Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.); DV v. a. Hd.: Anno 41, 9. Junij in aim ersamen rat verlesen, [d]atum 5. Junio.

Ausz.: Roth, Zur Geschichte, T. IV (ARG 4), Nr. 84 , S. 95–98.

Wir geben eurer fursichtigen W. dienstlicher mainung zu erkennen, das Dr. Hel Freytags [1541 Juni 3] zu abents herkomen. Und bald darnach ist uns durch unsers genedigen herrn, des landtgraven, edelman einen angetzaygt worden, uff 8 urn Samstags[1541 Juni 4] nechst zu erscheinen, alsdann beschechen, und sendt in hochgedachts fursten herberg erschinen unsere genedigste herrn, der Kf. von Brandenburg und Ebf. von Lunden aygner person und uff unser seytten hochgedachter landtgraff, Hannß Pockh von wegen des Kf. zu Sachsen, Dr. Philips Lanng, wiertembergischer, H. Jacob Sturm, ich, Wolffganng Roechlinger, und Jorg Besserer als gesandten der stett Strassburg, Augspurg und Ulm, auch H. Philippus Melanchton und Bucerus. Und haben hochgemelten chur- und fursten ongeverlich nachvolgende mainung furgepracht: Dieweyl sich der verordneten theologen gesprech geendet und durch dieselbige noch etlich bis in 9 artickel nit verglichen, so verhofften ier kfl. und fstl. Gn., das in denselbigen noch ferner handlung und underrede gepflegen und also versucht werden, ob man noch zu vergleychung derselbigen oder aber in sollichen necher zusamenkumen möcht. In solchem wollten ier kfl. und fstl. Gn. geren müglichen fleyß furwenden, mit bitt und begeren, inen handlung hierin zu gestatten, dann sy je die sachen treulich und gut mainten und geren weytleffigkayt verhut sechen, auch zu vergleichen und friden helfen wollten1.

Uff solchs haben obgeschribne personen, so unsers thayls bey obgedachtem anpringen gewest, nach beratschlagung der sachen dahin geschlossen, auch ieren kfl. und fstl. Gn. die antwurt geben, das sy, was bey inen angebracht, an die andere anwesende stende und pottschaften unsers thails, wie die notturft ervordert, gelangen lassen und ier kfl. und fstl. Gn., was sich die stend entschliessen wurden, widerumb antzaygen wöllten2.

Welches also obgemelts Sambstags zu 1 ur nach mittag beschechen, und in beratschlagung der sachen sendt zwayerlay mainung gewest. Die erst, man sollte solche gutliche handlung nit bewilligen, dann solchs darumb nit beschechen künthe, das man noch disen oder andern gemainen reychstenden von der theologi underrede und, welche artickel verglichen oder nit verglichen weren, kain relation thon hett, dartzu, dieweyl sich unsere theologi vernemen liessen, sy kinthen in den überigen angeruerten artickeln weyter mit gutem gwissen nichts nachgeben, so were solch underhandlung vergebens etc.

Die ander mainung war, man sollte wider das gewissen gar nichts nachgeben, aber dannocht sich an hochgemelten zwayen chur- und fursten erkundigen, was doch die underhandlung seyn, auch warauf die vergleychung solcher 9 artickel gestellt möcht werden, auch ob ir kfl. und fstl. Gn. zu vergleychung beym gegenthayl ainichen willen, hoffnung oder verstandt hett, und darnach ier kfl. und fstl. Gn. geantwurt, darnach möcht man sich mit ferner, guetlicher antwurt vernemen lassen. Und sendt in diser mainung die ursachen neben anderm antzaygt, das solchs darumb gut were, das der Kf. von Brandenburg, so unser religion angenommen, nit verpittert, auch uns mit grundt nit uffgelegt werden künthe, das wir kain willen zu vergleychung hetten, so wier die unsern selbst zu handlen waygerten, dartzu das auch der churfurst und Lunden die ksl. Mt. mit merer affection der handlung berichten möchten etc. und also durch sy zu gemainem friden, wie hievor zu Franckfurt auch beschechen, stattlicher gehandlet werden möcht. Aber nach langer hin und wider bewegung ist durch die stendt die erst maynung beschlossen und hochgedachten chur- und fursten darauf heut zu 9 uren nach der predig abschlegige antwurt gegeben worden.

Uff welche antwurt ier kfl. und fstl. Gn. widerumb geantwurt, sy hetten die sachen treulich zu rhue und friden gemaint und geacht, das solche underhandlung zu allem guten solte gerathen und grosse weytleffigkayt, die sonst volgen möcht, durch dieselbige verhuetet worden sein. Dieweyl aber unsere stende die sachen anderst bedechten, künthen sy nit darfur, sonder muessen solchs geschechen lassen. Darbey auch die sach also pliben ist. Wir hetten geren eurer fursichtigen W. bedencken hierin gehört, aber die sach hat nit vertzogen wöllen werden. Dartzu hetten wir die sachen onedas beym mereren pleyben lassen etc.

So wöllen wir in sachen, die von Goßlar belangendt, eurer fursichtigen W. bevelch, so die angeregt wierdt, mit fleyß nachkomen etc.

Aber den aydt, so unsern genedigen herrn von Wiertemberg durch das kayserlich camergericht, bey den hailigen etc. zu thon, ufferlegt, belangt, ist durch die stende ainhelligclich, usserhalb Hg. Hainrichs von Sachssen gesanten, denen noch nit bevelch zukumen, fur ein religionsach erkanth, in welcher sachen wier eurer fursichtigen W. bevelch auch nachkomen seyen.

So ist in den strittigen sachen zwischen hochgemelte hertzogen und denen von Esslingen widerumb ein pottschaft zu seinen fstl. Gn. von gemainen stenden fur gut angesechen, zu handlen lauth einer instruction. So die gefertigt, schicken wier eurer fursichtigen W. copia sampt bericht, wer die pottschaften seyen, auch zu.

Der Kaiser hat ihnen eine Supplikation Oswald Hartungs zustellen lassen. bitten um die für ihre Stellungnahme nötigen Informationen. Ihres Wissens ist Augsburg fur solche quinquenial3 gefreyt. Bitten um Zusendung einer Kopie des entsprechenden Privilegs, damit solchen geferlichen eingengen begegnet werden muge. Hilfreich wäre auch eine Befragung der Gläubiger Hartungs. [...]. Datum Regenspurg, den 5. tag Junij anno 15414.

Anmerkungen

1
 Zur Vermittlungsinitiative Kf. Joachims von Brandenburg und Johanns von Weeze, Ebf. von Lund, Anfang Juni 1541 vgl. besonders ihre Vermittlungsvorlage [Nr. 109] und die Stellungnahme der Protestanten dazu [Nr. 112, Nr. 113, Nr. 114].
2
 Vgl. Wolfgang Rehlinger an Georg Herwart, Regensburg, 1541 Juni 4, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.): Allain ditz mein schreyben, das der hauptman Schertlin vor 6 tagen hieher ankumen hat söllen und noch nit hie ist, hab ich gedacht, sey uff Nuerenberg verritten. Sollichs zu vernemen, ich uff Nuerenberg seinem herrn schwager, dem Sebastian Großen, geschriben. Ist mein genediger herr, der landtgraff, genediger mainung sorgfeltig fur inen, derowegen eure fursichtige W. uns verstendigen wölle, ob er zu Burtenbach oder Augspurg oder, wa er sey, darmit unnotturftige sorg seinethalben uffgehaben werde. Seyther des nechsten unsern schreyben hat sich zugetragen, das heut vor essen der Kf. von Brandenburg und der Bf. von Lunda bey meinem genedigen herrn, dem landtgraffen, in beysein eines des Kf. von Saxen und eines Hg. Ulrichs von Wiertemberg räth und dann H. Jacob Sturm, H. Besserer und mein beyseyn ongeferlich nachfolgende werbung gethon haben: Wie das die röm. ksl. Mt. uff heut willens weren gewesen, den reychstenden relation, was die 6 theologi gehandlet hetten, thun zu lassen. Als aber er, der churfurst, sollichs angehört, hat sein fstl. [sic!] Gn. gedacht, dieweyl 9 artickel unverglichen, das es gut solt sein zu versuchen, ob dieselben artickel möchtend nachmalen in ain pessern weg gebracht werden, darumb den Bf. von Lunda zu sich zu tziechen und mit obgemelten personen fraintlich und unverbintlich zu reden und handlen, ob die gemelten artickel möchten verglichen werden, und von ainem auf den andern onbeschwert das bedencken in schrift verfassen zu lassen. Und was das der erst artickel vom gwalt der kirchen und der concilien. Auf das mein genediger herr, der landtgraff, und wir, die andern, ainen bedacht genommen und uns underredt, das uns on vorwissen aller der protestierenden stend nit einzulassen sein wöllt, dieweyl vor alle handlungen mit irem vorwissen angefangen weren worden, das sy uns doch nit fast geren zugelassen, darauf die stend darvon reden werden. Und ich gedenck, das man dise particularhandlung abschlagen werde, sonderlich diser zeyt, dieweyl den reychstenden noch nit relation geschechen, was die 6 theologi gehandlet. Wie kunden dann wir uff weytter vergleychung handlen, so wir die vergangen nit wissen, welche artickel und warumb und was gestalt kain vergleychung erlangen haben mögen. Was sich zutregt, schreyben wir hernach. Wir kinden kain bestandthaft wesen, ich darfs nit sagen, auch kain cristenlichen eyfer zu der vergleychung spüren, nit uß mangel der röm. ksl. Mt. person, sonder allerlay anderer zufallender handlungen halben. Es wirt alle ding fursetzlich vertzogen. Darumb schickt es sich nit anderst, mir wol anhaim mögen ziechen. Kumen über vier monat, wa es der Türck nit endert, wol zu den ussrichtungen. Vorgänge vor Ofen. Dise wochen hat man entlich mit allem ernst sollen stirmen. Wöllen wir bald neue zeyttungen haben. Gott schicks zum besten.[...]. Datum Regenspurg, den 4. tag Junij anno 1541.
3
 Zahlungsmoratorium, Stundung fälliger Zahlungen.
4
 Vgl. Wolfgang Rehlinger an Georg Herwart, Regensburg, 1541 Juni 7, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.): Hat seine Schreiben vom 4. und 5. Juni erhalten. Schertlin ist erst am 5. Juni hier angekommen. Der landtgraff besorget, im were etwas widerfaren.Laut gestriger Zeitungen Eroberung des Gartens des Schlosses in Ofen. Man hofft, in wenig tagen das schloss und statt zu erobern, wiewoll etlich das widerspil sagen, das der münich heraußgefallen und grossen schaden gethon haben soll. Vom Türcken hört man nit, wa sy sein. Etlich achten, sy möchten zu solcher zeyt kumen, das sy herin in Ungern beliben. In religionsachen hett die röm. ksl. Mt. geren gesechen, das man in den unverglichnen artickeln necher zusamengeschritten were. Aber die unsern haben in kain freye handlung bewilligen wöllen, also das weytere vergleychung nit ist zu hoffen. Darumb acht ich, das die ksl. Mt. noch in 2 tagen sich resolvieren werd, was ir Mt. weyter fur handlung furnemen willens sein. Gott schicks zum bösten. Ich acht, ir ksl. Mt. möcht filleycht selbs ein ordnung furnemen. Got schicks zum bösten. Der H. von Granuella ist heftig wider den landtgraffen und die unsern. Er, der landtgraff, wirt in wenig tagen verreyten und anhaim ziechen. Ich wayß nit, was daraus wirt werden. Der Granuella hat gesagt und dem landtgraven zuempotten, der krieg sey nit ains zwerchen finger weyt von uns. Das werden wir gewar werden. Es seyen treyerlay stend in Teutschlandt, fursten, gaystlich und die stett. Er wolt 4 der furnembsten stett mit zwayen fingern verderben. Ongeferlich ain solche red hat er gethon. Es ist ein seltzam leben hie. Es vertrauet niemands dem andern und geend seltzam praticken umb. So thond die fursten all nichts anderst dann spilen und sauffen tag und nacht zu grosser verkleinerung der teutschen nation.Schicken Peutinger und Musculus heim. Möchte aus gesundheitlichen Gründen auch gern heimreisen. Für den Fall, dass sich die Dinge hinziehen, bittet er um Abberufung. Bereitschaft, im Bedarfsfall wieder nach Regensburg zu reisen. Grüße an Herwarts Gattin [...]. Datum Regenspurg, den 7. Junij anno etc. 41. – Vgl. auch Dr. Konrad Hel an Georg Herwart, Regensburg, 1541 Juni 7, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf., eighd.): Was von gemainen sachen alhie gehandlet, das werden ier ab unserm schreiben vernemen. Weiter ist nichts besonders, dann das noch weiter handlung, wie ich euch muntlich gesagt, vom Kf. zu Brandenburg gesucht wierdt. Es mecht sich dannocht durch gnaden Gottes dohin schicken, das die verpitterung zum thail gestildt und gemainer friden dester bas uffgericht werden und volgen mecht, alein eyldt mein gnediger her landtgraff uß ursachen, Hg. Mauritzen einzusetzen helfen, dieweil Hg. Hainrich schwach etc. So richt sich die ksl. Mt. auch in still zum abzug, gedenck uff Italia, aber bey mier wierdt das langsam sein kunden etc. Ofen soll der gart under dem schlos eroberet und daselbig gegraben werden zum sprengen. Gott verleich gnade. Die Turken sollen auch also ankumen sein. [...]. Datum, den 7. Junij anno 41. PS: Grüße an seine Gattin.