit nit gehalten, sonder verbrochen were, in monatsfrist seiner entfrembten güter, wahre und habe widergebung oder koerung [= Ersatz] geschee. Wo dasselb aber in ytzgemelter zeit nit sein noch die widerkerung von den tetern durch uns bracht oder verschafft werden mochte, alsdan sollen und wollen wir vier Kff. obgenant, auch unser nachkommen und erben unverzuglich dem beschedigten seiner entwendten oder genomen verlorner habe, gewahre und güter, auch erlitten schadens in vier wochen nechst darnach volgend gepürend kaerung tun.

Wo auch einer oder mehr in obbestimptem bezirk zwischen Coln und Menz in eins andern gepiete oder oberkeit uf dem Rynstram oder seinem lynpfade angriffen, gefangen oder sunst beschedigt würde, so sollen und wollen wir semptlich mit dem, in des gepiete und oberkeit solicher angriff oder beschedigung gescheen were, so vil reden und handeln lassen, das ime oder inen das ir wider werde oder, so dasselb nit sein wolt oder künte, wir obbenenten vier Kff. dem oder denselben gelten und one widerrede oder weigerung widerkerung selbst tun, wollen auch die alle sunst an unsern zöllen gnediglich halten und sie uber alt herkomen nit beschweren lassen. Doch wollen wir in dem allem diejenen, so ir kaufmanschaft, habe und güter uf der achsen hinpringen oder füren lassen, damit den Ryn, sein strame und lynpfad fliehen, aber sich mit iren leiben und personen daruf tun, nit gemeint noch begriffen, sonder herin auch unsers gegebens geleits und sicherheit genzlich usgeschlossen han, denselben auch weder schaden noch anders zu keren schuldig sein.

Wir wollen auch verschaffen, ob ymand neben dem Rynstrame und seinem lynpfade uber land durch unsere Kftt. und lande zu roß, zu fuß oder mit geferte reysen oder sein weg nemen, auch gleyts noturftig sein würde, das es inen uf ir gesynnen und begeren uf bezalung gewönlichs gleytgelts durch unser ydes amtleut nit versagt, sonder wie pfleglich gegeben werden soll.

Des alles mogen und sollen sich die geselschaften, kauf-, schiff- und gewerbsleut, auch hantierer und anders, so den Rynstram suchen oder brauchen werden, zu uns, auch unsern nachkomen und erben die obgedacht zeit aus genzlich versehen und onezweivelich vertrösten, sich auch darnach wissen zu richten, dann wir, wie oberlaut, uns des gehorter maß vereinigt und verpflicht, dasselb auch hiemit by gutem glauben zugesagt und des verbunden sein wollen, argelist und geverde usgescheiden. Des zu warer urkunde haben wir obgenanten vier Kff. unser yglicher sein secret zu ende dieser schrift tun trucken, die geben ist zu Menz uf sambstag nach vincula Petri Ao. domini millesimo quingentesimo decimo septimo.2

Anmerkungen

1
 Vertrag der Kff. Albrecht von Mainz, Richard von Trier, Hermann von Köln und Ludwig V. von der Pfalz, Oberwesel, 15. Mai 1517 (freitag nach dem sontag cantate). Orig. Perg. m. 4 S.: Wien, HHStA, Mainzer Urkunden 1517 V 15; Kop.: Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbücher 52, fol. 153a–155b. Am 22. Mai ließ EB Albrecht dem Mainzer Domkapitel den Vertrag überbringen und um die erforderliche Zustimmung nachsuchen. Würzburg, StA, Mainzer Domkapitelprotokolle 4, fol. 394a. Regest: Herrmann, Protokolle, S. 118. Am 29. Mai (freitags nach exaudi) sagten Domdechant Lorenz Truchseß von Pommersfelden und das Domkapitel zu, falls EB Albrecht vor Ablauf des Vertrags sterben sollte, würden sie ihrerseits bis zu dessen Bestätigung durch den Nachfolger in die damit verbundenen Verpflichtungen eintreten, auch für alle Schäden aufkommen, die durch etwaige Gewaltakte auf dem Rhein während der Vakanz des Bischofsamtes entstünden. Würzburg, StA, Mainzer Ingrossaturbücher 52, fol. 156a u. b, Kop. EB Richard von Trier teilte EB Albrecht mit Schreiben aus Pfalzel vom 24. Mai 1517 (sontag exaudi) mit, da er wegen dringender Geschäfte vorzeitig aus Oberwesel habe abreisen müssen, jedoch zugesagt habe, dem von seinen Räten mit ausgehandelten Vertrag auf alle Fälle zuzustimmen, tue er dies hiermit und verspreche seine Einhaltung. Ebd., fol.155b, Kop.
2
 Mit Schreiben vom 22. August 1517 teilten Bm. und Rat von Köln EB (Albrecht) von Mainz und in gleicher Form Kf. (Ludwig) von der Pfalz mit, sie begrüßten die auch bei ihnen bekannt gemachten Vereinbarungen der vier rheinischen Kff. zur Sicherung des Güterverkehrs auf dem Rheinabschnitt zwischen Köln und Mainz außerordentlich. Allerdings sei darin nichts ausgesagt über den Schutz der Kaufleute und ihrer Waren auf dem besonders gefährdeten Abschnitt zwischen Mainz und Frankfurt a. M. Sie bäten deshalb um Auskunft, wie künftig der Güterverkehr in diesem Bereich im Rahmen der genannten Vereinbarung gesichert werden solle. Köln, Historisches A., Best. 20A A 49, fol. 118b–119a, Kop. – In einem weiteren Schreiben vom selben Tag baten Bm. und Rat von Köln Gf. Eberhard von Königstein, sich beim EB von Mainz zu erkundigen, welche Pläne es für den Geleitschutz zwischen Mainz und Frankfurt a. M. gebe. Ebd., fol. 118a u. b, Kop.