Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage1: Kurpfalz, fol. 583 f., 585’ f., 588–591’.

Billigung des Konzepts für den RAb sowie für das Münzmandat beim 5. HA (RMO) und für die Instruktionen der Kriegsräte und Pfennigmeister beim 2. HA (Türkenhilfe). Debatte mit KR um die Klausel wegen der künftigen Beratung einer beharrlichen Hilfe.

/583/ (Vormittag) Ausschuss zur Prüfung des RAb. Verlesung des Konzepts für den 3. HA (Landfrieden) des RAb.

Umfrage. Kgl. Kommissare, Kurtrier, Kurköln, Kurpfalz, Kursachsen, Kurbrandenburg: Billigung.

Kurmainz: Wünscht nochmalige Verlesung.

Österreich: Billigung. Allein der plackereien halb anregen zuthun.

Bayern: Ebenso. Man mocht der mandaten halb auch im abschidt meldung thun, dergleichen neben den underhanen auch die stende miteinzuziehen2.

Salzburg, Sachsen, Jülich, Straßburg, Prälaten, [Wetterauer] Gff., Städte Aachen und Regensburg: Wie Bayern.

/583’/ Verlesung des Konzepts für den Artikel zur RKG-Visitation – Reichsjustiz [4. HA] im RAb.

Umfrage. Kgl. Kommissare, Kurtrier, Kurköln, Kurpfalz: Billigung.

Kursachsen: Billigung. Allein zu inserirn, was uf nechster visitation sich befinden wurdt, auch durch die verordnung erledigt.

Alle folgenden Votanten billigen diesen Zusatz.

Bayern beantragt als weiteren Zusatz im Hinblick auf die Kompetenz des Reichsjustiztags: Was durch die deputirte verglichen und beschloßen, das nicht weniger dasselb gehalten, als ob es uf eim reichstag beschloßen.

Der Zusatz wird ebenfalls gebilligt3.

/585’/ Verlesung des Konzepts für den 5. HA (RMO) im RAb.

Umfrage. Kgl. Kommissare, Kurtrier, Kurköln, Kurpfalz: Billigung.

Kursachsen: Erholt vorige protestationes.

Kurbrandenburg, Kurmainz: Billigung.

Österreich: Beantragt zum einen bezüglich der Besetzung des Reichsmünztages, Salzburg anstelle Augsburgs zu verordnen4 ; zum anderen soll die Ausfuhr von Gold und Silber in einem Mandat verboten werden.

Jülich: Falls die Kff. ihre drei Vorbehalte gegen die Doppelwährung von Gold- und Silbermünzen aufrechterhalten5 , behält der Hg. sich dies auch vor.

Verlesung des Konzepts für den Schlussabsatz des RAb. Umfrage. Beschluss: Billigung.

/586/ Verlesung des Konzepts für das erneuerte Münzmandat6.

Umfrage. Billigung mit folgenden Einwänden: Kursachsen wiederholt den Protest bezüglich der RMO.

Salzburg: Billigung nur unter der Voraussetzung, dass das Mandat den Ebf. nicht auf die Beachtung der RMO von 1551 verpflichtet, da vom RT 1555 verabschiedet worden ist, das man nicht schließlichs furnemen kondt7; wie auch alhie diese handlung uf die deputation verschoben. Dabei laßen sies. Ir her werd anders nit muntzen dan wie bißher, bis man sich einer einhelligen muntz vergleicht.

Jülich: Da die muntz8 durch das mandat becrefftigt, sei bedencklich.

/588/ (Nachmittag). Mainzer Kanzler bringt für KR vor: Der 2. HA (Türkenhilfe) ist erledigt mit Ausnahme der Klausel bezüglich der beharrlichen Hilfe, die KR mangels Weisung bisher nicht bewilligen konnte. Um dessen ungeachtet die Verhandlungen nicht aufzuhalten und dem Kg. entgegenzukommen, regt KR folgende Lösung an9 : Im Artikel des RAb zur Nachfrage des Kgs. bei fremden Potentaten10  ist zu ergänzen: „und weß deßhalben erhalten, wollen wir unser und des Heiligen Reichs churfursten alßdan verstendigen.“ Im Artikel zur beharrlichen Hilfe ist zu ergänzen11: „dz zu konftiger Reichs versamblung, welche mit rat und bewilligung unser und des Heiligen Reichs churfursten altem herkomen nach auf eingenomen bericht, wes wir bei andern potentaten erlangt, anzustellen, ob und wie solcher articul zutractirn und zuhandlen, geredt und geratschlagt werden mag.“ Aufforderung an den Ausschuss, diesen Vorschlag zu beraten.

Zasius (Österreich): Beratung ist nicht möglich, da kein kgl. Kommissar anwesend ist. Will den Vergleichsvorschlag deshalb dem Kg. vorbringen.

/588’ f./ Verlesung und Billigung der Resolutionen des Kgs. zu den Instruktionen für die Kriegsräte und für die Pfennigmeister beim 2. HA (Türkenhilfe)12.

/589’/ Kfl. Räte und kgl. Kommissar13 . Im Auftrag des Kgs. erscheint Dr. Seld und bringt vor: Hat den Vorschlag des KR für die Formulierung der Klausel bezüglich der beharrlichen Hilfe im RAb vernommen und dem Kg. vorgebracht. Um zu einer Einigung zu kommen, lässt Kg. es teilweise dabei bewenden. Wo es nun den churfursten reten nit zuwider, mocht die disposition hinden14 geendert werden15; wie auch solcher articul zutracirn, zuratschlagen.

/590/ Mainzer Kanzler: Haben das Vorbringen des Kommissars vernommen. Entnehmen dem, dass Kg. die ding hoch nit difficultirt und an den worten nit zuvil gelegen. Wolt man nicht liebers, damit die sachen nit ufgehalten, wo sie etwas dazu thun kondten. Die kfl. ret heten sich irs auch nit habenden befelchs erindert; befunden, man nit wol weiters geen kondt, als hievor anzeigt. Da der Zusatz des Kgs. aber eben dies betrifft und es etwas verweißlich, hoft man, die kgl. Mt. werd es allergnst. bedencken und bei dem gesteltem concept zulaßen; deren zuversicht, der commissari werd damit zufriden sein, damit die sachen befurdert und der abschidt gefertigt werde.

Seld: Dweil er befindt, dz man eins andern bedencken: Het er nit befelch, die sachen ufzuhalten, sonder wolt gebeten haben, damit furzuschreiten.

/590’/ Mainzer Kanzler: Nachdem der furstenrat je uf dem verhart, das sie auch, wes der konig bei den potentaten verricht, vergewist sein wöllen und nit allein churfursten16: Nun heten sich die churfursten ret underredt und weren der meynung, das solche wort alle außgelaßen in dispositione17.

Damit nun die sachen nit ufgehalten, weren die pfelzischen rete erfordert18; baten, solchs im besten zuvermercken.

Kurpfalz: Onnot gewesen, sie zuerfordern, da man het vernomen, wo etwas außgelaßen werden solt, das sie befelch, die beharlich hilf nit zu willigen oder [sich] einzulaßen, sonder ehe zu protestirn. Und irret sie des furstenrats bedencken nit, dan der konig sol die churfursten nicht [übergehen19], sonder [tun,] was den churfursten geburt. Darumb kondten sie sich nit einlaßen. Da aber daruber was furgeen solt, musten sies protestirn und neben anderm ein schreiben ubergeben, dan sies nit zubeantworten [!] wisten. Wan es allein die turcken hilf wer, mocht es wol ein meinung haben. Dweil es aber ein andere meinung, darob wusten sie sich anderst nit vernemen [zu] laßen, dan sie anheut gehort. Biten, sie nit zuverdencken, da sie anderst nit thun, dan sie im befelch.

/591/ Kfl. Räte. Umfrage. Kurtrier: Achten, dweil der furstenrat den letzern anhang20 bleiben ließ, mocht man des forderist nit difficultirn.

Kurköln: Heten mogen leiden, die additiones an beiden orten gelaßen. Dweil aber der furstenrat auch nit darzu bringen sein wollen: Dweil dan in fine gesetzt, das auf des konigs bericht der Reichs tag zusetzen, konden sie es nit difficultirn.

Kurpfalz: Wie zuvor. Können sich nicht anschließen. Zu dem diß werck den churfursten einfurlich. Darumb sies nit willigen konden.

Kursachsen: Dweil die wort in fine, dz die churfursten nach empfangnem bericht [und] mit der churfursten vorwißen ein reichstag ußgeschriben, so kondt die erst dispositio wol verbleiben.

Kurbrandenburg: Der reichstag ußschreiben must mit der churfursten wißen bescheen. Wer wol ein meinung, man dabei bleib. Aber dweil der fursten rath so hart beharren, doch sich bewegen laßen, die dispositio forne außgelaßen, das sie zufriden, und hinden doch das jhenig verkomen, uf vorgehenden bericht mit vorwißen der churfursten alßdan reichstag ußgeschriben, so helten sie darfur, das die forderist dispositio ußgelaßen.

/591’/ Kurmainz: Helten darfur, onverbundtlichen zuhandlen. Dan es ires erachtens im hindersten gnugsam versehen, das den churfursten nicht entzogen.

Kurpfalz: Weil [!] das mehrer, kondten sie aber one befelch darinen nit willigen. Musten es aber bescheen laßen, was andere thun wolten.

Benennung der Pfennigmeister beim 2. HA (Türkenhilfe): FR erklärt sich für Wolf Haller, KR für Damian von Sebottendorf. Kurpfalz billigt die Benennung Hallers, obwohl man wist, wie leichtlich er gelt außgeben21.

Anmerkungen

1
 Verwendung einer anderen Textvorlage, da die Protokollierung in Kurmainz B (pag. 865) lediglich die Billigung aller weiteren HAA ohne Einzelheiten festhält, weil der Protokollführer, S. Bagen, anderer geschefft halb nit dabei sein mogen (Notiz ebd., pag. 865).
2
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 72, und das erneuerte Landfriedensmandat [Nr. 495].
3
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 75.
4
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 83. Zur vermuteten Begründung für die Änderung (Überrepräsentation des Schwäbischen Kreises) vgl. Neuhaus, Repräsentationsformen, 369, Anm. 40. Als andere Ursache für die Änderung ist die Abordnung Salzburgs als wichtiger münzprägender Stand mit eigenen Bergwerken denkbar.
5
 Vgl. Kurmainz, pag. 810 f. [Nr. 102] mit Anm. 9; pag. 814 f. [Nr. 103].
6
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 84, sowie das erneuerte Münzmandat vom 15. 3. 1557 [Nr. 499].
7
  RAb 1555, § 137 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3147 f.).
8
 = die RMO 1551.
9
 Vgl. die Verhandlungen im KR am Vormittag des 15. 3.: Kurmainz, pag. 841–843 [Nr. 106].
10
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 66.
11
 Vgl. RAb [Nr. 577], § 68.
12
 Vgl. Nrr. 481, 482.
13
 Aus der Textvorlage geht nicht hervor, ob diese Verhandlungen noch im Ausschuss zur Prüfung des RAb, im KR oder informell neben dem Ausschuss stattfanden.
14
 Gemeint: Änderung nur des zweiten von den kfl. Räten angesprochenen Artikels (RAb, § 68), nicht aber des Artikels zur Erklärung der fremden Potentaten (RAb, § 66).
15
 Differenzierter im Bericht der kursächsischen Gesandten vom 17. 3. 1557: /410’/ Kg. lässt von Seld erklären: Ob sich wol ihre Mt. sonst gnediglich zuerinnern, das sie mit dem rath der /411/ churfursten einen reichstag ausschreiben solt, und solchs in abschiedt zu setzen fast unnotig, so wolten es doch ihre Mt. nicht streitten. Allein bethe ihr Mt., disen punct etwas mer zuercleren mit disen unverbindtlichen wortten: „Ob und wie eine beharliche expedition furzunemen etc.“ Da Kurpfalz diesen Zusatz ablehnt und auch die geistlichen Kff. darinnen etwas angehangen, verzichtet Kg. darauf (HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 406–415’, hier 410’ f. Or.).
16
 Diese Verhandlungen im oder mit dem FR sind nicht protokolliert. Vgl. den kursächsischen Bericht vom 17. 3. (wie Anm. 15, hier fol. 411): FR lehnt Unterrichtung allein der Kff. ab: Ob wol das ausschreiben eines reichstags allein mit rath und vorwissen der churfursten gescheen solt, so were doch solches in bericht furgelauffener sachen vil ein ander ding, dan die andern fursten zu disem werck auch gehortten und so vil und mehr als die churfursten leisten musten. Darumb ihnen die ding nicht heimlich solten gehalten werden.
17
 = in dem von Seld vorgelegten Konzept für die Formulierung im RAb, hier § 66.
18
 So die Protokollierung in Kurpfalz. Dagegen folgte laut kursächsischem Bericht vom 17. 3. (wie Anm. 15, hier fol. 411 f.) zum Antrag des FR zunächst die Umfrage unter den kfl. Räten (oben, fol. 591 f.), in der alle mit Ausnahme von Pfalz den Einwand des FR billigten, da er die Rechte der Kff. nicht beeinträchtige. /411’/ Als nun Pfaltz derhalben nichts erhalten konnen, ist Eberhardt von der Than sambt den andern mitgeordenten stracks vom rathause gelauffen, in meynung, mit disen dingen gar nichts mer zu schaffen zu haben. Erst nachdem die kgl. Kommissare sowie die Ausschussmitglieder von KR und FR zweymal nach inen geschickt, so seint doch endtlichen nur die andern mitgeordenten ausserhalb von der Than widerkomen und angezeigt, das sie wollen protestirt haben, in das werck nicht zu willigen. [Vgl. den Protest oben, fol. 590’].
19
 In der Textvorlage nicht lesbar.
20
 = in § 68 des RAb.
21
 Vgl. Weisung Kf. Ottheinrichs vom 10. 3. 1557 (Heidelberg): Es gäbe gute Gründe für die Rekusation Hallers, /433’/  da bekannt ist, wie er sich 1553 unter Verstoß gegen den RAb auf blosse kayserliche bevelch mit erhebung des Reichs vorrath unnd desselben ergentzung gebaret. Dennoch belässt Kf. es bei dessen Benennung, fordert im RAb und in der Bestallung Hallers aber genaue Vorgaben, um unnutze verschwendung diser hilf zuvermeiden etc. (HStA München, K. blau 106/3, fol. 433–434’, hier 433’. Or.; präs. 15. 3.).