Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Religionskolloquium: Übernahme des Präsidentenamtes möglichst durch den Kg. persönlich, andernfalls Verordnung eines Stellvertreters nach Gutdünken des Kgs. Vorgaben für die Stellvertreter der reichsständischen Assessoren. Benennung der Kolloquiumsteilnehmer beider Religionsparteien. Finanzierung der Teilnahme. Strittige Möglichkeit gegenseitiger Einwände gegen die jeweiligen Teilnehmer.

/209’/ (Vormittag) Religionsausschuss 1 . Kurmainz proponiert: Resolution des Kgs. vom 25. 2. zum 1. HA (Religionsvergleich)2.

Zunächst Beratung zum empfohlenen Veranstaltungsort Worms. Umfrage. Einhelliger Beschluss: Billigung.

Präsidentenamt: Kg. lehnt die persönliche Übernahme ab und will einen Stellvertreter verordnen.

/210/ 1. Umfrage. Kurtrier: Entschuldigung und Erbieten des Kgs. sind anzunehmen.

Kurköln: Idem.

Kurpfalz: Were nutz und gut gewesen, da konig selbst hette presidiert, a–nit auß ursachen, das ire Mt. vil guts schaffen konnen, sonder das auch ire Mt. destomehr berichts zuempfahen gehabt–a. Und dweil zuverhoffen, krieg mochten sich darzwischen stillen3, so solle konig nochmals zupitten [sein], unangesehen einiger verhinderung sich selbst darzugeben. Aber da es ye nit gesein konte: Wiewol sie nit zweiveln, konig werde einen unpartheyischen verordnen, so solte doch konig umb den konig zu Behem oder den hertzogen zu Gulich, an ire stat zuordnen, zuerpitten sein.

/210’/ Im Folgenden votieren zunächst Kursachsen und Kurbrandenburg wie Kurpfalz, Kurmainz und Salzburg wie Kurtrier und Kurköln.

Bayern: Solt inen nit zuwider sein, das konig nochmals solte gepetten werden, unangesehen ob schon die zeit muste erstreckt werden biß etwo in den winter. Wo es nit zuerhalten, b–alßdan konig heimbzustellen die personen–b.

Österreich und alle folgenden katholischen Stände votieren sodann wie Bayern und die geistlichen Kff. Die CA-Stände schließen sich Kurpfalz an.

/211/ 2. Umfrage. Kurtrier: Nachdem das kriegß wesen auf Bartholomei mochte zum hefftigsten sein, so hetten sie geacht, das konig entschuldigt zu haben. Dennoch entsprechend Bayern in der 1. Umfrage. /211 f./ Alle Folgenden und Beschluss: Ebenso. Nochmalige Bitte an den Kg. um die persönliche Übernahme des Amtes, verbunden mit der Möglichkeit, dafür /211’/ die malstat und zeit des colloquii zu endern. Wofer aber ire Mt. nit konte dem colloquio beiwonen, das es bei der verglichener zeit und malstat zu lassen und irer Mt. heimbzustellen, was fursten sie wellen an irer stat zuordnen.

Umfrage zur Empfehlung des Kgs., dass die Assessoren Vertreter substituieren sollen.

Kurtrier, Kurköln: Billigung.

Kurpfalz: /211’ f./ Ebenso, jedoch mit der Vorgabe, /212/ das substituten graffen oder hern sein und ansehenlich, das inen auch eim yeden zwehen rethe zuzelassen.

Kursachsen: Wie Pfaltz, mit dem anhangk, das den substituten eim yeden etwo ein rathe mochte zugelassen werden.

Kurbrandenburg: Wie Pfaltz und Sachssen, yedoch chur- und fursten zuersuchen wie konig4.

Kurmainz: Vergleichen sich mit der kgl. Mt. bedencken. Obe zu specificieren, was es für personen sein sollen: Solt inen nit zuwider sein, das gesetzt werde, das es prelaten, ansehenliche von dhumb capitteln, graffen oder hern seyen. Consiliarios anlangendt: Solt inen auch nit zuwider sein wie Pfaltz und Sachssen.

Salzburg: Wie Meintz.

/212’/ Bayern: Wie Meintz, doch hielten sie, das es zu halten wie am cammergericht, wen ein churfurst oder furst nit selbst konte den sachen abwarten, das sie andere fursten an ire stat geordnet hetten5. Consiliariorum halben wie Meintz und andere.

Österreich: Vergleichen sich mit konig, und das das wort „ansehenlich“ werde declariert wie per Meintz. Consiliariorum halben wie die andere, alß Meintz.

Beschluss: Wie Quintuplik des Kgs., doch mit der erclerung, das die substituten solten ansehenliche personen [sein], auß prelaten, dhum capitteln, graffen oder hern zunemen, und das den substituten zuzelassen, ein oder zwehen rethe zu sich zu ziehen. Item anzuhangen, man wel sich versehen, chur- und fursten werden selbst personlich erscheinen und sachen beiwonen.

/2146 / [Kurmainz proponiert:] Kg. fordert, noch beim RT die Teilnehmer am Kolloquium festzulegen und die Finanzierung zu klären.

Umfrage. Beschluss: Beide Religionsparteien sind bereit, ihre Teilnehmer sofort zu benennen.

Für die katholischen Stände werden die in der Separatsitzung am 3. 3. festgelegten Teilnehmer namhaft gemacht7 . Die Ersatzleute für die Theologen werden hier jedoch nicht verlesen. Und haben sich die drei gaistliche churfursten eins assessors zuvergleichen8.

/214’/ Die CA-Stände halten die katholischen Teilnehmer schriftlich fest und verlesen anschließend ihr Personal für das Kolloquium9:

Assessoren: 1) Kf. August von Sachsen; 2) Hg. Christoph von Württemberg.

Je einen Auditor stellen: 1) Das kfl. und f. Haus Pfalz. 2) Das kfl. und f. Haus Sachsen10 . 3) Das kfl. und f. Haus Brandenburg11 . 4) Beide Hgg. von Pommern. 5) Der Lgf. von Hessen. 6) Alle Gff. und Hh. der CA.

Kolloquenten12 : 1) Philipp Melanchthon; 2) Johannes Brenz, Präpositus zu Stuttgart; 3) Erhard Schnepf, Prof. und Superintendent in Jena; 4) Johannes Machabaeus Scotus, Superintendent in Holstein; /215/ 5) Mag. Georg Karg, Superintendent in Ansbach; 6) Johannes Pistorius, Pastor aus Nidda in Hessen.

Adjunkten: 1) Mag. Heinrich Stoll, Prof. in Heidelberg; 2) Andreas Musculus, Prof. in Frankfurt/Oder; 3) Joachim Mörlin, Superintendent in Braunschweig; 4) Johannes Marbach, Superintendent in Straßburg; 5) Mag. Victorinus Strigel, Prof. in Jena; 6) Mag. Jakob Runge, Prof. in Greifswald.

Notare: 1) Paul Eber, Prof. in Wittenberg; 2) Jakob Andreae, Superintendent zu Göppingen.

Ersatzmann für die Notare: Theoderich Schnepf, Prof. der Theologie in Tübingen.

/215’/ c– Im Anschluss an die Benennungd  weitere Umfrage –c.

Kurtrier: Liessen es bei den benampten personen pleiben und hielten es darfür, das kein thail dem andern hierin maß zugeben.

Kurköln: Idem.

Kurpfalz: Wiewol ein thail dem andern kein maß der personen halben zugeben, so solten sie doch also qualificiert [sein], das sie gotsfortige [!], fridliebendt etc. sein. Dweil sie dan disser personen aller13 keine kuntschafft, wolten sie bedacht daruber nemen. Underhaltung: Stehet, das ein yede religion ire personen underhalte.

Kursachsen, Kurbrandenburg: Wie Pfaltz.

Kurmainz: Hetten es für unnotturfftig geacht, weiter /216/ disser person halben [Bedacht] zu nemen, dweil kein thail dem andern daruber maß zugeben. Underhaltung were verglichen.

Salzburg, Bayern, Österreich: Wie Mainz.

[Beschluss:] Vertagung.

Anmerkungen

1
 Zusammenfassung der Sitzung bei Bundschuh, Religionsgespräch, 242 f.
2
 Quintuplik des Kgs. [Nr. 432].
a–
 nit ... gehabt] Kursachsen A (fol. 479 f.) abweichend: Anwesenheit des Kgs. gibt mehr Hoffnung /479’/ zu fruchtbarer vergleichung. Kurpfalz B (fol. 109’) entsprechend Textvorlage.
3
 Der Kg. hatte in der Quintuplik den Türkenkrieg als Argument gegen die Übernahme des Amtes angesprochen.
b–
 alßdan ... personen] Kursachsen A (fol. 479’) anders: lest in konig Maximilian und Gulich nicht zugegen sein. In Kurpfalz B (fol. 110) als korr. Fassung: lassen sie inen gefallen, wie mans albereit bedacht unnd verglichen. Formulierung korr. aus: lassen sie inen gefallen, wie die 3 weltlichen churfursten davon geredt.
4
 Gemeint: Die Assessoren sind zu bitten, ihr Amt ebenso wie der Kg. das Präsidentenamt persönlich auszuüben.
5
 Bezugnahme auf das Visitationsverfahren am RKG, hier Verpflichtung eines F. zur persönlichen Teilnahme: RKGO, 1. Teil, Tit. L, § 1 ( Laufs, RKGO, 146 f.).
6
 Fol. 213, 213’ vacat.
7
 Vgl. Kurmainz A, fol. 208–209 [Nr. 417].
8
 Vgl. die Debatte um diese Benennung am 14. 3. 1557: Kurmainz B, pag. 857–860 [Nr. 350].
9
 Vgl. die Beratungen der CA-Stände zur Beschickung des Kolloquiums am 18. 2. (Benennung der Assessoren) und 23. 2. (übrige Teilnehmer): Kurpfalz C, fol. 196’–200 [Nrr. 381, 382].
10
 Der sächsische Gesandte Tangel stellte im Bericht an die Hgg. vom 7. 3. 1557 klar, dass sie den Auditor für das Haus Sachsen zu stellen hatten, nachdem Kf. August als Assessor benannt worden war (HStA Weimar, Reg. E Nr. 180, fol. 276–281’, hier 276. Or.).
11
 Konkret erfolgte die Abordnung durch Kurpfalz, Sachsen-Weimar und Brandenburg-Ansbach. Vgl. Bundschuh, Religionsgespräch, 413–416.
12
 Hinweise zu den nominierten Kolloquenten, Adjunkten und Notaren in der Sextuplik zum 1. HA (Religionsvergleich) [Nr. 433].
c–
 Im ... Umfrage] Kurpfalz B (fol. 113’) deutlicher: Kurmainz proponiert, was nuhn auf die benennung der personen furzunemen.
d
 Benennung] Kurpfalz B (fol. 113) zusätzlich vor dem Folgenden: Im Anschluss an die Benennung weiterer Beschluss zur underhaltung der personen: Ist man verglichen, das jede religion die seinen mit notturfftiger zerung versehen unnd unnderhalten solle.
13
 Gemeint: Die katholischen Teilnehmer am Kolloquium.